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2025 | Buch

Gemeinderatswahlen im deutschen Mehrebenensystem

Wählerverhalten und politische Einstellungen auf kommunaler Ebene

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Über dieses Buch

Das Buch gibt einen Überblick über die politische Einstellungs- und Wahlforschung auf kommunaler Ebene basierend auf empirischen Analysen. Mithilfe von Individualdaten zu den Gemeinderatswahlen in Nordrhein-Westfalen 2020, Hessen und Niedersachsen 2021 sowie Schleswig-Holstein 2023 werden zentrale Fragestellungen systematisch vergleichend untersucht.

Im ersten Teil des Buchs liegt der Schwerpunkt auf dem kommunalen Wählerverhalten. Analysiert werden verschiedene Themenaspekte wie die lokale Wahlbeteiligung, die Wahlentscheidung zugunsten politischer Parteien und unabhängiger Wählergemeinschaften, aber auch spezielle Wahlpraktiken wie das Kumulieren und Panaschieren sowie die Rolle von Gemeinderatswahlen als potenzielle Protestwahlen.

Der zweite Teil richtet den Fokus auf wahlrelevante politische Einstellungen. Untersucht werden die Wahrnehmung und Bewertung der Kommunalwahlsysteme, die Bedeutung politischer Sachfragen sowie das politische Interesse und Vertrauen in politische Institutionen auf kommunaler und nationaler Ebene.

Das Buch richtet sich gleichermaßen an Studierende und Forschende, die sich für empirische Analysen politischer Einstellungen und des Wählerverhaltens auf kommunaler Ebene interessieren.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Einleitung: Warum dieses Buch
Zusammenfassung
Im Mittelpunkt des Sammelbandes stehen die Gemeinderatswahlen im deutschen Mehrebenensystem, die zur Gruppe der Kommunalwahlen zählen. Ziel ist es, bestehende Forschungslücken in der kommunalen Wahlforschung zu schließen und zur fundierten Analyse des kommunalen Wahlverhaltens sowie seiner spezifischen Bedingungen im deutschen Mehrebenensystem beizutragen. Der Sammelband gliedert sich in zwei Teile. Der erste Teil konzentriert sich auf das kommunale Wahlverhalten und untersucht verschiedene Aspekte wie die lokale Wahlbeteiligung, die Wahlentscheidung bei Gemeinderatswahlen allgemein und das Abstimmungsverhalten zugunsten unabhängiger Wählergemeinschaften. Zudem werden spezielle Wahlpraktiken wie das Kumulieren und Panaschieren und die Rolle von Gemeinderatswahlen als Protestwahlen analysiert. Der zweite Teil richtet den Fokus auf wahlrelevante politische Einstellungen. Hier werden die Wahrnehmung und Bewertung der in Deutschland existierenden Kommunalwahlsysteme, die Bedeutung lokaler politischer Sachfragen und Themensalienzen sowie das politische Interesse und Vertrauen in politische Institutionen auf kommunaler und nationaler Ebene untersucht. Beide Teile bieten umfassende Einblicke in die Mechanismen und Einstellungen, die das Wahlverhalten und die politischen Präferenzen auf kommunaler Ebene prägen.
Kerstin Völkl
„Gemeinderatswahlen im deutschen Mehrebenensystem“: Projekt- und Datenbeschreibung
Zusammenfassung
Das Kapitel erläutert das Forschungsdesign, den Datensatz und die Rahmenbedingungen des Projekts „Gemeinderatswahlen im deutschen Mehrebenensystem“, das kommunales Wählerverhalten und wahlrelevante politische Einstellungen untersucht. Es basiert auf einem Y-zentrierten Ansatz, der abhängige Variablen wie die lokale Wahlbeteiligung und die Parteiwahl bei Gemeinderatswahlen analysiert. Die Datenerhebung wurde durch CATI-Befragungen in vier Bundesländern (Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein) mit jeweils ca. 1200 Teilnehmenden durchgeführt. Die Länderauswahl erfolgte bewusst anhand ihrer unterschiedlichen Wahlrechtsregelungen. Innerhalb der Länder wurde eine zufällige, disproportional geschichtete Stichprobenziehung angewandt, bei der die Gemeindegröße als zentrales Schichtungsmerkmal diente. Es folgen Hinweise zur Feldphase, den Ausschöpfungsquoten sowie zur Datenaufbereitung und -bereinigung. Der Überblick über die Variablen im Datensatz zeigt, dass ein breites Themenspektrum von Wahlverhalten bis hin zu politischen Einstellungen erhoben wurde. Abschließend werden kontextuelle und länderspezifische Besonderheiten der Gemeinderatswahlen beschrieben, darunter die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die Einbettung in den Bundes-Wahlzyklus, die Gleichzeitigkeit mit anderen Wahlen und das variierende Wahlangebot.
Kerstin Völkl

Politisches Verhalten bei kommunalen Wahlen

Frontmatter
Die Wahlbeteiligung bei Gemeinderatswahlen: Kommunal-, Bundes- oder Kontexteffekt?
Zusammenfassung
Im Mittelpunkt des Beitrags stehen zwei Fragen, die für Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein untersucht werden: Erstens, in welchem Ausmaß sich Menschen an Kommunalwahlen beteiligen, und zweitens, wie sich die Beteiligung an Kommunalwahlen erklären lässt. Analysen auf Basis von Daten der amtlichen Wahlstatistik zeigen, dass die Beteiligung an den letzten Kommunalwahlen in diesen vier Bundesländern vergleichsweise gering ausgefallen und im Zeitverlauf durchaus Schwankungen unterlegen ist. Um die Frage nach den Ursachen der Beteiligung an kommunalen Wahlen zu beantworten, wurde das um systemebenenspezifische Faktoren und Kontextfaktoren erweiterte Civic Voluntarism-Modell herangezogen. Analysen auf Basis von Umfragedaten kommen zu dem Ergebnis, dass neben dem Bildungsniveau und dem Interesse an der Kommunalpolitik vor allem die von den Wahlberechtigten wahrgenommene Wahlbeteiligung von Familienmitgliedern und Freunden einen bedeutsamen Effekt auf die kommunale Wahlwahrscheinlichkeit ausüben. Darüber hinaus bestätigen sich Gemeindegrößen- und Wahlsystemeffekte. Bezug nehmend auf den Titel des Beitrags sind es also in erster Linie ebenenunabhängige Individualfaktoren, ergänzt um einige wenige lokale Individualfaktoren und Kontextfaktoren, die die kommunale Wahlbeteiligung erklären.
Kerstin Völkl
Parteiwahlverhalten bei Gemeinderatswahlen: Wie „lokal“ sind lokale Wahlen?
Zusammenfassung
Der Beitrag untersucht die Frage, wie stark die Wahlentscheidung der Bürgerinnen und Bürger bei Kommunalwahlen von lokalen Kandidaten- oder Themenaspekten abhängt. Diese Frage untersuchen wir im Vergleich der drei Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen. Dabei gehen wir vom klassischen Erklärungsmodell von Wahlverhalten aus, dem Michigan-Modell, das wir auf lokale Wahlen anpassen. Die Operationalisierung der Erklärungsfaktoren erfolgt mit zwei verschiedenen Messinstrumenten: Zum einen geben die Befragten selbst an, wie wichtig die sozialpsychologischen Faktoren für ihre Wahlentscheidung waren. Zum anderen wird der Einfluss der Faktoren unabhängig von der Wahlentscheidung über Kandidaten- und Parteibewertungen gemessen. Beide Messinstrumente kommen zu einem nahezu gleichen Ergebnis: Es zeigt sich, dass die Entscheidungen der Wählerinnen und Wähler bei lokalen Wahlen stark von lokalen Einflussfaktoren abhängen. Nationale Aspekte und die Parteiidentifikation sind dagegen von untergeordneter Bedeutung für die lokale Stimmabgabe. Diese Effekte sind weitgehend stabil gegenüber Kontexteffekten wie der Gemeindegröße oder dem in dem jeweiligen Bundesland angewendeten Wahlsystem. Lokale Faktoren der Wahlentscheidung sind damit zumindest für die meisten Beteiligten keineswegs von untergeordneter Bedeutung.
Kerstin Völkl, Angelika Vetter
Was beeinflusst die Wahl von Unabhängigen Wählergemeinschaften? Eine Analyse am Beispiel der Kommunalwahlen in Hessen und Schleswig-Holstein
Zusammenfassung
Im Zentrum dieses Beitrags steht die Frage, welche Faktoren einen Einfluss auf die Wahl von Unabhängigen Wählergemeinschaften (UWG) haben. Damit liefert das Kapitel einerseits einen Beitrag zum besseren Verständnis kommunalen Wahlverhaltens auf der individuellen Ebene. Andererseits leistet das Kapitel einen spezifischen Beitrag zu der Debatte, welche Faktoren den zunehmenden Wahlerfolg von UWG erklären können. Hierbei kontrastiert der Beitrag zwei theoretische Sichtweisen. Die erste legt nahe, dass UWG als ideologiefreie und rein an Sachpolitik interessierte Akteure auftreten und über eine besondere lokale Expertise verfügen. Demnach sollte der Wahlerfolg von UWG insbesondere durch lokalpolitische Einstellungen erklärt werden können. Die andere Sichtweise sieht in UWG hingegen ein populistisches Potenzial und stellt eine Nähe zwischen UWG und Anti-Establishment-Parteien her. Dieser Perspektive folgend sollte die Wahl von UWG eher durch populistische Einstellungen und Unzufriedenheit mit der Bundespolitik erklärt werden können. Die Ergebnisse auf Basis einer Befragung von Wählerinnen und Wählern der Kommunalwahlen 2021 in Hessen und der Kommunalwahlen 2023 in Schleswig-Holstein sprechen eindeutig für die Sichtweise, dass die Wahl von UWG durch populistische Einstellungen und Unzufriedenheit mit der Bundespolitik erklärt werden kann. Lokalpolitische Einstellungen spielen hingegen keine Rolle.
Michael Jankowski, Christina-Marie Juen, Marion Reiser
Denkzettel für höhere Ebenen? Kommunalwahlen als Protest- und Nebenwahl
Zusammenfassung
Die Studie untersucht, inwiefern Bürgerinnen und Bürger ihre Wahlentscheidung bei Kommunalwahlen von Erwägungen über andere politische Ebenen (insbesondere Bundes- und Landesebene) leiten lassen. Dieses als Nebenwahl- oder Protestwahl-Verhalten bekannte Phänomen würde verschiedene Probleme für die repräsentative Demokratie in den Kommunen aufwerfen. Die Auswertung der Umfrage aus dem DFG-Projekt „Gemeinderatswahlen im deutschen Mehrebenensystem“ zeigt, dass ein Zehntel der Befragten in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein die Kommunalwahlen als „Denkzettelwahl“ genutzt hat. In einer multivariaten Analyse zeigt sich, dass dies mit Unzufriedenheit mit der Demokratie und der Bundesregierung assoziiert ist, aber seltener bei Menschen mit hohem Bildungsniveau und starker lokaler Verbundenheit auftritt.
Thilo Dieing, Christian Stecker
Determinanten des Kumulierens und Panaschierens bei kommunalen Wahlen: Der Effekt von Kandidaten- und Parteiorientierung auf die kommunale Wahlentscheidung
Zusammenfassung
Die meisten deutschen Kommunalwahlsysteme bieten die Möglichkeit zum Kumulieren und Panaschieren. Während der Effekt dieser Wahlsysteme auf Wahlergebnisse und Repräsentationsfragen bereits verschiedentlich untersucht wurde, besteht eine Forschungslücke im Hinblick auf die Frage, welche Wählerinnen und Wähler von den erweiterten Wahlmöglichkeiten Gebrauch machen. Mithilfe von Umfragedaten zu den hessischen und niedersächsischen Kommunalwahlen im Jahr 2021 kann diese Frage erstmals vergleichend untersucht werden. Konzeptionell argumentiert dieser Beitrag, dass der Stimmhäufung (Kumulieren) andere Wahlmotive zugrunde liegen als der Vergabe von Stimmen über mehrere Listen hinweg (Panaschieren). Im Ergebnis erweist sich eine starke Kandidatenorientierung als besonders wirkmächtig für das Kumulieren, während Stimmen vor allem im Falle einer losen Parteibindung panaschiert werden. Ebenfalls kann ein erheblicher Unterschied zwischen den beiden untersuchten Fallbeispielen Hessen und Niedersachsen nachgewiesen werden, der auf die unterschiedlich ausgestalteten kommunalen Wahlsysteme zurückgeführt werden kann.
Dominic Nyhuis

Politische Einstellungen im Kontext kommunaler Wahlen

Frontmatter
Alles viel zu kompliziert? Die Beurteilung der Kommunalwahlsysteme in Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein
Zusammenfassung
Verständlichkeit ist – neben weiteren Attributen – eine wichtige Anforderung an Wahlsysteme. Gerade in Deutschland gelten die auf den verschiedenen politischen Ebenen genutzten Wahlsysteme häufig als vergleichsweise komplex und nur schwer verständlich. Während die Komplexität des Wahlsystems zum Bundestag nicht völlig unerforscht ist, gibt es nur sehr vereinzelt entsprechende Studien zu Kommunalwahlsystemen. Insbesondere Arbeiten, die sich mit der Verständlichkeit des Wahlsystems aus Sicht der Wählerinnen und Wähler beschäftigen, liegen kaum vor. Im vorliegenden Beitrag tragen wir zur Verkleinerung dieses Desiderats bei, indem wir Umfragedaten zu den Kommunalwahlsystemen in Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein auswerten. Die Befragten schätzen das Wahlsystem in Hessen als am kompliziertesten ein, das in Schleswig-Holstein als am wenigsten komplex. Zudem wirken sich der Grad schulischer Bildung, das politische Interesse, die Links-Rechts-Selbsteinstufung der Befragten sowie das Alter auf die Einschätzung der Komplexität des Wahlsystems aus. Gleichzeitig hat die Einschätzung des Wahlsystems als zu komplex Folgen. Eine hohe subjektive Komplexitätseinschätzung des Wahlsystems geht unter anderem einher mit einer geringeren Wahlteilnahme, niedrigerem Vertrauen in die zu wählende politische Institution und einer geringeren Zufriedenheit mit Demokratie.
Eric Linhart, Kristin Eichhorn
Wie wichtig sind die Aussagen lokalpolitischer Akteure für die Wahlentscheidung? Politische Sachfragen und Themensalienzen in der Kommunalpolitik
Zusammenfassung
Ist Kommunalpolitik Partei- oder Sachpolitik? Spielen politische Präferenzen und programmatisch-ideologische Vorstellungen bei den Entscheidungsprozessen auf lokaler Ebene eine Rolle? Die kommunalpolitische Forschung bejaht dies zunehmend und die Ansicht, dass es reine Sachentscheidungen gäbe, die nicht parteipolitisch aufgeladen wären, gerät immer mehr ins Hintertreffen. Inwieweit allerdings auch die Bürgerinnen und Bürger bei ihrer Wahlentscheidung die Aussagen politischer Parteien und anderer kommunaler Wählergruppierungen als wichtig erachten, blieb bisher in der kommunalpolitischen Forschung gänzlich unerforscht. Der vorliegende Beitrag untersucht anhand einer explorativen Analyse zu den Gemeinderatswahlen in Nordrhein-Westfalen 2020, Hessen 2021, Niedersachsen 2021 und Schleswig-Holstein 2023, welches Problem in der Kommune die Wählerinnen und Wähler als am wichtigsten eingeschätzt haben. Anschließend wird multivariat untersucht, welche Faktoren die Varianz zwischen Wählerinnen und Wählern in ihren Einschätzungen zur Wichtigkeit der Aussagen politischer Parteien oder Wählergruppen zu politischen Sachfragen für die eigene Wahlentscheidung erklären können. Es sind insbesondere zwei Faktoren, die hier einen Einfluss ausüben: Je wichtiger die Befragten die Kommunalpolitik an sich ansehen, und je größer ihr Interesse an lokaler Politik ist, desto wichtiger waren bei ihrer Wahlentscheidung auch die Aussagen der Parteien oder Wählergruppen zu politischen Sachfragen.
Martin Gross
Politisches Interesse und Institutionenvertrauen auf kommunaler und nationaler Ebene im Vergleich
Zusammenfassung
Der Beitrag untersucht, wie sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Kommunalwahlen in vier deutschen Bundesländern hinsichtlich ihres politischen Interesses und des Vertrauens in Institutionen unterscheiden. Dabei wird besonders auf die politischen Ebenen abgestellt, das heißt, die Unterscheidung zwischen dem allgemeinen politischen Interesse sowie dem spezifischen Interesse an Kommunalpolitik bzw. zwischen dem Vertrauen in nationale und kommunale Institutionen. Besonderes Augenmerk wird auf die Erklärung der Varianz von politischem Interesse und Institutionenvertrauen im Rahmen von multiplen Regressionsmodellen gelegt. Ein zentraler Befund ist, dass das Vertrauen in die lokalen politischen Institutionen nur leicht stärker ausgeprägt ist als das Vertrauen in die nationalen Institutionen. Die viel bemühte Nähe zwischen Politik und Bürgerinnen und Bürgern auf lokaler Ebene trägt also kaum dazu bei, dass sich stärkeres Vertrauen entwickelt. Es kann zudem gezeigt werden, dass die Parteiidentifikation unter den Befragten einen starken Anteil an der Erklärung der Varianz für politisches Interesse und politisches Vertrauen hat.
Björn Egner
Metadaten
Titel
Gemeinderatswahlen im deutschen Mehrebenensystem
herausgegeben von
Kerstin Völkl
Michael Jankowski
Copyright-Jahr
2025
Electronic ISBN
978-3-658-47548-2
Print ISBN
978-3-658-47547-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-47548-2