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20.04.2021 | Halbleiter | Schwerpunkt | Online-Artikel

Halbleitermangel belastet Autoindustrie

verfasst von: Christiane Köllner

4 Min. Lesedauer

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Die akuten Lieferengpässe bei Mikrochips sorgen immer wieder für Stillstand in der Automobilproduktion und damit für Schlagzeilen. Entspannung ist nicht in Sicht: Der Hableitermangel soll noch über 2021 hinaus andauern. 

Ob Autos, Smartphones oder Spielekonsolen: Computer-Chips finden sich in immer mehr Bereichen des Alltags. So werden Autos zu softwaredefinierten, mit der Cloud verbundenen elektronischen Geräten und batteriebetriebene Elektrofahrzeuge erhöhen die Nachfrage nach Leistungselektronik. Aktuell übersteigt die Nachfrage nach Halbleitern das Angebot deutlich. Vor allem die Autoindustrie spürt derzeit den Halbleiter-Mangel. Engpässe beim Nachschub der Bauteile hatten zuletzt bei VW und anderen Autobauern immer wieder zu Einschränkungen in der Produktion oder zum Stillstand von Produktionsstandorten geführt.

Die Unternehmensberatung Roland Berger erwartet, "dass der Halbleitermangel noch weit über das Jahr 2021 hinaus andauern wird", wie die Analysten in der Studie "Global crisis in automotive chip supply" prognostizieren. Der Bedarf der Autoindustrie werde sich durch Elektrifizierung und automatisiertes Fahren bis 2025 deutlich erhöhen. Betrachte man die Kosten für elektronische Komponenten summierten sich diese, nach Analysen von Roland Berger, bei einem Premiumfahrzeug mit Verbrennungsmotor in 2019 auf circa 3.000 Dollar. Bei einem halbautonom fahrenden Elektroauto werde sich der Wert bis 2025 auf über 7.000 Dollar je Fahrzeug mehr als verdoppeln. 

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Chip-Krise deckt Schwachstellen in der Lieferkette auf

Aufgrund der Corona-Krise und den daraus resultierenden Absatzrückgängen in der Autoindustrie hatten Halbleiterhersteller ihre Produktion auf andere Abnehmerbranchen, wie zum Beispiel der Unterhaltungselektronik, umgestellt. Ohnehin sind Smartphone- und Computerhersteller für die Halbleiter-Branche viel größere Kunden als die Autobauer. Als sich die Nachfrage innerhalb der Autoindustrie im vierten Quartal 2020 plötzlich wieder erholte, waren Automobilchips Mangelware. 

Die Pandemie oder andere externe Schocks sind für Roland Berger dabei nicht die Hauptgründe für den Mangel. Sie würden vielmehr bereits vorhandene Schwachstellen in der Lieferkette der Automobilhersteller aufdecken. So spiegele die aktuelle Krise ein strukturelles Missverhältnis zwischen der Automobil- und der Halbleiterlieferkette wider. Das Just-in-Time-Paradigma in der Automobilindustrie stehe in einem fundamentalen Widerspruch zu den langen Fertigungszyklen und Bestellvorlaufzeiten in der Halbleiterindustrie.

"Vorlaufzeiten von sechs bis neun Monaten sind typisch für komplexe Chips, weshalb es schwierig ist, auf Nachfrageschwankungen zu reagieren", so Paul Hansen im The Hansen Report On Automotive Electronics aus der ATZelektronik 4-2021. Trotz ihrer geringen Größe können Mikrochips aber nicht auf Vorrat produziert werden, erklärt Reinhard Ploss, Vorstandschef des Chipherstellers Infineon, gegenüber dem "Deutschlandfunk". "Halbleiter – auch wenn man's kaum glauben mag – haben ein Verfallsdatum. Irgendwann können wir die auch aus Qualitätsüberlegungen nicht weiterverwenden. Deswegen legen wir keine endlosen Bestände an Lager." Für eine pünktliche Belieferung, müssen Kunden also frühzeitig bestellen.

Marktkonzentration bei den Chip-Herstellern

Zugleich rechnet Roland Berger mit einer stärkeren Marktkonzentration bei den Chip-Herstellern. Diese Konstellation erschwere die Beschaffung zusätzlich. Vor allem Taiwan ist Halbleiter-Land. Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) "ist mit einem Marktanteil von mehr als 50 % der weltweit größte Chiphersteller", so Paul Hansen. Die taiwanesische United Microelectronics Corp. (UMC) sei der viertgrößte Chiplieferant der Welt. Da der Anteil der Automotive-Sparte am Umsatz des Unternehmens 2020 bei nur 3 % lag, so Hansen, kann die Automobilindustrie hier nur wenig Einfluss auf TSMC ausüben. 

"Nichtsdestotrotz gilt es für die Autoindustrie zu überlegen, ob die starke Abhängigkeit von TSMC und den anderen taiwanesischen Chip-Foundries ein so großes Problem darstellt, dass Alternativen geprüft werden müssen, wie beispielsweise die Lockerung der Just-in-Time-Lieferkette für Halbleiter und/oder das Erschließen von alternativen Bezugsquellen, die schnell herangezogen werden können, wenn es einen Engpass in der Chipversorgung gibt", schreibt Hansen weiter.

Abhängigkeiten hinterfragen

Um die Chip-Krise zu bewältigen, empfiehlt Roland Berger in seiner Studie OEMs und Tier-1-Zulieferer, eine kurz-, mittel- und langfristige Strategie. Dabei geht es kurzfristig um die Beseitigung der Produktionsausfälle, mittelfristig um die Einrichtung eines Risikomanagementsystems, etwa ein Rohstoff- und Lieferantenmanagement zur Abmilderung von Risikofaktoren, und langfristig um die die Verbesserung der Versorgungsstrukturen. Dazu gehören unter anderem die kontinuierliche Risikoüberwachung sowie der Aufbau strategischer Kooperationen mit Halbleiterunternehmen und Automobilpartnern/Zulieferern.

Auch der Digitalverband Bitkom sieht die aktuellen Lieferengpässen als Anlass, "einseitige Abhängigkeiten zu hinterfragen und die Ausgangsposition im globalen Wettbewerb um digitale Technologien zu verbessern", wie Bitkom-Präsident Achim Berg im Rahmen einer Studie zum Thema Digitale Souveränität, die im Auftrag des Digitalverbands durchgeführt wurde, erklärte. 

Vor diesem Hintergrund begrüßt der Bitkom die gemeinsame Erklärung zahlreicher EU-Mitgliedstaaten zur Schaffung einer europäischen Initiative im Bereich Mikroprozessoren und Halbleitertechnologien. Damit sollen Produktionskapazitäten und Kompetenz für Mikroelektronik in Europa aufgebaut werden. Die Initiative soll die Etablierung einer europäischen Allianz für Mikroelektronik vorantreiben sowie die Erstellung eines sogenannten wichtigen Projekts von gemeinsamem europäischem Interesse ("Important Project of Common European Interest", IPCEI) zu Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien unterstützen.

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