Die nationale und internationale Forschung zum Thema Mikroplastik konzentrierte sich bisher auf die Untersuchung von Plastikmüll in marinen Ökosystemen. Die Belastung von Flüssen und Seen mit Kunststoffpartikeln unter fünf Millimeter und deren mögliche Auswirkungen auf die dort lebende Tier- und Pflanzenwelt sind daher bislang weitgehend unbekannt. Erste Studien an europäischen Binnengewässern zeigten jedoch, dass Mikroplastik auch dort nachweisbar ist.
Bei Untersuchungen von Stränden am Gardasee konnten sogar ähnlich hohe Konzentrationen von Plastikteilchen wie in marinen Sedimenten gemessen werden. Im Genfer See und anderen Schweizer Seen wurde ebenfalls Mikroplastik gefunden, sowohl in Ufersedimenten als auch an der Wasseroberfläche. Allerdings sind die Ergebnisse der wenigen bislang abgeschlossenen Untersuchungen von europäischen Binnengewässern nicht immer miteinander vergleichbar.
In Mini-Schritten zum Plastik-Monitoring
Die großes öffentliches und mediales Aufsehen erregenden Befunde in einer der beliebtesten Urlaubsregionen Europas entzündeten 2013 auch eine Fachdiskussion über (Mikro-)Plastik in deutschen Binnengewässern. Nach einem ersten nationalen Workshop im Sommer 2014 wurden in fünf Bundesländern dazu erste Forschungsprojekte unterschiedlicher Größenordnung ins Leben gerufen. Seit der vom Umweltbundesamt erstmals organisierten "European Conference on Plastics on Freshwater Environments" im Juni 2016 liegt nun ein Überblick aus 14 Bundesländern über die behördlichen Monitoring-Aktivitäten zu Plastik in deutschen Flüssen und Seen vor. Zentrale Ergebnisse der Umfrage:
- Es gibt bundesweit keine Daten über flussgebundene Plastikeinträge in marine Ökosysteme.
- Bislang wird Mikroplastik in Binnengewässern lediglich in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sowie, in einem kleineren Umfang, in Rheinland-Pfalz und Hessen untersucht.
- Nur Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen haben bisher Untersuchungen über potenzielle Mikroplastik-Einträge über Kläranlagen gefördert.
- Bayern, Nordrhein-Westfalen und das Saarland beabsichtigen weitere Studien zum Auftreten von Plastik in Binnengewässern. Bayern und Nordrhein-Westfalen untersuchen bereits Plastikabfälle in Flüssen, Seen und Kläranlagen.
- Nur Bayern betreibt systematische Forschung über mögliche Auswirkungen von Mikroplastik auf Lebewesen.
Ansatzpunkte gegen Plastikmüll in Binnengewässern
Mögliche Maßnahmen zur Reduzierung des Plastikaufkommens in Binnengewässern werden laut der Umfrage in fast allen Bundesländern diskutiert. Ein Problem: Wie die Erhebung ebenfalls aufzeigt, gibt es in Deutschland aktuell keine verlässlichen Anhaltspunkte über diffuse Quellen und Eintragspfade für Plastik in Binnengewässer. Wie die Zeitschriftentitel-Autoren Marco Breitbarth und Arnd I. Urban im Aufsatz "Abfälle in deutschen Fließgewässern" nachweisen, ist das Littering von Verpackungen in Gewässerrandstreifen und den dran angrenzenden Flächen offenbar die häufigste Ursache von diffusen Abfalleinträgen in Fließgewässer. Im Rahmen ihrer Untersuchung haben die zwei Wissenschaftler erstmals ein allgemeines Stoffstrommodell mit den häufigsten Ein- und Austragspfaden von Makroabfällen in Bäche und Flüsse entwickelt. Am Beispiel der Ahne in Nordhessen wurde das Modell erprobt und mit qualitativen und quantitativen Messdaten hinterlegt.