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2012 | Buch

Grundlagen der Gestaltung

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Über dieses Buch

Architektur ist nicht allein Ergebnis von technischem und konstruktivem Wissen. Architektur ist Komposition von Volumen und Räumen. Architektur lernen heißt Sehen lernen und das, was man sieht, analysieren und wiedergeben zu können. Räumliche Vorstellungskraft entwickelt sich beim Freihandzeichnen. Flächen- und Farbkompositionen lassen sich auf dem Papier studieren. Licht- und Schattenwirkungen oder dreidimensional geschichtete und geformte Oberflächen lassen sich auch im Kleinen, im Modell erkunden. Das Buch behandelt neben den handwerklichen Darstellungstechniken und Darstellungsmitteln die vielfältigen Möglichkeiten durch Zeichnen, Malen und skulpturale Gestaltung die Beschaffenheit, Substanz und Struktur des Raumes zu erfassen und wiederzugeben.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Sehen lernen
Zusammenfassung
Jedes Jahr, jedes Wintersemester vier/fünf/sechs Dutzend neue Studierende, mehr oder weniger gestaltungsresistent, mehr oder weniger erfahren im Freihandzeichnen. Die meisten haben ihre Zeichenkarriere im Grundschulalter aufgeben müssen, denn Alphabetisierung hatte Vorrang. Nun müssen sie die Spanne von anderthalb Jahrzehnten Nichtzeichnen im Geschwindschritt überwinden. Und sie stellen fest, so geschwind lässt sich Verschüttetes nicht ans Tageslicht holen.
Ulf Jonak
2. Komposition
Zusammenfassung
Komposition heißt schlicht: Wie ist ein Werk (der Literatur, der Musik, der bildenden Kunst und – nicht zuletzt – der Architektur) gefügt? Es geht um Hierarchien der Einzelbausteine. Es geht um Strukturen und Spannungen. Es geht um Entspannung und Konzentration. Es geht um Ränder und Mittelpunkte. Es geht um Schichtungen, Ebenen (Vorder-, Mittel-, Hintergrund) und Distanzen.
Ulf Jonak
3. Freies Zeichnen
Zusammenfassung
Das Bauhausmanifest (1919) von Walter Gropius beginnt mit der Feststellung: „Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau.“ Ebenso apodiktisch behauptete schon Giorgio Vasari (1511–1574), dass die Zeichenkunst die Grundlage aller künstlerischen Tätigkeit sei – auch die der Architektur. Wenn es nur um die Bestandsaufnahme ginge, dann wäre das Zeichnen- das Zeichnen des Architekten – nutzlos vergeudete Zeit, bestenfalls eigenwillige Liebhaberei. Leistet doch die digitale Kamera im Verein mit ‚Photoshop‘ in wenigen Momenten mehr oder weniger wahrheitsgetreu das, was andernfalls im Skizzenbuch zeitaufwändig und dennoch (mitunter) tadelnswert unvollkommen festzuhalten wäre.
Ulf Jonak
4. Malen
Zusammenfassung
Anders als auf die Zeichnung reagieren wir auf das Gemälde. Wir lassen uns verführen, das Bild für ein Abbild der Wirklichkeit, ja für die Wirklichkeit selbst zu halten. Aber der gemalte Hahn kräht nicht, das gemalte Lächeln bleibt starr. Nur in der Fiktion kann die Verzauberung wahr werden. Nur in Legenden erwachen Skulpturen (Pygmalion) oder aus Lehm geknetete Figuren (Golem) zum Leben. Nur in der Fiktion werden Gemälde lebendig, wie das Porträt in Oscar Wildes Erzählung „das Bildnis des Dorian Gray“. Das Bild altert nach und nach zur Abbildung eines Greisen, während der Portraitierte selbst für immer jung zu bleiben scheint.
Ulf Jonak
5. Grafisches Gestalten
Zusammenfassung
Schrift strukturiert unsere Wahrnehmung. Schrift ordnet das Gewimmel um uns herum und in unserer Gedankenwelt zu Nachrichten, die auch unseren Mitmenschen verständlich sind. Schrift ergänzt Sprache, kann sie sogar ersetzen. Ein Stummer, der schreiben kann, kommt zurecht. Schwierig wird es, wenn er weder zu sprechen noch zu schreiben vermag. Kommunikation wird dann auf einfache Gebärden reduziert. Schrift ist die Vorbedingung für dauerhafte und komplexe Verständigung. Schrift bestimmt unsere Wegfindung, befriedigt unsere Neugier, erklärt unsere Handlungen, übermittelt anderen unsere Erfahrungen und unser Wissen.
Ulf Jonak
6. Bildnerisches Gestalten
Zusammenfassung
Wir wollen uns kaum des Körperschutzes entledigen: Mit Kleidung als zweiter Haut, dem Haus als dritter Haut, dem Mikrokosmos, in dem wir leben (unsere nähere Umgebung), als vierter Haut schützen wir uns, aber offenbaren auch unsere verletzliche Person. Die bequeme, faltenreiche Kleidung, das geräumige Haus, die Distanz zu den Dingen, jeder Griff, jeder Schritt nehmen ein Stück weit Raum in Besitz. Nicht nur das. Der uns nahe, uns umgebende Raumwird zeitweise von uns geprägt, gehört dann zur Person. Wir sagen etwas über uns, mit Blässe oder Bräunung, Creme und Tattoo (der ersten Haut), mit Mütze, Mantel und T-Shirt (der zweiten Haut), mit Wohnung und Hausfassade (der dritten Haut) und mit Gärten und Terrassen, mit Blumenrabatten und Zaun (der vierten Haut). Wir können aber kaum verhindern, dass zumindest zwischen uns und dritte oder vierte Haut auch Unbefugte eindringen. Gestaltung heißt hier denn auch, Raum greifende Distanz und deutliche Schwellen schaffen.
Ulf Jonak
7. Gestaltbezogene Architekturtheorie
Zusammenfassung
Der römische Tempel ist nicht ohne den griechischen, die romanische Basilika nicht ohne die römische Markthalle, die palladianische Villa nicht ohne Andrea Palladio und dessen antike Vorbilder denkbar. Architektur bezieht sich auf Architektur, Architekten lernen von Architekten. Walter Gropius hat angeblich, als er seine Lehre an der Harvard University begann, den baugeschichtlichen Apparat der Fachbibliothek verschließen lassen. Seine Studenten sollten „modern“ entwerfen und sich nicht von historischen Vorbildern beeinflussen lassen. Das konnte nicht funktionieren, schon deshalb nicht, weil Architekturgeschichte und Theorie nicht in der fernen Vergangenheit enden, sondern immer auch dem Pfeil in Richtung Zukunft folgen.
Ulf Jonak
8. Zeichenmittel
Zusammenfassung
Mitunter sitzen wir ratlos und wie gelähmt vor dem leeren Bogen Papier. Dann hilft, sich zu entfesseln, kindliche Unbekümmertheit zurückzurufen, über den eigenen Schatten zu springen und vielleicht in Gesellschaft mit anderen, vergleichbar dem ‚Brainstorming‘, Undenkbares zu denken, vor allem aber es einander zu vermitteln, das heißt, es zu skizzieren. Man glaubt zu wissen, wie und womit man zeichnet und malt. Aber der Möglichkeiten sind weniger Grenzen gesetzt, als man denkt. Fast mit allem, jedem und überall lässt sich skizzieren und pinseln: mit Ast und Streichholz, mit Besen und Nadel, mit Steinen und Grassamen, Mit Finger und Ellenbogen, mit Lappen und Schwamm, mit Traktor und Rasenmäher; mit Rotwein und Kaffee, mit Schokolade und Öl, mit Ruß und Blut, auf Verpackungskarton und Tapetenresten, im Sand und auf Brachland oder mit dem Strahl der Taschenlampe in der Nacht.
Ulf Jonak
Backmatter
Metadaten
Titel
Grundlagen der Gestaltung
verfasst von
Ulf Jonak
Copyright-Jahr
2012
Verlag
Vieweg+Teubner Verlag
Electronic ISBN
978-3-8348-2256-7
Print ISBN
978-3-8348-1836-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8348-2256-7