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2021 | OriginalPaper | Buchkapitel

2. Finanzmarkthandel und Soziologie

verfasst von : Markus Lange

Erschienen in: Affekt, Kalkulation und soziale Relation

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Wie sieht der soziologische Blick auf den Finanzmarkthandel aus? Welche Facetten der finanzwirtschaftlichen Praxis hat die Soziologie freigelegt, die über eine – zweifelsohne notwendige – Kritik am „Modell-Platonismus“ (Albert 1965) des „neoklassischen Paradigmas“ in der Wirtschaftswissenschaft hinausreichen? Ein naheliegender Beginn dies zu tun ist, nach den sozialen Dimensionen beim Finanzmarkthandel zu fragen und diesen damit als gänzlich „normale“ soziale Praxis zu erfassen: mit Akteur:innen, die sich gegenseitig beobachten, deuten und miteinander interagieren, mit Organisationen, für die sie tätig sind und die sie prägen, oder mit Netzwerken, in denen sie eingebettet sind und Statuspositionen einnehmen und über die sie Informationen erhalten (oder auch nicht). Auch kann nach den Wechselwirkungen der finanzwirtschaftlichen Praxis mit anderen gesellschaftlichen Bereichen gefragt werden, etwa mit Staat, Wissenschaft, Erziehung, Religion bzw. einer „Zivilgesellschaft“ als solches.

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Fußnoten
5
Für einen Einblick in verschiedenste Trading Floors anhand von Fotogalerien und Kurzbeschreibungen der dort handelnden Akteur:innen ist die Webpräsenz „WallStreet & Technology“ zu empfehlen. Beim Handelsraum von Knight Capital sind auch die einzelnen Handels-bzw. Sales-Abteilungen markiert:
 
6
Für Daniel Beunza als soziologischen Beobachter der Digitalisierung ist das durchaus besorgniserregend, würde die Parkettkultur und der bilaterlae Austausch zwischen Händler:innen und Broker:innen dazu beitragen, Ungewissheiten zu begegnen (ebd.).
 
8
Z. B. die exzessiven Geschäfte einzelner „rogue trader“ (www.​wikipedia.​org/​wiki/​Rogue_​trader) oder Manipulationen von Interbankzinsen (Libor-Skandal).
 
9
Siehe für den US-amerikanischen Sektor insbesondere den ehemaligen Fondsmanager Michael Lewis mit seinen Werken „Liar‘s Poker“ (1989), „The Big Short“ (2010) oder „Flash Boys“ (2014). Und für die City in London Geraint Andersons „City Boy“ (2008).
 
10
Für den deutschen Fall empfehlenswert ist die Dokumentation „Der Banker – Master of the Universe“ von Marc Bauder (2014), in der ein ehemaliger (vor allem skandalfreier) Banker seine berufliche Biographie offenlegt. U. a. wird hier deutlich, dass ein „Durchmachen“ als Novize zur Reputationsgenerierung ebenso im deutschen Fall üblich ist wie eine immense Nachfrage nach strukturierten und risikointensiven Produkten auch von öffentlichen Einrichtungen.
 
11
für eine umfassende Rekonstruktion der Funktionsweise s. insbesondere die Dokumentation „Milliarden aus der Staatskasse: Die Steuerräuber“; www.​daserste.​ndr.​de/​panorama/​archiv/​2017/​Milliarden-aus-der-Staatskasse-Auf-der-Spur-der-Steuerraeuber,cumex118.​html
 
14
Über Zins-Swaps können festverzinsliche Anleihen in variabel verzinste Anleihen transformiert bzw. getauscht werden.
 
16
Handelsräume zu dieser Zeit entsprachen hinsichtlich der räumlichen Anordnung von Handelsbereichen und der Anzahl aktiver Händler:innen (100–200) durchaus den heutigen. Sie waren zudem bereits technisiert, so dass z. B. elektronische Marktinformationen über „Quote-Screens“ am Desk visualisiert oder Handelsentscheidungen zur Performance-Messung durch das Institut „getracked“ wurden (Abolafia 1996a, 228, 232–234). Der Bond-Handel damals wie heute ist geprägt von OTC-Geschäften und direkten Trade-Interaktionen (früher oft per Telefon, heute zusätzlich auch per Chat). Hinzu kommt, dass das Ausmaß algorithmischen Handelns damals wie heute im Bond-Handel gering ausgeprägt ist (als „Program Trading“ aber in die 1980er zurückreicht).
 
17
Für eine Auseinandersetzung zur Herkunft des Begriffes s. Callon 2007; Muniesa 2014: 7–17.
 
18
Svetlova führt hier folgendes Zitat einer quantitativen Analyst:in an, das zeigt, dass es vornehmlich menschliche Erwartungen sind, die sich als „hidden variables“ einer mathematischen Kalkulation entziehen: „As the prominent quantitative analyst and practitioner Derman wrote, here we are ‘dealing with variables that clearly represent human expectations … These are hidden variables: they cannot be directly observed except perhaps by surveying market participants or by implying their values insofar as they impact other measurable quantities by way of a theory or model’ (1996, p. 3, emphasis in original). As portfolio managers usually do not conduct surveys, they have to address the input problem differently.“ (Svetlova 2012: 427).
 
19
„The low hanging fruit has been plucked“, wie MacKenzie anhand von Daten aus 2012 feststellt, deren zufolge HFT-Profite im Jahr 2012 auf 1,5 Mrd. US-Dollar gesunken seien, nach einem anfänglichen Hoch von annährend 5 Mrd. US-Dollar in 2009. Siehe auch die Zahlen bis 2016 bzw. eine grundlegende Lageeinschätzung.
 
20
Paul Krugman spricht auch von bis zu drei eingesparten Millisekunden, und kritisiert zugleich den Abbruch anderer Infrastrukturprojekte im gleichen Zeitraum:
 
22
Inwieweit im Folgenden von Affekt oder von Emotion gesprochen wird, hängt in erster Linie von den in den folgenden Quellen verwendeten Begriffsverwendungen ab. In der weiteren Studie wird ein Affektverständnis verwendet, das Emotionen als spezifische affektive Zustände ebenfalls integriert (s. 3.​2.​6).
 
23
Empirisch dokumentiert hierzu ist, dass öffentliche Zuschreibungen von Verantwortung an den Finanzsektor nicht beliebig verlaufen, sondern systematischen affektiven Mustern folgen (von Scheve/Zink/Ismer 2016). Besonders zwei Attributionslogiken werden hier ersichtlich: Wird Verantwortung konkreten Individuen oder kollektiven Akteur:innen zugeschrieben, erfolgt dies eher über Emotionen von Wut und Empörung. Wird Verantwortung demgegenüber abstrakten Einheiten zugeschrieben, etwa wirtschaftliche Systeme oder Netzwerke, so erfolgt dies eher über Angst, Besorgnis oder Unsicherheit.
 
Metadaten
Titel
Finanzmarkthandel und Soziologie
verfasst von
Markus Lange
Copyright-Jahr
2021
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35338-4_2