Hat man sich mit der Angst vor der Gründung arrangiert, kann man sich daran machen, sein Unternehmen zu starten. Der Schritt in die Selbstständigkeit hinein ist kein leichter, doch auch hier hilft Improtheater. Wer lange in einer Festanstellung gearbeitet hat, braucht womöglich Unterstützung beim Thema Auftreten. Es bedarf einer gewissen Übung und Gewohnheit, um sich „einfach so“ vorne hinzustellen und im Rampenlicht zu stehen. Der Businessplan ist das traditionelle Planungstool aller unternehmerischen Vorhaben. Trotz aller Relevanz geht es natürlich auch anders. Mit Impro kann man den Planungsprozess und sogar die grundsätzliche Einstellung gegenüber Planung auf den Kopf stellen, denn: Wer gut improvisieren kann, muss nicht alles planen. Irgendwann wird es also ernst, und der Entrepreneur ist hauptberuflich in der Selbstständigkeit oder in der Unternehmereigenschaft. Dann gilt es, konsequent an der eigenen Persönlichkeit zu arbeiten und zu erkennen, wo sich noch Reste des „Arbeitnehmer-Mindset“ verstecken. Bei Gründerteams kommt das Thema Teambuilding hinzu. Vertrauen sich alle? Wollen alle das Gleiche? Wer macht überhaupt was? Der Unternehmer und das Gründerteam profitieren wohl am meisten von der Arbeit mit Improtheater: Hierbei geht es darum, das Mindset zu ändern und die passende unternehmerische Haltung zu erwerben.
Anzeige
Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten
Untersuchungen zeigen, dass nur ein kleiner Teil unserer Entscheidungen rational und faktenbasiert getroffen werden. Kaufentscheidungen beispielsweise werden nur zu 30 % rational getroffen. (Rohlwing 2018) Forscher gehen davon aus, dass sogar nur 0,1 % dessen, was das Gehirn tut, ins Bewusstsein dringt. (Stüvel 2009).
Neben dem hier genutzten Konzept der Effectuation findet man in der Entrepreneurship-Forschung mitunter auch folgende Ansätze:
„Entrepreneurial Bricolage“ (Baker und Nelson 2005): Dabei geht es um die Kombination der gegebenen Ressourcen, besonders wenn diese knapp sind.
„Improvisation“ (Miner et al. 2001; Vera und Crossan 2005): Das Konzept der Improvisation wird hier vor allem für die Schaffung kreativer Freiräume genutzt, z. B. für die Produktentwicklung.
Beide Ansätze haben eine gewisse Nähe und auch Überschneidungen zur hier genutzten Effectuation. Sie sind jedoch in ihrer Ausgestaltung weniger für das Thema Entrepreneurship und junge Unternehmen geeignet bzw. bieten weniger Ansatzpunkte, die der Ausrichtung dieses Buches entsprechen.
Im angloamerikanischen Raum wird ein strukturell recht eng gestalteter Harold gespielt. Festgelegte Szenenfolgen wechseln sich mit freien Games ab, so entsteht ein abendfüllendes Format. Der sogenannte „Prärie-Harold“ dagegen ist eine der freisten Impro-Langformen überhaupt. In freier Folge werden zum gewählten Thema Szenenfragmente, Lieder, Gedichte, sogar Geräusche oder reine Bewegungen improvisiert. Dadurch entsteht ein szenisches Patchwork-Gemälde. Beide Harold-Formen beginnen mit dem oben beschriebenen Vorgehen.