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2017 | Buch

Grundprinzipien der Mechatronik

Modellbildung und Simulation mit Bondgraphen

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Über dieses Buch

In diesem Lehrbuch werden das universelle Beschreibungstool "Bondgraph" und die zugehörige Methode verständlich dargestellt. Mit dieser Methodik können wichtige Komponenten mechatronischer Systeme sowie komplexere technische Systeme domänenübergreifend modelliert werden. Aufgaben mit vollständigen Lösungen ermöglichen ein erfolgreiches Selbststudium. Die vorliegende Auflage wurde an einigen Stellen zur weiteren Erhöhung der Verständlichkeit ergänzt und um einige Beispiele und Aufgaben erweitert. Simulationsergebnisse und Bildschirmdarstellungen wurden mit den aktuellen Versionen der verwendeten Simulationssysteme erneuert.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
Der Begriff Mechatronik (engl. Mechatronics) ist ein Kunstwort und wurde Mitte der 1960-er Jahre in Japan von einem Entwickler aus dem Bereich der Robotertechnik geprägt. Es setzt sich aus den beiden Namen der bekannten Disziplinen der Ingenieurwissenschaften - Mechanik oder Maschinenwesen (engl. Mechanics) und Elektronik (engl. Electronics) - zusammen. Damit ist dieser Name bereits Programm und deutet an, dass die Mechatronik Inhalte der beiden oben genannten Disziplinen zusammenfügt. Eine früh in Deutschland geprägte Definition lautet [1.1]:
Mechatronik ist ein interdisziplinäres Gebiet der Ingenieurwissenschaften, das auf den klassischen Disziplinen Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik aufbaut. Ein typisches mechatronisches System nimmt Signale auf, verarbeitet sie und gibt Signale aus, die es z. B. in Kräfte und Bewegungen umsetzt.
Eine ähnliche Definition wird auch in [1.2] angeführt:
Mechatronics is the synergetic integration of mechanical engineering with electronic and intelligent computer control in the design and manufacturing of industrial products and processes (IEEE/ASME Transactions on Mechatronics 1996).
Werner Roddeck
2. Modellbildung mit Bondgraphen
Zusammenfassung
Im Kapitel 1 ist bereits die Vorgehensweise der Dekomposition eines komplexeren Systems in Subsysteme behandelt worden und im Bild 1-27 wurde das Beispiel des An-triebs-und Fahrwerksstrangs eines Pkw als Wort-Bondgraph in für die Modellbildung einfacher zu behandelnde Baugruppen untergliedert. Diese Subsysteme werden in der Bondgraphen Literatur [1.7], [1.8], [1.10], [1.15] auch als Multiports bezeichnet. Viele der Beispiele in den folgenden Kapiteln stammen aus den vorgenannten Büchern. In diesem Kapitel wird behandelt, wie solche Multiports untereinander Energie austauschen und welche Variablen zur Beschreibung der Energie und der Leistung verwendet werden können. Die Verbindung solcher Standard-Multiports untereinander führt dann zum angestrebten mathematischen Modell.
Werner Roddeck
3. Herleitung des mathematischen Modells
Zusammenfassung
In den Abschnitten 1.2.3 und 1.2.4 war bereits das Thema behandelt worden, wie man für ein gegebenes technisches System ein mathematisches Modell herleitet. Ein solches Modell besteht dann aus einem Satz von algebraischen Gleichungen und Differentialgleichungen (DGL) die man auch als Systemgleichungen bezeichnet.
Schon bei sehr einfachen Systemen wie beispielsweise dem Einmassenschwinger entsteht eine DGL 2. Ordnung als Systemgleichung, weil das System zwei unabhängige Energiespeicher, nämlich die Feder und die träge Masse enthält. Das Lösen dieser Differentialgleichung für beliebige Eingangsgrößen in das System, ist schon recht aufwendig. Will man Systeme n-ter Ordnung modellieren, so hat man prinzipiell 3 Möglichkeiten:
1. Eine einzelne Differentialgleichung n-ter Ordnung in einer Variablen.
2. Kombinationen verschiedener Variablen in mehreren Gleichungen entsprechender Ordnung.
3. n gekoppelte Differentialgleichungen 1. Ordnung in n Variablen.
Werner Roddeck
4. Simulationssysteme
Zusammenfassung
In der Entwicklungs- oder Planungsphase von komplexen Bewegungssystemen mit unübersichtlichen Bewegungsvorgängen ist es heute in der Regel üblich, solche Systeme nicht an körperlich vorhandenen Prototypeneinrichtungen zu erproben und zu optimieren, sondern sie auf einem Digitalrechner zu simulieren. Die dazu erforderliche Software wird als Simulationssystem bezeichnet. Solche Simulationssysteme gibt es zur Simulation der Kinematik (Beispiel Robotersimulationssystem), zur Simulation dynamischer Vorgänge (Beispiel regelungstechnisches Simulationssystem) oder auch zur Simulation statischer Belastungen (Beispiel Finite-Element-System). Weitere Simulationssysteme befassen sich mit der Simulation des elektrischen Verhaltens von Schaltungen und Bewegungssystemen.
In den vorherigen Kapiteln ist schon häufiger die Simulation dynamischer Vorgänge auf Digitalrechnern angesprochen worden und es wurden mit einem Simulationssystem ermittelte Ergebnisse solcher Vorgänge gezeigt. Die Technik der numerischen Simulation bezieht sich natürlich auf die mathematischen Modelle realer Systeme, die man im Modellbildungsverfahren ermittelt hat. Hat man als mathematisches Modell eine lineare Differentialgleichung gefunden, so ist die geschlossene Lösung mit konventionellen Methoden ohne Rechnereinsatz möglich, aber sehr zeitaufwendig. Insbesondere wenn man verschiedene Fälle ausrechnen will, oder die Auswirkungen von Parameteränderungen studieren möchte, kann der Einsatz eines Simulationssystems auf einem Digitalrechner mit grafischer Ausgabe viel Zeit und Mühe sparen und die Visualisierung der Ergebnisse sehr gut unterstützen. Ist das Modell sogar nichtlinear, so ist eine Lösung der Differentialgleichung in der Regel nur noch durch numerische Näherungsverfahren möglich, die man sinnvollerweise rechnergestützt durchführt.
Werner Roddeck
5. Analyse linearer Systeme
Zusammenfassung
In den vergangenen Kapiteln sind wiederholt Systeme untersucht, ihre grafischen und mathematischen Modelle aufgestellt und durch Simulation das Verhalten für bestimmte Parameterwerte ermittelt worden. Dabei hatte sich schon angedeutet, dass für das Verhalten des Systems die Anzahl unabhängiger Speicherelemente eine wichtige Rolle spielt. Da in der Regelungstechnik schon immer Systeme untersucht und beschrieben worden sind, um aus den daraus gewonnenen Modellen Regelungsstrategien für diese Systeme zu entwickeln, hat sich die Systemanalyse dort sehr stark entwickelt und die unterschiedlichsten Methoden hervorgebracht. Meist wurden dort mathematische Modelle in Form von Differentialgleichungen für lineare Systeme behandelt, da diese auch schon vor dem Aufkommen von Digitalrechnern mit bekannten mathematischen Lösungsverfahren behandelt werden konnten. Waren Systeme nichtlinear, so wurde versucht, diese global oder zumindest partiell in einem Arbeitspunkt zu linearisieren. Dabei muss man genau darauf achten, wann ein linearisiertes Modell seinen Gültigkeitsbereich verlässt.
Werner Roddeck
6. Multiport-Felder und komplexe Strukturen
Zusammenfassung
Im Kapitel 2 sind grundlegende Modellelemente wie R-, C-, I-, TF-, GY-Elemente so behandelt worden, dass sie nur einen einzigen Eingangsport besitzen. Die Speicherelemente beispielsweise können Energie über das Port verlustlos aufnehmen, speichern und wieder verlustlos abgeben. So haben C-Elemente eine konstituierende Gleichung, die einen Zusammenhang zwischen einem Effort e und der Verschiebung q herstellt, bei I-Elementen besteht der Zusammenhang zwischen einem Flow f und dem Impuls p. Es wird aber davon ausgegangen, dass die gespeicherte Energie nur von einer einzelnen Einflussgröße abhängt. In physikalischen Systemen gibt es aber durchaus Energie-speicher, deren Speicherinhalt von mehreren Einflussgrößen abhängt. Für diesen Fall benötigt man dann entsprechende Modellelemente, bei denen die konstituierende(n) Gleichung(en) mehrere Efforts oder Flows enthalten können. Entsprechende C- und I-Elemente sind dann keine 1-Port-Elemente mehr, sondern Multiport-Elemente, die auch als C- oder I-Felder (field-elements) bezeichnet werden. Die Strukturen, die die Speicherelemente untereinander verbinden wie 0- und 1-Junctions sowie R-,TF-, GY-Elemente, können in solchen komplexen Strukturen ebenfalls als Multiport-Felder auftreten.
Werner Roddeck
7. Komponenten mechatronischer Systeme
Zusammenfassung
Bis jetzt sind die Modelle einfacher Systeme behandelt worden, deren Bauelemente in der Regel als so genannte konzentrierte Bauelemente modelliert werden konnten. Ihre Eigenschaften werden auf eine charakteristische Systemgröße reduziert und die das Verhalten bestimmenden Parameter sind konstant. Ein Beispiel hierfür ist die elastische Schraubenfeder, deren einzige Eigenschaft ihre elastische Dehnbarkeit ist. Diese Eigen-schaft wurde im Beispiel des Einmassenschwingers in Kapitel 1 durch das Hooke„sche Gesetz modelliert. Die Masse der Feder wurde nicht berücksichtigt, da diese gegenüber der Masse anderer Elemente zu vernachlässigen war.
Schaut man sich ein Lehrbuch der Technischen Mechanik an, so beginnt die Kinematik, also die Lehre vom geometrischen und zeitlichen Ablauf von Bewegungen, immer mit der Bewegung des Massenpunktes. Dieses sehr einfache Modell einer bewegten Masse kann für einen Körper stehen, bei dem die Drehträgheit für eine Drehung um den Körperschwerpunkt vernachlässigbar ist. Das sind vergleichsweise kleine Körper oder solche, deren Eigendrehung von den anderen Bewegungen entkoppelt ist und nicht in die Betrachtung eingeht. Solche einfachen Modelle lassen sich zwar zu Ausbildungs-zwecken recht leicht behandeln, haben aber wenig mit realen Systemen gemein. Bei der Fiktion des Massenpunktes handelt es sich praktisch um den Schwerpunktsatz, der die Behandlung der Eigenschaften des räumlich ausgedehnten Körpers durch die Behandlung des Schwerpunktes des Körpers ersetzt, in dem man sich die Gesamtmasse des Körpers im Schwerpunkt konzentriert denkt. Dies ist die von Newton eingeführte Punktmechanik von Massenpunkten. Ähnliche Vereinfachungen für die Modellierung wurden auch für elektrische Bauelemente vorgenommen, wobei schon in Abschnitt 5.2 auf das Problem der parasitären Eigenschaften elektrischer Bauelemente hingewiesen wurde.
Werner Roddeck
8. Mechatronische Systeme
Zusammenfassung
Nachdem wir nun die meisten Komponenten von mechatronischen Systemen und deren Modellbildung mit Hilfe von Bondgraphen kennen gelernt haben, sollen noch einmal einige komplexere Gesamtsysteme modelliert und untersucht werden. In diesem Zusammenhang tauchen dann noch einige vor allem nichtlineare Phänomene auf, die wir noch nicht behandelt haben, was dann an dieser Stelle nachgeholt wird. Hierbei kommt uns zu Gute, dass nichtlineare Zusammenhänge bei der Modellierung mit Bondgraphen keine Probleme verursachen.
Werner Roddeck
9. Schlussbetrachtung
Zusammenfassung
Die Wissenschaftsdiziplin Mechatronik hat sich in den letzten 40 Jahren entwickelt und wird seit über 20 Jahren erfolgreich als neue Ingenieurdisziplin an Hochschulen ausgebildet. Wie schon im Eingangskapitel erwähnt, fehlt allerdings bis heute ein prinzipieller Ansatz, der domänenunabhängig das Konzept der Mechatronik in allen Studienfächern begleitet und das Grundgerüst dieser neuen Herangehensweise in den Ingenieurwissenschaften bilden kann. Die historischen Gründe für das heterogene Erscheinungsbild wurden ebenfalls im Eingangskapitel erläutert.
Schaut man sich das in Bild 1-8 dargestellte Schema eines mechatronischen Systems noch einmal an, so erkennt man, dass abgesehen von dem rein digital arbeitenden Herzstück in Form des Digitalrechners, alle übrigen physikalischen Größen und Bauelemente analogen Charakter besitzen. Die für digitale Systeme verwendeten Beschreibungsmethoden und Modelle sind von sehr einfacher und übersichtlicher logischer Struktur und bedürfen daher kaum Modellbildungsmethoden, um ihr Verhalten im Voraus zu berechnen und simulieren. Im mikroskopischen Detail und bei extrem hohen Änderungsgeschwindigkeiten der verwendeten Signale muss man diese Aussage natürlich relativieren, da dann der analoge Charakter auch digitaler Signale deutlicher hervortritt.
Werner Roddeck
Backmatter
Metadaten
Titel
Grundprinzipien der Mechatronik
verfasst von
Prof. Dr. Werner Roddeck
Copyright-Jahr
2017
Electronic ISBN
978-3-658-17956-4
Print ISBN
978-3-658-17955-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-17956-4