Bemerkenswert ist insbesondere der neu eingeführte § 20 Absatz 7 InstVergV: Nach dieser Vorschrift hat das Institut in bestimmten Fällen eine bereits ausgezahlte variable Vergütung auch nach mehreren Jahren auf Grundlage entsprechender Vereinbarungen mit seinen Risikoträgern zurückzufordern. Die Rückzahlung ist zu veranlassen, wenn der Risikoträger an einem Verhalten, das für die Bank zu erheblichen Verlusten oder einer regulatorischen Sanktion geführt hat, beteiligt ist oder dafür verantwortlich war. Oder wenn er relevante externe oder interne Regelungen in Bezug auf Eignung und Verhalten in schwerwiegendem Maß verletzt hat.
Banken im Dilemma zwischen Arbeits- und Aufsichtsrecht
Hieraus ergibt sich für die adressierten Institute ein Dilemma zwischen Arbeits- und Aufsichtsrecht: Bonuszahlungen werden als Gegenleistung für bereits erbrachte Arbeitsleistungen gewährt und sind damit Teil der Hauptleistungspflichten. Daher sind vertragliche Vereinbarungen, nach denen der Arbeitgeber einen Bonusanspruch einseitig nachträglich widerrufen kann, so genannte "Clawback-Klauseln", nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) grundsätzlich unwirksam. Genau solche Vereinbarungen müssen die Geldhäuser aber mit ihren Risikoträgern zukünftig treffen.
Es ist zwar wahrscheinlich, dass sich die Rechtsprechung mit Blick auf die neue regulatorische Regelung ändern wird. Die betroffenen Institute sind indes gut beraten, sich bei der Formulierung von Rückzahlungsklauseln eng am Wortlaut der neuen Regelung zu orientieren.
Neuregelung birgt Chance auf Kulturwandel in Geldinstituten
Ungeachtet der rechtlichen Schwierigkeiten ist die Grundidee der neuen Regelung in der Institutsvergütungsverordnung richtig. Denn in der Vergangenheit haben viele Institute ihre Bonuszusagen primär an kurzfristige Erfolge der Bankmanager gekoppelt und damit risikoreichen Investments mit kurzfristigen Laufzeiten Vorschub geleistet. Langfristige Erfolge gerieten zunehmend aus dem Blickfeld. Für die Risikoträger selbst war diese Vorgehensweise bisher nahezu risikofrei. Zwar waren Schadensersatzansprüche grundsätzlich denkbar. In der Praxis scheiterten sie aber insbesondere für Arbeitnehmer an den für sie geltenden arbeitsrechtlichen Grundsätzen zu beschränkter Haftung. Der Schaden realisierte sich somit allein bei den Kreditinstituten selbst. Durch die neue Rückforderungspflicht werden risikoreiche Entscheidungen für die Betroffenen jedoch deutlich an Attraktivität verlieren, da sie – vorbehaltlich von Verjährungsfragen – auch nach Jahren zu Zahlungsansprüchen des Kreditinstituts gegen sie persönlich führen können. Sie ist daher eine echte Chance auf einen Kulturwandel, bei dem langfristige Erfolge mit beherrschbarem Risikopotenzial den Vorzug vor risikoreichen Investitionen haben. Ob der Wandel gelingt, hängt entscheidend von der zukünftigen Praxis der Gerichte ab.