Zum Inhalt

2018 | Buch

Finanzmarktsoziologie

Entscheidungen, Ungewissheit und Geldordnung

herausgegeben von: Prof. Dr. Jürgen Beyer, Prof. Dr. Konstanze Senge

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Die Finanzmärkte verdienen heute mehr Aufmerksamkeit, als es bislang der Fall war. Und vor allem: Die Finanzmärkte verdienen heute Aufmerksamkeit in anderer Weise. Seit der Finanzkrise hat sich der Blick auf die Finanzmärkte derart verändert, dass kritisch hinterfragt werden muss, ob die wachsende Finanzialisierung zu einer gesunden und vernünftigen Ökonomie und Geldordnung beiträgt. Die Beiträge in diesem Band analysieren typische Koordinationsformen von Finanzmarktaktivitäten, untersuchen die gesellschaftliche Organisation von Finanzmarktrisiken und Ungewissheit sowie aktuelle Konstruktionsbedingungen der monetären Ordnung.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einleitung

Frontmatter
Finanzmarkt und Geldordnung
Soziologische Perspektiven nach der Wirtschaftsund Finanzkrise
Zusammenfassung
Die Finanzmärkte verdienen heute mehr Aufmerksamkeit, als es bislang der Fall war. Und vor allem: Die Finanzmärkte verdienen heute Aufmerksamkeit in anderer Weise. Die Wirtschafts- und Organisationsoziologie widmen sich seit Beginn der 1990er Jahre intensiver der Analyse der Finanzmärkte.
Konstanze Senge, Jürgen Beyer

"Entscheidungen:Emotionen, Konventionenund Praktiken"

Frontmatter
Emotionen als Form der Koordination beim Handel mit Zahlungsversprechen im Investmentbanking
Zusammenfassung
Die Subprime-Krise (2007/2008) ist ein einschlägiges Beispiel für eine abrupte, tief greifende und weitreichende Umwälzung etablierter Ordnungsstrukturen auf Finanzmärkten, die erhebliche finanzmarktimmanente und -externe Folgen hatte (Lounsbury/Hirsch 2010). Scheinbar konnte diese Unordnung jedoch zügig wieder in eine Ordnung transformiert werden, nämlich die Sicherstellung eines geregelten und für die Banken als Hauptakteure des Sektors profitablen Zahlungsverkehrs. So unterlag zum Beispiel die deutsche Bankwirtschaft in den Jahren 2008 und 2009 noch verlustträchtigen Krisenkonsequenzen.
Markus Lange, Christian von Scheve
Das Problem der Ungewissheit auf den Finanzmärkten und das Wissen um das „gute Gefühl“
Zusammenfassung
Entscheidungstheoretiker wiesen dem Einfluss von Emotionen bei Entscheidungen noch bis vor Kurzem keine signifikante Bedeutung zu. Entscheidungen wurden in der Regel als ein kognitiver Prozess gesehen, mittels dessen rational kalkuliert werde, welche der aus der Entscheidung resultierenden möglichen Handlungsoptionen den größten Nutzen verspricht (Laux/Liermann 2003). Man nahm an, dass Entscheider die potenziellen Konsequenzen ihrer Entscheidungen erkennen, bewerten und auch umsetzen können und dann leidenschaftslos die beste Alternative wählen.
Konstanze Senge
Performative Entdeckungsverfahren und die Krise von Wert
Zusammenfassung
Auf den Finanzmärkten ist der Wert mittlerweile eine hoch problematische Kategorie. Das, was durch marktspezifische Beobachtungs- und Darstellungspraktiken sowie durch faktisch vollzogenen Tausch als Wert hervorgebracht wird, ist hinsichtlich seiner Bewertungsmaßstäbe und Substanz fundamental unsicher geworden. Zwar wissen wir, dass Versuche der Messung und der Quantifizierung eine „lange und komplexe Geschichte“ haben (Power 2004: 766), die Gegenwart zeigt aber sehr drastisch, dass diese Geschichte nicht linear verläuft, sondern Phasen der Krise und der radikalen Transformation kennt.
Uwe Vormbusch
Konventionen und Kompromisse auf Finanzmärkten
Zusammenfassung
Finanzmärkte nehmen in der Wirtschaftssoziologie eine Sonderstellung ein. Dies hat einerseits damit zu tun, dass sich die Wirtschaftssoziologie, insbesondere seit Harrison White (1993), speziell mit Produzentenmärkten befasst, die White von klassischen Finanzmärkten unterscheidet. Der genuine Beitrag der Wirtschaftssoziologie erscheint so auf den Bereich der Produzentenmärkte festgelegt, denn es sind die Produzentenmärkte, die vom neoklassischen Marktverständnis abweichen und nach anderen (wirtschaftssoziologischen) Analysestrategien verlangen.
Lisa Knoll

"Umgang mit Ungewissheit:Beratung, Vertrauen und Risiken"

Frontmatter
Beraterdämmerung?
Kritik an Anlageberatung durch Renegaten und Kunden
Zusammenfassung
Der öffentliche Ruf von Finanzberatung, vor allem wenn sie in Banken durchgeführt wird, ist seit Beginn der globalen Finanzkrise anhaltend schlecht (Die große Blamage 2010; Die Blamage geht weiter 2010; Sklaven der Banken 2010). Aktuelle Survey-Studien zur Bereitschaft der Deutschen, in Finanzmarktprodukte zu investieren, bieten indes zurzeit kein einheitliches Bild. Während laut Deutschem Aktien-Institut (Kurzstudie 1/2011) Ende 2010 der Besitz an Aktien und Fondsanteilen deutlich abnahm, kommen andere Studien zu dem Ergebnis, dass Haushalte eher in abwartender Position verharren (Börsch-Supan et al. 2009).
Andreas Langenohl
Finanzmarktinstitutionen und Vertrauensordnungen
Zur Notwendigkeit einer Kontrolle zweiter Ordnung
Zusammenfassung
Bald neun Jahre sind vergangen, seitdem das globale Finanzsystem im Herbst 2008 im Zuge der Lehman-Insolvenz in eine existenzgefährdende Krise geriet. In analytischer Hinsicht markiert diese Zeitspanne eine Art „Zwischenzeit“. Obwohl die zum Krisenhöhepunkt bestehende akute Systemgefährdung mittlerweile durch staatliche Interventionen weitgehend überwunden scheint, ist der zeitliche Abstand dennoch zu gering, um Effekte und mögliche Erfolge der eingeleiteten Krisenreaktionen und Regulationsmaßnahmen einer abschließenden Bewertung zu unterziehen.
Jan Fleck, Rolf von Lüde
Ratingagenturen
Risikoprognostiker mit regulierungsresistentem Risikopotenzial
Zusammenfassung
Ratingagenturen beurteilen die Kreditwürdigkeit (Bonität) von Kreditnehmern und reduzieren dadurch die risikobehaftete Informationsasymmetrie zwischen Kreditgebern und -nehmern auf dem Finanzmarkt. Potenzielle Investoren werden von drei, den Markt mit 97 Prozent Marktanteil dominierenden Ratingagenturen über die relative Kreditausfallwahrscheinlichkeit potenzieller Schuldner informiert: Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch. Obwohl die drei großen Ratingagenturen bereits seit mittlerweile rund 100 Jahren existieren, gerieten sie erst in den letzten 20 Jahren zunehmend in die Kritik.
Stefanie Hiß, Sebastian Nagel
Soziale Schließungen als Liberalisierungsfolge
Betrugsallianzen, Hedge-Fonds, OTC-Trades und Dark Pools im Finanzmarktkapitalismus1
Zusammenfassung
Der Einfluss der Finanzmärkte auf die Ökonomie und die gesellschaftlichen Verhältnisse wird spätestens seit der 2008 ausgebrochenen Finanz- und Wirtschaftskrise als erheblich eingestuft. Der gewachsenen Bedeutung der Finanzmärkte hat die Forschung schon zuvor dadurch Rechnung getragen, dass sie Begriffe wie „Finanzmarkt- Kapitalismus“ (Windolf 2005; Deutschmann 2008; Dörre/Brinkmann 2005; Beyer 2006; Kädtler 2006) und Finanzialisierung (Krippner 2005; Froud et al. 2000; Epstein/Jayadev 2005) entwickelt hat, die auf die veränderten Verhältnisse und voranschreitende Entwicklungen aufmerksam gemacht haben, die durch die aktiv betriebene Liberalisierung der Finanzmärkte und den Verzicht auf regulierende Maßnahmen zur institutionellen Einhegung von Finanzinnovationen ausgelöst wurden.
Jürgen Beyer

"Geldordnung:Konstruktion, Fragilitätund Neubestimmung"

Frontmatter
Sind Banken Distributoren oder Produzenten von Geld?
Eine Diskussion alternativer Theoriemodelle des Kreditsystems
Zusammenfassung
Auf den Finanzmärkten wird Geld verschoben, investiert, ausgeliehen, verloren und gewonnen. Den politischen Entstehungs- und sozialen Persistenzbedingungen dieser Zahlungsströme widmen sich zahlreiche ergiebige Studien der neuen Wirtschafts- und Finanzsoziologie. Aus geldsoziologischer Perspektive wird dabei allerdings häufig nicht hinreichend explizit gewürdigt, dass der Finanzsektor nicht nur mit immer größeren Volumen an Finanzmitteln operieren kann, weil er seinen Anteil an der gesamten Wirtschaftsleistung ausbaut,1 sondern weil es insgesamt immer mehr Geld gibt.
Aaron Sahr
Instabile Finanzmärkte und Freigeld
Was leistet eine Liquiditätsgebühr zur Reduktion sozial generierter Ungewissheit?
Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund der 2008 einsetzenden Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise und den darin virulent gewordenen Problemen von Liquiditätsfalle und Nullzinsgrenze haben namhafte Ökonomen wie etwa Mankiw (2009) und Buiter (2009) sich für negative Leitzinsen bzw. Negativzinsen als Instrument zur Krisenüberwindung ausgesprochen und damit auf einen Geldreformansatz aufmerksam gemacht, der durch Einführung einer sogenannten Liquiditäts- oder Geldhaltegebühr Wirtschaftskrisen von Grund auf verhindern will. Die Rede ist von Freigeld.
Tilo König
Backmatter
Metadaten
Titel
Finanzmarktsoziologie
herausgegeben von
Prof. Dr. Jürgen Beyer
Prof. Dr. Konstanze Senge
Copyright-Jahr
2018
Electronic ISBN
978-3-658-17918-2
Print ISBN
978-3-658-17917-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-17918-2