2015 | OriginalPaper | Buchkapitel
Fluchtpunkte
verfasst von : Karl Sigmund
Erschienen in: Sie nannten sich Der Wiener Kreis
Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden
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Als Hitlers Truppen im März 1938 in Österreich einmarschierten, bejubelt von fanatisierten Massen, befanden sich die meisten Mitglieder des Wiener Kreises bereits im Ausland.
„Ein wahrer Hexensabbat des Pöbels“
, so schilderte es Carl Zuckmayer. Der Schriftsteller war im Jahr 1933, so wie viele andere, vor den Nationalsozialisten nach Österreich geflohen. Jetzt musste er wieder packen:
„Die Unterwelt hatte ihre Pforten aufgetan und ihre niedrigsten, scheußlichsten, unreinsten Geister losgelassen. Die Stadt verwandelte sich in ein Alptraumgemälde des Hieronymus Bosch: Lemuren und Halbdämonen schienen aus Schmutzeiern gekrochen und aus versumpften Erdlöchern gestiegen. Die Luft war von einem unablässig gellenden, wüsten, hysterischen Gekreische erfüllt, aus Männer- und Weiberkehlen, das tage- und nächtelang weiterschrillte. Und alle Menschen verloren ihr Gesicht, glichen verzerrten Fratzen; die einen in Angst, die anderen in Lüge, die anderen in wildem, hasserfülltem Triumph.“