Fintechs haben Teile der Finanzgeschäfte in der Branche neu definiert. Bei erfolgreichen Geschäftsmodellen der Start-ups lassen sich bestimmte Kriterien erkennen.
beermedia | Fotolia
Was als Hype startete, ist inzwischen zur festen Wettbewerbsgröße im Bankensektor geworden: Die Technologieunternehmen verändern das Ökosystem der Finanzbranche disruptiv. Die Fintechs machen sichtbar, dass die Eintrittsbarrieren in Finanzservices fundamental gesunken sind. Hinter den Start-ups steht ein wachsender Markt. Die globalen Fintech-Investitionen haben sich in den Jahren 2013 und 2014 verdreifacht, wie der "Fintech Adoption Index" - Germany" der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY) aufzeigt. Die Experten haben international mehr als 12.000 Online-Nutzer nach ihrem Nutzungsverhalten bei Finanztechnologien befragt, davon mehr als 2.000 in Deutschland. Dabei zeigt sich eine Differenz zwischen dem Veränderungstempo, das Fintechs in der Finanzbranche bewirken, und wie stark ihre Produkte in verschiedenen Märkten wirklich schon von den Endkunden angenommen werden. So zeigt sich, dass
- fast jeder dritte Befragte in Hongkong auf Fintech-Anwendungen zurückgreift, aber nur jeder achte in Deutschland,
- der Bekanntheitsgrad von Fintechs in Deutschland zwar höher als im Durchschnitt ist, aber die wenigsten Befragten erkennen hierzulande den Mehrwert und
- lediglich zwölf Prozent laut der Studie in den vergangenen sechs Monaten zumindest zwei Fintech-Produkte genutzt haben, etwa mobile Bezahlungsmethoden oder eine Online-Finanzierung.
Für Christopher Schmitz, Partner bei EY, liegt der Grund dieser Bilanz vor allem in der Zielgruppe: "Nutzer von Fintech-Angeboten sind in der Regel jung, gut ausgebildet und vermögend. Sie arbeiten in urbanen Zentren und sind Trends gegenüber sehr aufgeschlossen." Laut der Studie glaubt die Hälfte der befragten Millennials, dass die Tech-Start-ups Banken überholen werden. Sie schätzen die Einfachheit und den Komfort der Anwendungen. So erklärt sich, dass Geldtransfers oder Bezahlverfahren von Non-Banks vergleichsweise besser genutzt werden, weil sie meist mit wenigen Klicks minutenschnell zu bedienen sind. 23 Prozent haben solche Anbieter für Überweisungen oder zum Online-Tausch von Währungen bereits eingesetzt. Nur acht Prozent legen ihr Geld zwar erst bei Crowdfunding-Plattformen oder bei Online-Brokern an. Diese ersetzen aber klassische Finanzintermediäre, wie Christian Grobe und Dominik Steinkühler in ihrem Beitrag "P2P- und P2B-Plattformen – Wie Start-ups Marketing- und Sales-Kanäle revolutionieren" feststellen. Die Distanz zwischen Anlegern und Kreditnehmern verringere sich durch solche Kreditmarktplätze, weil Investoren umfangreiche Informationen über Kreditnehmer, die geplanten Kreditprojekte und das Risikoprofil zur Verfügung gestellt würden.
Erfolg durch Tempo
Wie erfolgreich die Fintechs wirklich sind, haben Professor Henner Gimpel, Daniel Rau und Professor Maximilian Röglinger in ihrem Beitrag "Fintech-Geschäftsmodelle im Visier" in der Zeitschrift Wirtschaftsinformatik & Management (Ausgabe 3/2016, Seite 39-47) untersucht. Sie glauben, dass ein Erfolgsrezept der "jungen Wilden" in ihrem Tempo liegt. Traditionelle Finanzdienstleister müssten deshalb schnell sein, denn "das Rennen um die Endkundenschnittstelle ist in vollem Gange", glaubt das Autorenteam. "Wer den direkten Kundenkontakt nicht halten kann, wird in der Wertschöpfungskette nach hinten durchgereicht und begibt sich unweigerlich in einen Kostenwettbewerb", stellen sie fest.
Bei den 120 deutschen Fintech-Start-ups, die die Experten analysiert haben, entdecken sie drei Dimensionen, die zusammenspielen müssen, damit die Unternehmen erfolgreich sind. Dazu gehören Interaktion und Grad der Personalisierung für den Endkunden, die Datendimension, die möglichst viele verschiedene Datenquellen mit einer zeitlichen Komponente verknüpft, beispielsweise bei Robo Advisern, sowie die Monetarisierung. Sie klärt unter anderem die Frage nach dem Erlösmodell, das eine Fintech-Anwendung erfolgreich macht. Sie gibt aber auch die Währung an, womit Nutzer für einen Service bezahlen. Dies kann nicht nur Geld sein, sondern auch persönliche Daten, Aufmerksamkeit oder Loyalität.
Zudem kristallisieren sich acht verschiedene Geschäftsmodelltypen heraus, die in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden. Diese reichen vom Banking über den Zahlungsverkehr und E-Commerce bis zu Kryptowährungen, Krediten oder Versicherungen. Dahinter stehen nutzungsbasierte, kostenpflichtige Services, Intermediäre und Marktplätze, aber auch abobasierte Angebote. Die Analyse der Wissenschaftler zeigt, was im Markt schon stattfindet: eine Vielzahl von Fintech-Innovationen, die miteinander verzahnt sind. Für Kreditinstitute sind sie deshalb als Kooperationspartner wichtig, um an der Kundenschnittstelle im Spiel zu bleiben.
Wie weit diese Entwicklung ist, wird auch die zweite Konferenz für Finanztechnologie von Bankmagazin und dem Center for Financial Studies der Goethe-Universität Frankfurt am Main am 14. September zeigen. Dort erfahren Banken, Versicherer, Start-ups und Investoren, wie sie von Kooperationen profitieren.