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17.01.2017 | Führungsqualität | Schwerpunkt | Online-Artikel

Mitarbeiter zu mehr Resilienz führen

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

4:30 Min. Lesedauer

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Hunderte Mails, ermüdende Meetings und digitale Runderneuerungen überfordern Büromitarbeiter und killen ihre Produktivität. Bürostress ist aber auch Ansichtssache und lässt sich mit Zuversicht kurieren. 

Es lässt sich einfach nicht schön reden, auch der ersehnte Traumjob kann belasten und ständige Arbeit im kreativen Flow ist ein optimistisches Ziel. Realistischer ist zu akzeptieren, dass Arbeit überfordern oder langweilen und in beiden Fällen auch krank machen kann. Für den israelisch-amerikanische Medizinsoziologen und Stressforscher Aaron Antonovsky war Gesundheit ohnehin kein Zustand, sondern ein ständiger Prozess zwischen den Polen "krank" und "gesund". Den Wissenschaftler trieb zeitlebens die Frage um, warum allen schädigenden Faktoren zum Trotz, manche Menschen hoch belastende Situationen besser bewältigen, sie aus ihnen heiler herauskommen können, als andere. 

Er vermutete besondere psychische Widerstandsressourcen, die die gesunden Anteile im Menschen aktivieren. Aus seinen Erkenntnissen entwickelte er in den 1980er Jahren das medizinische Prinzip der "Salutogenese". Übersetzt bedeutet das soviel wie Erschaffung und Erhaltung von Gesundheit. Der Begriff versteht sich ergänzend zur Pathogenese, die nach der Entstehung von Krankheit fragt. Der Salutogenese geht es darum, dem Menschen seine Widerstandsressourcen bewusst zu machen, damit er diese in stressigen Situationen für sein Wohlergehen einsetzt. Es geht ihr nicht darum, zum Kampf gegen Stressoren aufzurufen. Dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) zeigt der salutogenetische Ansatz, wie Mitarbeiter trotz hoher Arbeitsbelastung gesund bleiben.

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Wenn die Schreibtische vor Arbeit überquellen

Beispielsweise Multitasking: Häufen sich in den Büros die Aufgaben und müssen Mitarbeiter zu viele Dinge gleichzeitig erledigen, bringt das nicht nur ihre Produktivität zum erliegen. Auch die subjektiv empfundene Arbeitsbelastung erhöht sich. Für den "Wrike Digital Report 2016" befragte der Software-Anbieter Wrike insgesamt 3.000 Büroangestellte in Deutschland, Großbritannien und Frankreich. Von den 1.000  deutschen Teilnehmern registrierten drei Viertel eine gestiegene Arbeitsbelastung im Vergleich zum Vorjahr und 18 Prozent bedauerten, dass sie ihr Produktivitäts-Potential nicht voll ausschöpfen können. Die Top-Produktivitätskiller der deutschen Büroangestellten sind:

  1. zu viele Dinge gleichzeitig erledigen
  2. zu viele E-Mails
  3. zu viele ineffiziente Meetings
  4. schlechte Kommunikation mit dem Vorgesetzten oder im Team 
  5. nicht auffindbare Informationen

Besonders Frauen fühlen sich der Umfrage zufolge von schlechter Kommunikation belastet, ihre männlichen Kollegen stören sich an ineffizienten Meetings und E-Mail-Schwemmen. Am widerstandsfähigsten gegen alle Stressfaktoren zeigte sich die Generation 55+. Nur 19 Prozent fühlen sich bei der Arbeit stärker belastet als noch vor einem Jahr und 26 Prozent behaupteten maximal produktiv zu arbeiten. Unter den Befragten der Generation Y (18 bis 34 Jahre) klagten dagegen 26 Prozent über eine signifikant gestiegene Arbeitsbelastung und nur 17 Prozent meinten, uneingeschränkt produktiv sein zu können. Fehlt jüngeren Mitarbeitern die Bewältigungskompetenz und wie kann der salutogenetische Ansatz ihnen dabei helfen, den Bürostress zu relativieren? 

Arbeit, die nicht belastet, gibt es nicht

So wenig, wie der teure Bürostuhl allein einen gesunden Rücken zaubern kann, wenn der Mitarbeiter der darauf sitzt, sich von unangenehmen Aufgaben regelmäßig niederschmettern lässt, genauso wenig machen Belastungen an sich krank. Das stellen die Springer Autoren Götz Richter und Oleg Cernavin über das "Büro als Treiber gesundheitsförderlicher und produktiver Arbeitsbedingungen" richtig. Denn die Belastungen im Arbeitsalltag führen zu subjektiv empfundenen Beanspruchungen, die wiederum über persönliches Wohl oder Wehe, Motivation oder Frust entscheiden. Anstatt die Belastungen im Arbeitsprozess zu vermeiden, ist es besser zu fragen: "Wie sind die Bedingungen, unter denen die Belastungen auf die jeweilige Person wirken? Wie gesundheitsgerecht (aktivierend) oder krankmachend (deaktivierend) ist die Arbeit gestaltet?" (Seite 87).

Arbeitszufriedenheit ist Chefsache

Springer-Autor Moreno Della Picca nimmt Führungskräfte in die Pflicht, auf diese Fragen im Sinne einer unterstützenden betrieblichen Gesundheitsförderung zu reagieren. Angelehnt an Antonovsky fordert er in "Was bewegt meine Mitarbeitenden wirklich und dauerhaft – auch aus der Komfortzone heraus?", dass das Aufgabensetting sich nach den Ressourcen richtet, die dem Mitarbeiter zur Erbringung von Leistung zur Verfügung stehen. Denn es müsse ihm auch bei Belastungen das überdauernde Gefühl von Zuversicht- Antonovsky spricht von Sense of Coherence (SOC), dem Kohärenzgefühl - ermöglicht werden. Die von der Führungskraft zugeteilte Aufgabe soll daher die von Antonovsky geforderten drei Kriterien erhalten (Seite 60):

  1. Verstehbarkeit: Die Aufgabe muss verständlich sein, strukturierbar und erklärbar. Die Konsequenzen des Tuns sollten vorhersehbar sein und kontrollierbar.
  2. Bewältigbarkeit: Die Aufgabe muss so gestaltet werden, dass die Mitarbeitenden sie mit der Überzeugung angehen, sie mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen bewältigen zu können – auch wenn es schwierig wird und Unvorhergesehenes eintritt.
  3. Bedeutsamkeit und Sinnhaftigkeit: Die Aufgabe muss für den Mitarbeitenden einen Sinn haben und es wert sein, dass man für ihre Lösung und Ausführung Energie und Ausdauer investiert. Positive Konnotationen sind zentral. Diese Komponente gilt unter den drei Komponenten des Kohärenzgefühls als das wichtigstes Element.

Fazit: Das zum Mitarbeiter passende Aufgabensetting ist Auslöser für das durchgehend zuversichtlich Gefühl, schwierige Aufgaben meistern zu können. So bildet sich ein hohes Kohärenzgefühl, das wiederum Widerstandsressourcen aktiviert mit denen sich Stress wegstecken lässt.

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