Das deutsche Gesundheitssystem wurde in den vergangenen 20 Jahren durch zahlreiche, teilweise tiefgreifende Reformen geprägt. Der vorliegende Beitrag untersucht auf Basis der Theorie öffentlichen Vertrauens, wie die Medien über 18 zentrale Reformen der Kranken- und Pflegeversicherung berichteten und inwiefern sie dabei vertrauensrelevante Aspekte wie Vertrauensfaktoren oder Diskrepanzen thematisierten. Die Ergebnisse zeigen, dass nicht nur die Reformen, sondern auch die dafür verantwortlichen politischen Akteure, insbesondere Bundesgesundheitsminister und Bundesregierung, fast konstant negativ eingeschätzt werden. Dabei stehen vor allem die Fach- und Problemlösungskompetenzen der Politiker in der Kritik. Die Journalisten berücksichtigen vornehmlich die Positionen von Opposition, Ärzteschaft und Krankenkassen. Patienten hingegen sind nur äußerst selten Bestandteil der Berichterstattung.
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Auch Studien der Rezeptions- und Wirkungsforschung setzen sich im weiteren Sinne mit dem Phänomen Vertrauen auseinander (vgl. Wolling 1999; Maurer 2003; Matthes 2007).
Bei PR-Praktiker-Theorien handelt es sich um „Konzepte und systematisierende Erklärungen von PR-Arbeit (…), welche Berufsangehörige in reflektierender Auseinandersetzung mit ihrer praktischen Arbeit formuliert haben“ (Kunczik und Szyszka 2008, S. 110). Beispielsweise nutzen Bernays (2011), Hundhausen (1951) und Oeckl (1964, 1988) den Vertrauensbegriff.
Kommunikationsverantwortliche in Deutschland und Europa bestätigen in verschiedenen Berufsfeldstudien, dass der Aufbau und Erhalt von Vertrauen ein relevantes Thema ist (vgl. Zerfaß et al. 2011; Bentele et al. 2012). Empirisch-theoretisch untersuchen Löhn und Röttger (2009) das Vertrauen zwischen Unternehmen und ihren externen PR-Beratern.
Bentele (1994, S. 148) unterscheidet sechs Diskrepanztypen, wie z. B. Diskrepanzen zwischen Aussagen und bestehendem Sachverhalt (Lüge, beschönigende Informationen), Diskrepanzen zwischen verbalen Aussagen und Handeln, Diskrepanzen zwischen Handlungen und Gesetzen/Normen, Diskrepanzen zwischen Aussagen eines Akteurs zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
Die nachfolgenden Daten sind das Ergebnis einer Teilauswertung einer Studie zur gesundheitspolitischen und gesundheitswirtschaftlichen Darstellung des Gesundheitssystems in der Medienberichterstattung (vgl. Grünberg 2014).
Aus forschungsökonomischen Überlegungen erfolgte eine Fokussierung auf die klassischen gedruckten Medien, da der Zugriff auf Zeitungen und Zeitschriften weniger zeit- und kostenintensiv ist als der auf Fernseh- oder Radiosendungen. Durch die Beschränkung auf Printmedien werden andere relevante mediale Einflussquellen, insbesondere visuelle Nachrichtenangebote, aus der Analyse ausgeschlossen. Dieses Vorgehen geschieht bewusst, muss allerdings bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden.
Zu den Intra-Akteurs-Diskrepanzen zählen widersprüchliche Aussagen einer Organisation (bspw. innerhalb der Bundesregierung oder innerhalb einer Partei) sowie Widersprüche zwischen Aussagen und Handlungen, Aussagen und Sachverhalten, Handlungen und Gesetzen sowie Aussagen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Inter-Akteurs-Diskrepanzen bezeichnen Widersprüche zwischen unterschiedlichen Akteuren.
Enthält die Überschrift keine Tendenz, wird „neutral“ codiert. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn bei (in erster Linie) kleinen Artikeln nur ein Wort wie „Gesundheit“ (BILD, 22.11.1999) oder „Medikamente“ (BILD, 01.12.1998) die Überschrift bildet oder eine neutrale Beschreibung stattfindet wie „Erste Bundestagssitzung des neuen Jahres“ (SäZ, 17.01.2007).