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14.03.2016 | Gewässerschutz | Interview | Online-Artikel

"Maßnahmen an der Quelle sind ganz klar die effektivsten"

verfasst von: Günter Knackfuß

3 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Prof. Dr. Michael Burkhardt

Der Geowissenschaftler ist Professor für Umwelttechnik mit dem Schwerpunkt Wasserbehandlung am Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik an der Schweizer Hochschule für Technik Rapperswil.

Regenwasserabfluss ist die größte, oft unbehandelte Quelle von potentiell hohen Spurenstofffrachten in urbane Oberflächengewässer. Professor Michael Burkhardt erklärt Vermeidungsstrategien.

Springer Professional: Welche Spurenstoffe besitzen eine mögliche Relevanz für aquatische Organismen oder die menschliche Nutzung?

Michael Burkhardt: Zu den potentiell gewässerrelevanten organischen Spurenstoffen im Regenwasserabfluss gehören Stoffe, die durch menschliche Aktivitäten und Baumaterialien bei Regenwetter freigesetzt werden. Dies sind beispielsweise Herbizide gegen Unkraut in Privatgärten und auf Wegen oder Biozide für den Holz- und Fassadenschutz. Relevant sind wiederum Stoffe, die in für Organismen toxischen Konzentrationen vorkommen und schlecht abbaubar sind. Darüber hinaus gilt das Vorsorgeprinzip, d.h. es sind möglichst geringe Einträge in Gewässer anzustreben. Daraus lässt sich folgern, dass die Einträge von z.B. Diuron, Terbutryn, Glyphosat und Mecoprop zu minimieren sind. In letzter Zeit haben wir übrigens viel zum Vorkommen von Glyphosat in Gewässern und dem Risiko gehört.

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Ihre Forschungen beschäftigen sich mit verschiedenen Vermeidungsstrategien. Wo liegen dabei die Schwerpunkte?

Unsere Schwerpunkte liegen auf Lösungen an der Quelle und nachgeschalteten Maßnahmen. Bei quellennahen Lösungen schauen wir, neben reiner Aufklärung und Information, z.B. auf Einsatz von Farben mit reduzierter Biozidauswaschung durch Verkapselung oder Dachbahnen mit besseren Rezepturen. Diese Maßnahmen an der Quelle sind ganz klar die effektivsten. Übrigens sollte sich Forschung generell stärker mit der Vermeidung beschäftigen.

Mit dezentralen Maßnahmen setzen sie am Verursacherort an. Welche Technologien sind dort wirksam?

Zu den dezentralen, nachgeschalteten Maßnahmen zählen Regenwasserbehandlungsanlagen. Adsorbermaterialien ersetzen in solchen Anlagen den natürlichen Boden, um die diffusen Stoffeinträge von Partikeln, Metallen oder organischen Stoffen in die Gewässer zu reduzieren. Wir untersuchen den Stoffrückhalt, weil die Werbeaussagen der Hersteller nicht immer ein vollständiges Bild ergeben und unterstützen die Entwicklung neuer Verfahrenskombinationen. Vielversprechend beim Rückhalt von Spurenstoffen zeigen sich Kombinationen aus Abflussdrosselung, Partikelabscheidung und Adsorber.

Eine andere Variante besteht in der Substitution ökologisch bedenklicher Materialien. Wie gehen sie dabei vor?

Wir gehen nicht systematisch daran, sondern reagieren auf Anfragen von Firmen oder Behörden, jeweils mit unterschiedlichem Erfolg. Die Aufklärung zur Abschwemmung von Kupferflächen mit dem Ziel, andere Baumaterialien einzusetzen, wird wenig umgesetzt, beispielsweise weil Architekten Kupfer einfach schön finden. Bei organischen Stoffen haben wir uns an der Entwicklung von einem Fassadenprodukt ohne Algizide eingebracht. Unser Verständnis zum Umweltrisiko und den Freisetzungsmechanismen war für die Produktentwicklung der Firma Greutol sehr wertvoll. Das Produkt - eine neue Farbe und der Putz „Image Technology“ - ist nun auf dem Markt eingeführt.

Die belasteten Regenwässer gelangen auch in zentrale Kläranlagen. Wie sieht es mit deren Reinigungsleistung in der Schweiz aus?

In der Schweiz wird die vierte Reinigungsstufe bei rund 100 Kläranlagen in den nächsten Jahren gebaut. Die ersten zwei Anlagen sind umgerüstet und halten die Spurenstoffe mittels Ozonung bzw. Aktivkohle-Dosierung zu mehr als 80 Prozent zurück. Bei Regenwetter wird manchmal das Schmutzwasser an der Kläranlage vorbei direkt ins Gewässer geleitet. Diese Einträge können selbst durch die vierte Reinigungsstufe nicht reduziert werden. Deshalb werden Maßnahmen an relevanten Quellen immer wichtiger.

Welchen Handlungsbedarf sehen sie bzgl. der organischen Spurenstoffe generell in Europa?

Diffuse Einträge sollten stärker an der Quelle angepackt werden. Gegenwärtig sind aber viele Quellen noch unbekannt. Das Wissensdefizit sollte rasch gefüllt werden, um das Vorkommen in den Gewässern sowie die geeigneten Maßnahmen besser festlegen zu können. So lassen sich die Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie und des vorsorgeorientierten Gewässerschutzes noch besser erreichen.

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