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2023 | Buch

Fraenkel

Mengen bilden

verfasst von: Matthias Wille

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Erleben Sie das Wiedererwachen des universitären Lebens nach 1918 aus der Sicht eines Betroffenen. Tauchen Sie ein in die Erziehungs- und Sozialgeschichte der Mathematik zur Zeit der Weimarer Republik und erfahren aus der Perspektive eines jungen Autors das Aufstreben der Firma von Julius Springer zum führenden Mathematikverlag. Dank der Verwendung einer Vielzahl von unveröffentlichten Quellen erhalten Sie einen überaus facettenreichen Eindruck des zeitgenössischen akademischen Milieus.
In dieser weltweit ersten umfassenden Studie zu Abraham Adolf Fraenkel werden Ihnen bis dato vollkommen unbekannte Einblicke in die Werkstatt seiner mathematischen Gedanken geboten, die verständlich machen, wie innerhalb kürzester Zeit aus einem Laien ein international renommierter Experte für Mengenlehre wurde. Minutiös wird rekonstruiert, wie er vor exakt 100 Jahren zu seinen wegweisenden Resultaten gelangte, die schließlich zum unaufhaltsamen Aufstieg des modernen mengentheoretischen Paradigmas führten.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Vor Fraenkel: Mengenlehre in Marburg 1904–1911
Zusammenfassung
Das Wintersemester 1918/19 war ein ganz besonderes. Es begann, wie schon die acht vorangegangenen, im Krieg. Doch im Unterschied zu diesen endete es erstmals seit mehr als vier Jahren im Frieden. Am 29. September hatte Erich Ludendorff Kaiser und Reichsleitung darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Krieg mit militärischen Mitteln nicht mehr zu gewinnen sei. Als am Tag drauf an der Philipps-Universität Marburg der Vorlesungsbetrieb begann, konnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand wissen, dass im Verlaufe des Semesters ein Stück weit Normalität an die deutschen Universitäten zurückkehren würde.
Matthias Wille
2. Noch kein Mengentheoretiker: 1914–1919
Zusammenfassung
Fraenkels intellektuelle Entwicklung blieb auch in den nachfolgenden Jahren mit Hellingers Lebensweg verbunden. Zwei weitere Male sollten die Entscheidungen des Älteren einen mittelbaren, aber wesentlichen Einfluss auf die biographische Prägung des Jüngeren haben und beide Begebenheiten standen im Zusammenhang mit der 1914 neu gegründeten Universität Frankfurt a. M.
Matthias Wille
3. Vom Verwalter zum Gestalter: 1920–1921
Zusammenfassung
Anfang Mai 1921 informiert Fraenkel den Springer Verlag darüber, dass „neue Besprechungen meiner Einleitung in die Mengenlehre, die mir zufällig zu Gesicht kamen“, erschienen sind. Mit dieser erfreulichen Auskunft endet die von beiden Seiten betriebene Pflege des Rezensionsgeschäfts und damit die Nachsorge für das gesamte Publikationsprojekt. Beschlossen ist Fraenkels Gastspiel als Verwalter der Mengenlehre. Der Disziplin hatte er damit nicht den Rücken zugewandt, sondern sich dieser inzwischen ganz verschrieben. In der Zeit zwischen Mitte 1919 und Ende 1920 ereignete sich etwas Bemerkenswertes. Hatte es in der Einleitung noch ohne jeden kritischen Unterton gelautet, dass Zermelos Axiome dem Begriff der Menge einen solchen Umfang zuteilen, dass „zwar alle mathematisch wichtigen, nicht aber die in sich widerspruchsvollen Mengen unter ihn fallen“ und dass sich mittels dieser Axiome alle etablierten Lehrsätze der Mengentheorie herleiten lassen, so reklamiert Fraenkel die inzwischen erkannten Unzulänglichkeiten. Dezidiert betont er nunmehr die Defizite und Lücken dieser Axiomatisierung. „Vor allem reichen die sieben Axiome Zermelos nicht aus zur Begründung der legitimen Mengenlehre“. Aus dem populären Verwalter war inzwischen ein kritischer Gestalter der Mengenlehre geworden.
Matthias Wille
4. Durchbrüche: 1922
Zusammenfassung
Erfolg verpflichtet. Die Jahresversammlung der DMV in Jena erwies sich für Fraenkel als ein voller Erfolg. Seine beeindruckende Programmatik, der intellektuelle Ehrgeiz sowie die ambitionierten Ziele riefen eine kollektive Erwartungshaltung hervor, der es nun gerecht zu werden galt. Nach der Tagung dürften viele ihn als den kommenden Mengentheoretiker wahrgenommen haben. Fraenkel gab zu berechtigten Hoffnungen Anlass. Vielleicht würde er gar ein neuer Zermelo werden. Damit war ein konstruktiver Druck geschaffen, der motivieren und nicht lähmen sollte. Die intellektuelle Bilanz des Jahres 1921 konnte sich sehen lassen und mit dem Folgejahr galt es dieses Ergebnis mindestens zu konsolidieren. Fraenkel hielt dem Druck stand und erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen. 1922 entwickelte sich für den Mengentheoretiker sogar zu einem akademisch äußerst ertragreichen Jahr, das weitaus mehr aufzubieten hatte als den Vertragsschluss für die zweite Auflage der Einleitung im September. In Fraenkels akademischer Vita sollte das Jahr 1922 zum entscheidenden schlechthin werden, denn mit der Fertigstellung von zwei Schlüsseltexten gelingt ihm sowohl der Durchbruch bei der Unabhängigkeitsfrage des Auswahlaxioms als auch ein erster Achtungserfolg bei der Präzisierung der Teilmengenbildung. Beide wegweisenden Ergebnisse sollten im selben Jahr zum Gegenstand von nicht weniger als vier distinguierten akademischen Ereignissen werden.
Matthias Wille
5. Mengentheoretisch etabliert: 1923
Zusammenfassung
Mitte November 1923 ist es wieder einmal geschafft. Die ersten Exemplare der zweiten erweiterten Auflage von Fraenkels Einleitung in die Mengenlehre verlassen die Buchbinderei und treten sogleich ihre Reise nach Marburg an. Dort werden sie bereits sehnsuchtsvoll erwartet. Die Entstehung des überarbeiteten Werks folgte in weiten Teilen demselben Muster der ersten Auflage. Mit gut anderthalb Jahren Projektzeitraum übertraf der Nachfolger gar die Genesis des Originals. Im Ganzen wurden in der Sache ca. 75 Briefe in nahezu ebenso vielen Wochen gewechselt. Die Kontaktintensität erreichte damit dasselbe Maß wie vormals und nicht nur in diesem Punkt erinnerte die erneute Zusammenarbeit an die erste Kooperation. Einmal mehr trifft man auf einen überaus ehrgeizigen Autor, der ambitionierte Abgabefristen für frühestmögliche Publikationstermine in Aussicht stellt, um sie dann das eine und andere Mal nicht verwirklichen zu können – vor allem aufgrund diverser und stets mehrwöchiger Reisetätigkeiten. Zudem koppelt er erneut die Manuskriptbearbeitung mit einer thematisch einschlägigen Vorlesung und auch dieses Mal treffen wir auf einen Verlag, der all dies geduldig begleitet und mit Professionalität sämtlichen Wünschen des Autors zuarbeitet.
Matthias Wille
6. Vollendung: 1924–1928
Zusammenfassung
Der Misserfolg bei der Frankfurter Zeitung war nicht absehbar. Das Rezensionsgeschäft ist leider immer auch ein Stück weit ein Spielball wechselnder akademischer Prioritäten. Kommt man nicht sofort zur Besprechung eines Werkes, schwindet mit zunehmender Zeit die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu überhaupt noch kommt. Aus Besprechungszusagen werden mit fortschreitender Zeit zuweilen bloße Rezensionsabsichten, die sich in Folge unvorhergesehener Entwicklungen und sich ändernder Pläne auch im Ungefähren verlieren können. Dies gilt umso mehr, wenn es sich beim Publikationsorgan nicht um eine Monats-, Quartals- oder gar Jahresschrift handelt, bei denen das Zeitfenster zum Vergangenen entsprechend großzügig bemessen ist, sondern um eine Tageszeitung, die im wöchentlich erscheinenden Literaturteil von der Aktualität neuer Titel lebt. Wer auch immer die zweite Auflage der Einleitung für das Literaturblatt der Frankfurter Zeitung besprechen sollte, scheiterte nicht an der Verständlichkeit des Werkes, sondern an etwas, das mit der Qualität des Buches nichts zu tun hatte. Im Falle der Frankfurter Zeitung hatte Fraenkel schlicht Pech. Dafür hatte er etwa im Fall der Unterrichtsblätter für Mathematik und Naturwissenschaften Erfolg, der sich im Hinblick auf die Klientel der Zeitschrift sogar als äußerst stabil und nachhaltig erweisen sollte.
Matthias Wille
Backmatter
Metadaten
Titel
Fraenkel
verfasst von
Matthias Wille
Copyright-Jahr
2023
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-66167-3
Print ISBN
978-3-662-66166-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-66167-3