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2020 | Buch

Frieden durch Recht – Anfragen an das liberale Modell

Frieden und Recht • Band 6

herausgegeben von: Dr. Sarah Jäger, Prof. Dr. Lothar Brock

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

Buchreihe : Gerechter Frieden

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Über dieses Buch

Frieden und Recht bilden einen komplexen Zusammenhang. International schafft das Recht wichtige Rahmenbedingungen für die Begrenzung von Gewalt, ist im Völkerrecht sogar das Gewaltverbot verankert. Dennoch bleiben gewalttätige, kriegerische Auseinandersetzungen Realität. Vor diesem Hintergrund stellen sich auch Anfragen an das Konzept „Frieden durch Recht“. Dieses wird im Band kritisch reflektiert und weitergedacht. Wie tragfähig ist dieses liberale Modell, welche Anfragen und Herausforderungen stellen sich in der Gegenwart? Die Autorinnen und Autoren stellen sich diese Fragen aus evangelischer, katholischer, philosophischer rechtswissenschaftlicher und rechtsphilosophischer Perspektive.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Frieden durch Recht – Anfragen an das liberale Modell
Eine Einführung
Zusammenfassung
Für das Zusammenleben der Menschen stellt sich immer wieder die Frage, wie dieses gestaltet und die einander widerstrebenden Interessen von Einzelnen zur Deckung gebracht werden sollen. Eines der zentralen Steuerungsmittel zum Umgang mit diesen Herausforderungen ist dabei das Recht, sowohl im innergesellschaftlichen und innerstaatlichen Bereich als auch in internationalen Beziehungen (vgl. Becker et al. 2010, S. 9). Für internationale Zusammenhänge kommt daher dem Völkerrecht eine wichtige friedenssichernde Funktion zu. Dieses Prinzip und die Formel „Frieden durch Recht“ sind dabei stark aufgeladen (vgl. Brock 2010).
Sarah Jäger
Die Formel „Frieden durch Recht“
Anfragen aus protestantischer Perspektive
Zusammenfassung
Die EKD-Friedensdenkschrift von 2007, „Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“, schreibt dem inner- und zwischenstaatlichen Recht eine hohe friedensethische Relevanz zu. Ein ganzes Kapitel ist der Ausarbeitung der These „Gerechter Friede durch Recht“ gewidmet (EKD 2007, Nr. 85ff.). Darin wird zwar einleitend die friedensstiftende Kraft des Rechts relativiert: „So wenig die Ethik an die Stelle des Rechts treten kann, so wenig ist sie durch Recht substituierbar.
Friedrich Lohmann
Rechtliche Unbestimmtheit und positiver Frieden
Zusammenfassung
Unbestimmtheit ist nicht per se ein politisches, moralisches oder ethisches Problem. Auch wenn sie stets zu Auslegungskontroversen, also nichts weniger als dem täglichen Brot der juristischen Profession, und selbst zu Infragestellungen der Rechtsnatur bestimmter sich als „normativ“, also potentiell wirksam ausweisender Sätze führt, sofern diese etwa als „bloß programmatisch“ oder „rein politische Absichtserklärungen“ abgetan werden, unterscheidet sich ihr ethischer Status doch grundlegend je nachdem, wen diese Unbestimmtheit ermächtigt und wen sie in der Willensbetätigung einschränkt.
Tim Wihl
Aktuelle Herausforderungen für politische Friedensgestaltung auf dem Fundament des Rechts
Zusammenfassung
Bei der Suche nach Wegen zur internationalen Friedenssicherung, die über die Reichweite des Rechts hinausreichen, kann es in einer friedensethischen Perspektive nicht um alternative, vielmehr muss es um komplementäre Zugangsweisen gehen. Denn die Fundierung einer Friedensordnung im Recht stellt eine, wenn auch notwendige, so doch nicht bereits hinreichende Bedingung dafür dar, dass diese Ordnung auch ethisch annehmbar ist. Recht kann zudem nur dann als integraler Bestandteil einer solchen Ordnung betrachtet werden, wenn es auf einer rechtsethischen Grundlage konzipiert wird, also auf nichtpositivistischer Basis: Es muss darauf gerichtet sein, der Gerechtigkeit zu dienen und bleibt auch dabei menschliche Satzung, die stets unvollkommen und fehleranfällig ist und der Verbesserung bedarf (vgl. Radbruch 1946).
Thomas Hoppe
Normkollisionen
Menschenrecht und Völkerrecht – eine Leges-Hierarchie?
Zusammenfassung
Immer drängender stellt sich die Frage: Kann im globalen Kontext und somit außerhalb konsolidierter Rechtsräume überhaupt von Frieden sichernder Gewalt gesprochen werden? Die Antwort lautet nur dann unumwunden: Ja, wenn ein idealtypisches Recht mit ‚dem Recht‘ gleichgesetzt wird. In der Realität aber treffen ganz unterschiedliche Rechtskulturen aufeinander (vgl. Mohr 2011), die allein aufgrund ihrer Pluralität und Vielfalt in eine konfliktreiche Beziehung zueinander geraten. Dies nimmt dort ‚tragische‘ Gestalt an, wo es um trans- oder internationale Streitfragen geht.
Gertrud Brücher
Chancen und Hindernisse der Herausbildung eines genuinen Friedensrechts neuer Qualität
Zusammenfassung
Immer wieder wird in der Literatur die Forderung nach einer Neukonzeptualisierung des Friedensrechts erhoben, nach der Herausbildung eines „wahren Friedensrechts“ (siehe etwa Schneider 2010, S. 391ff.). Diese Forderung zeigt zunächst einmal an, dass eine gewisse Unzufriedenheit mit dem bestehenden rechtlichen Rahmen der Sicherung und Gestaltung einer nachhaltigen Friedensordnung besteht (vgl. auch Bothe 2010, S. 63ff.). Die Forderungen nach der Herausbildung eines ‚genuinen‘ oder ‚expliziten‘ Friedensrechts, die der Titel dieses Beitrages aufnimmt, enthalten mithin implizit eine Defizitanzeige: Das bestehende Recht wird als unzureichend zur Bewältigung der Aufgabe der Schaffung einer nachhaltigen Friedensordnung gesehen, gefordert wird die Herausbildung eines Rechts neuen Typs, das es noch nicht gibt, nämlich eines „expliziten Friedensrechts“.
Stefan Oeter
Frieden durch Recht. Recht durch Krieg?
Bleibende Kontroversen
Zusammenfassung
Die Idee, Frieden durch Recht zu erlangen, treibt das in Europa entstandene (aber deshalb keineswegs nur europäische) politische Denken spätestens seit der Aufklärung um. Seit den Haager Friedenskonferenzen, der Gründung des Völkerbundes, dem Kriegsächtungspakt von 1928 und der Gründung der Vereinten Nationen steht sie auf der Tagesordnung der Weltpolitik. Kann sie von dieser Tagesordnung auch wieder verschwinden? Der Sachverhalt, dass zwischen den Haager Friedenskonferenzen und der Gründung des Völkerbundes der Erste Weltkrieg lag und zwischen dem Kriegsächtungspakt und der Gründung der Vereinten Nationen der Zweite, kann als Hinweis auf die Beharrlichkeit der Idee gelten, Frieden durch Recht zu gewährleisten – aber auch als Verweis auf ihre Unwirksamkeit.
Lothar Brock
Backmatter
Metadaten
Titel
Frieden durch Recht – Anfragen an das liberale Modell
herausgegeben von
Dr. Sarah Jäger
Prof. Dr. Lothar Brock
Copyright-Jahr
2020
Electronic ISBN
978-3-658-28747-4
Print ISBN
978-3-658-28746-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-28747-4