Power-to-Gas gilt als vielversprechende Zukunftstechnologie. Neben der Bereitstellung von Flexibilität im Stromsystem stellt Power-to-Gas eine Alternative zur konventionellen Gasförderung dar und kann einen Beitrag zur Versorgungssicherheit, Importunabhängigkeit und Defossilisierung des Energiesystems leisten. Während Energiesystemanalysen zur Bestimmung des Bedarfs an Power-to-Gas die Forschungslandschaft dominieren, stellt eine bundesweite räumliche Potentialanalyse für Deutschland eine Forschungslücke dar, obwohl Standortfaktoren, wie die Nähe zu einer (möglichst erneuerbaren) Stromquelle oder zu einer Absatzinfrastruktur, die Wirtschaftlichkeit von Power-to-Gas wesentlich beeinflussen. Zunächst werden anhand von Potentialflächen zur Windenergienutzung aktuelle und potentielle Windenenergieanlagen-Standorte lokalisiert. Anschließend wird das technische Potential an Power-to-Gas-Anlagen ermittelt sowie Standorte für Power-to-Gas-Anlagen in Deutschland ausgewiesen. Darauf aufbauend werden unter Einbezug von regulatorischen, gesetzlichen und ökonomischen Faktoren standortspezifische, durchschnittliche Gasgestehungskosten errechnet, welche als Anhaltspunkt für das ökonomische Potential von Power-to-Gas dienen. Es zeigt sich, dass die gegenwärtig hohen Letztverbraucherabgaben eine wirtschaftliche Umwandlung von Überschussstrom in erneuerbares Gas bei Einspeisung in das Gasnetz verhindern. Die Erzeugung von regenerativem Gas aus für diesen Zweck installierten Windenergieanlagen ist kostengünstiger und hat das Potential, unter optimistischen Rahmenbedingungen und unter Vernachlässigung von konkurrierenden Nutzungspfaden mehr als den deutschen Gasbedarf zu decken. Unter Vernachlässigung einer Gasflussberechnung übersteigt das berechnete Power-to-Gas Erzeugungspotential für H2 bzw. CH4 die derzeitig Einspeisekapazitäten des deutschen Fernleitungsnetzes. Bei einer detaillierteren Modellierung der Gasflüsse ist zu erwarten, dass technische Restriktionen die Einspeisung insbesondere von H2 noch weiter beschränken.
Zeitschrift für Energiewirtschaft (ZfE) ist eine unabhängige Fachzeitschrift mit aktuellen Themen zu Energiewirtschaft, Energiepolitik und Energierecht. JETZT BESTELLEN
Pufferzonen bezeichnen bei Schneider und Kötter (2015) Gebiete, die jeweils im Abstand von 1 km WEA und PV-Anlagen umschließen und so als mögliche Potentialflächen für PtGA in der anschließenden Berechnung betrachtet werden.
Als erneuerbares Gas wird die Produktion von H2 bzw. CH4 auf Basis von erneuerbarem Strom verstanden. Erneuerbares Gas kann die Nutzung von konventionellem, fossilem Erdgas substituieren und so zu einer Dekarbonisierung des Gassektors beitragen.
Überschüssiger erneuerbarer Strom ist Strom, der aufgrund mangelnder Speicherkapazitäten, Netzengpässen oder geringer Nachfrage ein Überangebot darstellt und nicht in das Stromnetz eingespeist sondern abgeregelt wird. Es wird die Annahme getroffen, dass der EE-Strom durch WEA erzeugt wird.
Zudem ist es möglich, dass weitere Erlöse durch den Einsatz klimaschonender Technologien im Zusammenhang mit Regularien wie z. B. der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II, 2018/2001) bzw. dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) erwirtschaftet werden können.
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung für die 19. Legislaturperiode ist eine Anhebung des Ziels von 50 auf 65 % EE am Bruttostromverbrauch vorgesehen.
Da im Klimaschutzszenario K80 keine Verteilung der installierten Leistung auf Landesebene erfolgt, wird die prozentuale Verteilung in EE50 auf EE80 übertragen.
Für den interessierten Leser wird auf die deutschlandweiten Potentialstudien von Scholz (2010), Bofinger et al. (2011), Mono und Glasstetter (2012), Callies (2014), BMVI (2015), Schmid (2015), Masurowski et al. (2016) sowie die Potentialstudien auf Bundeslandebene von Krewitt und Nitsch (2003), Nitsch et al. (2004), AL-PRO (2011), LUBW (2011), LANUV (2012), Bost et al. (2012) und Eichhorn et al. (2017) verwiesen.
Für die Berechnung wurde in diesem Fall die 3 MW Referenzturbine Vestas V112 herangezogen. Im Zuge einer kritischen Reflektierung dieser Annahmen ist zu beachten, dass die Wahl der Turbine einen wesentlichen Einfluss auf die Volllaststunden und somit auf die Auslastung der PtGA besitzt. In der vorliegenden Arbeit wurde eine Referenzturbine für alle Standorte beachtet. Tatsächlich wären teilweise auch höhere Volllaststunden mit „Schwachwindanlagen“ erzielbar, die ein hohes Verhältnis von Nabendurchmesser zu Generatorleistung aufweisen.
In dieser Arbeit werden Import- bzw. Exportländer über aggregierte Knoten abgebildet. Es wird ferner angenommen, dass alle Gasnetzzugangspunkte unabhängig von ihrer Eigenschaft als Einspeise- oder Ausspeisepunkt für die Integration von PtGA geeignet sind.
Zu beachten ist, dass Überschussstrom in der Regel aus Systembetrachtungen herangezogen wird. In dieser Arbeit bezieht sich der abgeleitete Überschuss auf Einzelanlagen, d. h. Restriktionen aus dem Gesamtsystem werden vernachlässigt. Die Anlage wird im Einsatzkonzept WIN immer zu Teilen bei Höchstlaststunden für die Bereitstellung von Power-to-Gas genutzt.
Dies ist eine vereinfachende Annahme, da eigentlich das Stromnetz in der Analyse mitbetrachtet werden müsste, um Abregelungen bedingt durch Netzengpässe bestimmen zu können. Als erster Indikator ist das hier gewählte und vereinfachte Vorgehen aber dennoch ausreichend.
Grundsätzlich zielt die vorgenommene Sensitivitätsanalyse darauf ab Wechselwirkungen zwischen genutzter Überschussenergie und resultierenden Kostenpotenzialen zu quantifizieren. Dieses Vorgehen unterstützt das generelle Verständnis, auch wenn Anteile größer als 30 % langfristig nicht effizient erscheinen.
Als Einspeisekapazität eines Gasnetzpunktes wird die maximale Kapazität aller angebundenen Leitungen definiert. Die Kapazität einer Leitung ergibt sich dabei aus der Zuordnung einer Leitung zu Leitungsklassen (vgl. Tab. 8) und Wahl der maximalen Übertragungskapazität der entsprechenden Leitungsklasse als Leitungskapazität.
Diese Angabe bezieht sich auf den zugemischten Energiegehalt des H2, sodass der Wert der tatsächlichen H2-Zumischungsrate in Vol.-% deutlich höher liegt, nämlich bei ca. 10 Vol.-%. Nach Untersuchungen von Müller-Syring und Henel (2014) ist eine Zumischrate bis zu 10 Vol.-% ohne Komforteinbußen für Haushaltskunden möglich.
Als Potential wird im Folgenden die Anschlussleistung der PtGA ausgewiesen. Dabei beschreibt das technische Potential den Anteil des theoretischen Potentials (maximal mögliche Umsetzung einer Technologie), welcher unter Berücksichtigung von technischen, infrastrukturellen und ökologischen Einschränkungen umsetzbar ist. Der Anteil des technischen Potentials, welcher aus wirtschaftlicher Sich nutzbar ist, wird als ökonomisches Potential bezeichnet.
In den letzten beiden Jahren lag der Gaspreis an der Untergrenze dieser Bandbreite (2018: 22,91 €/MWhth) bzw. auf einem günstigeren Niveau (2019: 13,89 €/MWhth) (Vgl. NetConnect Germany (2020)). Die Wirtschaftlichkeitslücke von H2 aus PtGA gegenüber konventionellem Erdgas ist somit aktuell noch größer. Für die Zukunft ist das Niveau des Gaspreises insbesondere von der Erdgasnachfrage abhängig. Sollte Erdgas eine stärkere Position im Energiesystem einnehmen, z. B. im Zuge des Kohleausstiegs, sind höhere Preise in der Bandbreite von 20–30 €/MWth möglich.
Biogaspreise auf diesem hohen Preisniveau sind in der Vergangenheit insbesondere durch EEG-Vergütungen (5,7–13,32 Ct/kWhel im EEG von 2014) und die Zahlungsbereitschaft einzelner Kundengruppen angereizt worden. Die Förderung für eine Biogasverstromung ist in der Novellierung des EEG von 2017 stückweise zurückgefahren worden. Ein Preis für Biogas, das als Substitut zu Erdgas z. B. in einer GuD-Anlage mit 60 % Wirkungsgrad genutzt werden soll, ist somit zukünftig insbesondere von den CO2-Vermeidungskosten abhängig. Für einen Biogaspreis von 80 €/MWhth gilt dann unter den Annahmen, dass der Erdgaspreis bei 15 €/MWhth liegt, die spezifischen Emission von Erdgas bei 0,2 t CO2/MWhth liegen und Biogas keine zusätzlichen CO2-Emissionen verursacht, ein CO2-Zertifikatepreis von 195 €/t CO2 nötig wäre. Unter denselben Annahmen würde ein CO2-Zertifikatepreis von 105 €/t CO2 ausreichen, um Biogas zu einem Preis von 50 €/MWhth Erdgas gleichzustellen. Da dieses Preisniveau im Emissionshandel erst langfristig erwartet werden kann, muss mittelfristig von geringeren Preisniveaus für Biogas ausgegangen werden, sodass das ökonomische Potential für H2 aus PtGA weiter limitiert bleibt.