Die tiefe Geothermie ist, wenngleich die Potenziale in Deutschland auf wenige Regionen begrenzt sind, für die Wärmewende unerlässlich. Ein Untertage-Forschungslabor soll deren Ergründung vorantreiben.
2030 soll die Hälfte der Wärme, die in Kommunen benötigt wird, aus regenerativen Quellen kommen. Eine der dafür in Frage kommenden Regionen wäre die südliche Schwäbische Alb. "Besonders in diesem Gebiet mit teilweise kälterem Klima aufgrund der Höhenlage und somit erhöhten Heizanforderungen ist die Geothermienutzung ohnehin in der Region eine hervorragende Wärmequelle, zudem begünstigt durch erhöhte Untergrundtemperaturen", beschreiben dies die Springer-Vieweg-Autoren Simone Walker-Hertkorn und Florian Schwinghammer in ihrem Buchkapitel Beheizung einer Lager- und Montagehalle mit Erdwärme ohne Wärmepumpe auf Seite 634.
Auch bei der Geothermie geht es um Effizienz bei Förderung, Nutzung und Verteilung, gerade weil die Potenziale sich in Deutschland nur auf die drei Regionen Süddeutsches Melassebecken (Oberbayern), Oberrheingraben inklusive Schwarzwald und Teile der Schwäbischen Alb sowie Norddeutsche Tiefebene erstrecken. Wie wichtig diese Potenziale sind, wird klar, wenn man den derzeitigen Status quo betrachtet: Bisher sind nur 15 Prozent der Wärme regenerativ – und das fast ausschließlich durch Biomasse in fester Form, also Holz.
Forschung direkt unter Tage
Eine gemeinsame Roadmap von Einrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft, darunter das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), und der Fraunhofer-Gesellschaft will das Marktpotenzial aufzeigen und geht von Ausbauzielen der tiefen Geothermie aus, mit denen mehr als ein Viertel des jährlichen deutschen Wärmebedarfes mit über 300 TWh gedeckt werden kann. Dazu gehört auch die Forschung unter Tage. Hier liegt der Schwerpunkt auf thermalwasserführenden Gesteinen zwischen 400 und 5.000 Metern in der Tiefe, wo die Wassertemperaturen 15 bis 180 °C betragen können.
"Die Anwendung und Entwicklung modernster Monitoring- und Analysewerkzeuge im künftigen Untertage-Forschungslabor GeoLaB werden die Erkenntnisse liefern, die für eine sichere und ökologisch nachhaltige Nutzung der Geothermie und weiterer unterirdischer Ressourcen von großer Bedeutung sind. Ganz wesentlich ist dabei auch die transparente Interaktion mit der Öffentlichkeit und den Entscheidungsträgern", erläutert Thomas Kohl vom Institut für Angewandte Geowissenschaften des KIT.
Solche Untertage-Forschungslabore sollen das grundlegende physikalisch-chemisch-biologische Verständnis für Standorte mit ähnlichen geologischen Eigenschaften beleuchten. "Wir setzen unsere Forschungsergebnisse in angewandten, industriellen und demonstrativen Vorhaben um und zeigen damit der Gesellschaft die sichere und großmaßstäbliche Anwendbarkeit geothermaler Energiebereitstellung", sagt Ingo Sass, Leiter der Sektion Geoenergie am Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ).
Fünf Handlungsempfehlungen für Realisierung
Die Roadmap selbst soll Handlungsempfehlungen geben, um das Potenzial der Geothermie für eine klimaneutrale Wärmeversorgung umzusetzen. Dazu gehören klare Ausbauziele, die auf allen Ebenen formuliert werden müssen; ein Risikoausgleich für Unternehmen und Kommunen, da diese die wirtschaftlichen Risiken wie die Exploration von tiefer Geothermie nur begrenzt tragen können sowie eine Investition in Schlüsseltechnologien wie Bohrverfahren, Reservoirmanagement, Bohrlochwasserpumpen, Hochtemperatur-Wärmepumpen, Großwärmespeicher, transkommunale Verbundwärmenetze und sektorübergreifende Systemintegration, damit die Systeme in der Breite ausgerollt werden können.
Auch die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften sowie der Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern gehört dazu. Gerade letzteres ist wichtig, weil die tiefen Bohrungen auch mit Risiken behaftet sind. Gerade über diese Risiken existieren in der Bevölkerung häufig aufgrund weniger Negativ-Beispiele, so in Staufen im Schwarzwald oder in Basel in der Schweiz, nur Vorurteile, die in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Gefahren stehen.
"Geothermie zapft das schier unendliche Wärmereservoir der Erde an. Nur die Bohrung an sich ist riskant. [...] Ist die Bohrung gelungen, ist Geothermie nicht nur aus wirtschaftlicher, sondern auch aus ökologischer Sicht sehr positiv zu bewerten. [...] Ein weiterer großer Vorteil der geothermischen Energie ist ihre Grundlastfähigkeit: Ihre Verfügbarkeit unterliegt keinerlei Schwankungen", fasst Springer-Autor Lars Jaeger in seinem Buchkapitel Der Weg des regenerativen Stroms auf Seite 141 zusammen.