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28.09.2021 | Gesundheitsprävention | Gastbeitrag | Online-Artikel

Corona-Pandemie verstärkt Suchtprobleme im Betrieb

verfasst von: Marc Panke

4 Min. Lesedauer

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Die Corona-Pandemie sorgt für Stress und Verunsicherungen. Wie eine Studie zeigt, greifen viele Beschäftigte vermehrt zu Alltagsdrogen wie Koffein, Nikotin oder Alkohol. Für eine gute Suchtprävention ist es wichtig, Mitarbeitende rechtzeitig mit vorbeugenden Angeboten aufzufangen. 

Angestellte in Führungspositionen oder in besonders stressigen Berufen sind Druck gewöhnt. Durch die Corona-Krise kamen aber neue private und berufliche Probleme hinzu. 58 Prozent bekennen sich nach einer repräsentativen Studie der Pronova BKK zu großen Sorgen wegen der Pandemie. Auch die Digitalisierung sorgt für Angst um den Arbeitsplatz. Diese erhöht nicht nur die Belastung, sondern kann direkt süchtig machen. Schlaflosigkeit und Nervosität sind weitere Konsequenzen.

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Höherer Konsum von Koffein und Nikotin

Diese Ängste treiben den Konsum bestimmter Suchtmittel. So konsumieren 16 Prozent der Menschen seit Krisenbeginn mehr Koffein. Bereits vorher griffen 83 Prozent mindestens einmal pro Woche zu Kaffee oder Energydrinks. Der Wachmacher gibt ihnen in der Corona-Krise das Gefühl, den Alltag etwa im Homeoffice besser meistern zu können. Darüber hinaus haben zehn Prozent der Befragten ihren Alkoholkonsum gesteigert. 16 Prozent geben zu, dass Wein, Bier oder Schnaps helfen, Sorgen auszublenden und die Stimmung zu verbessern. Auch Nikotin ist ein beliebtes Mittel zum Stressabbau. Durch Corona hat der Konsum bei acht Prozent der Deutschen zugenommen.

Alkohol nehmen viele als harmlos wahr

Alkohol ist nach Koffein das beliebteste Suchtmittel der Deutschen, 40 Prozent der Befragten konsumieren einmal wöchentlich alkoholische Getränke. Das gilt besonders für Akademiker. So trinkt jeder zweite Uni-Absolvent mindestens einmal pro Woche. Unter Menschen mit höchstens einem Hauptschulabschluss ist es nur jeder Vierte. An dritter Stelle steht Nikotin. 34 Prozent der Deutschen rauchen mindestens einmal pro Woche. Zugenommen hat seit 2017 die Einnahme von medizinisch nicht notwendigen Medikamenten – von sechs Prozent auf zehn Prozent einmal wöchentlich oder öfter.

Die Studie zeigt auch, dass der Alkoholkonsum gerne unterschätzt wird. So ist jeder vierte Deutsche der Meinung, dass mehr als zwei Gläser Bier pro Tag für Männer gesundheitlich unbedenklich seien. Und 31 Prozent gehen davon aus, dass mehr als ein Glas Bier pro Tag für Frauen keine gesundheitlichen Probleme verursacht. Doch das ist ein Irrtum. Eine schädliche Wirkung auf die Leber tritt bei Männern bereits ab einem großen Bier am Tag ein. Bei Frauen wird zu maximal einem Glas Wein pro Tag geraten.

Trading-Apps und Internetnutzung als Suchtfaktoren

Auch Trading-Apps boomen während der Corona-Pandemie in Deutschland. Laut einer Auswertung des Start-ups Adjust ist die Installation entsprechender Applikationen in Deutschland im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 um 140 Prozent gestiegen. Viele Nutzer könnten zunächst die Risiken nicht abschätzen und selbst später, wenn sie diese erkennen, überwiegt der Reiz durch den Kick, damit schnelle Gewinne erzielen zu können. Ähnlich funktionieren viele PC- und Konsolen-Spiele, indem sie ein klassisches Suchtverhalten triggern, dass dazu führt, dass Nutzer ständig in ihre Depots prüfen oder das nächste Level erreichen müssen.

Suchtprävention für Mitarbeitende

Mitarbeitende direkt auf einen problematischen Suchtmittelkonsum anzusprechen ist selbstverständlich tabu. Diesen überhaupt zu erkennen, fällt den Betroffenen selbst schwer – und Führungskräften erst recht. Der wichtigste Baustein ist daher die Gesundheitsprävention, damit es erst gar nicht so weit kommt. Dabei spielt etwa Stressmanagement eine Rolle, damit der Druck ein anderes Ventil erhält. Entspannungsübungen, Atemübungen oder Yoga können helfen. 

Auch Führungskräfte und Personalmanager sind in der Verantwortung, den beruflichen Stress zu reduzieren und Mitarbeitenden die Angst vor Jobverlust oder den Druck durch gezielte Kommunikation zu nehmen. Ein festgelegtes Alkohol- und Rauchverbot im Betrieb ist eine weitere wichtige Präventionsmaßnahme.

Angebote im Gesundheits- und Arbeitsschutz machen

Manche Betroffene erkennen ihre Lage rechtzeitig selbst. Wie die Studie zeigt, sehen viele das eigene Suchtproblem durchaus kommen: 43 Prozent der Befragten vermuten, dass ihnen eine gute Freundin oder ein guter Freund eine mittlere bis starke Suchtgefährdung bescheinigen würde. In derartigen Fällen kann der Arbeitgeber die Mitarbeitenden unterstützen und im Intranet und allen betrieblichen Medien ein kontinuierliches Angebot an Gesundheits- und Arbeitsschutz bereitstellen, das auch niedrigschwellige Unterstützungsangebote bereithält. 

Eines davon ist das "SKOLL-Selbstkontrolltraining": In zehn Wochen werden die Teilnehmenden nachweislich befähigt, ihren Konsum zu stabilisieren, zu reduzieren und im Idealfall aufzugeben. Das Spezialangebot für Alkohol und Rauchen wurde von den Krankenkassen als suchtpräventives Programm zertifiziert. Speziell für Menschen mit einem problematischen Alkoholkonsum ist das Online-Training "Clever weniger trinken" geeignet. 

Fazit: Unternehmen können ihren Mitarbeitern bei beginnendem Suchtverhalten helfen. Wichtig dabei sind die Anonymität sowie der niedrigschwellige Ansatz. Statt Strafe sind Anreize und Angebote zur Selbstreflektion weit effektiver. Diese verpuffen aber, wenn Unternehmenskultur und -struktur Süchte begünstigen.

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