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2023 | Buch

Funktionelles Zusammenspiel von Gehirn und Herz

Von der Physiologie zur fortgeschrittenen Methodik der Signalverarbeitung und -modellierung

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Über dieses Buch

Diese Monographie bietet einen systemübergreifenden Austausch und eine modalitätsübergreifende Untersuchung des Zusammenspiels von Gehirn und Herz. Das Zusammenspiel von Gehirn und Herz (Brain-Heart Interplay, BHI) ist ein hochgradig interdisziplinäres wissenschaftliches Thema, das sich von der Physiologie des zentralen/autonomen Nervensystems, insbesondere des zentral-autonomen Netzwerks, bis hin zu fortgeschrittener Signalverarbeitung und Modellierung zur Quantifizierung seiner Aktivität erstreckt. Motiviert durch klinische Befunde und unterstützt durch die neuesten Erkenntnisse der Neurophysiologie, untersucht diese Monographie zunächst die Definition grundlegender Quantifizierer des Zusammenspiels von Gehirn und Herz und geht dann zu fortgeschrittenen Methoden für die Bewertung von Gesundheits- und Krankheitszuständen über. Der nicht-invasive Einsatz von Techniken zur Überwachung des Gehirns, einschließlich des Elektroenzephalogramms und der funktionellen Magnetresonanztomographie, wird zusammen mit der Überwachung der Herzschlagdynamik durch Pulsoximeter und EKG-Signale beschrieben.

Das Buch richtet sich insbesondere an biomedizinische Ingenieure und Mediziner mit Fachkenntnissen in Statistik und/oder Signalverarbeitung. Aber auch Forscher in den Bereichen Kardiologie, Neurologie, Psychiatrie und Neurowissenschaften im Allgemeinen können sich für dieses Buch interessieren.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Grundlagen des funktionalen Gehirn-Herz-Zusammenhangs (BHI)

Frontmatter
Kapitel 1. BHI-Physiologie auf einen Blick
Zusammenfassung
Fortschritte in der Neurobildgebung und Elektrophysiologie haben zu großen Erfolgen in vielen heterogenen Forschungs- und klinischen Bereichen geführt, darunter Kardiologie, Neurologie, Psychiatrie und Neurowissenschaften. Diese Techniken haben sich jedoch in erster Linie auf einzelne physiologische Systeme und bereichsspezifische Schlussfolgerungen konzentriert, während der systemübergreifende Austausch und die modalitätsübergreifenden Untersuchungen fast völlig vernachlässigt worden sind. Obwohl beispielsweise neuronale Störungen sehr deutliche Auswirkungen auf die kardiovaskuläre Kontrolle haben und Herzkrankheiten sich ebenfalls stark auf die Gehirnfunktion auswirken, bezieht sich die bisherige Standardbehandlung nur auf die systemspezifische Epidemiologie und berücksichtigt somit nicht die ganzkörperliche, hyperdimensionale systemische Reaktion. In diesem Kapitel werden die anatomischen und vor allem die funktionellen Verbindungen zwischen dem zentralen und dem autonomen Nervensystem beschrieben, um die klinischen und neurophysiologischen Grundlagen der funktionellen BHI-Physiologie darzustellen. Das in diesem Kapitel hervorgehobene Wissen dient als grundlegende Basis für das Verständnis der in den nächsten Kapiteln beschriebenen Signalverarbeitungsmethoden und Anwendungen.
Vincenzo Catrambone, Gaetano Valenza
Kapitel 2. BHI-Schätzmethode
Zusammenfassung
Während eine Vielzahl multivariater Signalverarbeitungsmethoden zur quantitativen Bewertung des funktionellen BHI angewandt werden kann, sollten Unsicherheitsquellen wie Nichtstationarität, Nichtlinearität, Komplexität, Multiskalierung und Unspezifität von Gehirn- und Herzschlagserien sorgfältig berücksichtigt werden. Nicht-Stationarität bedeutet, dass sich die Systemstatistiken im Laufe der Zeit ändern, und Nichtlinearität bedeutet, dass das Überlagerungsprinzip nicht anwendbar ist, d. h., dass die Systemausgabe nicht durch Aufspaltung der Eingabe in die Summe mehrerer Komponenten abgeleitet werden kann. Die Komplexität physiologischer Systeme, insbesondere des kardiovaskulären Systems, ergibt sich aus der Kombination von Nichtlinearität und mehreren Biofeedback- und Regelkreisen, und die Multiskalennatur der Systemdynamik kann sich auf eine räumliche (z. B. beim Gehirn auf der Ebene des gesamten Gehirns, der Kortikalis oder der Neuronen) oder zeitliche (z. B. Multifraktalität) Dimension beziehen. Schließlich impliziert die Spezifität der Systemdynamik, dass Veränderungen, die unter gesunden Bedingungen beobachtet werden können (z. B. Haltungsänderungen), auch bei Krankheiten (z. B. bei kongestiver Herzinsuffizienz) in Bezug auf den Ruhezustand beobachtet werden können. Dieses Kapitel bietet einen mathematischen Überblick über allgemeine Analysemethoden, die erfolgreich für eine BHI-Schätzung vorgeschlagen wurden, und hebt die Anwendung von Ad-hoc-Verarbeitungswerkzeugen hervor, die speziell für den BHI-Rahmen entwickelt wurden. Während die erste Kategorie Standard-Signalverarbeitungstechniken zur Schätzung von Korrelation, direktionaler Kopplung, Koinzidenz oder Phasensynchronisation zwischen dynamischen Systemen umfasst, nutzt die zweite Kategorie A-priori-Wissen oder Modellierung, die speziell mit der funktionalen BHI verbunden sind. Das Kapitel schließt mit einer Taxonomie der funktionalen BHI-Schätzmethoden.
Vincenzo Catrambone, Gaetano Valenza

Anwendungen

Frontmatter
Kapitel 3. Sympathovagale Veränderungen
Zusammenfassung
Mehrere experimentelle Verfahren wurden erfolgreich entwickelt, um Veränderungen im sympathischen und parasympathischen Nervensystem hervorzurufen. Diese Veränderungen modulieren wiederum die systemischen Aktivitäten des zentralen Nervensystems über das sogenannte zentral-autonome Netzwerk (CAN), was zu einer bidirektionalen, funktionellen BHI-Dynamik führt. In diesem Kapitel wird die Verwendung paradigmatischer autonomer Manöver, wie der Cold Pressor Test (CPT), genutzt, um das CAN zu charakterisieren und neue Erkenntnisse über den funktionellen BHI zu gewinnen. Zu diesem Zweck können verschiedene BHI-Schätzmethoden genutzt werden, um das gerichtete, funktionelle BHI bei gesunden Probanden, die sich dem CPT unterziehen, differenziert zu bewerten.
Vincenzo Catrambone, Gaetano Valenza
Kapitel 4. Emotion
Zusammenfassung
Während psychophysiologische Veränderungen weitgehend aus der Sicht eines einzelnen Systems charakterisiert worden sind, sind systemübergreifende Korrelate von Emotionen, insbesondere in Verbindung mit einem funktionellen BHI, noch unbekannt.
In diesem Kapitel geben wir einen kurzen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zu den gleichzeitigen Veränderungen in der Dynamik des zentralen und autonomen Nervensystems bei verschiedenen emotionalen Reaktionen. Es wird betont, dass verschiedene funktionelle BHI-Schätzmethoden zur umfassenden Charakterisierung der emotionalen Verarbeitung und Regulation durch Bild- und Videoerregungen beitragen.
Vincenzo Catrambone, Gaetano Valenza
Kapitel 5. Psychiatrische und neurologische Störungen
Zusammenfassung
Mehrere neurologische und psychiatrische Störungen, darunter neurologische Verletzungen, Depressionen, Epilepsie oder Schizophrenie, wurden mit autonomen Funktionsstörungen in Verbindung gebracht. Allerdings haben nur wenige Studien den Zusammenhang zwischen psychiatrischen, neurologischen und kardialen Störungen quantitativ untersucht. In diesem Kapitel geben wir einen kurzen Überblick über die neuesten klinischen Erkenntnisse über psychische und kardiovaskuläre Störungen und beschreiben quantitative funktionelle BHI-Studien bei Patienten mit leichten Depressionen, Epilepsie und Schizophrenie. Aus methodischer Sicht werden verschiedene Ansätze zur Ad-hoc-BHI-Modellierung sowie Methoden aus einem allgemeinen Analyserahmen genutzt.
Vincenzo Catrambone, Gaetano Valenza
Kapitel 6. Schlaf
Zusammenfassung
Eine paradigmatische Bedingung für die Untersuchung des Zusammenspiels zwischen dem zentralen und dem autonomen Nervensystem ist der Schlaf. Der Schlaf ist ein grundlegender Aspekt des Lebens, der sich auf den Gesundheitszustand des Einzelnen auswirkt und an dem eine Vielzahl physiologischer Prozesse beteiligt ist. Es ist bekannt, dass der Schlaf die Aktivität einer Vielzahl physiologischer Systeme moduliert, einschließlich des motorischen, kardialen, vaskulären, respiratorischen und nervösen Systems. Allerdings haben sich erst in jüngster Zeit Studien auf die zugrunde liegenden systemübergreifenden Mechanismen konzentriert, insbesondere im Zusammenhang mit der funktionellen BHI. In diesem Kapitel geben wir einen Überblick über die neuesten Erkenntnisse zur funktionellen BHI während des Schlafs, deren Messungen zu vielversprechenden Biomarkern für schlafbezogene Krankheiten wie Schlaflosigkeit und Schlafapnoe-Hypopnoe-Syndrom führen könnten. Aus methodischer Sicht wird über Anwendungen des sogenannten netzwerkphysiologischen Rahmens berichtet.
Vincenzo Catrambone, Gaetano Valenza
Kapitel 7. Motorsteuerung
Zusammenfassung
Gehirn-Computer-Schnittstellen (BCI) nutzen rechnerische Merkmale von Gehirnsignalen, um eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Obwohl neuere neurophysiologische und klinische Erkenntnisse auf die entscheidende Rolle des funktionellen BHI bei der Fortbewegung hinweisen, werden Herzschlaginformationen in Standard-BCI-Systemen noch nicht berücksichtigt. In diesem Kapitel werden die mehrdimensionalen Merkmale des direktionalen und funktionalen Zusammenspiels zwischen elektroenzephalographischen Spektren und Herzschlagspektren genutzt, um Bewegungen der oberen Gliedmaßen in drei Klassen zu klassifizieren. BHI-Merkmale werden eingesetzt, um automatisch den Ruhezustand und die drei Bewegungsklassen je nach Art der Interaktion mit Objekten zu klassifizieren. Die Ergebnisse zeigen, dass das vorgeschlagene Brain-Heart-Computer-Interface (BHCI)-System automatisch zwischen Ruhe- und Bewegungsklassen mit einer durchschnittlichen Genauigkeit von 90 % unterscheiden kann. Darüber hinaus liefert dieses Kapitel neurophysiologische Erkenntnisse, die auf die entscheidende Rolle des funktionellen BHI, das von der kortikalen Ebene auf das Herz übergeht, bei der neuronalen Steuerung der oberen Gliedmaßen hinweisen. Die Einbeziehung der funktionellen BHI kann das neurowissenschaftliche Wissen über die motorische Kontrolle erheblich verbessern und zu neuartigen fortschrittlichen BHCI-Systemen führen.
Vincenzo Catrambone, Gaetano Valenza
Backmatter
Metadaten
Titel
Funktionelles Zusammenspiel von Gehirn und Herz
verfasst von
Vincenzo Catrambone
Gaetano Valenza
Copyright-Jahr
2023
Electronic ISBN
978-3-031-37569-9
Print ISBN
978-3-031-37568-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-031-37569-9