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07.01.2020 | Gesamtbanksteuerung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Regulatorik belastet kleine Banken unverhältnismäßig stark

verfasst von: Barbara Bocks

3 Min. Lesedauer

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Alle Kreditinstitute müssen viel Zeit und Personal investieren, um den regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden. Vor allem für kleinere Banken ist dieser Aufwand oft sehr hoch. Experten bauen daher auf eine Entlastung durch die Politik. 

Ob PSD2, CRRII, CRD5, MiFid, BAIT oder Basel IV: Kreditinstitute in Deutschland müssen aktuell und in den kommenden Jahren etliche Regulierungsvorschriften umsetzen. Die Baseler Eigenkapitalregeln werden dafür sorgen, dass europäische Banken zwischen 400 und 500 Milliarden Euro mehr an Eigenkapital vorhalten müssen. Das hat ein Team des Beratungshauses Copenhagen Economics in einer Studie berechnet, die im November 2019 veröffentlicht wurde.

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Regulierung des Finanzsektors

Die im Jahr 2007 ausgebrochene Finanzkrise hat fast zum Kollaps des weltweiten Finanz- und Wirtschaftssystems geführt. Eine breit akzeptierte Lehre dieser Krise ist die Einsicht, dass der Finanzsektor einer strikteren Regulierung bedarf und dass diese bis in die Krise hinein ungenügend war.

Vorschriften erschweren den Alltag in kleinen Banken

Auch die europäische Aufsicht EBA rechnet damit, dass Geldinstitute in Europa bis zum Jahr 2027 25 Prozent mehr Eigenkapital beziehungsweise 135 Milliarden Euro benötigen. "Wie die Auswirkungsstudie der EBA vom Sommer 2019 zeigt, sind vor allem große, global agierende europäische Banken von Basel IV von einer höheren Kapitalunterlegung betroffen als kleinere Institute", sagt Gerhard Schröck, Partner bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte, gegenüber springerprofessional.de. 

Neben dem tatsächlichen Kapitalbedarf ist es gerade im Alltag für kleinere Banken schwieriger, die komplexen Vorschriften umzusetzen. "Wenn ein kleines Institut mit einem kleinen Team die annähernd gleichen Regeln umsetzen muss wie ein global tätiges Institut mit einem großen Team, dürfte die relative Belastung für kleine Häuser größer sein", sagt Schröck. Aber im Hinblick auf eine CRR III zur Umsetzung von Basel IV schließt Schröck wegen der zunehmenden Bedeutung des Themas Proportionalität nicht aus, "dass es hier eher zu Entlastungen für kleinere Banken in Form von Öffnungsklauseln kommt".

Entlastungen bei Meldewesen

"Für kleinere Banken gibt es durch das Proportionalitätsprinzip vereinzelt Entlastungen bei regulatorischen Themen, wie im Bereich der Offenlegung und des Meldewesens", sagt auch Martin-Johannes Bierbaum, Gruppenleiter Aufsichtsrechtliche Grundsatzfragen bei der DZ Bank, gegenüber springerprofessional.de. Konkret gibt es laut Bierbaum zum Beispiel Ausnahmen von Offenlegungspflichten, eine Reduzierung der Granularität der Meldepflichten und eine vereinfachte Form der strukturellen Liquiditätsquoten (NSFR).

Dennoch haben Umfang und Tiefe der Regulierung in den Bereichen Risk und Kapital erhebliche Auswirkungen insbesondere auf kleinere Bankhäuser, wie die Raisin Bank", sagt Andreas Wolf, Chief Commercial Officer der Raisin Bank, gegenüber springerprofessional.de. 

Kleine Institute werden aus Wolfs Sicht überverhältnismäßig stark belastet. Nicht nur im Vergleich zu Amerika, auch im Vergleich zu Europa unterscheiden sich die Regulierungsvorschriften. "Bei einigen Themen wie den Regulierungen im Bereich Geldwäsche gibt es zum Teil deutlich unterschiedliche Marktbedingungen in Europa", meint der Experte. Der erfolgreiche Markteintritt paneuropäischer Geschäftsmodelle werde dadurch sehr abhängig von der lizenzierenden Behörde. "In Folge der Dienstleistungsfreiheit innerhalb Europas (Passporting) droht hier ein Standortnachteil für deutsche Institute", so Wolf weiter. Die EU und die Bundesregierung sollen daher aus Wolfs Sicht, auf europäischer Ebene vereinheitlichte Standards erwirken.

Bankenabwicklung funktioniert bisher

Gerade beim Thema geordnete Abwicklung von maroden Banken hat die Bankenregulierung in Europa aber durchaus ihre Berechtigung. Aus Sicht von Thomas Schädle, Interim-Management & Consulting, sind "die bisher geschaffenen Mechanismen im Falle einer Bankenschieflage sinnhaft und auskömmlich", heißt es in der Titelgeschichte der Dezember-Ausgabe des Bankmagazin "Wenn Institute in Schieflage geraten" (Seite 13).  

Und das Beispiel der Düsseldorfer Hypothekenbank zeigt aus Sicht der Springer-Autorinnen Anja Kühner und Carmen Mausbach, dass marode Geldhäuser auch vergleichsweise lautlos aus dem Markt ausscheiden können. Bei der Bank handelte es sich aus Sicht der Autorinnen allerdings um ein relativ kleines Institut. Was passieren würde, wenn ein größeres Geldhaus hierzulande in Schieflage geriete, lasse sich nur erahnen.

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