Automatisierung sorgt bei Forderungsprozessen nicht nur für mehr Geschwindigkeit, sondern auch für enorme Kostenersparnisse. Wie, das erläutert Florian Kappert, Experte für Credit-Management-Prozesse, im Interview anhand eines Beispiels aus dem Autohandel.
Springer Professional: Sie haben gemeinsam mit Ihrem österreichischen Kunden Porsche Inter Auto die debitorischen Prozesse in der Forderungsbearbeitung optimiert. Können Sie uns kurz die Ausgangslage und die Anforderungen des Kunden skizzieren?
Florian Kappert: Der Kunde setzt im Accounting SAP ein. Die Kommunikation zwischen Buchhaltung und Accounting bei Rückfragen zu offenen Posten erfolgte per E-Mail oder Telefon. Mussten viele offene Posten geklärt werden, tauschten die Mitarbeiter mit Microsoft-Excel-Tabellen oder OP-Listen aus. Die Mahnläufe wurden 14-tägig ausgeführt. Wir hatten die Anforderung, den Aufwand für Accounting und Vertrieb zu reduzieren und die Mahnläufe zu automatisieren und so die durchschnittliche Zeit zur Zahlung insgesamt zu reduzieren.
Wo lagen die größten Probleme und Hürden? Lässt sich das an einem praktischen Beispiel festmachen?
Die Abstimmung von offenen Posten ist oft ziemlich zeitaufwändig. Gerade wenn es Probleme im Prozess gibt, der Kunde beispielsweise etwas reklamiert hat oder einen anderen diskutablen Grund vorgibt, warum er eine Rechnung nicht bezahlt, ist es wichtig, proaktiv zu agieren. Hierfür sollten sich Kundenberater und Buchhaltung immer besser mit dem Vorfall auskennen als der Kunde selbst. So lässt sich vermeiden, dass Kunden beide Abteilungen gegeneinander ausspielen - dabei muss das natürlich nicht einmal böse Absicht des Kunden sein. Zum anderen schlagen Ungereimtheiten bei der Abrechnung häufig auf die Kundenstimmung. Das führt schnell dazu, dass der Kunde in Zukunft woanders einkauft.
Wie reagiert das Unternehmen in solchen Fällen richtig?
Es ist Augenmaß gefragt. Nicht in die Defensive kommen, offen und transparent kommunizieren und klare und ehrliche Auskünfte geben. Das geht nur wenn intern der Informationsfluss klappt. Das ist oft nicht möglich, wenn zu viele Medienbrüche existieren oder viele Menschen Flüsterpost betreiben und niemand die Verantwortung übernehmen will und kann. Eine technische Implementierung zu finden, die mit vielen hundert Mitarbeitern ohne großen Schulungsaufwand funktioniert, war bei in diesem Fall eine der großen Herausforderungen.
Auf welche technischen Tools oder Prozesse, die bereits im Einsatz waren, konnten Sie nutzen?
Vor allem auf ein wahnsinnig ehrgeiziges und aufgeschlossenes Team - sowohl im Finanzmanagement als auch in der operativen Einheiten der Debitorenbuchhaltung. Es gab bereits gute Prozesse, die 'nur noch' verbessert werden mussten. Außerdem waren die Daten in SAP absolut sauber und top organisiert.
Können Sie uns einen Eindruck vom Ablauf und der Umsetzung des Projekts geben?
Wie in allen Projekten sind wir auch hier mit einem Proof of Concept (POC) gestartet. Der dauert üblicherweise drei bis sechs Monate. Im POC werden die ersten Einheiten auf unseren Prozess umgestellt. Am Ende werden die im Vorfeld vereinbarten Abnahme- beziehungsweise Erfolgskriterien überprüft und wir übergeben eine für den Roll-out 'schlüsselfertige' Plattform. Die Betreuung findet durch das Customer Success Team statt.
Hat der Kunde bereits während der Projektphase positive Erfahrungen machen können?
Ja, wir haben bereits während der Projektphase sehr positives Feedback erhalten. Insbesondere aus den Fachabteilungen und von den Anwendern.
So bringt also die digitale Transformation Ihren Kunden voran. Können Sie uns hierzu vielleicht konkrete Ergebnisse nennen, die die Verbesserungen bei den Forderungsprozessen bringen?
Um die tatsächliche Verbesserung der Effektivität und der durchschnittlichen Zeit zur Zahlung zu nennen, ist noch nicht ausreichend Zeit vergangen. In der Größenordnung des Kunden sprechen wir allerdings von einer Prozesskostenersparnis in mittlerer sechsstelliger Höhe. Wenn man die Kapitalkostenersparnis im Working Capital mit einbezieht, ist die jährliche Ersparnis sogar siebenstellig. Hinzu kommt der wichtigste Faktor: Das Unternehmen hat nur einen deutlich skalierbareren und vergleichbareren Prozess. Das ist für Unternehmen in einer Wettbewerbssituation absolut ausschlaggebend, da durch skalierbare Prozesse das Unternehmenswachstum proaktiv verfolgt werden kann.