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2005 | Buch

Frauen im Militär

Empirische Befunde und Perspektiven zur Integration von Frauen in die Streitkräfte

herausgegeben von: Jens-Rainer Ahrens, Christiane Bender, Maja Apelt

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einleitung

Die AutorInnen
Jens-Rainer Ahrens, Maja Apelt, Christiane Bender

Geschlecht und Militär — Grundzüge der neueren Diskussion

Geschlecht und Militär — Grundzüge der neueren Diskussion
Zusammenfassung
Die Beteiligung und Betroffenheit von Frauen an Krieg, Gewalt und Militär stellte lange Zeit eine Leerstelle wissenschaftlicher Betrachtung dar; mehr noch, die wissenschaftlichen Arbeiten und die Geschichtsschreibung zu Militär und Krieg haben aktiv am Vergessen des weiblichen Anteils an bewaffneten Auseinandersetzungen beigetragen.
Maja Apelt

Aktuelle Studien zur Integration der Frauen in die Bundeswehr

Frontmatter
Verzögerte Anpassung und radikaler Wandel
Zum parlamentarischen Diskurs über Frauen in den Streitkräften seit Gründung der Bundeswehr
Zusammenfassung
Bis zum Jahr 2000 zählt die Bundesrepublik zu denjenigen Staaten, die Frauen innerhalb ihrer Streitkräfte nur begrenzte Tätigkeitsfelder eröffnet haben, und zwar schrittweise den Sanitäts- und Militärmusikdienst. Zusammen mit Italien bildet die Bundesrepublik Ende der 90er Jahre in der NATO das Schlusslicht bei der Verwendung und Gleichstellung von Männern und Frauen in den Streitkräften (vgl. Schneider 2001, S. 351). Auch bei einem über die NATO hinausgehenden internationalen Vergleich schneidet die Bundesrepublik wenig besser ab. Sie erscheint als Nachzügler einer seit Jahrzehnten laufenden Entwicklung verbreiterter Einsatzmöglichkeiten für Frauen im Bereich des Militärs (ebd., S. 354).
Jens-Rainer Ahrens
Geschlechterstereotypen und Militär im Wandel. Symbolische und institutionelle Aspekte der Integration von Frauen in die Bundeswehr
Zusammenfassung
In modernen Gesellschaften weisen steigende Erwerbsquoten von Frauen auf einen Wandel in den Beziehungen zwischen Frauen und Männern und darüber hinaus auf Veränderungen im Arbeitsalltag von Organisationen und Institutionen hin. In Deutschland, das von einem traditionellen Familien- und Frauenbild geprägt ist, vollzieht sich der Wandel nur sehr zögerlich. Aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs, das dem Anliegen von Frauen, gleichberechtigten Zugang zu allen Erwerbsorganisationen zu bekommen, Recht gab, leisten nun auch Frauen in der Bundeswehr den Dienst an der Waffe. Die Öffentlichkeit verfolgt die Integration der Soldatinnen in diese Männerdomäne mit Aufmerksamkeit. Die Gleichsetzung von Wehrhaftigkeit und Männlichkeit, immer wieder symbolisierter Aspekt des Selbstverständnisses der Armee, wird nun fragwürdig. Das bedeutet einschneidende Herausforderungen für die Organisationskultur und den institutionellen Apparat der Bundeswehr, die zu gravierenden Veränderungen von Wahrnehmungs- und Verhaltensmustern bei allen Beteiligten führen werden, vielleicht auch führen müssen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich die Öffnung der Bundeswehr für Frauen vor dem Hintergrund wesentlich neuer Zielvorgaben im Rahmen der kooperativen Teilnahme an Pazifizierungsmaßnahmen der Vereinten Nationen vollzieht, auf die hin sich die Bundeswehr strategisch und organisatorisch neu ausrichtet. Der Zusammenarbeit von Soldaten und Soldatinnen kommt hier eine besondere Bedeutung zu.
Christiane Bender
Backlash am Horizont? — Die Bundeswehr und die Integration von Frauen im Praxistest
Zusammenfassung
Die Bundeswehr unterliegt seit mehreren Jahren einem intensiven und tief greifenden Transformationsprozess. Ein Ende der Umstrukturierungen, der Reform und der Reform der Reform zeichnet sich auch für die nächsten Jahre nicht ab. Ein Bestandteil dieser Transformation ist die Öffnung der Bundeswehr für Frauen, die Meinungsumfragen zufolge in den vergangenen Jahren von rund drei Vierteln der deutschen Bevölkerung begrüßt wird. In der Nachfolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom Januar 2000 im Fall Tanja Kreil versus Bundesrepublik Deutschland haben die deutschen Streitkräfte ab Januar 2001 nichts weniger als eine umfassende Zugangsberechtigung für Frauen in die Praxis umgesetzt. Die Bundeswehr, die zuvor die Integration von Frauen auf den Sanitäts- und Militärmusikdienst beschränkt hatte, öffnete sich vollständig, so dass Frauen seitdem sämtliche Verwendungen und Funktionsbereiche der Bundeswehr offen stehen, ein Phänomen, das in den Streitkräften der Welt, auch in denen des Westens, keineswegs die Norm und die Normalität ist (vgl. hierzu auch die Beiträge in Kümmel 2002).
Gerhard Kümmel
Soldat und Soldatin — Die Konstruktion von Männlichkeit und Weiblichkeit am Beispiel von Printmedien der Bundeswehr
Zusammenfassung
Eine prägnante und wohl in weiten Teilen der Welt gültige Vorstellung, was denn ein Soldat sei, hat Donavan in den 60er Jahren mit seinem Song „Universal Soldier“ präsentiert. Zwei Aspekte sind dabei besonders bedeutsam. Hier werden auf schlichte und eindringliche Weise zwei engste Verknüpfungen deutlich: erstens Soldat und Mann und zweitens Soldat und Gewalt.
Jörg Keller
Die Bundeswehr auf dem Weg zur Gleichstellung der Geschlechter?
Zusammenfassung
Militärische Organisationen haben historisch ein besonderes Verhältnis zur Kategorie Geschlecht. Zwar waren die Armeen nie reine Männerbastionen, spätestens seit Einführung der Wehrpflicht galten sie jedoch als Schule der Männlichkeit. Zudem wurden vor rund 200 Jahren in einigen Nationalstaaten die Wehrpflicht für Männer und staatsbürgerliche Rechte aneinander gekoppelt, so dass das Militär auch zur Schule der Nation wurde. Zum Dritten wurden die Stereotypen vom „kämpferischen Mann“ und „friedfertiger zu schützender Frau„ über die Wehrpflicht für Männer strukturell verfestigt. Bei der Legitimierung von militärischen Einsätzen wird auch heute noch auf diese symbolische Konstruktion zurückgegriffen, wie bspw. im Krieg in Afghanistan, wo nicht nur die Taliban bekämpft, sondern auch die Frauen von der Unterdrückung befreit werden sollten.
Maja Apelt, Cordula Dittmer, Anne Mangold

Geschlechterverhältnisse in männlich geprägten Institutionen

Frontmatter
„Frauenbereiche“ und „Männerbereiche“: Die Konstruktion von Geschlechterdifferenzen in der Arbeits- und Berufswelt
Zusammenfassung
Mit der erfolgreichen Klage der Elektronikerin Tanja Kreil beim Europäischen Gerichtshof im Jahre 2000 stehen auch in der Bundesrepublik Deutschland Frauen per Gesetz sämtliche beruflichen Laufbahnen im Militär offen. Ist mit dem formalen Fall der letzten Bastion ausschließlich männlicher Berufs-, Arbeits- und Karrierewege und einer erwarteten quantitativen Zunahme von weiblichen Beschäftigten im Militär endgültig eine gleichberechtigte Integration der Geschlechter in den bundesdeutschen Arbeitsmarkt am Horizont erkennbar? Bedeutet die juristisch erzwungene Öffnung eines Berufsfeldes und einer Organisation, die bislang hochgradig nach Geschlecht segregiert und mit männlichen Sinn- und Symbolsystemen (Eifler 2001) durchwoben ist, die Verwirklichung der meritokratischen Idee, die davon ausgeht, dass sich die Verteilung auf Karriere- und Arbeitsbereiche zukünftig im Militär lediglich aus Eignung und Leistung ergibt und unabhängig vom Geschlecht geschieht? Ist damit die unsichtbare „Glasdecke“ (Williams 1992), die die Berufskarrieren von Frauen in „untypischen“ Arbeitsfeldern behinderte, unwiderruflich zerbrochen?
Birgit Riegraf
„Nicht genügend kann davor gewarnt werden ...“ — Männer und Frauen bei der Polizei: Fakten und Diskurse
Zusammenfassung
So drastisch wie die Preußische Polizei-Beamtenzeitung im Jahr 1929 formuliert das heute keiner mehr. Der eindeutigen Haltung mag jedoch mancher hinterher trauern, denn darüber, wie die Mitarbeit von Frauen bei der Polizei zu beurteilen ist, ist derzeit kein Konsens zu erzielen. Halten die einen die Integration von Frauen in den ehemals männerdominierten Berufsbereich für weitgehend erfolgreich abgeschlossen und die Lösung verbliebener Probleme für eine Frage der Zeit, weisen die anderen auf geschlechtsspezifische Bevorzugungen bzw. Benachteiligungen hin und resümieren, dass die Gleichstellung von Männern und Frauen in der Polizei lange nicht erreicht sei.
Sylvia M. Wilz
Wehrdienst und die Konstruktion männlicher Identität
Zusammenfassung
Es gilt mittlerweile als hinreichend belegt, dass sich das Militär in Deutschland im Laufe des 19. Jahrhunderts nicht nur zu einer „Schule der Nation“, sondern auch zu einer „Schule der Männlichkeit“ (Frevert 1997b, S. 145) entwickelte. Mit der Einführung der Allgemeinen Wehrpflicht in Preußen im Jahr 1814 wurden die Staatsbürgerrechte allmählich an die Ableistung des Wehrdienstes gebunden. Dabei oblag die Verteidigungspflicht nur den Männern der Nation, da nur sie auf Grund ihrer vermeintlichen biologischen Konstitution als waffenfähig galten. Frauen hingegen wurden andere staatsbürgerliche Pflichten zugeschrieben, insbesondere die Sorge und Pflege der Familie, die als „Pflanzschule der Nation„1 galt. Die sich allmählich durchsetzende neue Geschlechterpolarisierung, welche den Männern Berufsarbeit sowie Politik und den Frauen Familien- und Erziehungsarbeit zuwies, wurde somit durch das Militär verstärkt. Zugleich legitimierte die Waffenfähigkeit der Männer den Ausschluss der Frauen aus staatsbürgerlichen Rechten.
Sylka Scholz

Geschlechterverhältnisse, Militär und Krieg

Frontmatter
Wehrpflicht von Frauen: Erfahrungen mit Militär und Geschlecht in Israel
Zusammenfassung
Das Militär wird soziologisch als „Männerbund“ bezeichnet. Gemeint ist damit, dass es sich um eine Institution handelt, die sich durch Männer organisiert hat. Zwar sind im Laufe der Geschichte — immer dann wenn es nötig war — Frauen zum Militär herangezogen worden oder haben freiwillig gedient (z.B. bildeten sie den Tross in den Söldnerheeren des 16. und 17. Jahrhunderts oder sie kämpften in Männerkleidung), aber im Großen und Ganzen wurden sie nicht als Angehörige der Streitkräfte angesehen und erhielten keinen Kombattantenstatus. Aus heutiger Sicht wissen wir, dass diese Entstehungsgeschichte das Geschlechterverhältnis entscheidend geprägt hat. Dies gilt für die Ebenen der Geschlechterorganisation in der Gesellschaft, der Geschlechtersymbolik und der Inszenierungen von Geschlechtsidentitäten.
Uta Klein
Soldatinnen in Russland
Zusammenfassung
In den gegenwärtigen sozialen und politischen Umbrüchen in Russland stellt die Transformation des Militärs ein Kernproblem dar. Die Neuformierung des Militärs nach dem Zerfall der Sowjetunion gestaltet sich als äußerst schwierig und wird begleitet von krisenhaften Prozessen in Staat und Gesellschaft, die sich im Rahmen des Wandels internationaler Sicherheitspolitik vollziehen.
Christine Eifler
Weibliche Soldaten: Die Grenzen des Geschlechts und die Grenzen der Nation
Zusammenfassung
Seit Ende der 80er Jahre wird in der amerikanischen Militärsoziologie die Frage diskutiert, ob der Beruf des Soldaten eine „profession of arms“ ist, die in einer Institution mit besonderen Merkmalen ausgeübt wird, oder sich vielmehr zu einem „Job wie jeder andere“, also einer „occupation“ entwickelt habe. Versucht man den Unterschied auf einen knappen Nenner zu bringen, so legitimiert sich eine Institution durch spezifische Normen und Werte und verfolgt einen Zweck, der das individuelle Eigeninteresse transzendiert; ein „Job“ oder ein „Beruf wie jeder andere“ folgt demgegenüber dem Prinzip von Angebot und Nachfrage, beruht auf einer Fixierung von Rechten und Pflichten und wird von den Individuen auf der Grundlage utilitaristischer Erwägungen gewählt (vgl. Moskos 1988).
Ruth Seifert
Sexuelle Gewalt als Kriegsverbrechen: eine Herausforderung für die Internationale Strafgerichtsbarkeit
Zusammenfassung
Seit dem 1. Juli 2002 wird sexuelle Gewalt erstmals in der Geschichte des Völkerstrafrechts explizit als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und als Kriegsverbrechen benannt. An diesem Tag trat das Statut des Ständigen Internationalen Strafgerichtshofes (ICC) in Kraft, das zu dieser Zeit von 89 Staaten ratifiziert worden ist. Mit diesem Statut sind Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Nötigung zur Prostitution, erzwungene Schwangerschaft, Zwangssterilisation und „andere Formen sexueller Gewalt von vergleichbarer Schwere“ sanktionierbar.1 Ebenso ist nun die „Verfolgung aus Gründen des Geschlechts“ als Verbrechen gegen die Menschlichkeit verboten.2
Regina Mühlhäuser
Backmatter
Metadaten
Titel
Frauen im Militär
herausgegeben von
Jens-Rainer Ahrens
Christiane Bender
Maja Apelt
Copyright-Jahr
2005
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-322-81003-8
Print ISBN
978-3-8100-4136-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-81003-8