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10.03.2021 | Firmenkunden | Schwerpunkt | Online-Artikel

In ESG-Finance steckt großes Wachstumspotenzial

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

6 Min. Lesedauer

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Produkte mit einem Fokus auf Environmental, Social und Governance (ESG) waren einst ein Nischenthema im Asset Management. Nun spielen Nachhaltigkeitsziele im Corporate Banking eine immer wichtigere Rolle, zeigen aktuelle Zahlen.

Produkte mit einem ESG-Fokus bei der Kapitalanlage haben sich in den vergangenen Jahren zu einem wachsenden Markt entwickelt. Dass Finanzberater nun dazu verpflichtet sind, ihre Kunden zu fragen, ob Nachhaltigkeitskriterien bei der Geldanlagen berücksichtigt werden sollen, dürfte die Nachfrage nach entsprechenden Angeboten weiter vorantreiben. Doch mittlerweile ist das Thema nicht nur infolge gesetzlicher Vorstöße auch in viele Finanzbereiche vorgedrungen. "Angesichts der aktuellen Wachstumszahlen ist es eine Frage der Zeit, bis sich nachhaltige Finanzierungen im Alltag etablieren", kommentiert Bain-Partner Christian Graf die Ergebnisse der Analyse "Hohe Renditen, geringes Risiko: ESG-Finanzierungen rücken in den Fokus der Banken", die das Beratungshaus Ende Februar veröffentlicht hat. 

Danach hat sich in Europa das Volumen ESG-gebundener Kredite an Unternehmen von 27 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf 102 Milliarden Euro im Jahr 2019 mehr als vervierfacht. Die globalen Wachstumsraten des ESG-bezogenen Emissionsvolumens liegen bei 268 Milliarden Euro. Dies entspreche aber erst ein Prozent aller Unternehmensanleihen.

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2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

Die Engagement-Richtlinie aus Sicht einer Kirchenbank

Zentraler Baustein für eine wirkungsorientierte Anlagepolitik

Engagement ist einer der zentralen Bausteine einer nachhaltigen Anlagestrategie. Es ist damit fester Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie eines Investors und in seinen Strukturen verortet. Wie sich Engagement-Prozesse gestalten, ist in der Engagement-Richtlinie als verbindliches Regelwerk festgehalten. In ihr wird beschrieben, wann, wie, welche Instrumente und methodischen Vorgehensweisen zum Einsatz kommen. Engagement ist kein Selbstzweck. Es will und soll etwas bei den Investitionsobjekten bewirken.

Veränderte Kundenerwartungen verlangen neue Strategien

"Da sich die Ansprüche der Kunden verändern, verankern immer mehr Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit in ihrer Strategie. Sie setzen sich klare Ziele und starten entsprechende Projekte. Und von ihren Kreditinstituten erwarten sie, dass sie passende Finanzierungslösungen bereitstellen", betont Graf. Dies biete Banken auch die Chance, sich strategisch neu zu positionieren - und so neue Kunden und Marktanteile zu gewinnen.

"Europa ist führend in Bezug auf das ESG-Reporting mit einem starken Bezug auf die Nachhaltigkeit", stellen die Analysten von Forrester Research in ihrem aktuellen Report "How Financial Services Firms Are Embracing Sustainability Around The World" fest. Basierend auf dem Pariser Übereinkommen will die Europäische Union bis 2050 Klimaneutralität erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen in den kommenden Jahren im Rahmen des sogenannten Green Deals öffentliche und private Investments in Höhe von bis zu einer Billion Euro getätigt werden. Als Steuerungsinstrument für das Kapital dienen die Regelungen der EU-Taxonomie.

Kritik an Nachhaltigkeits-Regulierung

"Über die Lenkung der Kapitalströme sollen nachhaltige Wirtschaftsbereiche und Produktionsverfahren unterstützt werden. Zwar sind die europäischen Rechtsakte zu den neuen Transparenzpflichten und zur Taxonomie bereits in Kraft getreten. Doch sie könnten in weiten Teilen zu einem späteren Zeitpunkt anzuwenden sein", schreibt Christian Kemper im Bankmagazin-Beitrag "Alles grün oder was?"  (Ausgabe 12 | 2020). Doch stoßen die Pläne der EU zur nachhaltigen Regulierung der Finanzwirtschaft laut stellvertretendem Chefredakteur bei Wirtschaftsexperten und Unternehmen nicht nur auf Zustimmung: "Umweltprobleme sollten primär durch umweltpolitische Maßnahmen angegangen werden", zitiert Kemper den Ifo-Institut-Präsident Clemens Fuest. Dieser ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen.

Laut des EZB-Leitfadens zu Klima- und Umweltrisiken müssen Finanzdienstleister diese künftig in ihren Managementstrategien stärker verankern. Hier ist die Branche, insbesondere in Bezug auf den Umsetzungzeitraum, skeptisch:  

Im Rahmen einer öffentlichen Konsultation der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Leitfaden zu Klima- und Umweltrisiken gab die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) eine Stellungnahme ab. Generell begrüßt der Spitzenverband das Engagement der EZB, die internationalen und europäischen Entwicklungen im Umfeld von Sustainable Finance eng zu verfolgen und den Finanzsektor auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu begleiten. […] Ob und in welcher Intensität Klima- und Umweltrisiken von Finanzdienstleistern berücksichtigt werden sollten, hänge von deren Wesentlichkeit ab. Daher fordert die DK eine stärkere Verankerung des Proportionalitätsprinzips im Leitfaden auf Instituts- und auch auf Transaktionsebene. Die geplante Anwendungsfrist ist aus Sicht der Institute auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, die derzeit erhebliche Ressourcen insbesondere im Risikomanagement der Finanzinstitute binde, nicht einzuhalten. Vielmehr sollte ein geeigneter Übergangszeitraum eingeräumt werden", schreibt Christian Kemper.

Insgesamt strebe die DK eine deutlich gestraffte und inhaltlich austarierte Version des Leitfadens an, die mit künfigen Vorgaben und Mandaten der European Banking Authority (EBA) in Einklang stehen soll.

Aufwand für ESG-Finanzierungen lohnt sich

Auch rein praktisch stellen laut Bain-Analyse die ESG-Finanzierungen die Finanzinstitute vor neue Herausforderungen, denn sie müssen die Angaben ihrer Kunden zur Nachhaltigkeit überprüfen und verfolgen. Allerdings rechne sich dieser Mehraufwand. Das zeige ein Vergleich der Risikokosten der 25 größten europäischen Banken mit denen der europäischen Mitglieder der Global Alliance for Banking on Values, einem Netzwerk von weltweit mittlerweile mehr als 60 auf Nachhaltigkeit spezialisierten Instituten. "So kamen die der Global Alliance angeschlossenen europäischen Banken über die vergangenen fünf Jahre hinweg auf ein Drittel weniger Risikokosten als die Top 25."

"Offenkundig gibt es einen Zusammenhang zwischen dem ESG-Engagement und dem Risikoprofil von Unternehmen", erklärt Bain-Bankenexperte Stefan Wörner. Wer seinen Energieverbrauch verringere, Abfallmengen reduziere oder seine Marke durch ESG-Initiativen stärke, dürfte finanzielle Erfolge verbuchen. So fließen bei vielen Banken bereits seit einigen Jahren ESG-Kriterien in den Kreditrisikoprüfungsprozess ein. "Das ermöglicht es ihnen auch, sich vor potenziellen Imageschäden zu schützen, die durch die Finanzierung nicht ESG-konformer Assets entstehen könnten."

Finanzbranche fehlt einheitlicher ESG-Standard

Die Studie bemängelt allerdings den fehlenden einheitlichen Standard für Unternehmen im Hinblick auf die ESG-Konformität. Die Bandbreite für Banken oder Investoren könne vom Ausschluss kontroverser Branchen bis hin zum sogenannten Impact Investing reichen.

Einen Überblick über die aktuellen ESG-Aktivitäten der Branche bietet die Auswertung von mehr als 40 Reports großer internationaler Finanzhäusern bietet der Forrester-Report:

Initiative

Environmental

Social

Governance

High Priority

Impact Investing

Katastrophenhilfe

Risikomanagement

Strong Prioity

Green Bonds

Unterstützung gemeinnütziger Projekte und des Mittelstands, sowie Diversity- und Inklusionsinitiativen

ESG-Strategie sowie Negativ-Screening und Ausschlüsse

Neutral Committment

Reduktion von CO2-Emissionen und Umweltphilanthropie

Infrastruktur, inklusive Design und Mitarbeiterengagement

Cyber-Sicherheit und Datenschutz, Anti-Korruption, Compliance

Emerging Committment

Effizientes Bauen und grüne IT

Projekte zur finanziellen Inklusion und zu Finanzkompetenzen

Supply Chain Management und Einkauf

Weak Committment

Unterstützung der Kunden zur Verbesserung der Umweldbilanz

Armutsbekämpfung und bezahlbaren Wohnraum

Langfristige Finanzmetrik

Quelle: Forrester Research

Drei wichtige ESG-Faktoren für Banken

Um Greenwashing-Vorwürfe zu vermeiden, sollten die Geldhäuser laut Bain-Studie zügig messbare ESG-Ziele in ihrer Strategie verankern und ihre Reportingprozesse darauf auslegen. Dabei ermittelten die Analysten drei erfolgskritische Faktoren:

  1. Passende Produkte: Nachhaltige Kredite müssen mehrere Bedingungen erfüllen. Klare Ziele sind ebenso erforderlich wie passende Kennzahlen, um die Fortschritte beispielsweise bei der Reduzierung von CO2-Emissionen zu messen. Unverzichtbar sind zudem einfache Monitoring- und Reportingprozesse.
  2. Kundenspezifische Beratung: Viele Unternehmen sind beim Einbetten von Nachhaltigkeitsinitiativen in Finanzierungen noch auf Unterstützung angewiesen. Insbesondere größere Firmenkunden sollten von ESG-Spezialisten beraten werden. Bei kleineren Kunden lässt sich auf standardisierte digitale Lösungen zurückgreifen.
  3. Ansprechende Kundenerlebnisse: ESG-Finanzierungen sind nur ein Baustein bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien in Unternehmen. Je früher sich Banken einbringen, desto eher haben sie die Chance, solche Kredite in Gesamtkonzepte einzufügen und sich als strategischer Partner zu etablieren.


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