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31.07.2018 | Fintechs | Schwerpunkt | Online-Artikel

Kommunen zögern bei der Fintech-Finanzierung

verfasst von: Anja Kühner

4 Min. Lesedauer

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Die Kommunalfinanzierung ist für Banken wieder attraktiv, bietet aber noch Raum für Digitalisierung. Deshalb sind in den vergangenen Monaten etliche Fintechs gestartet. Doch die meisten Kommunen warten noch ab.

Seit April kooperiert die N-Bank mit Commnex. Die Förderbank des Landes Niedersachsen ermöglicht gemeinsam mit dem Münchner Fintech den niedersächsischen Kommunen einen digitalen Zugang zu den Förderkrediten der N-Bank und kombiniert diesen mit der digitalen Finanzierungsvermittlung durch Commnex. "Die schon immer existierende Maklertätigkeit kosteneffizient zu digitalisieren bietet den Kommunen günstigere Kreditkonditionen, was letzten Endes den Steuerzahler entlastet", beschreibt es N-Bank-Vorstandsvorsitzender Michael Kiesewetter. Zudem müsse gerade eine Förderbank auch an Multikanal-Zugängen arbeiten, um den Weg zur Förderung möglichst einfach auszugestalten. In der ersten drei Monaten gab es jedoch noch keinen Abschluss über Commnex. Aus vielen Gesprächen weiß Kiesewetter: "Je größer die Kommune, umso höher die Bereitschaft, diesen neuen Weg auszuprobieren."


Der persönliche Kontakt bleibt wichtig

Dirk During, Kämmerer der mittelhessischen Stadt Gießen, bestätigt dies: "Wir haben solche digitalen Plattformen noch nicht genutzt. Generell ist die technische Entwicklung sehr zu begrüßen." Gießen möchte mit möglichst vielen Geschäftsbanken zusammenzuarbeiten. Ihm sei angesichts der Größenordnung der Gießener Finanzierungstickets allerdings wichtig, einen persönlichen Ansprechpartner beim Finanzierungspartner zu haben. Genau das böten Fintechs nicht. Solange das Angebot seiner gewohnten Partnerbanken stimme, werde er Fintechs deshalb wohl nur interessiert beobachten. Wo vor ein paar Jahren noch die Kommunen unter einer Kreditklemme litten, haben nicht nur Förderprogramme den Druck von den Städten und Gemeinden genommen. "Fast jede zweite Bank oder Sparkasse wird parallel zur nächsten Zinserhöhung das eigene Engagement im Bereich der Kommunalfinanzierung stark nach oben fahren", schätzt Commnex-Co-Geschäftsführer Friedrich von Jagow.

Wie sehr die Kommunen wieder in den Fokus der Banken rücken würden, skizzierte Stephan Brand bereits 2015 in seinem Beitrag "Paradigmenwechsel in der Kommunalfinanzierung — der lange Schatten der Finanzkrise" in der Zeitschrift "Wirtschaftsdienst" (1/2015): "So können strukturstarke Kommunen entweder zu günstigen Konditionen Kommunalkredite mit eher kurzer Laufzeit aufnehmen, weil die Banken ihre Liquidität lieber bei den Kommunen 'parken' als bei der Zentralbank, oder aber sich über Schuldscheindarlehen und Anleihen direkt am internationalen Kapitalmarkt mit frischem Geld versorgen." Die Verschiebungen im Kommunalgeschäft sei die Folge von Regulierungsvorgaben wie etwa Basel III, beschrieb der Autor seinerzeit die Problematik. 

Helaba setzt auf ein Fintech

Doch trotz der Zurückhaltig einiger Kommunen haben sich mittlerweile die Kooperationen mit den jungen Technikspezialisten etabliert. Auch die Helaba setzt seit kurzem bei der Vermittlung von Kommunalfinanzierungen auf ein Fintech. Die Beteiligungsgesellschaft der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, Helaba Digital, hat gemeinsam mit Lucht Probst Associates (LPA) das Joint Venture "Komuno" gegründet, das ab September online geht. Wie Helaba-Sprecher Holger Pohlen gegenüber Springer Professional mitteilt, sparen Kommunen durch den digitalen, standardisierten Workflow insbesondere Zeit bei der Erstellung und Versendung der Ausschreibung, bei der Sichtung und Besprechung der Angebote sowie bei der Dokumentation des Ausschreibungsverfahrens. Finanziell erhöhe sich durch die breitere Ansprache möglicher Investoren für sie zudem die Sicherheit, faire, marktgängige Kreditkonditionen zu erhalten."

Bereits im vergangenen Sommer ist das aus der Schweiz stammende Unternehmen Loanboox auf dem deutschen Markt gestartet. In diesem Jahr weitete es seine Aktivitäten über eine Kooperation mit der Seite "kommunalnet.at" auch auf Österreich aus. Der Beirat ist hochkarätig besetzt und zeigt, wie eng vernetzt Loanboox in der deutschen Bankenlandschaft ist: Mit dabei sind der frühere Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) Michael Kemmer und der Vorzeige-Ökonom Daniel Stelter ebenso wie die ehemalige KfW-IT-Chefin Edeltraud Leibrock.

Bei der KfW läuft ein Pilotprojekt

Auch die KfW hat im Juli eine zweijährige Pilotphase mit dem Frankfurter Fintech Crowd Desk gestartet und zielt auf eine neue Form der Bürgerbeteiligung. Auf der Webseite "LeihDeinerStadtGeld" können Kommunen ihre Finanzierungsvorhaben im Rahmen von Projektkampagnen präsentieren. Über die Plattform können Bürger und Unternehmen lokale Projekte finanzieren, beispielsweise den Bau eines Bürgerzentrums, die Sanierung vom städtischem Kindergarten oder Schwimmbad. "Schwarmfinanzierungen haben sich in den vergangenen Jahren zu einer wichtigen Finanzierungsquelle für kleine und mittelständische Unternehmen entwickelt. Die Kooperation zwischen Crowd Desk und KfW soll dabei helfen, Crowdlending auch zu einem festen Bestandteil des Finanzierungsbaukastens eines jeden Kämmerers zu machen", erklärte Johannes Laub, Mitgründer und Geschäftsführer von Crowd Desk, zum Start der Kooperation, bei der die KfW vor allem ihr Netzwerk einbringt.     

Viele Marktbeteiligten sind sich jedoch jetzt schon sicher: Auf den Markt der Kommunalfinanzierung per Fintech-Plattform wird schon bald eine Konsolidierung zukommen.

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