Das thermische Durchgehen von Batteriezellen und die davon ausgehende Brandgefahr sind gefürchtet. Ein neuartiger Materialverbund soll dies verhindern: Mit Metall-Polymer-Komposit-Stromkollektoren wollen Forscher Lithium-Ionen-Batterien sicherer machen.
Lithium-Ionen-Batterien (LIBs) zeichnen sich durch eine im Vergleich hohe Energiedichte sowie lange Lebensdauer aus und sind gegenwärtig Standard der Technik in elektronischen Geräten und Elektrofahrzeugen. "Allerdings stellen Brand- oder Explosionsgefahren von LIBs, die durch thermisches Durchgehen ausgelöst werden, wenn sie extremen Bedingungen wie Hitzemissbrauch, Überladung, Quetschung usw. ausgesetzt sind, eine erhebliche Bedrohung für Menschenleben dar", heißt es in einem Fachartikel der Zeitschrift "Fire Technology". Trotz eines inzwischen umfassend vorhandenen Verständnisses des thermischen Durchgehens (thermal runaway) und der Entwicklung stabilerer LIB-Materialsysteme in den letzten zehn Jahren sei es immer noch nicht möglich, das Risiko des thermischen Durchgehens von LIBs gänzlich zu beseitigen, heben die Autoren hervor. Und: "Die Ausbreitung des thermischen Durchgehens von einer Zelle auf benachbarte Zellen in Batteriepacks und -modulen kann Brandunfälle in Elektrofahrzeugen und Batteriespeichern verschärfen."
Prinzipiell handelt es sich bei Lithium-Ionen-Batterien um elektrochemische Reaktoren wie von Gregor D. Wehinger, Ulrich Kunz und Thomas Turek im Buchkapitel "Reaktoren für spezielle technisch-chemische Prozesse: Elektrochemische Reaktoren" beschreiben. Zu den wichtigsten Bauteilen eines elektrochemischen Reaktors zählen die Elektroden, die Elektronen leiten und an denen Elektronen auf geladene Teilchen oder auf neutrale Moleküle übertragen werden. "Als Werkstoffe kommen deshalb hauptsächlich Metalle, Legierungen und Kohlenstoffe (Graphit, Ruß, dotierter Diamant, Kohlenstoffnanoröhrchen, Graphen), leitfähige Polymere, Metalloxide und Halbleiter bzw. auch Kombinationen dieser Materialklassen zum Einsatz", so die Springer-Autoren.
Ziel eines jetzt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) an der TU Braunschweig geförderten Forschungsprojekts ist es nun, die spezifische Energie und Sicherheit von Lithium-Ionen-Batterien durch den Einsatz neuartiger Stromkollektoren zu steigern. Im Fokus stehen dabei Metall-Polymer-Komposit-Stromkollektoren, die das thermische Durchgehen von Batteriezellen deutlich erschweren und damit die Brandgefahr verringern sollen. An dem mit knapp vier Millionen Euro geförderten Projekt PolySafe sind neben der Battery LabFactory Braunschweig, einem Forschungszentrum der TU Braunschweig, die Von Ardenne GmbH (Koordination), die Brückner Maschinenbau GmbH & Co. KG, das Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik (FEP), das Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik (IST) sowie die Varta Microbattery GmbH beteiligt.
Neben dem Gewichtsvorteil gegenüber heute eingesetzten reinen Metall-Stromkollektoren erlauben die Metall-Polymer-Stromkollektoren eine Unterbrechung des Stromkreises bei Erreichen einer kritischen Temperatur, heißt es in einer Mitteilung des Forscherteams. Wird diese Temperatur erreicht, schmilzt der Stromsammler, so dass der Stromfluss und damit der Kurzschluss unterbrochen werden. Stromkollektoren sind gut leitende, dünne Metallfolien. Auf ihnen wird das Aktivmaterial aufgebracht, das für die Energiespeicherung in Batterien sorgt.
Angepasste Prozesskette zur Herstellung von Batteriezellen
Die prinzipielle Machbarkeit von Metall-Polymer-Stromkollektoren haben Wissenschaftler der Von Ardenne GmbH und des FEP schon im Rahmen des sächsischen Forschungsvorhabens PolyCollect demonstrieren können. Mit dem Verfahren der physikalischen Gasphasenabscheidung (PVD) konnten sie bis zu 1 Mikrometer dicke Aluminiumschichten auf Polymersubstraten mit Dicken bis 8 Mikrometer erzeugen. Die anwendungsnahe Evaluation dieser Technologie soll nun im Rahmen von PolySafe geschehen. Ziel des Forschungsprojektes ist, eine an die Metall-Polymer-Stromkollektoren angepasste Prozesskette zur Herstellung von Batteriezellen in verschiedenen Formaten (Rundzelle, Pouchzelle) zu qualifizieren und den Sicherheitsvorteil in unterschiedlichen Zelldesigns- und -chemien anwendungsnah zu untersuchen.
Neben der Integration der hergestellten Metall-Polymer-Stromkollektoren in Batteriezellen wollen die Projektpartner Aluminium- bzw. Kupfer-Polymer-Stromkollektoren dediziert an die Anforderungen des jeweiligen Zelldesigns anpassen und optimieren. Die Herausforderung ist dabei, die Polymersubstrate und den Beschichtungsprozess so auszulegen, dass eine zu aktuellen Metallfolien vergleichbare Dicke sowie eine optimale elektrische Leitfähigkeit der Metallschicht gewährleistet ist. Zugleich wollen die Forschungspartner die Produktionskosten der Stromkollektoren auf ein konkurrenzfähiges Niveau bringen.