Skip to main content

2019 | Buch

Handbuch Politikberatung

herausgegeben von: Dr. Svenja Falk, Prof. Dr. Manuela Glaab, Prof. Dr. Andrea Römmele, Henrik Schober, Martin Thunert

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Politik braucht Beratung und der Bedarf wächst. In diesem Handbuch werden daher relevante Felder der Politikberatung systematisch dargestellt, neue Entwicklungen analysiert und aktuelle Trends aufgezeigt. Neben den Grundlagen, Strukturen und Akteuren sowie den Feldern von Politikberatung finden erstmals deren Methoden und Instrumente differenziert Berücksichtigung.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Theoretische Grundlagen und Zugänge zum Thema Politikberatung

Frontmatter
Politikberatung – eine Einführung
Kontexte, Begriffsdimensionen, Forschungsstand, Themenfelder

Einführend zeigt der Beitrag die wachsende Relevanz von Politikberatung als Tätigkeitsfeld und Forschungsgegenstand auf. Nach einer Begriffsklärung und Verortung in der Politikwissenschaft werden Schwerpunkte der Politikberatungsforschung wie auch aktuell diskutierte Trends behandelt. Auf diese Weise er wird verdeutlicht, dass eine systematische Fortführung der wissenschaftlichen Diskussion möglich und notwendig ist. Dass das Handbuch Politikberatung hierzu einen Beitrag leisten will, wird anhand der Schwerpunktsetzung des Bandes erläutert.

Svenja Falk, Manuela Glaab, Andrea Römmele, Henrik Schober, Martin Thunert
Politikberatung aus sozialwissenschaftlicher Perspektive

Die Forderung nach einer evidenzbasierten Politik ist ein wiederkehrendes Topos politischer und wissenschaftlicher Diskurse. Neben dem Anspruch, für die Politikgestaltung relevantes Wissen anbieten zu können, ist für die Sozialwissenschaften aber auch die Frage nach der Rolle von Wissen im politischen Prozess prägend. Dabei muss sich die sozialwissenschaftliche Forschung auch immer dem Spannungsverhältnis von Demokratie und Expertise stellen. Im Zeitalter der Digitalisierung ergibt sich in dieser Hinsicht für die Sozialwissenschaften eine neue Konstellation: Neben den Fähigkeiten zur sozialwissenschaftlichen Beratung im politischen Prozess ist jene zur Aufklärung über die Veränderungen des politischen Prozesses durch das Auftreten neuer Wissensakteure substanziell herausgefordert.

Andreas Blätte
Politikberatung aus juristischer Sicht

Politikberatung unterliegt rechtlichen Grenzen. Auch wenn zu unterscheiden ist, ob die Legislative oder die Exekutive beraten wird, sollen die rechtlichen Vorgaben doch stets sicherstellen, dass die politische Entscheidungsfindung im Wesentlichen innerhalb der dafür vorgesehenen Verfahren und Institutionen stattfindet. Politikberatung erscheint vor diesem Hintergrund oft problematisch, wird aber selten rechtswidrig sein. Zugleich ist Politikberatung eine praktische Notwendigkeit, insbesondere dann, wenn es den beratenen Akteuren an entsprechender Expertise mangelt. Angesichts der hohen Zahl von Beamten mit juristischer Ausbildung ist jedoch erklärungsbedürftig, warum auch in juristischen Fragen häufig externer Rat eingeholt wird.

Alexander Graser
Politikberatung und demokratische Legitimität

Der Beitrag diskutiert unterschiedliche Formen demokratischer Legitimität für die Politikberatung. Dabei werden die Input-, Output- und Throughput-Legitimation einander gegenüber gestellt und ihre jeweiligen Besonderheiten dargestellt. Zudem diskutiert der Beitrag den Zusammenhang zwischen verschiedenen Arten der Politikberatung und demokratischer Legitimität. Im empirischen Teil werden Daten zur Qualität der Politikberatung im internationalen Vergleich vorgestellt und analysiert, inwieweit Beziehungen zu Input- und Outputindikatoren bestehen. Schließlich wird noch die Frage beantwortet, wie Politikberatung unter dem Aspekt einer hohen demokratischen Legitimation aussehen könnte.

Uwe Wagschal
Wissensgesellschaft und wissenschaftliche Politikberatung

Wissenschaftliche Politikberatung hat aufgrund der Ausweitung der Staatsfunktionen und der Spezialisierung der Wissenschaft eine dramatische Expansion erfahren. Spezial- bzw. Expertenwissen werden im politischen Diskurs zum Legitimierungsinstrument. Die Produktion wissenschaftlichen Wissens, die nicht mehr auf die Kerninstitutionen der Wissenschaft beschränkt ist, folgt jedoch anderen Rationalitäten und Funktionslogiken als demokratische Entscheidungs- und Legitimationsprozesse. Die Beziehung zwischen Politikern und Beratern kann aus der Perspektive der Wissens(chafts)soziologie deshalb als eine Konflikt- bzw. Machtkommunikation verstanden werden, deren Gegenstand die Definitionsmacht im Hinblick auf anstehende politische Entscheidungen ist.

Peter Weingart
Politikberatung und Ethik

Dieser Beitrag integriert Grundsätze und Standards professioneller Politikberatung in einem dreistufigen Kriterienkatalog, der moralisch-rechtliche, ethische und instrumentell-technische Standards und Prinzipien hierarchisiert. Überdies definiert er einen ethischen Orientierungs- und Anspruchsrahmen und umreißt diverse praktische Problembereiche. Seine normative Substanz entspringt Inhalt, Geltung und Reichweite der entwickelten Standards und Kriterien. In dieser Form und Konstellation ist dies der erste Kriterienkatalog seiner Art für die Politikberatung.

Shamim Rafat
Partizipative Politikberatung
Formate, Erfahrungen und Perspektiven

Partizipative Politikberatung, die aktive Bürgerbeteiligung in den Mittelpunkt rückt, gewinnt zusehends an Bedeutung. Vielfach kann diese zur Entwicklung tragfähiger Problemlösungen beitragen, doch besteht ein normatives Spannungsverhältnis zwischen Responsivität und Handlungsautonomie der Politik. Partizipative Politikberatung, die sich vielfältiger, im Folgenden überblicksartig dargestellter Formate und Methoden bedient, muss hohen Anforderungen der Prozess- und Verfahrensgestaltung genügen. Deshalb beleuchtet der Beitrag neben den Potenzialen auch die Grenzen partizipativer Politikberatung, bevor abschließend deren Perspektiven einschließlich vorhandener Professionalisierungstendenzen aufgezeigt werden.

Manuela Glaab
Demokratische Teilhabe in einer digitalen Gesellschaft

Der folgende Beitrag analysiert, wie sich demokratische Teilhabe in einer digitalen Gesellschaft verändert. Dazu nimmt er staatlich ermöglichte Wege der Partizipation in den Fokus und erläutert, welche Potenziale und Herausforderungen sich durch die Digitalisierung für deliberative, direktdemokratische und repräsentative Verfahren ergeben. Digitale Elemente in Beteiligungsprozessen haben das Potenzial, mehr interessierte Bürger zu erreichen. Für eine breitere Teilhabe insbesondere sozial benachteiligter Bürger, die sich zuvor nicht beteiligt haben, bedarf es jedoch passgenauer Gestaltungsformen, die zielgruppen- und anlassgerecht eingesetzt werden können.

Christina Tillmann, Ralph Müller-Eiselt, Sarah Fischer

Ressourcen und Akteure der Politikberatung

Frontmatter
Politikberatung von innen

Politikberatung meint im Allgemeinen die Hinzuziehung wissenschaftlichen Expertenwissens durch politische Funktionseliten oder Fachbeamte. Träger der Politikberatung sind meist spezialisierte Forschungs- und Beratungsinstitute, die in Deutschland oft über Beiräte oder Kommissionen in die politischen Entscheidungsverfahren miteinbezogen werden. Nur selten wird allerdings berücksichtigt, dass im politischen Normalbetrieb auch Fachwissen genutzt wird, das innerhalb eines Regierungsapparates zur Verfügung steht. Der Beitrag setzt sich mit diesem Aspekt der Politikberatung auseinander und skizziert die zentralen Formen einer Politikberatung von innen.

Karl-Rudolf Korte
Expertenkommissionen der Bundesregierung

Expertenkommissionen gehören zum festen Inventar der Politikberatung in Deutschland. Sie können neben der fachlichen Beratung insbesondere zu symbolischen Zwecken sowie zur Steigerung der Legitimation staatlichen Handelns genutzt werden. Der Beitrag bietet einen Gesamtüberblick über die Expertenkommissionen der Bundesregierung in Deutschland von 1998 bis 2015 und arbeitet ihre Besonderheiten heraus, um die Rolle der Gremien im politischen Prozess herzuleiten. Dazu werden abschließend verschiedene Modelle vorgestellt und vor dem Hintergrund des aktuellen Standes empirischer Forschung diskutiert. Im Ergebnis wird deutlich, dass es für weitere Analysen der gründlichen Einzelfallbetrachtung bedarf.

Sven T. Siefken
Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages

Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages erfüllen die Funktion eines Hilfsmittels des Parlaments bei der Ausübung seiner Kontrollfunktion gegenüber der Bundesregierung. Sie haben die Aufgabe, die Abgeordneten bei der Bewältigung eines ständig steigenden Informationsvolumens zu unterstützen. Im Bundestag wurde Mitte der sechziger Jahre die erste formelle Organisationseinheit mit entsprechender Funktion etabliert und in einem Prozess der Differenzierung und Spezialisierung schrittweise zu einem echten Wissenschaftlichen Dienst ausgebaut. Heute erfüllen die in zwölf Fachbereiche gegliederten Wissenschaftlichen Dienste mit ihren knapp fünf Dutzend Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im höheren Dienst Aufgaben einer politischen Fachberatung (Policy Advice) in Form von Dienstleistungen in den Bereichen Reference, Research und Bibliografie. Als Gliederungseinheit der Bundestagsverwaltung sind die Wissenschaftlichen Dienste gehalten, ihre Produkte wie Materialsammlungen, Sachstände oder Aktive Informationen nach den Grundsätzen der parteipolitischen Neutralität, Sachlichkeit und Objektivität zu erstellen. Die Basis der Qualitätssicherung der Wissenschaftlichen Dienste bilden zum einen der Zugang zu einer großen Vielfalt von Informationsquellen wie der großen Parlamentsbibliothek und zahlreichen Datenbanken und zum anderen die umfassenden Außenbeziehungen in Form etwa der Teilnahme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Fachtagungen und Kongressen, des W-Forums oder der Mitgliedschaft im Europäischen Zentrum für Parlamentarische Wissenschaft und Dokumentation (EZPWD). Die Bedarfsangemessenheit der Wissenschaftlichen Dienste lässt sich an der hohen Nachfrage der Parlamentarier nach ihren Produkten ablesen. Rund 80 Prozent der Abgeordneten gehören zu ihren Kunden, und diese stellen jährlich rund 3000 Anfragen.

Uli Schöler, Thomas von Winter
Fraktionen und Ausschüsse des Deutschen Bundestages

Politikberatung in Fraktionsführungen im Deutschen Bundestag erfolgt in erster Linie durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen – und dies erfolgreicher als häufig vermutet. Denn nur Menschen, die den Politik- und Parlamentsbetrieb gut kennen, sind in der Lage, die individuell nötige Beratung für Politiker und Politikerinnen zu bieten: zu ihr gehört neben inhaltlicher Recherche und Argumentation auch ganz maßgeblich die „politische Machbarkeit“. Dieser Beitrag beschreibt die besonderen Herausforderungen der Politikberatung in Fraktionen und Ausschüssen und geht dabei besonders auf die Themen Kommunikation, politische Strategie und Positionierung ein.

Michael Eilfort
Politikberatung in Rufnähe
Politikberatung durch Fraktionsreferenten und wissenschaftliche Mitarbeiter

Der Buchbeitrag beschäftigt sich mit der Politikberatung von Abgeordneten durch ihre Wissenschaftlichen Mitarbeiter und Fraktionsreferenten. Der Aufsatz vergleicht beide Gruppen hinsichtlich Rekrutierung, Ausbildung, beruflichen Hintergrunds, Beratungskapazitäten und Karrieren. MdB-Mitarbeiter und Fraktionsreferenten sind Informations- und Wissensquellen, Frühwarnsysteme und Feedbackinstanzen. Sie knüpfen die Netzwerke, aus denen heraus die Politikberatung der MdBs organisiert wird. Die Mikropolitik einer Fraktion und deren politisch-konzeptionelle Performance hängen stark von den Mitarbeiterstäben ab.

Carsten Stender
Spitzenakteure der Parteien

Durch das Hinzuziehen externer Beratung durch Institutionen, Unternehmen (zumeist Dienstleister) oder Einzelpersonen bzw. Personengruppen erhoffen sich politische Parteien exklusive Unterstützung in ihrem Handeln, primär eigene Vorteile im Parteienwettbewerb. Parteien setzen dabei hauptsächlich auf zielorientiertes Anwendungs- und Erfahrungswissen. Angesichts des Metaprozesses der Medialisierung von Politik und der relativ geringen Finanzausstattung der Parteien kommen den wettbewerbsrelevanten Bereichen im Feld der Darstellungspolitik eine überragende Bedeutung zu (Kommunikation allgemein und Wahlkampf im Besonderen). Die Meinungsforschung nimmt aufgrund der für Strategieentscheidung wichtigen Datengrundlage zwar eine Sonderrolle ein, rein quantitativ bestimmen aber andere kommerzielle Agenturen als Anbieter deutlich das Bild. Nicht unterschätzt werden sollte auch die Bedeutung der parteinahen Stiftungen, die in jüngster Zeit ihre Beratungstätigkeiten erweitert haben.

Uwe Jun
Umfragebasierte Politikberatung diesseits und jenseits der Demoskopie

Politikberatung auf Grundlage von Umfragen umfasst verschiedene Formen und Inhalte, von der klassischen demoskopischen Trenderhebung bis zu Verfahren, die ursprünglich in der Marktforschung entwickelt und für strategische Politikforschung adaptiert wurden. Der Beitrag fokussiert auf die verschiedenen Manifestationen umfragebasierter Politikberatung, verortet sie entlang der Dimensionen des Politischen und illustriert anhand von Beispielen die Angebots- und Nachfrageseite des politischen Marktes für umfragebasierte Beratung.

Nico A. Siegel, Oliver Sartorius, Michael Kunert
Lobbyismus in der Politikberatung

Der Begriff Lobbyismus bezeichnet Aktivitäten, die darauf abzielen, Regierungshandeln zu beeinflussen. Lobbying hat in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen und wird zunehmend professioneller. Lobbystrategien reichen von Gesprächen auf Elitenebene bis hin zu medienwirksamen Massenprotesten. Der Erfolg der Lobbybemühungen hängt insbesondere von den politikrelevanten Informationen und der Qualität der Kontaktnetzwerke der Lobbyistinnen ab. Diese Ressourcen sind in der Gesellschaft sehr ungleich verteilt, was den Lobbyismus in Widerspruch zu den Prinzipien demokratischen Regierens setzt. Effektive Regulierung könnte Abhilfe schaffen, fehlt jedoch in den meisten politischen Systemen.

Patrick Bernhagen
Politikberatung durch Stiftungen

Von Agendasetter bis Zahlmeister – über die politikberatende Rolle von Stiftungen verschafft dieser Artikel anhand zahlreicher Beispiele einen umfassenden Überblick. Er ordnet den Stiftungen verschiedene Rollenmodelle zu und zeigt, auf welche Art Stiftungen die Gesellschaft mit Mitteln der Politikberatung gestalten.

Anke Pätsch

Politikberatung in ausgewählten Politikfeldern

Frontmatter
Wissenschaftliche Beratung der Wirtschaftspolitik in Deutschland und Bedingungen für ihren Erfolg

In Deutschland existiert eine ausdifferenzierte Landschaft der wissenschaftlichen Beratung der Wirtschaftspolitik. Die Beratungsgremien sind überwiegend extern, sehr unabhängig und staatlich finanziert. Ihre Ratschläge richten sie sowohl an die Politik als auch an die Öffentlichkeit. Um ihren begrenzten Einfluss auf politische Entscheidungen möglichst optimal zu nutzen, sollten sich die Beratungsgremien auf die Beratung der Öffentlichkeit fokussieren. Dazu müssen die Anreize für Wissenschaftler erhöht werden, politikrelevante Forschung zu betreiben und ihre Forschungsergebnisse in den Medien zu präsentieren.

Susanne Cassel, Elke Baumann
Politikberatung in der Arbeitsmarktpolitik

Politikberatung in der Arbeitsmarktpolitik wird von einer Vielzahl unterschiedlichster Institutionen betrieben. Im Zuge der Arbeitsmarktreformen der letzten 15 Jahre erhielt die Beratung in Folge der in den Gesetzen verankerten Evaluation von Maßnahmen eine enorme Zunahme an Evidenzbasierung. Gleichwohl bleiben die theoretischen Erklärungsmuster wie die methodischen Weiterentwicklungen umstritten. Hauptgrund hierfür ist das weitgehende Beharren auf dem ökonomischen Rationalmodell sowie die noch entwicklungsfähige Berücksichtigung von Polity und Politics neben den üblichen Policies.

Werner Sesselmeier
Politikberatung in der Gesundheitspolitik

Die erfolgreiche Umsetzung von Reformen in der Gesundheitspolitik gestaltet sich aufgrund der vielschichtigen Akteurskonstellationen und etablierten Interessen in Verbindung mit der finanziellen Relevanz möglicher Veränderungen als besonders schwierig. Der Autor stellt die gesundheitspolitische Beratungslandschaft in Deutschland dar und diskutiert an ausgewählten Beispielen den Einfluss von Beratungsleistungen auf die Entwicklung des Gesundheitssystems. Der Beitrag schließt mit einem Blick auf die besonderen Herausforderungen und die zunehmende Dynamik wissenschaftlicher Beratung im Politikfeld Gesundheit.

Falko Brede
Politikberatung in der Forschungs- und Technologiepolitik

In der Forschungs- und Technologiepolitik können inhaltliche Entscheidungen nicht ohne Unterstützung der Wissenschaft selbst getroffen werden. Die fachliche Kompetenz fließt in der Regel mit erfahrungsgestützter Expertise der Berater, in den letzten Jahren zunehmend durch quantitative und wissenschaftliche Bewertungen ergänzt, zur wissenschaftspolitischen Gestaltung zusammen. Wissenschaftliche Beratung ist in diesem Politikfeld im Unterschied zu anderen Feldern aus systematischen Gründen nicht interesselos. Im historischen Verlauf haben Ansprüche auf Mitgestaltung des Politikfeldes durch nichtwissenschaftliche Akteure zugenommen, so dass die wissenschaftliche Politikberatung sich in einer größeren gesellschaftlichen Auseinandersetzung behaupten muss und als eine Façette des gesellschaftlich stärker geforderten Engagements der Wissenschaft betrachtet werden kann. Umfassende empirische Arbeiten in diesem Kontext fehlen jedoch weitgehend.

Kai Buchholz, Katja Patzwaldt
Biopolitik und ethische Politikberatung

In diesem Artikel werden wichtige Beratungsgremien im Bereich der Biopolitik dargestellt. Im Zentrum steht dabei der Deutsche Ethikrat, der sich seit einigen Jahren als maßgebliche Beratungsinstanz etabliert hat. In historischer Perspektive werden außerdem jene Enquete-Kommissionen berücksichtigt, die den biopolitischen Diskurs in Deutschland stark geprägt haben. Ein kurzer Exkurs gilt alternativen Beratungsformen in Form von Beteiligungsverfahren. Im Fazit wird die politische Funktion bioethischer Politikberatung resümiert.

Alexander Bogner
Wissenschaftliche Politikberatung für den gesundheitlichen Verbraucherschutz

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftliche Fachbehörde, die Wissen für politische Entscheidungsprozesse bereitstellt. Es ist zuständig für die Bewertung von Risiken aus den Bereichen Lebensmittel, Chemikalien und verbrauchernahe Produkte. Als Fachbehörde orientiert sich das BfR an den Normen der Wissenschaft, pflegt aber zugleich einen engen Austausch mit der Politik wie auch mit der Öffentlichkeit. Das BfR verfügt über zahlreiche Mechanismen, um auf unterschiedliche Erwartungen adäquat reagieren zu können und ist heute eine Institution, die einen festen Platz im öffentlichen wissenschaftlichen Diskurs hat und mit ihren Risikobewertungen richtungsweisend ist.

Astrid Epp, Mark Lohmann, Gaby-Fleur Böl

Politikberatung international

Frontmatter
Politikberatung in der Außen- und Sicherheitspolitik

Klassische Beratung in der Außenpolitik findet nicht mehr statt, oder ist jedenfalls kaum mehr wirksam. Globale Räume haben sich transnationalisiert und partiell entstaatlicht, nationale Regierungen sind nur eine Akteursgruppe neben anderen. Globale Ströme (Flows) sind beratungsresistent. Multiple Herausforderungen und Erwartungen sowie kurze Zeithorizonte wirken negativ auf die Performanz von Regierungen ein. Die klassischen Begrenzungen deutschen Außenverhaltens sind teilweise noch wirksam, doch kann Deutschland mit einer starken Wirtschaft und angesichts steigender Erwartungen einer stärkeren Verantwortungsübernahme nicht mehr entgehen. Diese erfolgt mehr in den Medien und weniger über einen professionell gesättigten akademisch-fachlichen Diskurs.

Klaus Segbers
Die Rolle von Denkfabriken in der Außenpolitikberatung

Außenpolitiker sind in diesen Tagen besonders gefordert, sich zu aktuellen Krisen zu äußern, denn viele Konflikte finden parallel statt. Das stellt große Anforderungen an die Entscheider. Wer aber berät heutzutage die Außenpolitik und was ist von der Vermittlung eines solchen Sachverstands zu halten? Wer sind diese Akteure und welche Rolle im politischen System kommt ihnen zu? Zu diesen Fragen liefert der folgende Beitrag einen Überblick.

Nicole Renvert
Globale Entwicklungspolitik
Politikberatung zwischen Aid-Community und Global Public Policy

Entwicklungspolitikberatung war lange im Milieu der aid-community gefangen. Die 2015 beschlossenen Ziele nachhaltiger Entwicklung (SDGs) verändern Zielsetzung, Zielgruppen und Instrumente globaler Entwicklungspolitik. Dies wird auch zu einer Neuausrichtung der Politikberatung führen. Fragestellungen müssen neu gefasst, Internationalisierung und Exzellenz vorangetrieben sowie neue Adressaten und Methoden der Beratung in den Blick genommen werden. Neben bilateraler Beratung gewinnen kollektive und hybride Formate an Bedeutung. Entwicklungspolitikberatung könnte so zu transformativer Kooperation als einem wichtigen Baustein von global public policy beitragen.

Adolf Kloke-Lesch
Advisory Systems for Public Policy Makers
An International OECD Perspective

There is no shortage of policy advice (PA) these days in most OECD capitals, neither in quantity or form, nor origin or monetary value. The article explores the changing landscape of the supply of policy advice, the demand for advice by governments and the multiple layers of the advisory process. It does so against the background of the increasing complexity of policy challenges: More informed, better connected, agile and critical citizens who are demanding responsiveness, quality, as well as transparency and integrity from their representatives; and the fast expanding inter- and supra national policy environment.It argues for the need to establish standards to help ensure the quality of policy advice, the transparency of the advisory services universe, and the minimization of downward risks associated with undue impact of policy advice. A tight and well defined framework for policy advice can be an effective instrument to (re)-build trust in policy advice, for the benefit of suppliers, customers and citizens.

Rolf Alter
Politische Kommunikationsberatung in Lateinamerika

Politische Kommunikationsberatung hat in Lateinamerika eine lange Tradition. Politische Wahlkampagnen stehen dabei im Mittelpunkt – bei aller Unterschiedlichkeit der mehr als zwanzig Länder in der Region. Besonders politische Unwägbarkeiten führen dazu, dass Unternehmen zunehmend Leistungen der politischen Kommunikationsberatung in Anspruch nehmen (Public Affairs, CSR, Governmental Relations). Zukunftstrends sind das Aufkommen von digitaler politischer Kommunikation sowie breitere Ausbildungsangebote für Politikberater. Klientelismus und Korruption sind im Beziehungsgeflecht von Medien und Politik die größte Herausforderung für Qualität und Professionalität in der politischen Kommunikationsberatung in Lateinamerika.

Peter-Alberto Behrens
Politikberatung im politischen System der Schweiz

Dieses Kapitel bietet eine Übersicht zur Politikberatung in der Schweiz. Einleitend wird dargestellt, wie sich wichtige Institutionen des politischen Systems, wie die direkte Demokratie und die liberal-föderale Staatsstruktur, auf Beratungsbeziehungen auswirken. Danach widmet sich das Kapitel den einzelnen Beratungsinstrumenten und geht auf deren Funktionsweise ein. Darauf folgt eine Darstellung der Beratungsverwendung durch Bundesverwaltung und Parlament. Eine abschließende Diskussion fasst zentrale Befunde zusammen und problematisiert die Zweckmäßigkeit des Beratungssystems.

Raffael Himmelsbach
Politikberatung in Großbritannien

Großbritannien hat eine diverse und dynamische Politikberatungslandschaft. Interne Regierungsberatung, Parlamentsberatung, Think Tanks, universitäre Institute, Consultancies und Lobbyorganisationen bieten eine fast undurchschaubare Vielfalt an miteinander engverstrickten Akteuren. Dank des trotz devolution fortbestehenden zentralistischen Staatsaufbaus treffen sich die meisten dieser Akteure in Londons Westminster Village und gehören zu einem kleinen Establishment mit einem bestimmten Sozialcharakter. Dieser Beitrag wirft einen Blick auf diese Politikberatungslandschaft und ordnet sie in aktuelle Politik und Entwicklungen britischer Exekutivgewalt ein.

Hartwig Pautz, Martin Thunert

Methoden und Instrumente der Politikberatung

Frontmatter
Coaching in der Politikberatung

Coaching hat im politischen Kontext aus meiner Erfahrung enorme Bedeutung. Denn zusätzlich zu allgemeinen, auch aus der Arbeit mit Topmanagern bekannten Coaching-Effekten kommen gecoachte Politiker/-innen besser mit Branchen-Spezifika zurecht: außergewöhnlich hoher Verschleiß der Akteur/-innen zwischen Berufs- und Privatwelt, gleichzeitig wahrzunehmende Mehrfachrollen, latente Gefahr der persönlichen Attacke von innen oder Umgehen mit bzw. Führen von Menschen, die man sich weder ausgesucht hat, noch die direkt weisungsgebunden sind.Coaching bringt also für Spitzenpolitiker/-innen, dabei letztlich auch für die dahinterstehenden Organisationen bzw. Gremien, Chancen auf mehr Potential und mehr Wirkung, ist aber gleichzeitig kein Allheilmittel für Schwächen von Akteur/-innen, Strukturen oder Prozessen.

Regina Jankowitsch
Lobbying and Public Affairs
Voice, Access, Litigation

Lobbying scandals regularly shake up legislations – in Washington, D.C. as well as in Brussels, Berlin or Vienna. This report looks at what the lobbying profession is really about beyond the scandals: a means to provide voice and access to policymakers whose decisions may have a huge impact. After defining lobbying in an academic sense, the report discusses why lobbyists, as middlemen between politics and business or public interests, are needed at all, what it is exactly that they are doing and how their work differs between the United States, the EU and particular national legislations, such as Germany or Vienna. Litigation as a potential complementary tool of lobbying is discussed, as well as the question as to what money can buy in lobbying and the efforts to regulate this business.

Irina Michalowitz
Stripped to the core – ein praxisorientierter Blick auf moderne Public Affairs-Arbeit

Der Beitrag „Stripped to the core“ wirft einen praxisorientierten Blick auf moderne Public Affairs-Arbeit. Vom politischen Audit als Nullmessung und Bedarfsermittlung über kontinuierliches Monitoring, Veranstaltungsformate bis hin zum Einfluss der Digitalisierung wird abseits von Buzzwords und Beratersprech erläutert, wie Themenwelten und Akteure zusammenhängen und mit welchen Instrumenten interessengeleitete politische Kommunikation zum Erfolg geführt werden kann. Unter dem nüchternen Motto „Was nützt wem wann wieviel?“ räumen die Autoren aus ihrer Sicht als Praktiker dabei mit verbreiteten Mythen auf und beugen überzogenen Erwartungen an Public Affairs-Arbeit vor.

Daniel Enke, Sebastian Franke
Public Diplomacy

Staaten stehen in einem globalen Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Deutungshoheit. In der vernetzten Welt bemessen sich Macht und Einfluss auch nach dem jeweiligen Grad der Verbundenheit. Netzwerk- und Kommunikationskompetenz sind zu wichtigen Ressourcen der Außenpolitik geworden. Public Diplomacy gewinnt zunehmend an Bedeutung, um für die eigenen (außen)politischen Ziele zu werben (soft power) und das Image eines Landes (nation branding) zu verbessern. Die strategische Kommunikationsaufgabe für eine netzwerkorientierte Außenpolitik besteht darin, Verständigung und Dialog zu befördern und nicht in außenpolitische Propaganda zu verfallen.

Vito Cecere, Oliver Christopher Will
Mediation in der Politikberatung

Seit den 1990er-Jahren werden Mediationen zur Lösung politischer Konflikte durchgeführt. Die Anwendung der zunächst für den privaten Bereich entwickelten Methodenfamilie der Konfliktvermittlung auf die Besonderheiten politischer Konflikte fordert Mediatoren heraus, auch praktisch notwendige Leistungen im Bereich des Partizipationsmanagements, der Wissensgenerierung, der Kopplung mit formalen Verfahren und der öffentlichen Kommunikation und Positionierung anzubieten. Damit sind Mediationen über die deliberative Gesellschaftsberatung hinaus als transformative demokratische Prozesse und als Herausforderung für die Kategorien der Gesellschaftsberatung zu betrachten.

Christopher Gohl
Simulation and Gaming for Policy Advice

This chapter aims at extending the policy advisor’s toolbox, by presenting the potential of serious games to support the whole spectrum of advisory and analytical processes behind public policymaking. Serious games are structured and interactive exercises, reproducing the elements of reality, within a set of rules, wherein participants individually, or collectively, organize and act to solve a dilemma and experience the effects of their actions through a feedback mechanism, built deliberately into and around the game. The lessons learned (both individual and social) are transferrable to the world outside the game. ‘Multilogue’, the unique ‘simultaneous dialogue of multiple actors in pursuit of a greater understanding of the topic at hand’ (Duke, Richard D. Gaming the future’s language. New York: Sage, 1974), takes place both during the game and the debriefing afterwards, and constitutes a crucial feature of the advisory potential of gaming.Starting with a brief sketch of the origins and development of serious games, the chapter moves on to their potential as advisory tools, supporting various stages of policymaking processes, as well as educational devices, enhancing the broader quality of advisory systems and processes. It concludes with an introduction of the basic principles of a design methodology for serious games.

Jagoda Gandziarowska-Ziołecka, Dorota Stasiak
Politische Risikoanalyse

Politische Risiken sind mögliche Störungen der geschäftlichen Aktivitäten internationaler Unternehmen durch politische Kräfte und Ereignisse, die im Gastland, im Heimatland oder aus Veränderungen in der internationalen Umgebung entstehen. Dazu gehören soziale Konflikte und politische Gewalt sowie nachteilige staatliche Eingriffe und Regulierungen bis hin zur Enteignung. Die politische Risikoanalyse berät Unternehmen dabei, die für sie relevanten Risikoszenarien zu ermitteln und zu priorisieren. So können die größten politischen Risiken durch gezielte Maßnahmen zur Risikokontrolle und Schadensbegrenzung gemanagt werden. Der Beitrag führt in den Begriff des politischen Risikos ein und stellt verschiedene Untersuchungsansätze und Methoden der politischen Risikoanalyse vor. Abschließend werden Fragen des politischen Risikomanagements angesprochen.

Carsten Giersch
Going Beyond Evidence
Evaluation of and for Policy Advice

Evaluation research can provide policy advice on the basis of evidence that it is increasingly expected to rely upon. At the same time, policy advice itself can take on the role of the evaluandum and become the very object of evaluation. Both these dimensions of the evaluation-advice interface merit attention. However, while there are criteria for the evaluation of policy advice, the use of evaluation for policy advice remains a black box, as this is part of less formal communication and consultation. This notwithstanding, this article will offer an introduction to the various reasons for – as well as various contexts of – evaluation’s increasing importance in policy advice.

Dorota Stasiak, Andrea Römmele, Henrik Schober
Qualifikationen, Ausbildung und Professional Schools in der Politikberatung

Der Umfang der wissenschaftlichen und fachlichen Beratung für politische und administrative Entscheidungsträger hat in den letzten beiden Jahrzehnten erheblich zugenommen. Damit einher ging die Diversifizierung und Professionalisierung der Ausbildungswege angehender Politikberater/innen. Der nachfolgende Beitrag weist auf die Vielschichtigkeit heutiger Ausbildungsmöglichkeiten hin, die der zunehmenden Komplexität politischen Handelns geschuldet ist. Einen Königsweg in der Aus- und Weiterbildung gibt es nicht, dennoch sollen aktuelle Entwicklungstrends und ausgewählte Studienprogramme vorgestellt und ein Überblick über universitäre Studienangebote geliefert werden, um angehenden und etablierten Politikberatern/innen mögliche Qualifizierungsoptionen aufzuzeigen.

Heike Grimm, Elias Roßner
Metadaten
Titel
Handbuch Politikberatung
herausgegeben von
Dr. Svenja Falk
Prof. Dr. Manuela Glaab
Prof. Dr. Andrea Römmele
Henrik Schober
Martin Thunert
Copyright-Jahr
2019
Electronic ISBN
978-3-658-03483-2
Print ISBN
978-3-658-03482-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-03483-2