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2023 | Buch

Freude an Geometrie – Zum Gedenken an Hans Schupp

Vorträge auf der 36. Herbsttagung des Arbeitskreises Geometrie in der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik vom 10. bis 12. September 2021 in Saarbrücken

herausgegeben von: Andreas Filler, Anselm Lambert, Marie-Christine von der Bank

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Hans Schupp verstarb im Mai 2021 im Alter von 86 Jahren. Neben seinen weitreichenden Beiträgen zur Didaktik der Stochastik war er auch in der Geometrie substantiell breit aufgestellt und hat zahlreiche, didaktisch begründete, konstruktive Vorschläge zur Re-Geometrisierung des Mathematikunterrichts publiziert. In diesem Feld gibt es in der schulischen Praxis aber leider weiterhin Defizite und großen Nachholbedarf. Dies war Grund genug, um uns auf unserer Tagung mit dem Erbe von Hans Schupp und – darauf aufbauend – mit der Weiterentwicklung des Geometrieunterrichts zu beschäftigen. Dieser Tagungsband enthält daher zwölf Beitrage zu Themen des Geometrieunterrichts, die an Ideen und Arbeiten von Hans Schupp anknüpfen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Freude … und weitere nichtkognitive Ziele von Mathematikunterricht
Zusammenfassung
Mathematik und Mathematiktreiben bestehen nicht nur aus kognitiven Aspekten! Dies wurde schon vielfach von großen Mathematikern betont. Im Beitrag wird daher dafür plädiert, nichtkognitiven Aspekten im Mathematikunterricht explizit Raum zu geben. Auch dies ist nicht neu: Schon bei Hans Schupp finden wir Bildung als personenbezogenen Prozess und damit die Forderung, die Person des Lernenden im Unterricht als zentral anzusehen. Ausgehend von Schupps didaktischem Dreieck Mensch – Welt – Mathematik stellt der Beitrag ein strukturiertes und strukturierendes Tetraedermodell vor, das die wechselseitigen Beziehungen zwischen Person, Welt, Mathe und Achtsamem Unterricht visualisiert und so für weitere Forschungsfragen zugänglich macht. Den Fokus auf die Einflüsse der Person auf die anderen Komponenten des Tetraeders legend, wird anhand der Theorie Fundamentaler Ideen gezeigt, welche nichtkognitiven Aspekte der Mathematiktreibenden im Unterricht eine Rolle spielen und wie diese gezielt angesprochen werden können. Dies geschieht anhand konkreter Praxisbeispiele aus meinem Geometrieunterricht, die ich im Sinne des „Cognitive Apprenticeship“ vorstelle. Ausgehend von Reflexionen meiner Lernenden wird deren emotionales Erleben beim Mathematiktreiben deutlich. Mit Rückgriff auf Emotionsforschung und Pädagogische Psychologie können die in der Mathematikdidaktik vorhandenen Theorieansätze zur Entwicklung des Konzepts Math-e-motion genutzt werden. Ein wichtiger Gelingensfaktor für positives emotionales Erleben der Lernenden ist dabei die Lehrperson. Ihre Einstellungen und Sichtweisen zu Mathematik und Unterricht und natürlich auch ihr emotionales Erleben gilt es ebenfalls in der didaktischen Forschung zu berücksichtigen: Es geht um einen lehr- und lernpersonenzentrierten Unterricht.
Marie-Christine von der Bank
Kapitel 2. Wie viel Phantasie passt in einen Heißluftballon? – Anregungen, den Mathematikunterricht etwas anders weiterzudenken
Zusammenfassung
„Erinnerungen für die Zukunft“ – in diesem Sinne (Lambert & von der Bank in Mitteilungen der GDM 111: 100–106, 2021) erinnere ich an „etwas andere Aufgaben“ (Herget in Wieviel Termumformung braucht der Mensch. 10. Jahrestagung des AK MU&I in der GDM. Franzbecker, Hildesheim, https://www.yumpu.com/de/document/view/20662079/tagungsband-1992-wieviel-termumformung-braucht-der-mensch. 11.1.2023, 1993 ff.), insbesondere auch an „Foto-Fermi-Fragen“ (Herget in mathematik lehren 93: 4–9, 1999 ff.) – als authentische(!) Anwendung. Dabei werbe ich dafür, (raum-)geometriehaltige Anlässe zu nutzen, weil sich diese zum einen sehr für das mathematische Modellieren im Matheunterricht eignen – aus vielen guten Gründen – sowie zum anderen für formelarmes Argumentieren. Und ich werbe für einen „Achtsamen Mathematikunterricht“, der nicht nur lehrreich ist, sondern auch diskursiv, nützlich – für die Lernenden und für die Lehrenden – und nicht zuletzt unterhaltsam (Wilhelm & Andelfinger in mathematik lehren 227: 2–8, 2021). Dazu stelle ich Beispiele vor, die möglichst spielerisch-attraktiv und anschaulich-vorstellbar für Lernende sind, einfach genug für ein möglichst selbstständiges Erarbeiten von Lösungswegen (auch im Team) und doch hinreichend reichhaltig für eine Vielfalt an Lösungswegen und den damit einhergehenden Herausforderungen einerseits und Erfolgserlebnissen andererseits: „Mathematik ist kein Seil, sondern ein Geflecht“ (Hans Schupp, zit. n. Lambert & von der Bank in Mitteilungen der GDM 111: 100–106, 2021). – Schauen Sie doch (noch) mal mit!
Wilfried Herget
Kapitel 3. Geometrie im Alltag
Zusammenfassung
Der Beitrag enthält eine Hand voll Beispiele, die (bei gutem Willen) sowohl Geometrisches enthalten als auch im Alltag vorkommen können und in Lehrveranstaltungen mehrmals eingesetzt waren. Gelegentlich stießen wir dabei auf verblüffende, nicht sofort zu durchschauende Einzelheiten. Die Darbietung ist durchwoben mit Vorschlägen zum methodischen Vorgehen und zum Anwenden von Mathematik. Nichts von alledem ist neu. Verbindungen zu tiefschürfenden Theorien fehlen. Das Ganze ist gedacht für praktizierende Lehrer.
Lothar Profke
Kapitel 4. Kegelschnitte – nicht nur eine schöne Tradition?
Zusammenfassung
Welche Kriterien müssen mathematische Inhalte erfüllen, die im Hauptfach Mathematik an Gymnasien unterrichtet werden? Für die Denkkollektive, die hauptsächlich an der universitären Bildung und der Ausbildung der MathematiklehrerInnen beteiligt sind, sollten diese Inhalte bedeutsam und wichtig für die Herausbildung ihrer eigenen Denkstile sein. Wir zeigen am Beispiel des Gegenstandes Kegelschnitte, dass dieses Thema Bedeutsamkeit für die Denkkollektive der MathematikerInnen, der MathematikhistorikerInnen, der MathematikdidaktikerInnen und der „Schulfrauen und -männer“ besitzt.
Ysette Weiss
Kapitel 5. Kegelschnitte mit GeoGebra 3D erkunden – genetisch, ganzheitlich, dynamisch, anschaulich
Zusammenfassung
Kegelschnitte sind ein (nicht nur) in der Schule fast in Vergessenheit geratenes Thema, das aber mathematisch besonders reichhaltig ist. Es gibt eine stereometrische, eine planimetrische und eine analytische Sicht. In diesem Beitrag wird gezeigt, wie man mit dem digitalen Werkzeug GeoGebra diese Sichtweisen in einem genetischen Zugang verbindet und dabei mit dynamischer Visualisierung und systematischer Variation jeweils eine ganzheitliche Sicht aller Kegelschnitt-Typen ermöglicht.
Dabei geht es um den Schnitt infiniter Doppelkegel mit Ebenen, um wahre Größe, Dandelin-Kugeln, Brennpunkte und Leitgeraden, um Abstandseigenschaften, Ortslinien, implizite Gleichungen, parametrische Kurven und numerische Exzentrizität. Die betreffenden GeoGebra-Konstruktionen stehen frei zur Verfügung.
Hans-Jürgen Elschenbroich
Kapitel 6. Die App Mathe-AR – Raumgeometrie mit Augmented Reality aktiv erleben
Zusammenfassung
In dem Beitrag werden Potenziale und Herausforderungen der Augmented Reality Technologie für den Mathematikunterricht diskutiert. Hierzu wird zunächst ein Überblick über die technischen Grundlagen und erste Forschungsergebnisse aus dem Bildungsbereich gegeben. Anschließend erfolgt die Vorstellung einer von den Autoren für den Mathematikunterricht entwickelten AR-Anwendung. In einem Ausblick werden weitere Entwicklungspotenziale erörtert.
Frederik Dilling, Julian Sommer
Kapitel 7. NURBS, Grundlage für Animationsfilme
Zusammenfassung
Die Anbindung der mathematischen Ausbildung an die „Mathematik in unserer Welt“ wird mit Recht immer wieder gefordert. Oft scheinen die praktizierten Methoden für Schule und Lehramtsausbildung zu kompliziert zu sein. Zu Bézier-Splines aber gibt es ein (bekanntes) zeichnerisches Gerüst, das mit einem Dynamischen Geometrie System (DGS) überzeugend dargestellt werden kann und hier nochmals vorgestellt wird. Die dort wesentlichen Bernsteinpolynome bilden den Einstieg in das Konzept der B-Splines, die nicht nur leicht auf beliebig viele Steuerpunkte ausgedehnt werden können, sondern sie können durch Gewichtungen zu rationalen B-Splines ausgebaut werden und ihre „Knoten“ (Intervallgrenzen) dürfen beliebige Abstände haben. Das Akronym NURBS sagt genau dies: Non Unform Rational B-Splines. Am Beispiel der Trisektrix und ihrer Metamorphose zum Kreis wird gezeigt, dass auch exakte geometrische Objekte mit NURBS konzipiert werden können.
Dörte Haftendorn
Kapitel 8. Spielerische Erkundungen mit den Werkzeugen einer dynamischen Geometriesoftware
Zusammenfassung
Nachdem Grundbegriffe der Geometrie wie „Gerade“, „Strecke“, „Winkel und Winkelmaß“, „Parallelität“, „Orthogonalität“ etc. im 5./6. Schuljahr erarbeitet wurden, kann man die Schüler*innen auch an den Umgang mit einer dynamischen Geometriesoftware heranführen. Am Anfang sollten spielerische Erkundungen stehen; dabei kann dann auch Freude und Interesse für Geometrie entwickelt werden. Hier sollen Anregungen gegeben werden, was man an Figuren diskutieren kann, die mit Standardwerkzeugen einer dynamischen Geometriesoftware erzeugt werden können. An Dreiecken als Grundfigur werden mit der Mittelpunktbildung einerseits und dem Aufsetzen von regelmäßigen Vielecken andererseits Figuren erzeugt, die interessant sind und Anlass zu einer näheren Betrachtung bieten. Auch kann man Dreiecke mehrfach spiegeln. Schließlich kann man noch mit dem Zugmodus arbeiten, wobei das Aufsuchen von Spuren bestimmter Dreieckspunkte im Vordergrund stehen soll.
Günter Graumann
Kapitel 9. Zur Konkurrenz der Dreieckshöhen
Zusammenfassung
Der einfache (auf Gauß zurückgehende) Beweis, dass die Dreieckshöhen konkurrieren, d. h. sich in einem Punkt treffen, steht zu Recht in jedem Schulbuch. Warum zu diesem altbekannten Thema noch ein Beitrag? Der erwähnte Standard-Beweis ist wie eine Autobahn, mit der man zwar schnell am Ziel ist, aber fast nichts von der Landschaft sieht. Dies ist schade, da die Gegend durchaus ihre Reize hat. Es gibt andere Beweise, die mehr sehen lassen und deren Variation bis zu einer In-Ellipse führt.
Jörg Meyer
Kapitel 10. Invariante Flächensummen
Zusammenfassung
Einige geometrische Sätze, insbesondere der Satz des Pythagoras, werden unter dem Aspekt der invarianten Flächensumme untersucht. Diese neue Sichtweise ermöglicht ein ganzes Feld von Verallgemeinerungen und zugehörigen Illustrationen.
Hans Walser
Kapitel 11. Geometrisch argumentieren in der Analysis
Zusammenfassung
Die Ableitungen und Integrale der elementaren Basisfunktionen u. a. der Sinus-, Potenz- und Exponentialfunktionen werden geometrisch hergeleitet. Die Skalierung von Funktionsgraphen überträgt sich auf deren Tangenten und Integralflächen. Dabei treten Grenzwerte, h-Methode sowie Ober- und Untersummen in den Hintergrund. Alle vorgestellten Herleitungen verzichten auf den Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung. Getreu dem Motto „Bilder sagen mehr als tausend Worte“ soll die Perspektive in der Analysis von der formal-symbolischen zur konstruktiv-ikonischen Ebene verlagert werden.
Manfred Schmelzer
Kapitel 12. Jenseits der Stille …
Zusammenfassung
In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen, wie Mathematikunterricht mithilfe von geometrischen Visualisierungen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Hörschädigung gestaltet werden kann. Es geht darum, wie Kinder und Jugendliche im Mathematikunterricht zwischen den Welten Brücken bauen können. Im Mittelpunkt steht die Frage danach, wie sie durch ihre eigenen Erfahrungen kleine geometrische Sätze beweisen und dabei sprachlich gefördert werden können. Als Einstieg soll im Sinne von Schupp (2002) eine gewöhnliche Aufgabe dienen, die visualisiert, variiert, gemeinsam besprochen und schließlich neu und anders bewiesen sowie mit eigenen Worten beschrieben wird.
Swetlana Nordheimer
Metadaten
Titel
Freude an Geometrie – Zum Gedenken an Hans Schupp
herausgegeben von
Andreas Filler
Anselm Lambert
Marie-Christine von der Bank
Copyright-Jahr
2023
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-67394-2
Print ISBN
978-3-662-67393-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-67394-2