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21.08.2017 | Gesundheitsmanagement | Schwerpunkt | Online-Artikel

Mittagessen ist nicht Pause machen

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

4 Min. Lesedauer

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Gut erholt aus der Pause? Die Arbeitnehmer denen das gelingt, lassen sich einer Studie zufolge an einer Hand abzählen. Dass Betriebliches Gesundheitsmanagement nun Bewegung in die Pausenkultur bringen will, ist weit mehr als ein Marketingtool.

Bei Bertelsmann wird in der Pause gemeinsam gedehnt, bei Otto getanzt und am Forschungszentrum Jülich gemeinsam gejoggt. Yoga, Meditation und Powernapping ersetzen andernorts das mittägliche Bugsieren von Essenstabletts durch die Kantine oder den Kollegenplausch in der Raucherecke. Ja, muss denn jetzt sogar noch die Pause optimiert werden, bestöhnte kürzlich die "Süddeutsche Zeitung" den Trend zur aktiven Pause, nicht ohne die Antwort - ja, sie muss - nachzuliefern. Noch gehören derlei Programme, die im Betrieblichen Gesundheitsmanagement von Unternehmen hier und dort aufkeimen und allerlei misstrauisch stimmende Blüten treiben zu den Ausnahmeerscheinungen. 

Mit der Pausenkultur der deutschen Arbeitnehmer verhält es sich nämlich nach wie vor dienstbeflissen und vorschriftsmäßig: 30 Minuten in acht Stunden, zum Essen genutzt. "Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, die sich über Arbeit in getaner Zeit definiert. Eine Output-Gesellschaft, die zu wenig über den Input nachdenkt", zitiert die Süddeutsche den Psychologen Louis Lewitan. Aber der Mensch sei keine Funktionseinheit. Wer richtig zu pausieren versteht, wird regelrecht energetisiert, erfrischt Geist wie Körper und steigert seine Leistungsfähigkeit über die Arbeitszeit hinaus, weiß die Initiative Gesundheit und Arbeit (IGA). Was es dazu braucht: Nahrung, Bewegung und Distanz zum Job.

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Erholung ist die Ausnahme

Zwar kommt die Pausenkultur in Deutschland allmählich in Bewegung, doch vom Ideal ist sie noch ein gutes Stück entfernt. In einer Onlinebefragung unter 323 Beschäftigten, darunter 82 Prozent fest angestellt, der Rest freiberuflich tätig, stellte die IGA nichts als "Alte Rezepte für neue Arbeitswelten" fest". Dauer und Häufigkeit von Pausen sind überwiegend entlang der gesetzlichen Vorgaben geregelt. Knapp 79 Prozent der Befragten gehen täglich einmal in die Pause. Die dauert durchschnittlich 32,6 Minuten. Nur 18,3 Prozent ist eine zweite Pause vergönnt. Klar, dass Arbeitnehmer sich das mittlerweile ganz anders vorstellen, denn wirklich erholen können sich in der Pause gerade einmal 3,8 Prozent, knapp der Hälfte hingegen gelingt das nie.

Die Digitalisierung hat Arbeit wissensintensiver gemacht. Nicht mehr die Hand, sondern der Kopf ist gefordert. Hinzu kommt, dass Arbeit inzwischen mehr der Sinnstiftung denn der Existenzsicherung dient. "Jahrtausende lang hadern Menschen mit den Grenzen ihrer physischen Kräfte. Im 21. Jahrhundert werden sie mit den Grenzen ihrer psychischen Kräfte konfrontiert", schreibt Springer-Autor Bernhard Badura über "Arbeit und Gesundheit im 21. Jahrhundert" (Seite 5). Psychogene Störungen häufen sich, hervorgerufen durch die permanente Nicht-Beachtung der eignen Grenzen am Arbeitsplatz, durch übertriebenen Präsentismus. Schafstörungen, Verspannungen, Angstzustände, Erschöpfung, Schmerzen - die Liste ist lang. Fängt Prävention also in der Pause an?

Bewegt in die Pause

Geht es nach der Arbeitnehmern, müssten an ihr - auch ganz ohne Bewegungsangebote - sämtliche die Schrauben neu justiert werden. In der IGA-Befragung wünschten sie sich vor allem, ihren Pausen flexibler und individueller gestalten zu dürfen. Arbeitnehmer ohne Führungsposition würden gerne 2,4-mal am Tag pausieren dürfen. Führungskräfte kämen im Schnitt mit zwei Pausen aus. In den Anmerkungen wurde wiederholt eine kürzere Frühstückspause (10-15 Minuten), eine längere Mittagspause (20-60 Minuten) und mehrere Kurzpausen angeregt. Die erste Pause sollte nach drei Stunden Arbeitszeit eingelegt werden, die längere Pause nach Ansicht der meisten Befragten (29,6 Prozent) 30 Minuten dauern. Und wie es sich in dieser Zeit bestens erholen lässt? Dazu, so die Experten muss sich bewegt werden!

Denn auch das hat die Umfrage gezeigt: Beschäftigte können sich umsomehr erholen, je mehr sich sich in der Pause bewegen. Die Arbeitsgemeinschaft gibt ihnen deshalb folgende Tipps mit in die Pause:

  • eigenes Bewusstsein über den Körper schärfen
  • Bewegung in die Pause einbauen
  • bewusst und pausengerecht ernähren
  • frische Luft oder Entspannungsinsel nutzen
  • Nickerchen nutzen
  • Entspannungstechniken ausprobieren, lernen und aktiv anwenden 
  • Erholungsphasen einplanen und in die tägliche Zeitplanung aufnehmen 
  • Selbstmanagement lernen und üben
  • eigenen Umgang mit Smartphone und Co regelmäßig reflektieren

Das alles funktioniert aber nur, wenn Top-Tipp Nummer eins beachtet wird: Distanz halten zum Schreibtisch mit seinen Aufgaben, nicht nur körperlich, auch mental. Mehr noch als die Nahrungsaufnahme halten Spaziergänge oder Pausensport den Job auf Abstand. Weil während der körperlichen Anstrengung, "die kognitive Ressourcenbeanspruchung zugunsten der motorischen Tätigkeit verschoben wird", wie Springer-Autor André Scholz die Vorteile von Bewegung im Arbeitsalltag erklärt (Seite 218). Schon kleine Bewegungsrituale lohnen sich: Die vorangegangene Arbeit wird kompensiert, Stress deaktiviert und in der Gruppe das soziale Miteinander gestärkt. Übrigens, wenn der Arbeitgeber weder Tischtennisplatte noch Yogakurs im Angebot hat, hilft es schon, Fahrstuhl und Rolltreppe zu umgehen und die Kantine über täglich neue Umwege zu erreichen. 

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