Die elektronische Rechnung bringt den Mittelstand voran: Eine interntionale Umfrage offenbart einen verbesserten Cashflow und produktivere Abläufe. Sie dient auch als Basis für eine umfassendere digitale Transformation.
Die E-Rechnung setzt einer aktuellen Umfrage zufolge enormes Ditialisierungspotenzial im Mittelstand frei.
Ingram Publishing | thinkstock
Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) können durch die elektronische Rechnungsstellung ihren Cashflow optimieren und ihre Produktivität deutlich steigern. Das belegt die Mitte Juni veröffentlichte Studie "Elektronische Rechnungsstellung: Wegbereiter für eine vernetzte Echtzeit-Wirtschaft" des auf den Mittelstand spezialisierten Lösungsanbieters Sage.
Rund 9.000 Betriebe aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Portugal, Spanien und Belgien haben sich an der Befragung beteiligt. Diese haben zwischen einem und 999 Mitarbeiter.
Fünfstelliges Einsparpotenzial möglich
Ihr jährliches Einsparpotenzial liegt der Erhebung zufolge bei rund 13.500 Euro. Hauptgrund sei die Zeitersparnis von rund 50 Prozent. Bislang kümmern sich dem Report zufolge jeden Monat 77 Prozent und wöchentlich 40 Prozent der Unternehmenslenker aktiv um die pünktliche Abwicklung ihrer Zahlungen. Durch die E-Rechnung werde dieser Aufwand "drastisch reduziert". Das könne die Arbeitsproduktivität EU-weit um jährlich bis zu 2,6 Prozent wachsen lassen.
Die schnellere und genauere Fakturierung ebne in den Unternehmen zudem den Weg für eine stärkere Vernetzung in den Bereichen Ein- und Verkauf. "Standardisierte digitale Dokumente und die E-Rechnung, die grenzüberschreitend anerkannt werden, würden enorme Effizienzsteigerungen im grenzüberschreitenden Handel ermöglichen.
Die Transaktionsdaten, die fast in Echtzeit zur Verfügung stehen, ermöglichten es Banken außerdem, mit geringerem Risiko Mittel zur Verfügung zu stellen. Das verringere die Kredit- und Finanzierungskosten und vereinfache den Darlehensprozess insgesamt.
Sprungbrett für digitale Transformation
Somit diene die Einführung des sogenannten E-Invoicing den KMU "als Sprungbrett für eine umfassendere digitale Transformation". Neun von zehn Betriebe haben nach der Umstellung weitere Technologien implementiert. Gut jedes fünfte (22 Prozent) KMU investierte das gewonnene Kapital in KI für das Rechnungswesen.
Allerdings sind die Mittelständler in anderen Ländern bereits weiter: So arbeiten im B2B-Bereich lediglich vier Prozent der kleinen Unternehmen in Deutschland mit der E-Rechnung. 57 Prozent der deutschen KMU plagen sich hingegen noch mit verspäteten Zahlungen ihrer Kunden, was zu Verzögerungen bei der Bezahlung ihrer Lieferanten führt. International liegt der Anteil bei nur 40 Prozent.
Integration in bestehende Systeme größte Hürde
Für mehr als die Hälfte der Betriebe (55 Prozent) stellt die Integration der Technologie in bestehende Buchhaltungs- oder Finanzsysteme die größte Hürde dar. Zu wenig darüber zu wissen, ist für 32 Prozent der deutschen Befragten ein Problem. EU-weit sagen das nur 26 Prozent. Dabei sind alle hiesigen mehrwertsteuerpflichtigen Unternehmen ab dem 1. Januar 2025 verpflichtet, elektronische Rechnungen zu empfangen. Selbst versenden müssen sie diese ab 2028. Sechs Prozent glauben, diesen Termin nicht halten zu können.
In Singapur, Australien oder Finnland hat sich nach Einführung der E-Rechnung die Zahl der verspäteten Zahlungen hingegen um bis zu 20 Prozent reduziert. Für knapp die Hälfte (48 Prozent) der deutschen Mittelständler zählt derzeit vor allem der finanzielle Vorteil. International sagen das nur ein Drittel der befragten Unternehmen (32 Prozent).
KMU nicht optimal auf E-Rechnung vorbereitet
"Die elektronische Rechnungsstellung ist der nächste Schritt in Richtung einer vernetzten Wirtschaft und eine enorme Chance, die Digitalisierung von Unternehmen zu beschleunigen, insbesondere von kleineren Unternehmen in Europa. Doch die Akzeptanz und das Verständnis von E-Invoicing bei kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland lässt noch zu wünschen übrig", erläutert Christian Mehrtens, Geschäftsführer der Landesgesellschaften in der Region Central Europe bei Sage.
Wir sehen die einmalige Chance, Volkswirtschaften zu vernetzen und den automatischen Austausch von standardisierten Daten zu ermöglichen, um schnellere Entscheidungen zu treffen, Hindernisse für andere wichtige Geschäftstätigkeiten wie Handel, Zahlungsverkehr, Finanzen, Einhaltung von Vorschriften und Nachhaltigkeit abzubauen und das Wachstum zu fördern", so Derk Bleeker, Chief Commercial Officer von Sage, im Studienvorwort.
Volkswirtschaften profitieren von digitalen Prozessen
Italien führte beispielsweise 2019 die digitale Steuererklärung ein und verzeichne einen jährlichen Anstieg der Steuereinnahmen um rund sechs Milliarden Euro, führt die Erhebung aus. Verantwortlich seien hierfür drei Schlüsselfaktoren:
- Zugang zu Daten in Echtzeit,
- Verringerung des Verwaltungsaufwands und
- bessere Rückverfolgbarkeit.
In Brasilien biete die E-Rechnung neben den steuerlichen Vorteilen einen Überblick über die Wirtschafts- und Handelsaktivitäten des Landes. Dieser komme "fast schon einer Volkszählung gleich" und ermögliche "eine eingehende Analyse der monatlichen Veränderungen der Warenströme in und aus Brasilien".