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Erschienen in: Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft 3-4/2020

Open Access 24.01.2020 | Originalarbeit

FishCam & FishNet – fischökologisches Monitoring 4.0

verfasst von: Univ.-Prof. DI Dr. Helmut Mader, DI (HTL) Sabine Käfer

Erschienen in: Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft | Ausgabe 3-4/2020

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Zusammenfassung

Die Entwicklung eines fischökologischen Monitorings 4.0 mittels FishCam und FishNet hatte zum Ziel, automatisierbare Aufgaben, wie die präzise, ausdauernde und rund um die Uhr einsetzbare Erfassung von Felddaten und die Vorauswertung derselben mit den finalen Expertisen einer Artbestimmung und Bewertung durch Fachkräfte zu verknüpfen. Mit dem neu entwickelten System zur Felddatenerfassung mittels LAN-Kamera in einem Reinwassergehäuse und einem Erfassungstunnel wird die Fischmigration automatisch ohne hydraulischen Einfluss, ohne Hälterung der Fische in Reusen und ohne Kontakt und Stress für die Fische erfasst. Die Bildklassifizierung in Fish- und NoFish-Objekte erfolgt auf Basis eines trainierten Deep Convolutional Neural Network und erreicht eine Genauigkeit einer Differenzierung von ca. 97 %. Neben der Standardanwendung einer Funktionskontrolle für Organismenwanderanlagen wurden Sonderanwendungen wie die Überwachung von Rechenanlagen, Reusenkehlen, Fang- und Transportkörben, Schwemmleitungen und Abstiegs-Bypässen sowie die Überwachung bei extremer Laubdrift erfolgreich durchgeführt. Basierend auf der sekundengenauen Erfassung der Wanderzeiten der Einzelindividuen erfolgten über Sonderauswertungen die Analyse eines Blockadeeffekts bei der Annäherungen der Fische zu intermittierend arbeitenden Organismenwanderanlagen sowie die Analyse der Auffindbarkeit, der Tages- und Jahresgänge der Fischwanderung und die Auswertung von Massenwanderungen.
Hinweise

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

1 Einleitung

Funktionsüberprüfungen von Organismenwanderanlagen (OWA) sowie die fischökologische Überwachung einzelner Anlagenteilen von Wasserkraftwerken (z. B. Rechen) und neu entwickelter Komponenten technischer Fischaufstiegshilfen (Transportkörbe, Schleusen, Reusenkehlen, Ausschwemmleitungen etc.) stellen einen hohen technischen, finanziellen und personellen Aufwand dar und sind zumeist mit herkömmlichen Methoden fischökologischer Funktionsprüfungen mittels Reusen oder Zählkammern nicht möglich. Insbesondere die lückenlose Erfassung der Wanderaktivität der Fische in größeren Gewässern über einzelne oder sogar mehrere Jahre stellt Anlagenbetreiber vor hohe personelle Herausforderungen. Das fischökologische Monitoring unzugänglicher Bereiche wie sich bewegende Transportkörbe, Ausschwemmleitungen oder Kraftwerksrechen ist zumeist ausschließlich mit modernen, zukunftsorientierten Methoden und Einrichtungen möglich, wie dies z. B. Videomonitoringanlagen oder die Besenderung von Fischen darstellen. Fischökologische Untersuchungen bestimmter Anlagenteile von Kraftwerken und OWH dienen der Klärung der Fragen einer verletzungsfreien Passage, einer Barrierewirkung und/oder einer zeitlichen Verzögerung und artspezifischen Selektion in der Migration. Funktionsprüfungen haben eine Klärung der Frage der Ein- und Durchwanderung von OWH zum Ziel. Hier kommt der Interpretation des tatsächlichen Fangerfolgs in herkömmlichen Fangeinrichtungen wie Zählbecken oder Reusen eine zusätzliche große Bedeutung zu. Diese wird jedoch selten quantifiziert (Stuart et al. 2008). Hohe Wiederholungsraten der Ein- und Ausstiege bei Zählbecken (Pardela 2017) und hohe Entkommensraten aus Reusen über Reusenkehlen (Schwevers und Adam 2000) sind ebenso dokumentiert wie artspezifisch niedrige Fangraten (Peter et al. 2016) und die Hemmung des Einstiegs durch die Reusenkehle ohne Unterbindung eines Wiederaustritts (Croze et al. 2008; Mader et al. 2016).
Die Entwicklung eines fischökologischen Monitorings 4.0 mittels FishCam und FishNet hatte zum Ziel, automatisierbare Aufgaben wie die präzise, ausdauernde und rund um die Uhr eingesetzte Erfassung von Felddaten und die Vorauswertung derselben mit den finalen Expertisen einer Artbestimmung durch Fachkräfte zu verknüpfen. Teilaufgaben, die automatisierbar sind, werden von technischen Systemen abgearbeitet. Dazu zählt die zeitlich präzise, berührungslose Auslösung der Erfassung der Wanderbewegungen ohne Hälterung und ohne Störung der Fische vor Ort durch die FishCam ebenso wie die automatisierte Selektion der Objekte in Fish und NoFish in der Auswertesoftware FishNet. Damit ist es gelungen, anstrengende und/oder gefährliche Aufgaben (z. B. Reusenleerungen in der Nacht oder im Winter) sowie monotone Arbeiten (z. B. Videosichtungen) zu automatisieren. FishCam und FishNet arbeiten präzise, ausdauernd und erfassen bzw. werten rund um die Uhr relevante Informationen aus.
Im nachfolgenden Beitrag wird die erfolgreiche Anwendung von FishCam und FishNet bei folgenden Aufgabenstellungen dokumentiert:
  • Funktionsüberprüfung von Organismenwanderanlagen,
  • Überwachung von Rechenanlagen,
  • Überwachung von Reusenkehlen, Fangkörben und Transportkörben,
  • Überwachung von Schwemmleitungen und Abstiegs-Bypässen,
  • Überwachung bei extremer Laubdrift,
  • Annäherungsanalyse bei intermittierenden OWH,
  • Analyse der Auffindbarkeit von OWH,
  • Analyse von Massenwanderungen,
  • Analyse von Tages- und Jahresgängen,
  • Analyse der maximalen Sprintgeschwindigkeit.
Dabei werden primär die Bandbreite der Anwendungsmöglichkeiten von FishCam und FishNet sowie die Zusammenschau genereller Aussagen aus den Einzeluntersuchungen der vergangenen rd. 10 Jahre der Anwendungen dargestellt. Auf Detailergebnisse der einzelnen Fallstudien wird nicht eingegangen, da dies den Umfang der Publikation sprengen würde. Hier wird zum Teil auf die weiterführende Literatur verwiesen.

2 FishCam und FishNet – Systembeschreibung

Die Entwicklung der FishCam (Mader et al. 2017) und der Auswertesoftware FishNet (Kratzert 2016) erfolgten im Rahmen eines Forschungsprojekts der VERBUND Hydro Power GmbH. Ausgehend von einer ersten Anwendung von Videomonitorings zur Dokumentation einer Wanderung eines Huchen (Hucho hucho) und eines Welses (Silurus glanis) durch eine Organismenwanderanlage (OWA) (Mader et al. 2012), der Entwicklung eines ersten Prototyps einer automatisiert arbeitenden FishCam im Rahmen eines OWA-Funktionsmonitorings an der Möll in den Jahren 2012 ff und der laufenden Weiterentwicklung der Auswertesoftware FishNet zur Objektselektion, -verfolgung und -klassifizierung erfolgte bis heute eine Vielzahl von Funktionsüberprüfungen und Überwachung von Kraftwerks- und Fischaufstiegshilfenanlagenteilen mittels Videoanalyse. Im Folgenden werden die nunmehr im Einsatz befindliche Hard- und Software kurz beschrieben.

2.1 Erfassung der Objektbewegung mittels FishCam

Die Erfassung der Bewegung der Fische erfolgt mittels Videomonitoringanlage (FishCam) einerseits im Bereich eines definierten Erfassungstunnels und andererseits im freien Wasservolumen im Erfassungszylinder des Kameraobjektivs. Die FishCam erfasst mit einer automatisierten Auslösung die Migration der Individuen und naturgemäß aller bewegten Objekte im Raum, unabhängig von deren Schwimm- und Driftrichtung.
Die wandernden Individuen werden bei der Erfassung nicht berührt, nicht gehältert und erfahren keinerlei Stress. Die Erfassung des Zeitpunktes der Migration der Fische erfolgt über die Videosignatur der abgespeicherten Videofiles. Die FishCam in der Standardanwendung besteht aus einer Kameraeinheit in einem Reinwassergehäuse, einem Erfassungstunnel mit strukturierter Sohle und Rückwand sowie einem Spiegeldeckel zur Aufnahme einer Vertikalprojektion der Objekte zur Ermittlung des Abstands von der Kamerafront (Abb. 1).
Als Kamera fungiert eine für den Unterwassereinsatz adaptierte LAN-fähige Standard-Überwachungskamera, die bei einer Veränderung einer frei definierbaren Anzahl der Pixel der aufeinander folgenden Bilder automatisch und selbstständig die Videospeicherung startet. Die Sensitivität der Auslösung der Aufnahme ist anwendungsorientiert einstellbar. Bei der in der FishCam eingebauten Kamera handelt es sich um eine Axis P1357 bzw. seit 2019 um eine Axis P 1367 Überwachungskamera mit 5 MP Auflösung bei 12 fps bzw. HDTV-Qualität bei 30 fps. Bei Monitorings in Organismenwanderanlagen wird diese mit der maximalen Auflösung pro Bild betrieben. Die Videoaufzeichnung erfolgte in H.264 bzw. Motion JPEG streams. Die gespeicherten Videos umfassen einen Zeitraum von 4 s vor dem detektierten Bewegungsbeginn bis 4 s nach Bewegungsende und sind zwischen 8 und 300 s lang. Als Kameraobjektiv wird eine weitgehend verzerrungsfreie Weitwinkel Linse mit 1,8 mm Brennweite verwendet. Bei einem Öffnungswinkel von 110° beträgt die Größe des Betrachtungsbereichs im Vordergrund rd. 120 × 100 cm. Die Korrektur des Wasser-Luft-Brechungsindex (1,33) erfolgt mittels INON Dome Port 115. Als externe Lichtquelle sind LED-Stripes mit einer Farbtemperatur von 6000 K als Ringbeleuchtung angeordnet und werden 24/7 betrieben. Somit werden auch Bewegungen bei Dunkelheit in einer ausreichend guten Qualität erfasst.
Der Erfassungstunnel wird an die Seitenwände der OWA mittels Gitterrosten mit lichten Öffnungen von 30 × 9 mm angeschlossen. Je nach Dotation der OWH herrscht im Bereich des klar definierten 1,0 × 0,5 m großen Durchflussquerschnitts des Erfassungstunnels der FishCam eine mittlere Fließgeschwindigkeit von 0,5–0,8 m/s vor. Der Erfassungsquerschnitt wird durch einen strukturierten, weißen Boden mit 13 aufgesetzten Halbkugeln DN 100 mm und einem matt weißen Hintergrund ohne Hinterleuchtung begrenzt. Den Deckel bildet ein schräg zur Kamerafront abgehängter Spiegel, der eine Vertikalprojektion der Objekte und wandernden Organismen zeigt (Abb. 2).
Die aufgezeichneten Objektbewegungen werden im *.mkv-Videoformat in HD-Qualität gespeichert und im Postprocessing zur weiteren Verarbeitung im Softwarepaket FishNet in *.avi-Dateien konvertiert. Über einen LTE-Mobilfunk-Router ist die Anlage fernüberwacht und kann gewartet werden. Bei Störungen (Ausfall, Erreichen der max. Speicherkapazität) erfolgt eine Benachrichtigung über E‑Mail, sodass ein geregelter Dauerbetrieb der Anlage bzw. eine Wartung sichergestellt sind. Eine externe Sicherung der Daten erfolgt im rd. 4‑wöchigen Rhythmus. Die Anlage wird je nach Fischregion und Wassertemperatur im Zeitintervall von 1–2 Wochen vom Algenbelag gereinigt. Wird über die Fernüberwachung bei der täglichen Kontrolle eine außerordentliche Verunreinigung (Verklausung, Algenschwaden etc.) festgestellt, so wird die FishCam nach Bedarf zusätzlich gereinigt. Im Zeitintervall von 6–8 Wochen wird die FishCam einer umfassenden Reinigung unterzogen und der aufgekommene Algenbelag wird von der Kameralinse, dem Dome Port sowie der Innenseite der Glasscheibe des Reinwassergehäuses entfernt.
Generell benötigt die FishCam-Anlage einen 220V-Stromanschluss, in Sonderfällen ist jedoch auch ein Betrieb über Solarmodule und Speicherbatterien möglich.

2.2 Objektselektion, -verfolgung und -klassifizierung mittels FishNet

Primäre Aufgabe der Auswertung der in den Videos erfassten Objektbewegungen mittels FishNet ist es, Videos von driftenden Objekten wie Totholz, Laub und anthropogenem Müll, die rd. 96 % der Aufnahmen ausmachen, von den Videos der wandernden Fische zu selektieren. Darüber hinaus erfolgt mittels FishNet für die selektierten Videos, die Fische enthalten, die Bestimmung der Wanderrichtung mittels Objekttracking, die Zählung der erfassten Videos mit flussaufwärts bzw. flussabwärts gerichteter Wanderaktivität und der Aufnahmen ohne gerichtete Bewegung der Fische (z. B. Verharren vor der Kamera, Unterbrechung der Wanderaktivität etc.). Von jedem im Auswerteprozess erkannten Objekt wird ein Bild im Ergebnisordner abgespeichert. Dadurch ist zum einen eine einfache Sichtung der richtigen Zuordnung zum Fish- und NoFish-Ordner und zum anderen eine einfache Zählung der erkannten Fische mit zugeordneter Schwimmrichtung gewährleistet. Bei sehr klaren Wasserverhältnissen ist darüber hinaus eine automatisierte Bestimmung der Fischlänge aus dem Quasi-3D-Bild eines erfassten Einzelfisches möglich.
In der zweiteilig aufgebauten Software FishNet (Kratzert 2016) wird in einem ersten Schritt jedes aufgenommene Video in einzelne Bilder zerlegt. Da jedes Video einen Vorspann von 4 s bzw. 48 Bildern vor dem registrierten Bewegungsbeginn eines Objektes beinhält, ist ein Vergleich des Basisbilds ohne Objekt Pixel für Pixel mit jedem darauf folgenden Bild möglich. Die so erkannten einzelnen Objekte (Fische, Treibgut, Luftblasen etc.) werden einzeln mit einer Kennung versehen und durch das gesamte Video verfolgt. Daraus lässt sich jedes Objekt zählen und die Bewegungsrichtung bestimmen. Für jedes Objekt wird nun ein repräsentatives Bild mithilfe einer Bildklassifizierung mittels (Deep) Convolutional Neural Networks (Russakovsky et al. 2015) durchgeführt. Mit erlernbaren bzw. trainierbaren Filtern pro Layer des mehrlagigen, vereinfachten künstlichen neuronalen Netzes wird – wie von der Biologie inspiriert – versucht, die visuelle Hülle von Tieren nachzubilden (Hubel und Wiesel 1962; Kratzert 2016). Resultat dieser zweiten Ebene der Bearbeitung ist eine Zuordnung in die Resultatordner Fish und NoFish sowie eine Subunterteilung der erkannten Fischvideos in die detektierten Bewegungsrichtungen.
Das verwendete Netzwerk in FishNet wurde von Kratzert (2016) mit rd. 52.000 Bildern (je zur Hälfte Fish- und NoFish-Objekte) trainiert. Die Objektklassifizierung weist eine Genauigkeit von rd. 97 % richtig klassifizierter Objekte auf. Die Bestimmung der Fischart erfolgt im Postprocessing durch Fischökologen im Rahmen der Sichtung der selektierten Videoaufnahmen mit wandernden Fischen.

3 Standardanwendungen

3.1 Funktionsüberprüfungen an Organismenwanderanlagen

Seit 2011 wurden bislang im Rahmen von 27 abgeschlossenen und 5 laufenden Funktionsüberprüfungen an OWH rd. 3.000.000 Videos automatisch und selbstständig von den FishCam-Systemen aufgenommen und ausgewertet. Dabei wurden folgende OWH-Typen und Fischregionen bearbeitet (Tab. 1).
Tab. 1
Abgeschlossene und laufende Funktionsüberprüfungen, OWH-Typ und Fischregionen
OWH-Typ/Sondertyp
Fischregion mit maßgeblicher Fischart
Naturnahes Umgehungsgerinne
Epipotamal Groß (Huchen)
Naturnaher Beckenpass
Epipotamal Mittel (Huchen)
Schlitzpass (konventionell & enature)
Epirhithral (Bachforelle)
Hyporhithral (Huchen)
Epipotamal Groß (Huchen & Wels)
Epipotamal Mittel (Barbe)
Fischaufstiegsschnecke
Hyporhithral Groß (Huchen)
2‑Kammern-OWH
Metarhithral (Bachforelle)
Fischliftschleuse
Hyporhithral (Huchen)
Hyporhithral (Barbe)

3.2 Auswertung

Die Auswertung der Funktion von Organismenwanderhilfen erfolgt bei allen Fallstudien nach Woschitz et al. (2003) auf Basis der lückenlosen Erfassung der Fischwanderung in der FishCam. Die FishCam wurde sowohl bei Einstiegs- wie auch bei Ausstiegsmonitorings eingesetzt. Primäres Ziel der Auswertung der Migration von Individuen durch die OWH ist die Klärung der Frage, ob die OWH von allen im Unterwasser vorkommenden Fischarten und Altersstadien aufgefunden wird und durchwandert werden kann. Bei größeren Anlagen wurden zumeist am Ein- und Ausstieg FishCams betrieben. Aus den selbstständig durch die FishCam erfassten Videos werden mit FishNet automatisiert in einem ersten Schritt alle Aufnahmen mit Fischbewegungen von jenen selektiert, die lediglich Treibgut (Blätter, Algen, Totholz, anthropogene Verunreinigungen) aufgezeichnet haben. Zudem erfolgen Analyse und Klassifizierung der Wanderrichtung. Im Post-processing werden während der Fischartenbestimmung die verbliebenen Videos mit Fischen gesichtet und die Wanderrichtung kontrolliert. Unterschieden werden:
  • Fischaufstieg: aufwärts gerichtete Wanderung (Fisch schwimmt von unten in den Erfassungstunnel ein und nach oben aus diesem aus).
  • Fischabstieg: abwärts gerichtete Wanderung (Fisch schwimmt von oben in den Erfassungstunnel ein und nach unten aus diesem aus).
  • Fischbewegung ohne Richtung (WD – without direction): Fisch schwimmt von unten in den Erfassungsbereich ein und wieder nach unten aus diesem aus oder Fisch schwimmt von oben in den Erfassungsbereich ein und wieder nach oben aus diesem aus.
  • Multi-Migration: Fisch schwimmt in einem Video mehrfach durch den Erfassungstunnel.
Die Bestimmung der Fischart erfolgt im Postprocessing manuell durch einen Fischökologen im Zuge der Sichtung der Einzelvideos. Da die Aufnahme in HD-Qualität erfolgt und jedes Videobild eine Auflösung von 5 MP (2560 × 1920) aufweist, ist eine detailreiche Wiedergabe der Einzelbilder auch bei kleinen Bildausschnitten gewährleistet. Selbst allfällig vorhandene Markierungen der Fische (z. B. Flossenschnitt) aus der Bestandsbefischung konnten oftmals problemlos erkannt werden. Über die bekannten Bestimmungskriterien ist aus den Bildern des Videos in der überwiegenden Zahl der Fälle eine klare und eindeutige Bestimmung der Fischart für einen Fischbiologen möglich. In Zweifelsfällen ist eine Abklärung über zugezogene Experten bzw. die Definition als „Unbestimmt“, „Cyprinide/Salmonide Unbestimmt“ möglich. Der Anteil der nicht eindeutig bestimmbaren Individuen lag bei den durchgeführten Monitorings bei normalen hydrologischen Abflussverhältnissen deutlich unter 10 %. Im Zuge der Sichtung der Videos in zeitlicher Abfolge der Aufnahme erfolgt auch die Bestimmung von mehrfach hintereinander durch den Erfassungstunnel wandernden Individuen (Multi-Migration), einerseits über die Fischart in Kombination mit besonderen Merkmalen, andererseits über die Körperlänge. Im Rahmen der weiterführenden Auswertung werden in einem ersten Schritt alle mit WD („ohne Richtung“) gekennzeichneten Individuen ausgeschieden. In einem zweiten Schritt werden alle mehrfach hintereinander erfassten Individuen nach folgendem Procedere behandelt (siehe Tab. 2 und 3).
Tab. 2
Aufwärts gerichtete Wanderung gefolgt von abwärts gerichteter Wanderung mit zeitlicher Verzögerung von <30 min (kurze OWH), < 60 min (lange OWH)
Einstiegsmonitoring
Ausstiegsmonitoring
Beide Passagen fallen aus der Auswertung
Beide Passagen verbleiben in der Auswertung
Begründung:
Das Individuum hat den Einstieg der OWH gefunden, ist von unten in die OWH eingestiegen, hat lediglich einzelne oder einige wenige Pools der OWH erfolgreich durchwandert und ist im Anschluss daran wieder ab- bzw. am Einstieg aus der OWH ausgestiegen
Begründung:
Das Individuum hat den Einstieg der OWH aufgefunden, die OWH erfolgreich in der gesamten Länge durchwandert und ist im Anschluss daran wieder durch die OWH abgestiegen
Tab. 3
Abwärts gerichtete Wanderung gefolgt von aufwärts gerichteter Wanderung mit zeitlicher Verzögerung von >30 min (kurze OWH), >60 min (lange OWH)
Einstiegsmonitoring
Ausstiegsmonitoring
Beide Passagen bleiben in der Auswertung
Beide Passagen bleiben in der Auswertung
Begründung:
Das Individuum hat den oberwasserseitigen Ausstieg der OWH aufgefunden, die OWH erfolgreich in der gesamten Länge durchwandert und ist im Anschluss daran wieder durch die OWH aufgestiegen
Begründung:
Das Individuum hat den oberwasserseitigen Ausstieg der OWH aufgefunden, die OWH zumindest über eine größere Länge erfolgreich durchwandert und ist im Anschluss daran wieder auf- und aus der OWH ausgestiegen
In den überwiegenden Fällen der Monitorings wurden mehrfach hintereinander erfasste Individuen binnen weniger Sekunden bzw. einzelner Minuten wiederholt in der FishCam erfasst (Tab. 4).
Tab. 4
Mehrfachpassage einer nach rd. 25 min erfolgreichen Barbe im Hyporhithral
Video [yyyymmdd_hhmmss]
Fischart
Länge [mm]
Aufstieg
Abstieg
WD
20170515_083515
Barbe
550
X
  
20170515_084314
Barbe
550
  
X
20170515_084328
Barbe
550
 
X
 
20170515_084345
Barbe
550
X
  
20170515_084401
Barbe
550
 
X
 
20170515_084435
Barbe
550
  
X
20170515_084458
Barbe
550
X
  
20170515_084516
Barbe
550
 
X
 
20170515_084541
Barbe
550
  
X
20170515_084558
Barbe
550
X
  
20170515_084612
Barbe
550
 
X
 
20170515_084643
Barbe
550
X
  
20170515_084731
Barbe
550
 
X
 
20170515_084801
Barbe
550
  
X
20170515_084828
Barbe
550
X
  
20170515_084843
Barbe
550
 
X
 
20170515_084927
Barbe
550
X
  
20170515_085004
Barbe
550
 
X
 
20170515_085025
Barbe
550
X
  
Bei guten Aufnahmeverhältnissen (geringe Trübung, geringe Turbulenzen und Lufteintrag) erfolgt die Längenbestimmung automatisch im Rahmen des Auswerteprozesses mit FishNet. Die Ermittlung der Fischlänge ist zu Kontrollzwecken oder bei ungünstigen Aufnahmeverhältnissen über das Quasi-3D-Bild aus der Zusammenschau der Frontalaufnahme und der Aufnahme der Schwimmlage aus der Vertikalprojektion aus dem Spiegeldeckel über die Referenzlängenpunkte der an der Sohle aufgesetzten Halbkugeln mithilfe einer einfachen Geradengleichung möglich. Bei klarem Wasser, geringen Veralgungen, Trübungen und sogar bei der Passage von Schwärmen größerer Fische (Abb. 2 und 3) ist es zumeist mühelos möglich, die Position der Fische im Raum durch die bekannte Geometrie der Bodenplatten zu erkennen. Die Längenbestimmung ist mit einer Genauigkeit von ±1 bis ±2 cm möglich.

4 Sonderanwendungen

4.1 Überwachung von Rechenanlagen

Eine erste Sonderanwendung der FishCam erfolgte im Rahmen einer Überwachung des Verhaltens der Fische am Feinrechen bei einem Kraftwerkszulauf im Epirhithral zur Erfüllung einer behördlichen Auflage. Da eine Erfassung der sich an den Rechen annähernden Fische selten von der Seite bei klar erkennbarer Fischsilhouette erfolgte, wurde bei der Auswertung der erfassten Videos auf die Bilder in der Objektdatenbank der Fish- und NoFish-Ergebnisordner zurückgegriffen. Die Erstellung dieser Bilder der detektierten Objekte erfolgt automatisch im Zuge des Auswerteprozesses.
Im Beobachtungszeitraum von rd. 5 Wochen mit einer 24/7-Überwachung wurden aus rd. 10.000 erfassten Objekten – u. a. wurde natürlich auch der Rechenreiniger laufend aufgenommen – insgesamt rd. 800 Bewegungen von Bachforellen im Bereich des Feinrechens von der FishCam selektiert. Die erfassten Individuen hielten sich oftmals über mehrere Stunden bis zu mehrere Tage im Bereich des Feinrechens auf und lösten somit die Erfassung durch die FishCam mehrfach hintereinander aus. Generell konnte festgestellt werden, dass sich die Bachforellen dem Feinrechen oftmals bis zur scheinbaren Berührung annäherten (Abb. 4) und z. T. direkt von den Rechenstäben fraßen.
Es war allen erfassten Individuen bei Fließgeschwindigkeiten im Rechenbereich von rd. 0,5–rd. 0,8 m/s mühelos möglich, am Rechen unmittelbar in Rechennähe zu verweilen bzw. an diesem entlang zu schwimmen. Im Beobachtungszeitraum wurde kein Individuum am Feinrechen durch die vorherrschenden Strömungsbedingungen „festgehalten“ bzw. durch den Feinrechen in den Triebwasserweg eingesogen (Mader 2016).

4.2 Überwachung von Fischabstiegs-Rohrleitungen

Laut einer behördlichen Auflage musste ein errichteter Bypass in Form eines geschlossenen, im Betriebsfall vollgefüllten Rohrquerschnittes mit DN 600 mm und einem Abfluss von 0,65 m3/s im Hinblick auf seine Funktionsfähigkeit als Fischabstiegsanlage beweisgesichert werden. Diese Beweissicherung in einem Seeausrinn in der Äschenregion erfolgte durch den Einbau einer FishCam in einen Aufweitungsabschnitt DN 800 mm in einem mit Blickrichtung orthogonal zur Rohrachse angebrachten Flansch. Die Fließgeschwindigkeit in der Aufweitung beträgt bei maximaler Beaufschlagung des Bypasses rd. 1,3 m/s. Über die Distanz von der Kamera bis zur Rohrwandung von rd. 1 m war es möglich, einen kegelförmigen Ausschnitt des Rohres mit einer durchströmten Länge von 0,3 (Vordergrund) bis 1,3 m (Hintergrund) zu überwachen. In diesem Betrachtungskegel in der Aufweitung war durch die Reduktion der Fließgeschwindigkeit eine Erfassung der Fische und sonstigen Objekte über zumindest über 3–6 Einzelbildern der Videos bei einer Erfassungsrate der Videos von 12 fps möglich. Der Rohrabschnitt wurde mit zwei Balkenleuchten 7/24 beleuchtet. Der Betrieb des Bypasses wurde über einen Zeitraum von 2 Monaten 24/7 überwacht.
Im Beobachtungszeitraum wurden rd. 13.500 Videos mit rd. 6800 Objekten erfasst. Der überwiegende Anteil der Videos zeigte Treibgut und Lufteinmischungen bzw. Verwirbelungen. Im Postprocessing wurden die Videos automatisch gesichtet und von den erfassten Objekten Bilder erstellt. Nach Durchsicht der erfassten Objekte über die von der Software FishNet ausgeworfenen Fish- und NoFish-Bilder konnten die absteigenden Fische von den sonstigen Objekten unterschieden werden. Insgesamt wurden aus den rd. 220 h Videomaterial überwiegend automatisiert 18 Videos mit absteigenden Fischen selektiert.
Eine Grenze der Anwendung der FishCam in geschlossenen Querschnitten stellt jedenfalls die minimale Anzahl der erfassten Einzelbilder dar. Zudem ist eine Erkennung der Fischart auf den in Folge der raschen Bewegung oft unscharfen Bildern nur in Einzelfällen möglich. Erst ab zumindest 3 erfassten Einzelbildern pro Objekt in einem Video, d. h., dass das Objekt zumindest über eine ¼‑Sekunde erfasst werden muss, ist eine stabile Auswertung der Videodaten mit FishNet möglich.

4.3 Annäherungsanalyse bei intermittierend arbeitenden OWH

Intermittierend arbeitende OWH (Lifte, Liftschleusen) setzen voraus, dass migrierende Fische, die beim Einstieg ankommen, auf den Zeitpunkt der Freigabe des Migrationskorridors (Hubvorgang) warten. Funktionsanalysen an intermittierenden Systemen müssen neben der tatsächlichen Durchwanderung durch Fischarten und Altersstadien darüber hinaus auch auf temporäre oder permanente Blockadeeffekte untersucht werden.
Bei allen drei Untersuchungen wurde eine die Fischbewegung selbst registrierende FishCam in geringem Abstand vom unteren Einstieg in den Transportkorb situiert. Im Zuge der Sichtung der erfassten Videos in zeitlicher Abfolge der Aufnahmen wurde die Auswertung dahingehend abgeändert, dass mehrfach hintereinander durch den Erfassungstunnel wandernde Individuen (Multi-Migration) nicht nach dem in Abschn. 3.2. dargestellten System ausgeschieden wurden, sondern in einer ergänzenden Auswertung die Anzahl der Annäherungen der einzelnen Fische gesondert ausgewiesen wurde. Aus der tabellarischen Gegenüberstellung der Anzahl der Individuen, die aufstiegswillig den Einstieg in die OWH passiert hatten und in der FishCam erfasst wurden, der Anzahl der Annäherungen der jeweiligen Individuen an die OWH und der Anzahl der tatsächlich registrierten Aufstiege ist der Erfolg der Passage durch die OWH darstellbar (Tab. 5).
Tab. 5
Gegenüberstellung Annäherungen vs. Individuen vs. Aufstiege, intermittierend arbeitende OWH, ausgewählte Arten
29.03.2017 bis 24.10.2018
Regenbogenforelle
Barbe
Seeforelle
Hecht
Laube
Rotauge
Flussbarsch
Bachforelle
Annäherungen
390
882
199
61
866
61
1759
457
Individuen
83
390
38
16
?
27
?
183
Aufstiege
20
69
7
10
435
16
487
18
Erfolg in % der Annäherungen
5
8
4
16
50
26
28
4
Erfolg in % der Individuen
24
18
18
63
?
59
?
10
Annäherung pro Individuum
4,7
2,3
5,2
3,8
2,3
2,5
Monitorings an drei intermittierend arbeitenden Systemen haben gezeigt, dass insbesondere bei forellenartigen Fischen und bei Barben doch deutliche Defizite bestehen, die sich in einer eher bescheidenen Gesamtperformance der OWH bei der quantitativen Beurteilung niederschlagen. Während die Vertreter der indifferenten/eurytopischen Strömungsgilde Hecht, Laube, Rotauge und Flussbarsch durchwegs relativ gute Aufstiegsraten aufweisen, zeigt sich bei den der Gilde der rheophil A zugehörigen Arten ein eher mäßiger bis ungenügender Aufstiegserfolg. Oftmals sind sehr viele Annäherungen zu beobachten und das Suchverhalten ist sehr ausgeprägt. Die Verweildauer der Individuen dieser Arten in den Transporteinrichtungen oder vor den Einstiegen intermittierender Systeme ist sehr gering, was in einer zumeist raschen Rückwanderung resultiert. Viele bereits in den Transportkorb eingewanderte Individuen schwimmen darin einige Male im Kreis und verlassen diesen binnen weniger Sekunden wieder, da sie keinen weiterführenden Korridor erkennen (vgl. Abschn. 4.4.).
Inwieweit diese Erkenntnis auf die erweiterte Gilde der rheophil-A-Organismen übertragbar ist, muss noch geprüft werden. So stehen in den drei untersuchten OWH sehr viele Annäherungen von vielen Individuen einer eher mäßigen Zahl an Aufstiegen gegenüber, aus der eine eingeschränkte Funktion der OWH für einzelne Arten abzuleiten ist. Insbesondere die erfassten rheophilen Fischarten zeigten keinerlei Neigung, auf einen temporär funktionierenden Migrationsweg – sei es durch ein Öffnen des Einstiegsschützes oder dem Beginn des Hubvorganges – zu warten.
Aus der Videoanalyse am Einstieg ist klar ersichtlich, dass eine mehrfache Annäherung und Rückwanderung bei geschlossenem Schütz aber auch eine mehrfache Rückwanderung bei geöffnetem Schütz mit oder ohne vorherige Einwanderung in die intermittierend arbeitende OWH den Regelfall des Verhaltens der Fische am Einstieg darstellt. Ein direktes Einschwimmen bei geöffnetem Schütz und ein Verbleib im Transportkorb ist eher die Ausnahme denn die Regel und konnte nur bei indifferenten Fischarten festgestellt werden. Da die Phase mit geschlossenem Schütz zumeist >85 % der Zeit ausmacht und ein direkter Einstieg über das geöffnete Schütz nur über ein vergleichsweise kleines Zeitfenster möglich ist, und darüber hinaus auch ein Verbleib rheophiler Fischarten im Transportkorb über mehrere Minuten nicht beobachtet werden konnte, stellt dieser systemimmanente Aspekt ein grundsätzliches Problem einer temporären Unterbrechung des Kontinuums an einer OWH mit intermittierendem Betrieb dar und wirkt sich auch entsprechend auf die Quantität der erfolgreich aufsteigenden Individuen aus (Mader 2017).
Erst durch eine Verdichtung dieser Fischarten im unmittelbaren Einstieg durch eine Erschwerung/Verhinderung der Rückwanderung aus dem „Warteraum“ und dem mehr oder weniger erzwungenen Einstieg in die Transporteinrichtungen als Konsequenz einer Dichteregulierung der Fische, konnten die Aufstiegszahlen für Forellenartige und Barben bei den untersuchten Anlagen verbessert werden.

4.4 Überwachung von Fang- und Transportkörben

Im Zuge der Funktionsanalyse einer Sonderlösung einer OWH in Form einer intermittierend arbeitenden Fischliftschleuse wurde eine FishCam im Fang- bzw. Transportkorb positioniert. Damit konnte das Fischverhalten in einem Großteil des Wasservolumens des Transportkorbs erfasst werden. Das primäre Ziel der Überwachung war die Beantwortung der Frage, ob im Transportkorb ein entsprechender Fraßdruck gegeben ist. Die Kameraeinheit bewegte sich mit dem Hub- und Senkvorgang mit. Dadurch konnte eine lückenlose Überwachung von der Einschwimmphase bis zur Ausspülphase erfolgen. Über eine Dauer von rd. 3 Monaten wurde ein Frühjahrs- und ein Herbstzyklus der Wanderaktivität 24/7 automatisch erfasst und teilautomatisiert ausgewertet. Aus rd. 39.000 aufgenommenen Videos konnten in rd. 1100 Videos Einzelfische und Fischschwärme detektiert werden. Im Postprocessing wurde bei der Sichtung der selektierten Fischvideos durch einen Fischökologen und einen Hydrauliker das Verhalten der Fische im Transportkorb analysiert und zwei grundlegende Aspekte abgeleitet.
Zum einen stellt der Fraßdruck offensichtlich kein bzw. ein untergeordnetes Problem dar. Aus den rd. 1100 Videos, die im Transportkorb von Fischen beim Hub bzw. beim Absenken ausgewertet wurden, war in keinem ein tatsächlicher Angriff auf andere Individuen ersichtlich.
Zum anderen zeigt sich ein deutlich unterschiedliches Verhalten der Fische im Korb, das zumeist mit den Erfolgsraten einer erfolgreichen Durchwanderung der OWH in Zusammenhang steht. Einige Fischarten mit hoher Erfolgsrate wie z. B. der Flussbarsch, die Laube und der Hecht wanderten in den Transportkorb ein und bleiben während des Hubvorganges weitgehend am Standort, den sie unmittelbar nach der Einwanderung aufsuchten. Dem gegenüber zeigten insbesondere Barben, Bach‑, See- und Regenbogenforellen ein eindeutiges und andauerndes Suchverhalten auf der Suche nach einem weiterführenden Migrationskorridor. Bereits nach zumeist sehr kurzer Aufenthaltszeit im Transportkorb (Abb. 5), die sie mit permanentem Suchen nach einem weiterführenden Wanderkorridor verbringen, schwammen Vertreter dieser Arten rasch wieder aus dem Korb aus. Oftmals bereits beim selben oder dem darauffolgenden Hubvorgang des intermittierenden Betriebs setzten diese Individuen ihre Suche nach dem weiterführenden Migrationskorridor fort und schwammen so wiederholt in den Korb ein und aus. Im Beobachtungszeitraum konnten suchende Fische z. T. über mehrere Stunden, ja sogar mehrere Tage immer wieder beim Ein- und Ausstieg in den Transportkorb bzw. im Transportkorb selbst erfasst und dokumentiert werden.
Daraus resultierte letztlich ein ungenügender, quantitativer Erfolg einer Durchwanderung der OWH im Vergleich zu den Annäherungen insbesondere bei Forellen und Barben, da eingeschwommene Individuen nicht auf den Hubvorgang warten, sondern nach kurzer Suche wieder aus dem Transportkorb auswandern. Unterschiedliche Dotationen des Transportkorbs mit einer „Leitströmung“ hatten keinen erkennbaren Einfluss auf das Ausschwimmverhalten der unterschiedlichen Arten.

4.5 Überwachung von Ausschwemmeinrichtungen

Im Rahmen der bereits in den Vorkapiteln beschriebenen Funktionsüberprüfung der Sonderlösung einer OWH in Form einer Fischliftschleuse erfolgte die Überwachung der Performance der am oberen Ende der Anlage situierten Ausschwemmleitung in zwei unterschiedlichen Anlagen im Hyporhithral. In beiden untersuchten OWH werden die transportierten Fische in der OWH über den Oberwasserspiegel gehoben. Der Ausstieg erfolgt sodann über eine Schwemmleitung, die einer Umkehrung der Wanderrichtung für die transportierten Fische gleichkommt. Die FishCam wurde bei beiden Untersuchungen so eingebaut, dass eine statische Überwachung des Eingangs in die Spülleitung und der Verschlüsse gewährleistet war.
In den beiden Anlagen wurden mit den FishCams über jeweils mehrmonatige Monitorings rd. 18.000 Videos bzw. rd. 21.000 Videos erfasst. Im Zuge der Auswertung und Objektanalyse wurden in insgesamt rd. 2650 Videos Fische im Bereich der Ausstiegsklappe ausgewiesen, die sich beim Ausschwemmvorgang öffnet und den Weg über die Ausspülleitung freigibt. Im Postprocessing wurde das Verhalten der Fische während des Ausspülvorgangs aus fischökologischer und hydraulischer Sicht analysiert und eine unbefriedigende Situation am Ausstieg bzw. bei der Ausschwemmphase erkannt. Die transportierten Fische schwimmen nur in den seltensten Fällen mit der Strömung des Spülschwalls aktiv aus, sondern sie zeigen ein ausgeprägtes Fluchtverhalten vor den plötzlich eintretenden, geänderten hydraulischen Bedingungen. Bei der Laichwanderung aufwärts wandernde, der Strömung entgegen schwimmende Fische müssen, um aus dem Transportkorb ins Oberwasser auszusteigen, die Schwimmrichtung ändern und plötzlich mit der Strömung über die Spülleitung ausschwimmen. Hier zeigen alle Fischarten in beiden Untersuchungen entsprechenden Widerstand, schwimmen gegen die Sogwirkung der Spülleitung an und verbleiben oft sehr lange Zeit über mehrere Hübe im Transportkorb. Unterschiedliche Scheuchmaßnahmen (Licht, Lufteinperlung, Schall, Hechtattrappe etc.) zeigten allesamt einen vernachlässigbaren Erfolg.

4.6 Überwachung bei extremer Laubdrift

Eines der Hauptprobleme beim Monitoring wandernder Fische in OWH mittels konventioneller Methoden (Reuse, Zählkammer) stellt der hydraulische Einfluss der Einbauten insbesondere bei starker Laubdrift im Herbst und nach Starkwindereignissen dar (Abb. 6). Verklausungen von Reusen und Reusenkehlen sind zumeist nicht oder nur mit extremem Aufwand beherrschbar. Laufende Reinigungen sind hier weitgehend unerlässlich, stören zugleich jedoch auch die Wanderaktivität der Fische.
Der Erfassungstunnel der FishCam weist einen Querschnitt von 1 × 0,5 m auf. Laub und Totholz, das die Beckenübergänge von naturnahen Beckenpässen oder Schlitzpässen passieren kann, kann demnach auch ungehindert die FishCam passieren. Der Betrieb der Felddatenerhebung ist nicht eingeschränkt. Einzelne, am Tunneleingang hängen gebliebene Äste, die im Erfassungsbereich in der Strömung durch ihre Bewegung eine laufende Auslösung der Aufnahme verursachen würden können per Fernwartung aus dem Erfassungsbereich der FishCam ausgeblendet werden. Ein laufender Laubanfall führt allerdings in der FishCam jedenfalls zur automatischen, weitgehend durchgehenden Aufzeichnung der Videodaten. Damit die Videofiles für das Postprocessing einen für Standard-PC beherrschbaren Datenumfang aufweisen, werden endlos aufgezeichnete Videosequenzen in Files mit der maximalen Laufzeit von 300 sek. zerlegt und abgespeichert. Entsprechend lange Auswertezeiten sind naturgemäß auch mit der Auswertesoftware zu veranschlagen, da jedes Objekt im Video erkannt, Klassifiziert und „getracked“ wird. Videos mit über die Laufzeit gerechnet mehreren Hundert Einzelobjekten (Abb. 5) und bis zu 300 sek. Laufzeit konnten mit der entwickelten Software jedoch problemlos ausgewertet werden. Für jedes Einzelobjekt wird im Ergebnisordner ein Bild abgespeichert und wie gewohnt in die Ordner Fish und NoFish sortiert. Der erhöhte Zeitaufwand für die Auswertung ist weitgehend irrelevant, da dieser Prozess vollautomatisiert 24/7 erfolgt.

4.7 Überwachung von Reusenkehlen

Im Rahmen von mehreren Funktionsanalysen von Schlitzpässen wurden einerseits eine direkte Überwachung mittels FishCam, und andererseits eine indirekte Dokumentation der Auswirkungen einer installierten Fischreuse auf das Migrationsverhalten der wandernden Fische durchgeführt.
Bei der direkten Überwachung lag der Schwerpunkt der Untersuchung auf der Analyse der Effizienz des Fangerfolges u. a. auch zur Optimierung der Ausgestaltung der Reusenkehle. Reusenkehlen, die auf den Bemessungsfisch ausgelegt sind, stellen zumeist für kleinere Individuen kein Hindernis für eine Auswanderung aus der Reuse dar. So wurde am Fallbeispiel einer OWH im Hyporhithral mit dem Huchen als Bemessungsfisch ein reger Gegenverkehr in der Reusenkehle von ein- und auswandernden Bachforellen, Regenbogenforellen und Äschen dokumentiert. In einer zweiten Studie im Epipotamal wurde nachgewiesen, dass eingestiegene Barben zumeist rasch nach ihrem Einschwimmen die ebenfalls für einen Huchen dimensionierte starre Reusenkehle wieder driftend verließen (Schober 2013). Diese Erkenntnisse decken sich mit gleichlautenden Studien über die Fängigkeit von Reusen und Zählbecken (Pardela 2017; Schwevers und Adam 2000; Meyer et al. 2017). Zur Verbesserung der Effizienz einer intermittierend arbeitenden OWH im Hyporhithral konnte zwar bei der direkten videobasierten Überwachung einer im Unterwasser des Fangkorbs eingebauten Reusenkehle eine deutliche Steigerung des Verbleibs aufgewanderter Fische vor dem Einstieg beobachtet werden. Eine Rückwanderung konnte jedoch mit der auf einen Huchen als Bemessungsfisch ausgelegten, starren Reusenkehle für kleinere Individuen (Flussbarsche, Forellen, Barben) nicht verhindert werden.
Zwei indirekte Untersuchungen der Auswirkung von Reusen auf die Fischmigration quantifizieren den Aspekt der Vermeidung des Einschwimmens und Entkommens aus der Fangeinrichtung bzw. die Barrierewirkung der Reuse deutlich. Im Rahmen von Funktionsüberprüfungen von OWH in einem hyporhithralen und einem großen epipotamalen Gewässer erfolgten zeitgleich ein FishCam- und ein Reusenmonitoring. Die FishCam war jeweils einige wenige Meter flussabwärts der Reuse eingebaut und erfasste die Fischwanderung 24/7 berührungslos. Bei der Auswertung der Videodaten fiel auf, dass im Epipotamal eine 8‑fach höhere Rückkehrrate von Fischen in der FishCam zu verzeichnen war, wenn die Reuse aktiv war. Die Barrierewirkung der konventionellen Fangeinrichtung wurde aus dieser signifikant veränderten Rückkehrrate abgeleitet. Die wandernden Fische wurden bei der flussaufwärts gerichteten Passage der FishCam in Richtung zur Fangreuse und oftmals bereits wenige Sekunden bis einige Minuten danach wieder bei der flussabwärts gerichteten erfasst. Die gesamte Untersuchungsdauer lag bei 70 Tagen, 56 Tage war die Reuse inaktiv (gezogen), 14 Tage aktiv (eingesetzt). 7 rückkehrende Fische pro Untersuchungstag bei gezogener Reuse standen 55 rückkehrenden Fischen pro Tag bei aktiver Reuse gegenüber. Bei der Untersuchung im Hyporhithral erfolgte die Auswertung artspezifisch. Zudem wurde die Reuse über einen längeren Zeitraum in regelmäßigen Abständen für einige Tage aktiviert und dann wieder für einige Tage entfernt. In der FishCam-Auswertung zeigte sich, dass die Rückkehrrate bei Äschen bei aktiver Reuse bei rd. 83 % lag, während diese bei gezogener Reuse auf rd. 39 % absank (Mader et al. 2016; Käfer 2019).

5 Sonderauswertungen

5.1 Analyse der Auffindbarkeit von OWH

Über ein mehrmonatiges Monitoring des Einstieges von Fischen an bestehenden OWH im Hyporhithral mit Bemessungsfisch Huchen und im Epipotamal mit Bemessungsfisch Wels bei unterschiedlichen Leitstromzusatzdotation und unterschiedlichen konkurrierenden Abflüssen erfolgte die statistische Analyse der Wirkung der Leitströmung auf die Auffindbarkeit der Anlagen (Rheotaxis). Die Variation der konkurrierenden Abflüsse erfolgte durch ein tageweises Zu- und Wegschalten der Leitstromzusatzdotation bzw. über eine tage- bzw. stundenweise Variation der Beaufschlagung der OWH. Anthropogen verursachte, stark schwankende Wasserführungen in den Vorflutern durch den Schwellbetrieb der Kraftwerke machten eine hochauflösende Aufnahme der Einstiegsdaten der Fische in die OWH notwendig. Eine Erfassung der Fischmigration mittels einmaliger Reusenleerung im Rahmen eines konventionellen fischökologischen Monitorings hätte in einer für die statistische Auswertung kontraproduktiven starken Glättung der sehr variablen konkurrierenden Wasserführungen auf einen mittleren OWH und Vorfluterabfluss resultiert. Über die sekundengenaue Erfassung der Fische beim Einstieg in die OWH in der FishCam konnte eine exakte Zuordnung zu den tatsächlich zum Einstiegszeitpunkt vorherrschenden konkurrierenden Abflüssen für die weiterführende statistische Auswertung erreicht werden.
Das Ergebnis der Auswertungen war eindeutig. Der in der Literatur suggerierte klare Zusammenhang „Je größer der Abflussanteil der Fischaufstiegsanlage (inklusive einer allfälligen Zusatzdotation in den unteren Bereich der FAH) ist, desto besser ist dabei grundsätzlich die Auffindbarkeit gewährleistet“ (Zitat: BMLFUW 2012, S. 27) kann aus der detaillierten statistischen Analyse der Zusammenhänge auf Basis gemessener Werte und Langzeituntersuchungen an drei Standorten mit einer Auswertung für rd. 14.000 Individuen aus rd. 30 Arten für ein sehr breites Spektrum an konkurrierenden Abflüssen zwischen rd. 0,1 und >10 % nicht bestätigt werden (Mader et al. 2018; Mader und Brandl 2018).

5.2 Analyse einer Massenwanderung

In der letzten Oktoberwoche 2018 kam es überraschend zu einem Massenansturm wanderwilliger Fische, die sich über mehrere Tage im Einstiegsbereich eines intermittierend arbeitenden Systems stauten (Abb. 7). Im einem Zeitfenster von rd. 120 h wurden in der FishCam unterhalb des Einstiegsschiebers zum Transportkorb rd. 15.000 gerichtet aufsteigende Fische und rd. 12.700 gerichtet absteigende Fische automatisiert erfasst und im Zuge der Videoanalyse als gerichtet wandernde Fische detektiert. Darüber hinaus wurden rd. 100.000 (!) Fische erfasst, die keine gerichtete Wanderung zeigten und nur in den Auswertebereich des Kamerabildes einschwammen, dort verharrten und/oder sich wieder zurück driften ließen. Einzelnen Individuen sind z. T. mehrere Dutzend, wenn nicht hunderte Annäherungsversuche zum Einstieg der FLS zuzuordnen. Da das automatisierte Auswertesystem jeden Fisch, der in den Auswerte-Bildbereich einschwimmt, als eigenes Objekt identifiziert und verfolgt, ist davon auszugehen, dass im Zeitraum der 6 Tage dauernden Massenwanderung jedenfalls mehrere 10.000 Annäherungsversuche stattfanden. Überwiegend wurden Barsche, Barben und Rotaugen sowie in untergeordneter Zahl Bach- und Regenbogenforellen und Aitel erfasst.
In einer am oberen Ende der OWH angebrachten Reuse wurden im selben Zeitfenster rd. 600 Fische gefangen (rd. 100 pro Tag), die den Aufstieg durch die OWH schafften. Verglichen mit den Zigtausenden anstehenden Fischen im Unterwasser wurde die selektive Wirkung der OWH mehr als deutlich.

5.3 Analyse von Tages- und Jahresgängen

Die sehr spezifische saisonale Intensität der Wanderung von Fischen ist grundsätzlich bekannt. Eine Erfassung von z. B. Tagesgängen der Wanderung verschiedener Fischarten ist mit herkömmlichen Methoden fischökologischer Untersuchungen nur mit sehr hohem personellen Aufwand für z. B. stündliche Reusenleerungen möglich. Bei videobasierten Monitorings mittels FishCam wird der exakte Zeitpunkt der Wanderung über die Videosignatur mit Zeitstempel automatisch miterfasst. Über die vorliegenden Langzeitmonitorings an Fischaufstiegsanlagen der VERBUND im Epipotamal Groß und im Hyporhithral an mehreren Standorten ist eine Analyse ökologisch erforderlicher und ökonomisch sinnvoller Funktionszeiten für Fischwanderhilfen möglich. So zeigt sich, dass über den Zeitraum von rd. 2/3 des Jahres im Epipotamal >99 % der Fische wandern. 95 % davon wandern tagsüber bzw. in der Dämmerung. Im Hyporhithral liegt der Anteil im selben Zeitraum bei rd. 93 %. Die tageszeitliche Aktivität ist jedoch nicht so deutlich ausgeprägt. Durch die detaillierte zeitliche Auflösung der Fischwanderung in den FishCams kann das Migrationsverhalten der Fische bzw. Fischarten besser dargestellt werden. Eine Anpassung der derzeit starren, abflussbasierten Regelung der erforderlichen Funktion einer OWH zwischen einem Q30- und einem Q330-Abfluss im Gewässer könnte in Zukunft durch eine ökologisch fundierte, zeitbasierte Regelung basierend auf den tatsächlich stattfindenden Wanderungen der Fische entkoppelt vom Abfluss ersetzt werden.

5.4 Analyse der maximalen Burst Velocity

Mehr oder weniger zufällig entstanden vereinzelte Erkenntnisse zur maximalen Sprintgeschwindigkeit von Fischen bei der Sichtung des aufgenommenen Videomaterials aus Funktionsüberprüfungen. In den FishCams wurde bei mehreren unterschiedlichen Monitorings auch Videos erfasst, in denen zumeist kleinere Individuen von größeren Raubfischen oder von Fischottern gejagt wurden (Abb. 8). Die Detailanalyse dieser Videos zeigt, dass Fische, hinter denen Fischotter oder größere Raubfische her sind, den Erfassungstunnel mit einer beobachteten Länge von rd. 1,3 m binnen 2–3 Frames des Videos durchschwimmen. Da die Videoerfassung mit 12 fps erfolgt liegt die daraus rückgerechnete maximale Sprintgeschwindigkeit der Fische – beobachtet wurden z. B. Lauben und Flussbarsche – bei rd. 5–8 m/s.

6 Grenzen der Anwendbarkeit

Die Grenze der Bewegungserfassung mittels FishCam stellt eine Anwendung im freien Gewässerraum dar. Je geringer der Kontrast der Objekte zum Bildhintergrund ist, desto fehleranfälliger ist einerseits die Auslösung der Videoaufnahme und andererseits die Selektion der Objekte, und in weiterer Folge die Objektklassifizierung im Rahmen der Videoauswertung. Bewegungen im Bild durch Wellen, Lufteintrag bei Turbulenzen, Substrattransport, Lichtreflexen und Bewegungen der aquatischen Vegetation – ja selbst des Algenbewuchses – führen zu einer permanenten Videoauslösung und Speicherung. Die dabei erfassten Daten sind in einem vertretbaren Zeitrahmen derzeit kaum bearbeitbar. Die Grenze der Bestimmung der Fischarten liegt primär im Bereich der Bildqualität, die infolge von Trübungen deutlich reduziert wird. Liegt die Sichttiefe deutlich unter der Breite des Erfassungstunnels, die zwischen 25 und 50 cm betragen kann, so werden von der FishCam zumeist nur mehr Silhouetten der wandernden Fische erfasst. Ist die Bestimmung einzelner Individuen zweifelhalt oder unklar, so ist es durch die Reproduzierbarkeit der Artbestimmung im Postprocessing problemlos möglich, weitere Fischökologen zur Bestimmung beizuziehen. Dies wäre bei Artbestimmungen im Feld nicht oder nur unter enormem Zeit- und Ressourcenaufwand möglich.

7 Resumee

Die Erfassung der Migration durch die überprüften OWH im Rahmen von Standardanwendungen von FishCam und FishNet verlief in den überwiegenden Fällen sehr zufriedenstellend. Sowohl juvenile Individuen wie auch adulte Exemplare wurden in guter bis ausgezeichneter Bildqualität erfasst. Die Artbestimmung und Längenermittlung war bei weitgehend allen Videos möglich. Zudem konnten allfällig vorhandene Markierungen der Fische (Flossenschnitt) aus der Bestandsbefischung oftmals problemlos erkannt werden.
Aus den vorliegenden Erfahrungen aus über 30 bislang durchgeführten Funktionsanalysen an OWH kann der Schluss gezogen werden, dass über die automatisierte 24/7-Erfassung der Migration in OWH sowie die automatisierte Selektion wandernder Fische von sonstigen Objekten eine dem Stand der Technik entsprechende Dokumentation der Fischbewegungen für eine richtlinienkonforme Bewertung der Funktionsfähigkeit einer OWH gegeben ist. Die Erfassung der Fischmigration erfolgte in allen Fällen berührungslos und ohne Störung der Wanderung. Zudem ist der exakte Zeitpunkt der Fischbewegungen (Auf‑/Abstieg, Tagesverlauf) aus dem Zeitstempel der Videoaufzeichnung gegeben. Ein Nachweis über jede Fischbewegung über das Bild- und Videodokument zur Beweissicherung liegt vor. Bei Unklarheiten konnten zweifelhafte Artbestimmungen von beigezogenen Fachleuten überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden.
Im Rahmen der Dokumentation der Einsatzbereiche der FishCam und der Auswertesoftware FishNet bei Sonderanwendungen und Sonderauswertungen konnte die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten des Systems dargestellt werden. Dort, wo bisher gängige Methoden der Erfassung der Fischbewegungen an ihre Grenzen stießen bzw. unmöglich waren, wie z. B. bei einem extremen Laubanfall oder in Fischabstiegs-Bypassrohren, arbeiten FishCam und FishNet robust und durchgängig. Verhaltensanalysen von wandernden Fischen bei der Annäherung zu intermittierend arbeitenden Organismenwanderhilfen sind ebenso möglich wie deren Verhalten in Fang- und Transportkörben. Über die durchgeführten Untersuchungen an Reusenkehlen konnte über direkt erstellte Videodokumente, wie auch über die Auswertung der Aufnahmen, die über den Zeitstempel des Videofiles eine chronologische Abfolge der Bewegungen dokumentieren, die Problematik der Fängigkeit bzw. der Barrierewirkung von Reusen aufgezeigt werden. Die Überwachung von Ausschwemmleitungen in intermittierend arbeitenden Fischaufstiegsanlagen zeigt die Problematik der Flucht der Fische vor dem Ausschwemmsog auf. Über die automatisierte Auswertung der Fischbewegungen konnten selbst Massenbewegungen von zehntausenden Auf- und Abstiegen durch die FishCam analysiert werden, da jeder aufgenommene Fisch im Erfassungsbereich der Kamera über den zurückgelegten Weg verfolgt und die Schwimmrichtung festgestellt wird. Über die Zählung der Nachweisbilder ist eine Bilanzierung der Bewegungen einfach möglich. Über die sekundengenaue Erfassung der Fische beim Einstieg in die OWH erfolgt eine exakte Zuordnung zu den tatsächlich zum Einstiegszeitpunkt vorherrschenden konkurrierenden Abflüssen. Daraus ist eine weiterführende statistische Auswertung hinsichtlich der Wirkung einer allfälligen Leitstromzusatzdotation möglich. Zudem können aus den erfassten Zeitpunkten der Wanderung durch die FishCam Tages- wie auch Jahresgänge der Fischbewegungen erstellt und die erforderlichen Funktionszeiten der Fischwanderhilfen an die tatsächlichen ökologischen Erfordernisse angepasst werden.
Die Grenzen der Anwendung von FishCam und FishNet liegen bei der Erfassung und der Auswertung von Fischbewegungen im freien Gewässerraum, da die Videoauslösung infolge fehlender Kontraste unregelmäßig erfolgt und die Objektselektion fehleranfällig ist. Bei Lichteinfall, Wellenbildung und bewegter Unterwasservegetation wiederum erfolgt eine permanente Videoauslösung und Videoaufzeichnung, was den beherrschbaren Datenumfang für Speicherung und Auswertung in kürzester Zeit überschreiten würde. In der Fischartenerkennung im Rahmen des Postprocessings sind die Grenzen sehr weit gesteckt, da es die Reproduzierbarkeit bei unklaren Bestimmungen einzelner Individuen ermöglicht, dass mehrere von Fischökologen eingeholte Expertisen den Bestimmungsgrad entscheidend erhöhen können. Damit ist der Wert der Entwicklung von FishCam und FishNet nicht im Ersatz, sondern vielmehr in der Erweiterung der Möglichkeiten fischökologischer Monitorings zu sehen. Automatisierbare Aufgaben werden von technischen Komponenten der Anlage und der Software präzise und ausdauernd 24/7 abgearbeitet, während das Fachwissen der Fischökologen zielorientiert in der Bewertung und Interpretation der Ergebnisse fokussiert wird.

Förderung

An dieser Stelle möchte ich mich bei der VERBUND Hydro Power GmbH bedanken, die die Entwicklung von FishCam und FishNet im Rahmen eines Forschungsschwerpunkts über mehrere Jahre finanzierte, unterstützte und somit erst möglich machte.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Literatur
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Metadaten
Titel
FishCam & FishNet – fischökologisches Monitoring 4.0
verfasst von
Univ.-Prof. DI Dr. Helmut Mader
DI (HTL) Sabine Käfer
Publikationsdatum
24.01.2020
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft / Ausgabe 3-4/2020
Print ISSN: 0945-358X
Elektronische ISSN: 1613-7566
DOI
https://doi.org/10.1007/s00506-020-00654-z

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