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2019 | Buch

Handbuch Eisenbahninfrastruktur

herausgegeben von: Prof. Dr. Lothar Fendrich, Prof. Dr. Wolfgang Fengler

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Die Eisenbahninfrastruktur weist eine große Anlagenvielfalt mit komplexen Wechselwirkungen auf. Diese Bandbreite und Komplexität von Bahnanlagen spiegelt das Nachschlagewerk mit Beiträgen von weit mehr als 20 Fachkräften aus allen Bereichen der Eisenbahninfrastruktur aus Deutschland und Österreich wider. Die dritte Auflage zeigt den erreichten Stand der Technik und berücksichtigt aktuelle Vorschriften. In den einzelnen, miteinander vernetzten Kapiteln werden die technischen und operativen Grundlagen und Zusammenhänge der Eisenbahninfrastruktur sowie der Interaktion von Infrastruktur und Fahrzeug in Maß und Zahl dargestellt. Trassierung und Gleisplangestaltung, Eisenbahnoberbau, Kabelanlagen, Sicherheit, Instandhaltung und Anlagenmanagement sind nur einige der behandelten Fachgebiete. Die knappe, aber fakten- und detailreiche Darstellung mit Bildern, Zeichnungen, Diagrammen und Tabellen ermöglicht Nutzern einen schnellen Zugriff auf das gesuchte Wissensgebiet und die nachzuschlagenden Einzelheiten. Querverweise unterstützen das Verständnis der Komplexität und engen Vernetzung der verschiedenen Ingenieursdisziplinen auf dem Gebiet der Eisenbahninfrastruktur.
Das Handbuch richtet sich an praktisch tätige Ingenieure, Planungs- und Consultingingenieure sowie an Führungskräfte und Entscheidungsträger in Unternehmen des Bahnsektors. Darüber hinaus eignet sich der Band als umfassendes Nachschlagewerk für Studierende und Lehrende in Studiengängen des Verkehrs- und Bauingenieurwesens.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Das Zusammenwirken von Rad und Schiene
Zusammenfassung
Der Rad-Schiene Kontakt bestimmt die Leistungsfähigkeit des Systems Eisenbahn. Aufgrund der Dynamik und der hohen Kontaktspannungen ist er der kritische Punkt bei allen Bahnen, ganz besonders jedoch bei Hochgeschwindigkeits- und Schwerlastverkehr. Der Kontakt Rad-Schiene ist aber auch maßgeblich für Lärm und Verschleiß verantwortlich. Die Rauhigkeit von Schiene und Rad regt die Lärmemissionen an, durch Materialabtrag verändern sich zudem die jeweiligen Profile in Längs- und Querrichtung, was im Laufe des Betriebes veränderte Kontaktsituationen hervorruft. Hinzu kommt, dass das Durchfahren von engeren Bögen durch Eisenbahnfahrzeuge mit erheblichen Gleitanteilen (Schlupfen) verbunden ist, die Räder also eher rutschen als rollen. Außerdem hat es eine große Tradition, ausgerechnet am Kontaktpunkt Rad-Schiene die Trennung von Bauingenieurwesen und Maschinenbau vorzunehmen. Im Folgenden wird noch deutlich dargelegt werden, dass Kräfte und Bewegungen und mit ihnen der Verschleiß immer aus dem Zusammenwirken zweier Komponenten herrühren, der Schiene und dem Rad, oder genauer, dem Laufwerk und dem Gleis, und daher von beiden Fachbereichen pflegliche Maßnahmen nötig sind um dauerhaft ein befriedigendes Zusammenwirken der Komponenten sicherzustellen.
Klaus Rießberger
2. Auslegung des Eisenbahnoberbaus
Zusammenfassung
Das Ziel der Auslegung des Eisenbahnoberbaus besteht in der Minimierung der durch ihn verursachten Gesamtkosten, welche sich aus den gegenläufigen Erneuerungs- und Instandhaltungskosten zusammensetzen. Zur Unterstützung der Auslegung liefert der Ausrüstungsstandard der DB AG Empfehlungen zur Auswahl der Komponenten des Eisenbahnoberbaus (Schienen, Schienenbefestigungen, Schwellen, Bettung) in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit und der jährlich akkumulierten Verkehrsmasse, ohne auf die Ursachen dieser Empfehlungen einzugehen.
Sobald der praktisch tätige Ingenieur eine Auslegung unter Bedingungen vornehmen soll, die außerhalb des Einsatzspektrums der DB AG liegen (einschließlich abweichender Radkräfte, wie sie im Falle des Schwerlastverkehrs oder des ausschließlichen Personenverkehrs auftreten können), wird er auf die Anwendung der klassischen Oberbaumechanik angewiesen sein, welche im vorliegenden Kapitel in ihren Grundzügen behandelt wird.
Ulf Gerber
3. Schienen und Schienenschweißen
Zusammenfassung
Stahl wird allgemein als gut formbarer, vielseitig anwendbarer Bau- und Werkstoff empfunden. Die Vorstellung von einer besonderen Eigenart und Individualität wird damit nicht verknüpft.
Bei Schienenstahl handelt es sich jedoch um ein technisch hochentwickeltes Produkt mit der Notwendigkeit einer individuellen Behandlung (siehe Tab. 3.1 und Abb. 3.1).
Für Schienenstähle kommen daher nur Werkstoffe mit höchstem Reinheitsgrad zum Einsatz. Diese Werkstoffe sind, ebenso wie die Schienenprofile in der EN 13674-1:2011„Bahnanwendungen – Oberbau – Schienen, Teil 1: Vignolschienen ab \(46\,\mathrm{kg/m}\)“ geregelt (Beispiel des Gefüges in einer kopfgehärteten Schiene siehe Abb. 3.2).
Die Schiene ist Fahrbahn und Führungselement zugleich. Die Schiene wird durch Längs- und Querkräfte auf Biegung und Torsion beansprucht. Sie unterliegt zudem durch schmirgelnde und gleitende Beanspruchung einem Verschleiß sowie einer Rollkontaktermüdung. Die Gebrauchseigenschaften des Werkstoffs sind deshalb dahingehend einzustellen. Wegen den Längs- und Querkräften ist eine bestimmte Festigkeit in Abstimmung mit der Belastung und dem Schienenprofil erwünscht. Mit einer hohen Festigkeit steigt parallel dazu die Härte und es wird der Verschleiß vermindert.
Ralf Linsel, Klaus Meißner
4. Eisenbahndämme und Einschnitte
Zusammenfassung
Erdbauwerke bestehen i. d. R. nur aus natürlichen Stoffen, die meist in der unmittelbaren Nähe gewonnen wurden. Sie zeichnen sich aus durch Langlebigkeit und verträgliche Eigenschaften zur Umwelt. Wesentlich ist, dass der eingebaute Boden jederzeit bei Umbauten ohne Verlust wieder eingebaut oder ergänzt werden kann. Diesen Ansprüchen genügen Beton, mit Zement injizierte Böden und Einbauten von Geotextilien nicht. Ihr Ausbau bedeutet Entsorgung als Abfall. Es ist das Anliegen des Kapitels, darauf hinzuweisen, zukünftig nur dort solche Hilfsstoffe einzusetzen, wo es unumgänglich ist. Den nachfolgenden Generationen darf eine Explosion der Abfälle und die aufwändige Aufbereitung großer Abfallmengen nicht zugemutet werden. Der Beitrag soll nicht der Wiedergabe bestehender Vorschriften und Richtlinien dienen, sondern diese Kenntnisse voraussetzen. Nur im Fall erkennbarer Widersprüche wird darauf Bezug genommen. Die Grundkonzeption des Kapitels legt fest, dass der Schwerpunkt der Betrachtungen die Vermittlung von Erfahrungen ist. Dies bedeutet eine starke Betonung der Analyse von Schadensfällen und der daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen. Als Ingenieur ist man geneigt, bei einem Schaden zuerst Fehler in der Berechnung der Konstruktion zu suchen. Bei nüchterner Betrachtung lässt sich jedoch erkennen, dass die Technologie mit den zum Einsatz kommenden Geräten häufig wegen der Nebenwirkungen die Ursache für erhebliche Auswirkungen auf nicht geplante Veränderungen des Bauzustandes, d. h. auch eine Hauptursache der Schadensauslösung sind. Die nachfolgenden Beispiele sind Erfahrungen des Autors und referenzieren in der Beschreibung auf die zum Zeitpunkt des Ereignisses geltenden Normen und Richtlinien. Auf eine Uminterpretation auf die aktuell geltenden Normen und Richtlinien wurde zugunsten einer höheren Anzahl der Beispiele und zur besseren Lesbarkeit verzichtet. Eine Übertragung auf die aktuell geltenden Normen und Richtlinien ist dem anwendenden Ingenieur überlassen.
Horst Rahn
5. Weichen
Zusammenfassung
Der Leser sei einführend darauf hingewiesen, dass in diesem Kapitel Weichen umfassend in Geometrie, Konstruktion und Anwendung abgehandelt werden, während in Kap. 12 in den Abschn. 12.6.1 und 12.6.2 auf Weichen aus der Sicht der Trassierung und Gleisplangestaltung eingegangen wird. Das bringt gewisse Überschneidungen mit sich, hat aber den Vorteil eines organischen inhaltlichen Zusammenhalts in beiden Kapiteln.
Der Begriff „Weiche“ geht zurück auf Ausweichstellen in der Flussschiffahrt. Es steht also das „Ausweichen“ als Pate des Begriffes. Die ersten Eisenbahnweichen gab es in den Grubenbahnen Englands bereits Ende des 18. Jahrhunderts. Schon diese Weichen hatten bewegliche Zungen und sie hatten Herzstücke. Diese konstruktiven Grundsätze finden sich noch heute in den modernen Weichen, obwohl es seither viele Anstrengungen gab, andere Prinzipien zur Anwendungsreife zu entwickeln.
Weichen sind definiert als Oberbaukonstruktionen, die Schienenfahrzeugen den Übergang von einem Gleis auf ein anderes ohne Unterbrechung der Fahrt ermöglichen. Drehscheiben oder Schiebebühnen erlauben auch den Übergang von einem Gleis zum anderen, jedoch nur mit Fahrtunterbrechung und für begrenzt lange Einheiten.
Ekkehard Lay, Reinhold Rensing
6. Querschnittsgestaltung der Bahnanlagen
Zusammenfassung
Alle Eisenbahnfahrzeuge benötigen einen von festen Gegenständen freigehaltenen lichten Raum, der größer ist als die tatsächlichen, dem Fahrzeug entsprechenden Abmessungen. So ergeben sich schon beim Stand in einem Gleisbogen Überhänge nach bogeninnen und bogenaußen durch die Sehnenstellung des Fahrzeuges im Bogen, durch Quer- und Wiegenspiele zwischen Wagenkasten und Radsatz oder Drehgestell und durch die sog. Spurspiele; diese Wirkungen werden unter dem Begriff „Ausladungen“ zusammengefasst.
Da die Gleislage nie der idealen Geometrie entspricht, sondern stets mehr oder weniger große Unregelmäßigkeiten aufweist, ergeben sich bei einem fahrenden Eisenbahnfahrzeug kinematische Bewegungen:
  • seitlich quer sowie nach oben und unten;
  • Drehungen des Fahrzeugprofils aus Querhöhenfehlern des Gleises und
  • Drehbewegungen aufgrund der Federelastizität zwischen Fahrzeugkasten und Radsatz; letztere bezeichnet man als das Wanken.
  • Hinzu kommen Schwingungen des bewegten Wagenkastens, also dynamische Wirkungen.
Alle zusammen vergrößern den Raumbedarf eines bewegten Fahrzeugs.
Die ortsfesten Anlagen (Oberbau und Schienen, Einrichtungen in Gleisnähe, Bahnsteige und andere gleisnahe Gegenstände) weisen in der Realität Toleranzen in ihrer Lage zur theoretischen Gleisachse (Soll-Lage) auf. Diese Abstandsmaße verändern sich außerdem durch die nicht vermeidbaren Abnutzungserscheinungen während des laufenden Betriebes.
Eberhard Jänsch
7. Eisenbahnbrücken, Tunnel und Ingenieurbauwerke
Zusammenfassung
Als Ingenieurbauwerke bezeichnet die DIN 1076 Brücken, Tunnel, Trogbauwerke, Stützbauwerke mit mindestens 1,5 m sichtbarer Höhe, Lärmschutzwände mit mindestens 2 m sichtbarer Höhe und Bauwerke, für die ein statischer Einzelstandsicherheitsnachweis erforderlich ist, z. B. Regenrückhaltebecken und Schachtbauwerke.
Die erste mit Lokomotiven betriebene Eisenbahn in Deutschland nahm 1835 den öffentlichen Personen- und Güterverkehr auf. Und dies bereits mit der bis heute üblichen Normalspur mit einer Spurweite von 1435 mm. Der Aufbau des Eisenbahnnetzes erfolgte anfänglich durch private Gesellschaften sowie bald auch durch Staatsbahnen.
Nach der deutschen Einigung von 1871 entstand in den einzelnen Bundesstaaten eine Reihe von staatlichen Länderbahnen. Die zahlreichen in dieser Zeit gebauten Privatbahnen bedienten i. d. R. den Regional- und Nahverkehr. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Länderbahnen vom Deutschen Reich übernommen und in der 1924 gegründeten Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft zu einem einzigen Staatsunternehmen zusammengefasst, das den größten Teil des Eisenbahnverkehrs in Deutschland betrieb.
Tristan Mölter, Michael Fiedler
8. Betriebsführung der Infrastruktur
Zusammenfassung
Die Betriebsgrundsätze der europäischen Eisenbahnen sind noch immer stark national orientiert und weichen in einzelnen Ländern erheblich voneinander ab. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich daher auf die Situation in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Vergleichbare Regeln gelten auch bei vielen osteuropäischen Bahnen. Bei westeuropäischen Bahnen sind mit Ausnahme der sich stark an den deutschen Grundsätzen orientierenden Luxemburgischen Eisenbahn größere Abweichungen anzutreffen.
Das Kapitel stellt die grundlegenden Definitionen für Betriebsstellen und Fahrten mit Eisenbahnfahrzeugen unter Berücksichtigung der Rolle des Fahrplan vor. Die Signalisierung von Zug- und Rangierfahrten wird vergleichend gegenüber gestellt. Es wird auf Fragen des Flankenschutzes, auf die betrieblichen Maßnahmen zum Bauen im Betrieb und auf die Behandlung von Störfällen an Sicherungsanlagen eingegangen.
Jörn Pachl
9. Spurplangestaltung und betriebliche Infrastrukturplanung
Zusammenfassung
Die drei Aspekte der betrieblichen Infrastrukturgestaltung
- die Angebotskonzeption,
- die Spurplangestaltung und
- die Leistungsuntersuchungen
bilden eine untrennbare Einheit.
- Die Angebotskonzeption beschreibt das gesellschaftlich gebotene beziehungsweise vermarktbare und infrastrukturell mögliche Angebot an Verkehrsleistungen.
- Die Spurplangestaltung findet den gesellschaftlich gebotenen und verkehrlich erforderlichen Infrastrukturausbaugrad.
- Schließlich dienen die Leistungsuntersuchungen dazu, einen optimalen Ausgleich zwischen den Anforderungen der Verkehrskunden und des Infrastrukturbetreibers zu erreichen, um so die Wettbewerbsfähigkeit des Gesamtsystems Eisenbahn in Konkurrenz mit den anderen Verkehrsträgern und als Teil eines gesamtgesellschaftlich optimalen Verkehrswesens sicher zu stellen.
Dies bedeutet, dass in der Praxis nie nur einer der drei Aspekte betrachtet wird, die drei Teile sind alle gleichberechtigt und ergänzen einander.
Andreas Heppe, Werner Weigand
10. Leit- und Sicherungstechnik
Zusammenfassung
Der Schienenverkehr ist eines der sichersten Verkehrsmittel. Dies liegt einerseits an der zwangsweisen Spurführung, die bei Einhaltung aller Randbedingungen ein Verlassen des Fahrweges verhindert. Andererseits werden aber auch viele Prozesse wie z. B. die Fahrwegsicherung technisch mit hoher Zuverlässigkeit gesteuert. Um das zu erreichen, bedarf es ausgefeilter Verfahren und Techniken, die die Anforderungen des Bahnbetriebs mit Mitteln der Automatisierungstechnik unter Beachtung der Sicherheitswissenschaft realisieren. Durch die Komponenten und Systeme der Leit- und Sicherungstechnik werden die Zug- und Rangierfahrten mit den Technologien „Fahrstraße“ und „Blockinformation“ gesichert.
Ulrich Maschek
11. Funktionale Sicherheit
Zusammenfassung
Programmierbare elektronische Systeme spielen in modernen Eisenbahn-Automatisierungssystemen eine wichtige Rolle. Viele dieser Systeme sind sicherheitsrelevant, sie schützen z. B. direkt das Leben von Passagieren oder Personal. Manche führen relativ einfache Aufgaben aus wie z. B. die Zwangsbremse eines Zuges nach Überfahren eines Haltsignals, während andere relativ komplexe Aufgaben ausführen wie den fahrerlosen Betrieb einer U-Bahn. Daher ist das Sicherstellen der korrekten Funktion des Eisenbahn-Automatisierungssystems eine Schlüsselaufgabe der Sicherheitsarbeit, die als Funktionale Sicherheit bezeichnet wird.
Obwohl eisenbahnspezifische Normen und Regelwerke schon vor über einem Jahrzehnt eingeführt wurden, wird die Funktionale Sicherheit oft als komplexe und kostenintensive Aufgabe angesehen, selbst von Fachleuten. Dies liegt u. a. darin begründet, dass Normen und Regelwerke nur Minimalanforderungen festlegen, aber wichtige Themen wie Methoden oder Sicherheitsziele nicht normativ vorgegeben werden.
Diese Kapitel stellt eine strukturierte und gradlinige Einführung in die Funktionale Sicherheit von Eisenbahn-Automatisierungssystemen dar. Insbesondere werden Zusammenhänge und Empfehlungen dargestellt, die über die reine Erfüllung von Normen und Gesetzen hinausgehen. Dazu werden auch zahlreiche zusätzliche Themen wie z. B. Unfallursachenanalyse, risikoorientierte Bewertung von Produktsicherheitsmängeln oder strukturierte Sicherheitsargumentation einbezogen.
Jens Braband
12. Trassierung und Gleisplangestaltung
Zusammenfassung
Längsneigung und Bogenradius sind die beiden entscheidenden Trassierungselemente einer Eisenbahnstrecke, sie waren es zur Gründerzeit des Eisenbahnbaues im 19. Jahrhundert und sind es nach wie vor bei Neubauten heute. Von der Steigung, der Krümmung und der verfügbaren Triebfahrzeugleistung hängen die Anhängelast der Züge, die jeweils erreichbare Geschwindigkeit und schließlich die Leistungsfähigkeit einer Strecke ab.
Beim Bau der ersten Eisenbahnen war die größte mögliche Längsneigung meist ausschlaggebend für die Trassenwahl, daneben aber auch der kleinste Bogenradius. Letzterer war aber zunächst weniger von der geplanten Fahrgeschwindigkeit abhängig, mehr dagegen von der Lauffähigkeit der Lokomotiven in den Bögen.
Relativ bald hatten sich größte Neigungen von etwa 25 Promille (‰) als Standard für Strecken im Mittel- und im Hochgebirge und von etwa 10 bis 12 ‰ im Flachland durchgesetzt. Auf Nebenstrecken kamen auch größere Neigungen, meist bis zu 40 ‰ vor, vereinzelt auch Neigungen bis zu etwa 60 ‰.
Die Festlegung in der Eisenbahn- Bau- und Betriebsordnung (BO) von 1928 [1] auf 12,5 bis max. 25 ‰ bei Hauptbahnen und 40 ‰ bei Nebenbahnen orientierte sich daher offensichtlich am Bestand des damals weitgehend fertiggestellten Eisenbahnnetzes in Deutschland – neue Strecken sollten demnach keinesfalls steiler trassiert werden als die überwiegende Mehrzahl der vorhandenen Bahnen.
Manfred Weigend
13. Bahnübergänge
Zusammenfassung
Bahnübergänge stellen besondere Kreuzungssituationen dar, an denen sich zwei Verkehrssysteme mit grundlegend verschiedenen Eigenschaften begegnen. Dies führt zu speziellen Anforderungen an die Sicherheit, die vom allgemeinen Eisenbahn- und Straßenverkehr abweichen.
Das 37 Seiten umfassende Kapitel 13 befasst sich zunächst mit Grundlagen, wobei Definitionen, Anforderungen und Rechtsnormen dargelegt werden. Anschließend steht die bautechnische Gestaltung mit Bahnübergangsbelägen und Entwässerung im Fokus. Den Schwerpunkt des Kapitels bilden die Sicherungsmaßnahmen, wobei zunächst die Technologien und Grundprinzipien überblicksmäßig erläutert und danach die einzelnen nichttechnischen und technischen Sicherungsarten detailliert behandelt werden. Abschließend konzentriert sich das Kapitel auf die Rolle der Bahnübergänge als Gemeinschaftsanlage von Bahn und Straße und liefert Lösungsansätze für komplexe Verkehrssituationen. In sämtlichen Abschnitten werden aktuelle Erkenntnisse aus Forschung und Praxis berücksichtigt.
Eric Schöne
14. Energieversorgung elektrischer Bahnen
Zusammenfassung
In der Einführung zu diesem Kapitel werden die Aufgaben und Strukturen von Bahnenergieversorgungssystemen erläutert und die in Europa üblichen Bahnstromsysteme vorgestellt. Dabei nehmen die historische und technische Entwicklung sowie die Verbreitung der jeweiligen Bahnstromsysteme einen entsprechenden Raum ein. Insbesondere die Frage nach den Gründen für das in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Norwegen und Schweden übliche Einphasenwechselstromsystems mit 16 2/3 Hz, 15 kV wird beantwortet. In einem weiteren Abschnitt wird der Stand der heutigen 16,7-Hz- Bahnenergieversorgung der DB AG in ihrer Gesamtstruktur und in ihren Teilsystemen beschrieben.
Im Abschnitt „Fahrleitungen“ werden die in Deutschland üblichen Oberleitungs- und Stromschienen-bauarten vorgestellt. Dabei beschränkt sich die Darstellung der Oberleitungsbauarten aus Platzgründen im Wesentlichen auf die DB AG. In diesem Abschnitt soll dem Leser ein Überblickswissen zum konstruktiven Aufbau der Regeloberleitungen Re 100 bis Re 330 vermittelt werden. Dabei werden die einzelnen Baugruppen (wie z.B. Längskettenwerke, Quertrag-einrichtungen, Maste und Gründungen) vorgestellt. Durch eine große Anzahl von Tabellen und Abbildungen wird eine Schnittstellenbetrachtung der Oberleitung zu anderen Gewerken der Eisenbahninfrastruktur, wie z.B. Oberbau, Leit- und Sicherungstechnik, Brücken, Bahnübergängen, bis hin zum Stromabnehmer elektrischer Triebfahrzeuge erleichtert. In diesem Zusammenhang sind auch die Ausführungen zur Rückstromführung, Bahnerdung und Potentialausgleich zu sehen.
Am Schluss des Kapitels werden die Schutzabstände von Personen und von Baumaschinen bei Arbeiten in der Nähe spannungsführender Ober- und Bahnenergieleitungen aufgezeigt.
Ein Anhang zu diesem Kapitel enthält eine Zusammenstellung der wesentlichen Regelzeichen für Oberleitungslagepläne.
Bernd-Wolfgang Zweig, Arnd Stephan
15. Stromversorgung der Infrastruktur
Zusammenfassung
Neben dem Energieverbrauch für die Traktion von Zügen gibt es bei den Eisenbahnen zahlreiche, stationäre Energieverbraucher der Infrastruktur. Mit der weiteren Entwicklung der Technik und der immer höher werdenden Komplexität werden diese immer intensiver zur Anwendung von Elektroenergie übergehen und zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Normalerweise werden die Energieverbraucher aus bahneigenen Starkstromnetzen (3AC 400 V 50 Hz oder 3AC 6/12/20/30 kV 50 Hz) versorgt, die aus den anliegenden Netzen der regionalen Energieversorgung gespeist werden. In den Knotenpunkten nehmen diese zum Teil bedeutende Ausmaße an.
Eberhard Hunger, Uwe Steinert
16. Kabelanlagen
Zusammenfassung
Kabel unterscheiden sich von Leitungen durch ihren Aufbau und ihre Verwendung (Abb. 16.1).
Kabel sind gegen Umgebungseinflüsse besser geschützt und eignen sich für eine feste Installation sowie für Verlegung
  • in Luft,
  • im Erdreich (auch ungeschützt),
  • im Wasser,
  • in Kabelkanälen, z. B. Betonkabelkanäle im Gleisbereich,
  • in Schutzrohren,
  • in Formsteinen,
  • in Beton,
  • auf Kabelpritschen, Kabelbahnen (Abb. 16.2) oder
  • in Kabelrinnen.
Leitungen eignen sich für geschützte Verlegungen und insbesondere für ortsver-änderliche Betriebsmittel. Außerdem finden sie Verwendung als Aderleitungen in Steuerungen, Schienenfahrzeugen und in der Bahnstromversorgung, z. B. als Rückleitungsverbinder im Gleisbereich.
Leitungen müssen durch ihre Verlegungsart vor mechanischer, thermischer und chemischer Beschädigung geschützt werden, da derartige Beanspruchungen je nach Intensität eine Schädigung oder auch eine vorzeitige Alterung der Isolier- und Mantelwerkstoffe verursachen.
Die Leiter von Kabeln und Leitungen bestehen aus blankem oder metallumhülltem Zinn oder Zinnlegierung, weichgeglühtem Kupfer oder aus Aluminium bzw. aus Aluminiumlegierungen. Aluminiumleiter haben gegenüber Kupfer bei gleichem Gewicht das 3,3 fache Volumen. Der leitwertgleiche Querschnitt beträgt das 1,5 fache im Vergleich zu Kupfer. Das leitwertgleiche Gewicht beträgt nur die Hälfte von Kupfer. Damit sind Kabel mit Aluminiumleiter deutlich leichter.
Ralf Baumann, Andreas Boldt
17. Bahnbetriebliche Telekommunikationstechnik
Zusammenfassung
Betrachtet man die Entwicklung der Eisenbahn von den Anfängen an, so ist festzustellen, dass die Bedeutung der Telekommunikationstechnik für das Eisenbahnwesen – früher Fernmeldetechnik genannt – kontinuierlich zugenommen hat und weiter zunimmt.
Die Bedürfnisse einer zunehmend mobilen Gesellschaft, gepaart mit der Anforderung, Eisenbahnverkehr nicht nur sicher, sondern auch wirtschaftlich zu betreiben, sind wesentliche Treiber dieser Entwicklung. Die zentrale Betriebsführung des Eisenbahnverkehrs in Betriebszentralen oder Zentralstellwerken ist nur mit der Unterstützung leistungsfähiger und hoch verfügbarer Telekommunikationstechnik für die Daten- und Sprachkommunikation möglich.
Die Gesetze und Verordnungen, die im Wesentlichen die Basis für den Eisenbahnbetrieb in Deutschland bilden, enthalten bereits die grundlegenden Anforderungen für die Ausprägung der Telekommunikationsanlagen (siehe z. B. AEG § 4 [1]). So besteht in der EBO [2] bereits die konkrete Forderung zur Ausrüstung von Betriebsstellen mit Fernsprechverbindungen oder von Eisenbahnstrecken mit Zugfunk (z. B. EBO § 16 Fernmeldeanlagen).
Mit dem EU-Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (siehe [3], Dritter Teil, Titel XVI, Artikel 170, 171), den EU-Richtlinien/-Verordnungen zur Interoperabilität des Eisenbahnwesens in der Europäischen Union [4, 8] bzw. deren nationaler Umsetzung [5] wurden in jüngster Vergangenheit die Regelungen geschaffen, welche die aktuellen Entwicklungen in der bahnbetrieblichen Telekommunikationstechnik am wesentlichsten beeinflussen (Beispiel Abb. 17.1).
Thomas Schnurrer
18. Elektromagnetische Verträglichkeit
Zusammenfassung
Das Themengebiet „Elektromagnetische Verträglichkeit im Bahnbereich“ lässt sich anhand der zu erfüllenden Schutzziele in mehrere Teilbereiche untergliedern:
  • Verträglichkeit der Komponenten und Geräte eines Fahrzeuges untereinander, so dass das Fahrzeug bestimmungsgemäß eingesetzt werden kann (Abschn. 18.2, Schlagwort „EN50121“)
  • Verträglichkeit der Komponenten, Geräte und Anlagen der Infrastruktur untereinander, so dass die Infrastruktur bestimmungsgemäß arbeiten kann (Abschn. 18.2, 18.3, Schlagworte „EN50121“, „Beeinflussung von LST-Anlagen durch Bahnstrom“)
  • Störaussendung von Fahrzeugen in die Außenwelt (Abschn. 18.2, Schlagwort „EN50121“)
  • Störaussendung der Eisenbahn-Infrastruktur in die Außenwelt (Abschn. 18.2, Schlagwort „EN50121“)
  • Sicheres und hochverfügbares Zusammenwirken von Fahrzeugen mit der Bahn-Infrastruktur (Abschn. 18.4, Schlagwort „Beeinflussung von Gleisfreimeldeeinrichtungen“)
  • Begrenzung der Beeinflussung anderer Infrastrukturen wie z.B. Telekommunikations- oder Rohrleitungen durch die Bahn (Abschn. 18.3, Schlagwort „Beeinflussung durch Bahnstrom“).
Ein weiteres Schutzziel ist der Personenschutz. Auswirkungen des 16,7-Hz-Bahnstromes auf Personen sind im Abschn. 18.3 aufgeführt.
Nicht alle Themen können an dieser Stelle umfassend dargestellt werden, es kann hier nur auf die ganz wesentlichen Grundlagen eingegangen werden.
Wilhelm Baldauf, Jens Burandt, Markus Hößl, Stefan Jäger
19. Umweltschutz
Zusammenfassung
Beim Planen, Bauen, Betreiben und Instandhalten der Eisenbahninfrastruktur sind Umweltbeeinträchtigungen zu vermeiden und unvermeidbare Umweltbeeinträchtigungen zu minimieren oder auszugleichen bzw. zu ersetzen. Die materiellen und ethischen Anforderungen sind in einer Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien, Leitfäden, sowie sonstigen Normen und Regelwerken verankert. Verstöße können zu straf- und haftungsrechtlichen Konsequenzen führen, darüber hinaus kann die Reputation des Unternehmens erheblichen Schaden nehmen. Die Beachtung dieser Anforderungen auf allen Ebenen der Unternehmenshierarchie sicher zu stellen, ist für die oberste Leitung des Unternehmens von gleicher Relevanz, wie etwa die Gewährleistung der Gebrauchssicherheit von Produktionsmitteln und Produkten.
Henning Schwarz
20. Netzzugang
Zusammenfassung
Bereits seit 2008 verfolgt die „Interoperabilitätsrichtlinie“ 2008/57 EG [1] das Ziel eines interoperablen europäischen Eisenbahnverkehrs. Diese Ziele wurde am 01. Juni 2016 mit der Richtlinie (EU) 2016/767 weiterentwickelt und im Erwägungsgrund Nummer 2 verdeutlicht:
„Um den Bürgern der Union, den Wirtschaftsteilnehmern sowie den zuständigen Behörden in vollem Umfang die Vorteile zugutekommen zu lassen, die sich aus der Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums ergeben, müssen insbesondere die Verknüpfung und Interoperabilität der nationalen Eisenbahnnetze sowie der Zugang zu diesen Netzen gefördert und nach Artikel 171 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) jede Aktion durchgeführt werden, die sich gegebenenfalls im Bereich der Harmonisierung der technischen Normen als notwendig erweist.“
Um die vielfältigen, historisch und national unterschiedlichen Technologien sowohl bei den Infrastrukturkomponenten als auch bei den Fahrzeugen hin zu einem interoperablen europäischen Eisenbahnverkehr zu entwickeln, wurden europäische Standards für ein transeuropäisches Eisenbahnnetz initiiert (Abb. 20.1). Die Anwendung dieser Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) werden in Deutschland durch das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG) [2] und die Transeuropäische Eisenbahn-Interoperabilitätsverordnung (TEIV) [3] in nationales Recht umgesetzt.
Claus Kandels
21. Instandhaltung und Anlagenmanagement des Fahrwegs
Zusammenfassung
Anlagenmanagement optimiert bei Produktionsanlagen den gesamten Lebenszyklus, beginnend mit der Planung und Beschaffung, dem anschließenden Betrieb und der begleitenden Instandsetzung bis zum Ende der Nutzungsdauer der Anlage. Damit sind integrierte Instandsetzungskonzepte im Sinn von „Total Productive Maintenance“ sowie Qualitätsmanagement im Sinn von „Total Quality Management“ notwendige Bestandteile des Anlagenmanagements. Anlagenmanagement beschäftigt sich mit der Frage welche Anlagenausprägung zu wählen sei. Daraus folgt, dass neben der Instandsetzung auch die Auswahl des Anlagentyps ein integraler Teil des Anlagenmanagements ist. Auf Lebenszykluskosten (LCC) basierende Investitionsentscheidungen und nachfolgende ebenso LCC basierte Instandsetzungsstrategien entsprechen damit weitgehend den Anforderungen des Anlagenmanagements, wobei Lebenszykluskostenbetrachtungen auf RAMS Analysen aufbauen. Erst die Beantwortung der Fragen nach Reliability (Häufigkeit und Art der Fehler), Availability (Verfügbarkeit unter Berücksichtigung der auftretenden Fehler und ihrer Instandhaltbarkeit), Maintainability (Optionen zur Instandsetzung) und Safety (Konsequenzen der Fehler) erlauben das Verhalten einer Anlage und die erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen für die gesamte Nutzungsdauer abzuschätzen und in Form der Lebenszykluskosten zu bewerten.
Peter Veit
22. Anlagenmonitoring des Fahrwegs
Zusammenfassung
Modernes Anlagenmanagement ist ohne geeignete Datenverarbeitungssysteme heute nicht mehr denkbar. In diesem Zusammenhang findet man auch häufig den Begriff „Infrastrukturmanagementsystem“. Die Aufgabenstellung geht jedoch weit über das Verwalten von Anlagedaten hinaus. Zielstellung ist es, letztendlich eine vom DV-System gestützte optimierte Instandhaltungsstrategie zu realisieren. Grundvoraussetzung dafür ist, den Fahrweg als komplexes Ganzes zu betrachten. Es ist erforderlich, das gesamte Spektrum aller Inspektions- und Stammdaten in einem einzigen System zu speichern und dies über einen historisch gesehen möglichst langen Zeitraum.
Die Praxis zeigt, dass gerade die Verwaltung von Massendaten im Bereich Eisenbahninfrastruktur ein häufig unterschätztes Problem darstellt. Die Grenzen sind nicht durch fehlende Speicher- oder Rechnerkapazität gegeben, sondern vielmehr fehlt es an geeigneten Datenbankmodellen und Softwarelösungen, die die Spezifika der Eisenbahninfrastruktur berücksichtigen. Das „System Bahn“ ist ein sehr komplexes Gebilde.
Ziel der Softwareindustrie ist es naturgemäß, Standardlösungen für Infrastrukturmanagementsysteme bereitzustellen, die für einen breiten Anwenderkreis nutzbar sind und somit auch einen großen Absatzmarkt sichern.
Der Versuch diese Standardlösungen an die Gegebenheiten der Eisenbahninfrastruktur anzupassen, scheitert spätestens dann, wenn Inspektionsdaten zu linearen Objekten wie Gleise, Oberleitungen, Weichen usw. zu verwalten sind.
Ulrich Erdmann
Backmatter
Metadaten
Titel
Handbuch Eisenbahninfrastruktur
herausgegeben von
Prof. Dr. Lothar Fendrich
Prof. Dr. Wolfgang Fengler
Copyright-Jahr
2019
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-56062-4
Print ISBN
978-3-662-56061-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-56062-4