2017 | OriginalPaper | Buchkapitel
Grundüberlegungen zu einer Kritischen Verbraucherforschung
verfasst von : Christian Fridrich, Renate Hübner, Karl Kollmann, Michael-Burkhard Piorkowsky, Nina Tröger
Erschienen in: Abschied vom eindimensionalen Verbraucher
Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden
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Nach einer Zeit der Beschaulichkeit in der Verbraucherforschung und Verbraucherpolitik ist Bewegung in das Thema gekommen. Das lange gepflegte Leitbild vom „mündigen Verbraucher“, der verantwortlich am Markt handelt und damit auch seinen Teil zur gesamtwirtschaftlichen Steuerung des Angebots durch die Nachfrage erfüllen kann, wird durch ein weniger optimistisches Bild vom eher blind vertrauenden und „verletzlichen Verbraucher“ ersetzt und der Verbraucherpolitik – verhaltensökonomisch fundiert – ein „sanfter Paternalismus“ empfohlen. Helfen soll auch die Verbraucherbildung bei der Reparatur von Verhaltensschwächen und Marktfehlern bis hin zur Reduzierung ökologischer Folgewirkungen des Konsums.Ansonsten ist fast alles beim Alten geblieben: Verbraucherforschung als Grundlage von Verbraucherpolitik und Verbraucherbildung ist grundlegend ökonomisch geprägt, folgt einer Vorstellung vom Wirtschaftssystem nach dem Modell des Geldkreislaufs und ist am Markt-Kauf-Paradigma orientiert. Konsumentinnen und Konsumenten werden damit tendenziell auf ihre Rolle als Nachfragende und Kaufende im Marktsystem jenseits der Produktionssphäre reduziert, und Konsum wird als Endverbrauch und Endzweck des Wirtschaftens gedeutet.Kritische Verbraucherforschung, wie wir sie verstehen, stellt die Orientierungan der herkömmlichen Wirtschaftstheorie sowie die damit als dominant erscheinende Marktversorgung in Frage und sieht die Forschung in der Pflicht, auch Versorgungsstrukturen neben dem Markt, wie hauswirtschaftliche und kollektivwirtschaftliche Versorgungssysteme, in den Blick zu nehmen, um Alternativen und Optionen der Lebensgestaltung der Menschen auszuloten. Das kann nicht allein der ökonomischen Th eorie überlassen werden, auch nicht imneuen Gewand der Verhaltensökonomik, weil Konsum nicht auf Ökonomie reduziert werden kann.Hier wird für einen Diskurs und Dialog der verbraucherforschenden Disziplinen geworben, damit die Grundlagen der herrschenden Vorstellungen von Konsum oder Verbrauch, von Konsumentinnen und Verbrauchern sowie die Möglichkeiten und Grenzen einer emanzipatorischen, zukunftsfähigen, nachhaltigen Entwicklung der „Konsumgesellschaft“ überdacht und einer Klärung näher gebracht werden können.