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2015 | Buch

Gute Hochschullehre: Eine evidenzbasierte Orientierungshilfe

Wie man Vorlesungen, Seminare und Projekte effektiv gestaltet

herausgegeben von: Michael Schneider, Maida Mustafić

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Wie man Vorlesungen, Seminare und Projekte effektiv gestaltet

Hochschuldidaktik ist ein schwammiges Forschungsfeld ohne klare Befunde? Bei fachlich kompetenten Dozierenden ist die Lehrmethode unwichtig? Hochschulen brauchen eine völlig neue Lehrkultur? – Nichts davon ist wahr. Unbemerkt von den meisten Lehrenden ist in den letzten Jahrzehnten ein erfolgreiches internationales Forschungsfeld entstanden, in dem Fragen der Gestaltung effektiver Hochschullehre mit den Methoden der empirischen Lehr- und Lernforschung untersucht werden. Mit Hilfe quantitativ-empirischer Experimente werden Kausaleinflüsse auf den Lernerfolg Studierender identifiziert. Als entscheidend erwies sich dabei, wie Dozierende Vorlesungen, Seminar und Projekte im Detail gestalten und welche Denkprozesse dies in den Köpfen der Studierenden jeweils auslöst. In Metaanalysen über Einzelstudien wurden zahlreiche Gestaltungsprinzipien gefunden, die unabhängig von Hochschultyp und Studienfach den Lernerfolg erhöhen. Das vorliegende Buch gibt Dozierenden einen prägnanten und handlungsorientierten Überblick über empirisch gut belegte Gestaltungsprinzipien effektiver Lehre. Es richtet sich an junge ebenso wie an bereits erfahrene Dozierende. Die Kapitel gehen ein auf die Themenfelder Vorlesung, Seminar, Projekt, PowerPoint-Präsentation, Prüfung und Lehrevaluation. Ergänzende Interviews mit Lehrpreisträgern illustrieren in jedem Kapitel Möglichkeiten und vermeidbare Fallstricke bei der praktischen Umse

tzung.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Hochschuldidaktik als quantitativ-empirische Wissenschaft
Zusammenfassung
Fragen der Gestaltung effektiver Hochschullehre werden mehr und mehr mit den Mitteln der empirischen Lehr-Lern-Forschung untersucht und in internationalen Fachzeitschriften mit Peer Review publiziert. Diese Forschung zeigt, dass es Gestaltungsprinzipien für Lehre gibt, die ihre Wirkung unabhängig von Hochschultypen, Studiengängen und Studienphasen entfalten. Das vorliegende Buch gibt einen anwendungsorientierten Überblick über die empirische Forschung zu diesen Gestaltungsprinzipien und ihren Wirkmechanismen. Eine komplexe Kompetenz wie die Fähigkeit zu effektivem Lehren erfordert sog. deliberate practice, also Jahre der praktischen Übung und des gezielten Arbeitens an den eigenen Schwächen. Die Teilnahme an hochschuldidaktischen Weiterbildungen erhöht die Lehrkompetenz von Dozierenden umfassend, wobei insbesondere Weiterbildungsmaßnahmen mit sog. microteaching-Methoden effektiv sind, also mit Video- und Kollegenfeedback zu den Details der Durchführung einer Unterrichtseinheit.
Michael Schneider, Maida Mustafić
2. Vorlesung
Zusammenfassung
Vorlesungen sind zur Vermittlung einer Wissensgrundlage geeignet, auf die andere Veranstaltungsformen mit anspruchsvolleren Lehrzielen aufbauen können. Der Lernerfolg der Studierenden hängt maßgeblich von der Zeit ab, die Dozierende in die Planung einer Vorlesung investieren, sowie von präzisen Lehrzielen und einer strukturierten, inhaltlich klaren und stimmlich ausdrucksstarken Kommunikation der Inhalte. Eine gute Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden sowie die Vermeidung von Langeweile bei gleichzeitig anspruchsvollen Lehrzielen gehen mit hohem Lernerfolg einher. Interaktive Elemente wie offene Fragen, Paararbeit und Plenumsdiskussionen erhöhen den Lernerfolg, indem sie Abwechslung schaffen, die Aufmerksamkeit aufrechterhalten und Studierende zum aktiven Mitdenken anregen. Gestaltungselemente von Vorlesungen erhöhen immer dann den Lernerfolg, wenn sie von Dozierenden gezielt eingesetzt werden, um Studierende zur aktiven Reflexion der Lerninhalte anzuregen.
David Gerhard, Paula Heidkamp, Alexandra Spinner, Bianca Sommer, Anika Sprick, Bianca A. Simonsmeier, Michael Schneider
3. Seminar
Zusammenfassung
In Seminaren steht im Gegensatz zu Vorlesungen das interaktive Lernen der Studierenden im Mittelpunkt. Kooperatives Lernen, also Gruppenarbeit, ist dabei eine besonders effektive Lernform. Kooperatives Lernen funktioniert gut, wenn gemeinsame Gruppenziele und individuelle Verantwortlichkeiten sichergestellt werden. Das Lesen anspruchsvoller Originaltexte, das Schreiben eigener Texte sowie das Halten von Referaten können effektive Lerntechniken darstellen, wenn sie gut vor- und nachbereitet werden, wobei einerseits die Inhalte und andererseits die Methode selbst, z. B. Lesestrategien oder Präsentationsfähigkeiten, thematisiert werden sollten. Für Referate gilt wie für Vorlesungen, dass eine hohe inhaltliche Klarheit, eine sorgfältige Strukturierung und interaktive Elemente, die zur Reflexion und zur Klärung von Fragen anregen, essenziell sind. Studierende arbeiten in Seminaren dann motiviert mit, wenn sie verstehen, wie sie durch konkretes eigenes Handeln ihre Kompetenz steigern und gute Bewertungen erzielen können.
Annett Hilger, Thorben Lübbert, Igor Pretzer, Jessica Reinartz, Julia Theißen, Michael Schneider
4. Projektseminar
Zusammenfassung
Projektseminare beinhalten selbstgesteuertes Lernen im Kontext komplexer und wirklichkeitsnaher Probleme. Sie vermitteln Fähigkeiten effektiver und Faktenwissen ineffektiver als Vorlesungen und herkömmliche Seminare. Projektseminare sind jedoch nur dann effektiv, wenn der Problemlöseprozess durch die Dozierenden so vorstrukturiert wird, dass die Erreichung der Lehrziele sichergestellt ist. Ein wichtiges Mittel dazu sind eine realistische und exakte Zeitplanung sowie die Vorstrukturierung der Kommunikationswege und -anlässe durch die Dozierenden. Lehrende können ein anregendes Arbeitsumfeld schaffen, indem sie regelmäßig Feedback geben und Fehler der Studierenden als Lerngelegenheiten begrüßen. Projektseminare stellen auch eine Gelegenheit zur Einübung sog. allgemeiner akademischer Kompetenzen dar. Es fällt den Studierenden umso leichter, solche Kompetenzen nachfolgend auch tatsächlich anzuwenden, je ähnlicher sich die Übungsaufgaben und die späteren Anwendungsaufgaben sind.
Tim Eberwein, Ann-Katrin Gässler, Silke Grönbeck, Eva Hähn, Lisa Wieglepp, Verena Zierden, Michael Schneider
5. PowerPoint-Präsentation
Zusammenfassung
Die Ergänzung eines gesprochenen Vortrags durch die Präsentation von Schlüsselbegriffen, Bildern oder Filmen erhöht die Behaltensleistung, führt zu besser vernetzten Gedächtnisrepräsentationen und wird von Studierenden begrüßt. Eine Präsentation ist effektiv, wenn ihre äußere Gestaltung die Aufmerksamkeit und das Arbeitsgedächtnis nicht unnötig belastet, sodass dem Publikum während der Präsentation möglichst viele mentale Ressourcen zur Verarbeitung der eigentlichen Lerninhalte zur Verfügung stehen. Die Verwendung von Schlüsselbegriffen anstelle von Sätzen oder Halbsätzen auf Folien erhöht die Effektivität stark. Alle überflüssigen Bilder, Texte oder Animationseffekte sind zu vermeiden. Inhaltlich Zusammengehöriges sollte auch zeitlich und räumlich zusammen präsentiert werden. Es ist lernförderlich, wenn Dozierende eine ergänzende Dokumentation der Inhalte zur Verfügung stellen, zum Beispiel eine Datei mit einem Skript oder mit den Präsentationsfolien.
Susanne Krist, Katharina Noll, Rebekka Pick, Anika Pielstick, Sharmina Sayeed, Lukas Schmid, Michael Schneider
6. Prüfung
Zusammenfassung
Studiennoten weisen starke Zusammenhänge mit standardisierten Kompetenztests und Schulnoten auf, sind gleichzeitig jedoch auch stark messfehlerbehaftet. Das Anspruchsniveau von Prüfungsaufgaben hängt vor allem davon ab, ob die Aufgaben lediglich Wiedererkennen und Reproduktion oder auch Transformation, Anwendung oder Transfer des Gelernten erfordern. Die Notenvergabepraxis in Deutschland unterscheidet sich stark zwischen Studiengängen und Hochschulen. Deutschlandweit wurden gute Noten zwischen 2000 und 2011 kontinuierlich häufiger vergeben. Studierende bereiten sich intensiv auf Prüfungen vor, wenn eine Veranstaltung ihnen hohe Selbstwirksamkeitsüberzeugungen in Bezug auf das Erreichen der Lehrziele und guter Prüfungsresultate vermittelt. Gut dokumentierte Lerninhalte, Erfolgserlebnisse während des Semesters sowie klare Lehrziele und Bewertungskriterien tragen dazu bei. Die Ergebnisrückmeldung sollte differenziert und inhaltsorientiert erfolgen, um nachfolgendes Lernen anzuregen.
Susanne Bücker, Meike Deimling, Janina Durduman, Julia Holzhäuser, Sophie Schnieders, Maria Tietze, Sharmina Sayeed, Michael Schneider
7. Lehrevaluation
Zusammenfassung
Studierende können über ein Semester hinweg etwa neun Dimensionen der Lehrqualität einer Veranstaltung zumindest teilweise unabhängig voneinander bewerten und erinnern. Evaluationsergebnisse sind zuverlässig, stabil und generalisierbar, wenn sie über hinreichend viele Studierende gemittelt werden. Beurteilungen durch aktuelle Studierende, durch ehemalige Studierende rückblickend und durch nicht studierende Experten hängen untereinander stark zusammen. Der Zusammenhang von Evaluationsergebnissen mit dem Lernerfolg Studierender ist am höchsten für die Evaluationsdimensionen Vorbereitung und Organisation, Klarheit und Verständlichkeit sowie Verfolgung klarer Lehrziele. Potenzielle Störvariablen verzerren Evaluationsergebnisse nur schwach. Starke positive Effekte auf die Lehrqualität haben Evaluationen nur in Verbindung mit hochschuldidaktischen Beratungen und Weiterbildungen, in denen die Konsequenzen der Ergebnisse diskutiert und ihre Umsetzung in die Praxis eingeübt werden.
Henrike Peiffer, Hannah Rach, Sarah Rosanowitsch, Julia Wörl, Michael Schneider
Backmatter
Metadaten
Titel
Gute Hochschullehre: Eine evidenzbasierte Orientierungshilfe
herausgegeben von
Michael Schneider
Maida Mustafić
Copyright-Jahr
2015
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-45062-8
Print ISBN
978-3-662-45061-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-45062-8