Skip to main content

05.06.2019 | Führungstools | Interview | Online-Artikel

"Leader handeln, indem sie sprechen"

verfasst von: Andrea Amerland

4:30 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN
loading …
Interviewt wurde:
Dr. Richard Egger

ist Unternehmensberater im Bereich Leadership. 

Führungskräfte können alles bewirken - wenn sie Sprache richtig einsetzen. Davon ist jedenfalls Richard Egger überzeugt, der ein Buch zum Thema geschrieben hat. Manager müssen nur die "Sprachspiele" richtig beherrschen, so der Springer-Autor.

Was kann Sprache in der Führung bewirken – im Positiven wie im Negativen?

Alles. Mit der Sprache können Führungskräfte die Mitarbeiter fördern, gewinnen, überzeugen – oder demotivieren, plagen, verlieren. Den überwiegenden Teil dessen, was zum Job von Führungskräften gehört, vollziehen sie im Medium der Sprache: Leader müssen Menschen fördern und fordern, sie müssen erklären und überzeugen, Mitarbeiter zusammenführen und Stellung beziehen. All das tun sie, indem sie reden und schreiben, zuhören und lesen. Dabei ist die Sprache immer eingewoben in bestimmte Handlungssituationen. Der Philosoph Ludwig Wittgenstein nennt sie "Sprachspiele". 

Empfehlung der Redaktion

2019 | Buch

Führen durch Sprache

Leadership und die Macht der Worte

Das Buch zeigt, wie Sprache in konkreten Führungssituationen funktioniert. Der Autor stellt in 13 Kapiteln typische und herausfordernde Szenen aus dem Alltag von Führungskräften vor, die zeigen, dass erfolgreiche Führung von Menschen hauptsächlich auf dem gezielten Umgang mit Sprache beruht.


Leader handeln, indem sie sprechen. Sprache ist Handeln. Darum können Leader mit ihr viel erreichen, aber auch viel Geschirr zerschlagen. Führen ist zwar nie eine bloß sprachliche, aber fast immer auch eine sprachliche Angelegenheit. Vorgesetzte müssen zum Beispiel delegieren. Der eine sagt da vielleicht: "Schreiben Sie bis morgen Abend das Protokoll, Frau Berger." Eine andere: "Könnten Sie bitte das Protokoll schreiben, Frau Berger. Ich wäre froh, wenn ich es übermorgen weiterleiten könnte. Schaffen Sie das? Vielen Dank." Die sprachlichen Unterschiede schaffen eine völlig unterschiedliche Wirkung.

Sind sich Führungskräfte der Bedeutung von Sprache als Führungstool bewusst? Welche Erfahrungen haben Sie als Berater auf diesem Gebiet gemacht?

Beraten heißt, die Menschen unterstützen im Sprachlichen. Zum Beispiel dem Coachee aufzeigen, mit welchen Worten er seinem 'schwierigen Mitarbeiter' Grenzen aufzeigen oder von ihm die angemessene Leistung einfordern kann. Wie formuliert man das klar und doch anständig? Oder wie reagiert die einzige Frau in der Geschäftsleitung, wenn ein Kollege sie immer wieder mit sprachlicher Protzerei unterzubuttern versucht. "Hör auf mit deinem Pfauengehabe" empfiehlt sich da weniger als Fragen zu stellen: "Kannst du uns erklären, wie du auf diese Behauptung kommst?" oder "Was meinst du mit diesem Begriff?" Sprache ist dabei weit mehr als ein Tool. Sie ist die Form, in der sich der Gedanke und die Haltung dahinter realisieren. Dessen sind sich wenige Führungskräfte bewusst, in der Beratung wird es offenkundig. Egal, ob es ausdrücklich ausgesprochen wird oder nicht.

Schauen wir einmal auf konkrete Führungssituationen. Worauf müssen Führungskräfte achten, wenn sie Mitarbeiter motivieren beziehungsweise nicht demotivieren wollen?

Nicht demotivieren ist weit wichtiger als motivieren. Die meisten Mitarbeiter sind von sich aus motiviert. Menschen wollen etwas Sinnvolles leisten. Sorgen Sie also dafür, dass die Rahmenbedingungen es zulassen. Darüber hinaus empfiehlt sich: "Catch them at being good". Das Prinzip bedeutet, die Menschen da abzuholen, wo sie etwas gut gemacht haben. Also ihre Stärken und Leistungen ausdrücklich hervorzuheben und erst dann die Kritik anzubringen. Diese aber so, dass sie als Verbesserungsvorschlag empfunden wird und nicht als Keulenschlag, der dem Lob nachgereicht wird. Menschen wachsen mit der Anerkennung und nehmen sie als Ansporn. Die meisten wenigstens. Denn es gibt auch die anderen, die das Lob darin bestärkt, sich keine Mühe geben zu müssen. Da müssen Leader nicht fördern, sondern fordern. Dass aber beides eine Frage der Formulierung, also eine sprachliche Angelegenheit ist, leuchtet ein.

Was sollten Führungskräfte in der Kommunikation beachten, wenn die teamübergreifende Zusammenarbeit nicht funktioniert und sogar Konflikte schwelen?

Die Zusammenarbeit sicherzustellen, ist zentrale Führungsaufgabe. Darum sollten Leader Konflikte im Team nicht unter den Teppich kehren. Sie erledigen sich nämlich selten von selbst. Leader sprechen Konflikte an und leisten Vermittlungsarbeit: Jede Partei einzeln zu Wort kommen lassen und dafür sorgen, dass die Sicht der anderen bei ihr richtig ankommt. Auch das setzt Sprachkompetenz voraus: zuhören und nachvollziehen können, Worte finden, die das Gegenüber besser versteht. Also übersetzen.

Vor Publikum frei zu sprechen, ist für viele Menschen ein Problem. Ein Manager kommt aber nicht darum herum. Welchen Rat haben Sie für diese Kommunikationssituation?

Zuallererst: Zur Kenntnis nehmen, dass es vielen so geht, dass viele Manager Lampenfieber haben. Schon das hilft. Außerdem: Bereiten Sie sich vor. Das kann man fast immer. Nehmen Sie die Situationen mental vorweg. Überlegen Sie sich Schlüsselsätze. Notieren Sie in wenigen Stichworten eine Ablaufskizze. Und schließlich: Fassen Sie den Mut, jede erdenkliche Gelegenheit zum Reden vor Publikum zu ergreifen – trotz der Angst. Je mehr sie üben, desto mehr entwickelt sich Ihre sprachliche Meisterschaft. Und je besser Sie formulieren können, umso mehr Sicherheit gewinnen Sie. In diese Schleife müssen Sie einspuren.

Welcher Manager ist in Sachen Sprachverwendung und Kommunikation für Sie ein Vorbild und warum?

Die bekannten Manager sehen wir nur in der Öffentlichkeit – und damit nur einen kleinen Teil ihrer Führungsarbeit. Ein Leader muss vor allem seine Mitarbeiter führen und all die Sprachspiele spielen, von denen die Rede war. Da laufen keine Kameras. Vielleicht brilliert ein prominenter Manager hier ebenso wie in der Öffentlichkeit. Gut möglich aber auch, dass er hier versagt. Gewiss, Vorbilder sind nötig. Aber wer sich als Führungspersönlichkeit weiterentwickeln will, wer als Leader wachsen will, dem würde ich empfehlen: Suchen Sie sich partielle Vorbilder: Vorgesetzte, die eindrücklich Gespräche führen oder Konflikte handhaben oder vor Publikum reden können. Orientieren Sie sich an Personen, die das jeweilige Sprachspiel besonders souverän spielen. Ihre Führungskonzeption hingegen sollten Sie selbst entwickeln. Werden Sie selber Vorbild.

print
DRUCKEN

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

2019 | OriginalPaper | Buchkapitel

Was man mit Sprache bewirken kann

Quelle:
Führen durch Sprache

2019 | OriginalPaper | Buchkapitel

Mit der Sprache handeln

Quelle:
Führen durch Sprache

Das könnte Sie auch interessieren

19.07.2017 | Investor Relations | Schwerpunkt | Online-Artikel

Mit Sprache in den Executive-Modus

28.08.2018 | Führungsqualität | Schwerpunkt | Online-Artikel

Schwierige Mitarbeiter führen

07.08.2020 | Social Media | Schwerpunkt | Online-Artikel

Auch in der Corona-Krise schweigen CEOs im Social Web