Kreditinstitute nutzen den Technologie- und Know-how-Transfer von Fintechs, und adaptieren ihn dann für eigene Geschäftsmodelle.
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Im Segment des Zahlungsverkehrs tummelt sich bereits eine Vielzahl an Fintechs. Auch andere Banking-Geschäftsfelder werden von den digitalen Start-ups kräftig beackert. Und noch immer werden reihenweise junge Technologieunternehmen im Finanzsektor gegründet. "Die meisten, die jetzt neu starten, sind Copycats, deren Geschäftsmodelle nichts grundlegend Neues bieten", sagt Matthias Hübner, Partner bei Oliver Wyman und Spezialist für Plattformeffizienz, Digitalisierung und Skalierbarkeit. Stattdessen basieren sie auf "Me-too"-Ideen mit lediglich graduellen Nuancen und Verbesserungen. Einige Fintechs laufen der Welle ohne große Differenzierung hinterher. Eine Konsolidierung der Fintech-Branche ist laut Hübner daher langfristig unvermeidbar. Noch sei diese allerdings nicht in Sicht. Erste Anzeichen gebe es allerdings bereits in Form von Zusammenschlüssen und Kooperationen untereinander ebenso wie mit Banken.
Mathias Ullrich betont im Kapitel "FinTech und Digitales Banking – what‘s next?" im Springer-Buch "Die neue Welt der Banken", dass insgesamt nur rund sieben Prozent der Start-ups als harte Konkurrenten gegenüber den klassischen Banken auftreten. Weitere 17 Prozent versuchen, eine Aggregationsfunktion zu übernehmen und den Kunden als Multi-Banken-Nutzer eine Schnittstelle bei Finanzprodukten zu bieten, etwa im Bereich Kreditkarten. "Mehr als 75 Prozent sind Lösungen, die sehr schnell und einfach in das bestehende Portfolio der Banken eingesetzt werden könnten", so Ullrich.
Eine der grundlegenden Stärken von Fintechs ist ihre Flexibilität. "Sie sind pragmatisch und Meister darin, sich neu zu erfinden und neu auszurichten", meint Hübner. Einige Fintechs hätten die Erkenntnis gewonnen, dass ihr Vorhaben, das Ende der Banken innerhalb kurzer Zeit herbeizuführen, doch nicht so einfach zu erreichen ist. So schwenken immer mehr Start-ups beispielsweise von B2C- auf B2B-Geschäftsmodelle um und suchen den Schulterschluss mit den etablierten Playern der Finanzbranche.
Kooperationen gehören zum guten Ton
Auch auf Bankenseite hat ein Umdenken eingesetzt. "Vor 18 Monaten noch undenkbar, gehört es heute für eine Bank zum guten Ton, mindestens drei Kooperationen mit Fintechs vorzuweisen", so Hübner. Die Zeit der Konfrontation sei endgültig vorbei. Kooperationen sind jedoch Fluch und Segen zugleich. Nicht nur, dass sich die Partner die "Beute teilen" müssen. Für Fintechs bedeutet eine Kooperation in der Regel auch ein langsameres Wachstum als geplant. Allerdings gleichzeitig auch ein kontinuierliches. Oft mussten Investoren allerdings erst mühsam von diesem Strategieschwenk überzeugt werden, denn sie erwarteten zunächst ein eigenständiges Wachstum der Fintechs.
Heute gehört es für eine Bank zum guten Ton, mindestens drei Kooperationen mit Fintechs vorzuweisen."
Matthias Hübner, Partner Oliver Wyman
Digitalen Ökosystemen, an die viele der Start-up-Unternehmen andocken können, bescheinigt er einen "gewissen Charme". Plattform- oder API-Banken machten dies derzeit vor.
Unbesetzte Geschäftsfelder existieren noch
Grundsätzlich sieht der Fintech-Experte die Spezialfelder, deren sich Fintechs annehmen können, bereits weitestgehend ausgefüllt. Weiße Flecken im Markt, die heute noch Geschäftschancen bieten, liegen seiner Ansicht nach unter anderem darin, die jeweiligen Silo-Angebote zu aggregieren. "Einen Überblick über Konten und Versicherungen zu erhalten, geht mittlerweile. Ich persönlich fände es aber spannend, den tatsächlichen Stand meiner Altersvorsorge ermitteln zu lassen. Die Apps müssten daher nicht nur multibankfähig sein und Versicherungen einbeziehen, sondern auch andere Themen wie die Höhe von gesetzlicher Rente oder Betriebsrenten sowie Immobilienwerte", sagt Hübner.
Bedarf für Regtechs wächst
Erste Fintechs haben bereits das Feld der Regtech-Unternehmen im Visier. Dass Fintechs den Kreditinstituten helfen, die an sie gestellten Regulierungsanforderungen zu erfüllen, dafür gibt es laut Hübner sowohl Geschäftsmodelle als auch Marktchancen. Für eine Bank sei eine Kooperation mit einem Regtech ähnlich wie eine Versicherungsprämie, denn damit würde sie sicherstellen, dass sie alle regulatorischen Anforderungen erfüllt.