Auch Wasserstoffmotoren benötigen ein Gemischbildungssystem. Es gibt drei Hauptkonzepte für die Einblasung von Wasserstoff beim H2-Verbrennungsmotor. Die Konzepte im Überblick. (Update)
Wasserstoff- Verbrennungsmotoren eignen sich insbesondere für den Einsatz in mittelschweren und schweren Off-Road-Fahrzeugen, da sie einen kohlenstofffreien Energieträger mit der Zuverlässigkeit eines Verbrennungsmotors kombinieren können. Wie alle Verbrennungsmotoren benötigen auch Wasserstoffmotoren ein Gemischbildungssystem, also ein System zur Zumessung des Kraftstoffes, in diesem Fall Wasserstoffgas. Ansätze für die H2-Einblasung beim H2-Verbrennungsmotor sind folgende drei Konzepte: die Saugrohreinblasung (Multi oder Single Point Port Fuel Injection; PFI), die Niederdruck-Direkteinblasung (Low-pressure Direct Injection; LPDI) und die Hochdruck-Direkteinblasung (High-pressure Direct Injection; HPDI). Was sind die Vor- und Nachteile der Konzepte?
Äußere und innere Gemischbildung
Grundsätzlich kann eine Einteilung der Gemischbildungsverfahren anhand des Ortes beziehungsweise Zeitpunktes erfolgen, zu dem der Kraftstoff der Frischluft zugeführt wird, wie die Springer-Autoren um Dr. Manfred Klell im Buchkapitel Verbrennungsmotoren erklären. "Im Gegensatz zur äußeren Gemischbildung (H2‐AGB), bei der Wasserstoff in das Saugrohr des Motors eingebracht wird, erfolgt die Wasserstoffeinblasung bei innerer Gemischbildung (H2‐DI) direkt in den Brennraum des Motors", so die Autoren. Als kombinierte Verfahren werden Gemischbildungskonzepte bezeichnet, die aus einer Zusammensetzung der zuvor genannten Varianten bestehen.
Die äußere Gemischbildung lässt laut der Autoren eine weitere Unterteilung in kontinuierlich und sequenziell arbeitende Systeme zu. Bei Direkteinblasung lasse sich der Kraftstoff mit einem oder mehreren Pulsen pro Arbeitsspiel zuführen, wodurch sich signifikante Unterschiede in der Ladungszusammensetzung realisieren ließen, zum Beispiel die Einblasung eines Teils des Kraftstoffes während der laufenden Verbrennung (Verbrennungssteuerung).
Wasserstoff‐Betrieb mit äußerer Gemischbildung
Wie die Autoren um Klell weiter ausführen, liege der entscheidende Vorteil der äußeren Gemischbildung mit Wasserstoff bei Umgebungstemperatur in der Einfachheit des Systems sowie in den geringen erforderlichen Wasserstoff‐Versorgungsdrücken. Zur Einblasung in das Saugrohr genüge ein relativ geringer Druck, zum Beispiel eines Druckspeichers oder der Überdruck eines Kryotanks, der üblicherweise zwischen 0,5 und 5 bar liege. Unterschieden werden nach der Dauer der Einblasung die kontinuierliche Gemischbildung, bei der Wasserstoff während des gesamten Arbeitsspieles eingeblasen wird, und die sequenzielle Einblasung, die zylinderindividuell, idealerweise saugsynchron erfolge.
Jedoch habe die Einbringung von Wasserstoff mit Umgebungstemperatur in das Saugsystem des Motors auch erhebliche Nachteile. "Aufgrund der geringen Dichte von Wasserstoff im Vergleich zu konventionellen, flüssigen Kraftstoffen wird ein Teil der angesaugten Frischluft verdrängt. Dadurch sinkt der Gemischheizwert im Wasserstoffbetrieb mit äußerer Gemischbildung (HG = 3,2 MJ/m3) erheblich gegenüber Benzinbetrieb", so Klell et al.. Bei stöchiometrischem Gemisch resultiere hieraus bei ansonsten gleichen Bedingungen ein Leistungsnachteil von circa 17 %. Mit kryogener Saugrohreinspritzung sei die Leistung auf dem Niveau der Direkteinblasung und etwa 15 % höher als beim Betrieb mit Benzin. Weitere Herausforderung: Das Vorhandensein von zündfähigem Wasserstoff‐Luft‐Gemisch außerhalb des Brennraumes kann zum Auftreten von Rückzündungen führen.
Innere Gemischbildung: Wasserstoff‐Direkteinblasung
Bei innerer Gemischbildung wird der Kraftstoff direkt in den jeweiligen Zylinder eingeblasen, erklären die Autoren um Klell. "Eine Unterteilung der Gemischbildungskonzepte mit direkter Wasserstoffeinblasung kann zum einen anhand der Pulsanzahl pro Arbeitsspiel (Einfach‑/Mehrfacheinblasung) und zum anderen anhand des Einblasezeitpunktes erfolgen", heißt es. Bei letzterem unterscheide man Konzepte mit relativ homogener Ladungszusammensetzung (frühe Einblasung im Bereich Einlass, schließt aber auch früher) und geschichteter Ladungszusammensetzung (späte Einblasung). Nur hoher Gasdruck erlaubt späte Einblasung im Verdichtungstakt. Gehe man von einer Einblasung nach Schließen der Einlassventile aus, so könne das Auftreten von Rückzündungen ausgeschlossen werden.
Ein weiterer Vorteil der inneren Gemischbildung liege laut der Autoren in der erreichbaren Leistungsdichte. Da ein Luftverdrängungseffekt im Saugrohr unterbunden wird, liege der Gemischheizwert im stöchiometrischen Betrieb circa 42 % höher als bei äußerer Wasserstoffzuführung.
H2-Verbrennungskonzepte im Überblick
Zusammengefasst lassen sich die drei Hauptkonzepte für die H2-Einblasung – PFI, LPDI und HPDI – wie folgt darstellen: So sind die Hauptmerkmale der Wasserstoffverbrennung nach Angabe des Baumaschinenherstellers Liebherr, der H2-Einblassysteme für Heavy-Duty-Motoren entwickelt, diese:
| Fremdzündung, | Fremdzündung, vorgemischte Verbrennung | Selbstzündung, |
| PFI | LPDI | HPDI |
H2-Einblasdruck | ≤ 15 bar | ≤ 60 bar | 250 - 350 bar |
Gemischheizwert | 3 - 3,2 MJ/m3 | 4,2 - 4,5 MJ/m3 | > 4,5 MJ/m3 |
Leistungsdichte | -20 bis -30 % im Vergleich zu Diesel | -10 bis 0 % im Vergleich zu Diesel | Vergleichbar zu Diesel |
Effizienz | ~ 42 % | ~ 42 % | > 45 % |
Rückzündungsrisiko | Hoch | Niedrig | Kein Risiko |
H2-Speicherung und Tanknutzbarkeit | Alle H2-Gastanks sind nutzbar (350 - 700 bar). Dank niedriger Einblasdrücke gute Nutzbarkeit des Tankvolumens. Einblasdrücke sind aber zu hoch für die unmittelbare Nutzung von Flüssigtanks (LH2). | Alle H2-Gastanks sind nutzbar (350 - 700 bar). Höhere Einblasdrücke führen zu einer weniger effektiven Nutzung des Tankvolumens. Geringere Reichweite im Vergleich zu PFI. | Gasförmige Speicherung ist möglich. Aufgrund der hohen Einblasdrücke wird aber bereits nach kurzer Tanknutzung eine Verdichtung des Gases notwendig. Daher ist die gasförmige Speicherung als ineffizient für HPDI anzusehen. Bei Flüssigspeicherung (LH2) ermöglicht eine kryogene Pumpe eine effizientere Verdichtung. Insgesamt höchste Anforderungen an die H2-Speicherung. |
Kraftstoffsystemaufwand | Niedrig (basierend auf bestehender CNG-Technologie) | Mittel (neue Injektorkonzepte und komplexe H2-Druckregelung) | Hoch (neue Injektorkonzepte, komplexe H2-Druckregelung und -Druckerzeugung) |
Hauptmerkmale der Wasserstoffverbrennung (© Liebherr)
Wie Liebherr darlegt, seien Motortests zu dem Ergebnis gekommen, dass der Wirkungsgrad eines Ottomotors mit vorgemischter Verbrennung bei PFI und Direkteinblasung (DI) auf dem gleichen Niveau liege. "Intuitiv würde man erwarten, dass DI, dank einer besseren Zylinderfüllung in Kombination mit einem optimierten Verbrennungszeitpunkt, zu einem höheren Wirkungsgrad im Vergleich zu PFI führt. Diese Vorteile werden jedoch durch höhere Wandwärmeverluste und Gaswechselarbeit kompensiert", so Liebherr. Allerdings werde bei PFI ein höherer Ladedruck benötigt, um die H2-bedingte Luftverdrängung im Ansaugkrümmer zu kompensieren. Bei gleichem Ladeluftdruck führe DI zu einem höheren Wirkungsgrad und einem höheren Drehmoment bei Volllast. Lieber resümiert: "Auch wenn die derzeitigen Ergebnisse zum Wirkungsgrad mit H2-DI noch nicht ihr volles Potenzial zeigen, bleibt ein wesentlicher Vorteil von DI gegenüber PFI: Die maximale Leistungsdichte bei gleichem Ladedruck ist bei DI höher als bei PFI".
LPDI-System für gasförmige Kraftstoffe
Für einige Forscher ist die LPDI der vielversprechendste Ansatz. So hat zum Beispiel das Technologie Lizenz-Büro (TLB) der Baden-Württembergischen Hochschulen GmbH einen Injektor entwickelt, der das Gaseinblasesystem für Verbrennungsmotoren effizienter machen soll. Durch eine spezielle Steuerung habe man das Drehmoment um 20 % steigern können. Das System eigne sich vor allem für große Motoren wie beispielsweise solche von schweren Nutzfahrzeugen, Baumaschinen oder Lokomotiven.