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24.06.2021 | Finanzen | Infografik | Online-Artikel

Mittelstand gibt Bundesregierung nur mittelmäßige Noten

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

4 Min. Lesedauer

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Wie steht es um den Mittelstand nach über einem Jahr Corona-Pandemie? Eine Umfrage zeigt zwar generelle Trends, aber auch deutliche Unterschiede im Hinblick auf Größe oder Branche. Einig sind sich die KMU, dass staatliche Hilfen unbürokratischer und schneller werden müssen.

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland geht es aktuell besser als im Herbst 2020. Wie eine repräsentative Sonderumfrage der DZ Bank unter 1.000 Teilnehmern belegt, leiden die Mittelständler trotz der pandemiebedingten Unwägbarkeiten und ungenauer Zukunftsprognosen weniger stark unter den Corona-Einschränkungen als es vor einem halben Jahr der Fall war. Die Erhebung macht aber auch deutlich, dass die Fähigkeit, sich in der Krise zu bewähren, von vielen Faktoren abhängt – unter anderem von der Größe, der Branche und dem Veränderungsbereitschaft.

Nutzung der Sonderkredite insgesamt rückläufig

So zeigen die Ergebnisse, dass vor allem kleinere KMU mit einem Jahresumsatz von unter fünf Millionen Euro am häufigsten auf staatliche Hilfe in Form eines Sonderkredits zurückgreifen. Ihr Anteil kletterte im vergangenen halben Jahr von 15 auf 21 Prozent. Damit liegt er so hoch wie zu Beginn der Corona-Krise im März 2020.

Die Unternehmen, die vom 10. bis zum 26. März 2021 per Telefon und Online befragt wurden, nutzen allerdings in der Gesamtheit seltener Sonderkredite. Das gilt vor allem für Mittelständler mit einem jährlichen Umsatz von über 25 Millionen Euro sowie für KMU in Branchen wie dem Metall-, Maschinen- und Fahrzeugbau sowie in der Elektroindustrie. Als Grund nennen die Studienautoren volle Auftragsbücher, die auch auf einer gestiegenen Nachfrage aus China und den USA beruhen.

Kleine KMU beschäftigen sich häufiger mit Geschäftsmodellen

Wie gut ein Unternehmen durch die Krise kommt, hängt vor allem bei den kleinen Mittelständlern davon ab, wie sie ihr Geschäftsmodell ausrichten, um nach der Pandemie gut aufgestellt zu sein. Denn jedes fünfte dieser kleinen KMU glaubt der Erhebung zufolge, grundlegende Anpassungen vornehmen zu müssen. Dieser Wert liegt leicht über den Angaben vom Herbst 2020. Damals gingen nur knapp 19 Prozent der Betriebe dieser Größenklasse davon aus, sich geschäftlich anders aufstellen zu müssen. Aber auch bei den größeren Firmen wird noch an den Geschäftsmodellen gefeilt, wobei hier der Druck aber laut Studie spürbar nachlässt. 

Was die Prozesse in den Unternehmen betrifft, stellten in den vergangen Monaten die Hygienerichtlinien und die Homeoffice-Nutzung die größte Herausforderung für den Mittelstand dar. Einzelne Bereiche oder gar den kompletten Betrieb muss nur jeder zehnte Mittelständler schließen. Allerdings steht die Themen Kurzarbeit und Stellenabbau für einige Branchen weiterhin im Fokus. Aktuell geben nur noch 14 Prozent der Befragten an, Jobs zu reduzieren. Nur im Handel ist geplant, zukünftig deutlich mehr Arbeitsplätze (17 Prozent) einzusparen als das im Herbst der Fall war (zwölf Prozent). Auch bei den Betrieben mit einem Umsatz von bis zu fünf Millionen Euro kletterte die Bereitschaft, Stellen zu reduzieren, seit Herbst leicht von 13 auf 16 Prozent.

Weniger KMU nutzen Kurzarbeit

Erfreulich: Insgesamt fiel die Zahl der KMU, die weiterhin auf Kurzarbeit setzen, branchenübergreifend auf aktuell 45 Prozent von 49 im Herbst 2020. Während jedoch Betriebe im Metall-, Maschinen- und Fahrzeugbau deutlich seltener zu diesem personalwirtschaftlichen Instrument greifen, stieg der Anteil bei Unternehmen aus dem besonders hart getroffenen Hotel- und Gaststättengewerbe von knapp 40 Prozent auf 58 Prozent deutlich an.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Lage im Mittelstand nach wie vor ernst ist. Sehr viele Firmen sind immer noch auf staatliche Hilfen angewiesen. Dass größere Firmen insgesamt etwas besser durch die Krise kommen, liegt unter anderem daran, dass sie oft international und diversifiziert aufgestellt sind und sich am Kapitalmarkt refinanzieren können", erläutert Uwe Berghaus, Firmenkundenvorstand der DZ Bank, die Ergebnisse der Sonderbefragung.

Staatliche Hilfe zu langsam und zu bürokratisch

Daher zeigen sich viele Mittelständler mit der Krisenhilfe der Bundesregierung nur bedingt zufrieden. Durchschnittlich bewerten die Befragten die Reaktion der Regierung auf die Pandemie mit der Schulnote 4+. Den Umfang der zur Verfügung gestellten Gelder betrachten die Firmen mit einer Durchschnittsnote von 3,5 aber noch als befriedigend. Die Befragten kritisieren vor allem die Umsetzung der staatlichen Maßnahmen als "zu langsam und zu bürokratisch". Hierfür gibt es deshalb auch nur die Durchschnittsnote 4,3. Auch hier gibt es große Branchenunterschiede: Dienstleister sind demnach im Schnitt weitaus zufriedener (3,9) als etwa der Bausektor (4,8). 

"Die Firmen brauchen in dieser Phase der Pandemie vor allem eines: Planbarkeit", so Berghaus. "Wenn sich die Regierung bei Umsetzung und Tempo der Hilfsmaßnahmen verbessert, dürfte sich auch die Stimmung im Mittelstand über den Sommer weiter aufhellen."
 

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