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2016 | Buch

Handbuch Vergleichende Politikwissenschaft

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Über dieses Buch

Das Handbuch Vergleichende Politikwissenschaft stellt - erstmals im deutschsprachigen Raum - Beträge zu den wichtigsten Aspekten der Vergleichenden Politikwissenschaft zusammen. Neben der Darstellung der zentralen Begriffe und Kategorien sowie konzeptionellen und methodischen Ausführungen bietet der Band zudem Übersichten über die relevanten komparativen Forschungen und Forschungsergebnisse in den jeweiligen Bereichen. Mit über sechzig Beträgen wird ein umfassender Überblick zur Entwicklung und aktuellen Situation dieser Teildisziplin gegeben.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Historische Entwicklungen

Frontmatter
Historische Entwicklungen und Grundlagen der Vergleichenden Politikwissenschaft

Der Beitrag behandelt die Entwicklung der Teildisziplin „Vergleichende Politikwissenschaft“ beziehungsweise „comparative politics“. Gezeigt werden deren Ausdifferenzierung und ihre konzeptionellen und methodischen Grundlagen. Diese haben eine eigene Entwicklungsgeschichte und einen speziellen Stellenwert für die VP. Hieran schließt sich eine detaillierte Betrachtung wichtiger neuerer Forschungsetappen und inhaltlicher Weiterentwicklungen an. Betont wird die enge Verbundenheit der politischen Entwicklungen mit den jeweils aktuellen Forschungsfragen. Zum Schluss wird auf aktuelle Herausforderungen im Sinne wieder verschwimmender Fachgrenzen, auf Mehrebenenanalysen und interdisziplinäre Ansätze eingegangen.

Dirk Berg-Schlosser

Methodische Grundlagen und Verfahren

Frontmatter
Methodologische Grundlagen des Vergleichs und Vergleichsdesigns

Die Vergleichende Politikwissenschaft setzt systematisch, planvoll, Kriterien geleitet und auf Theorien bezogen mindestens zwei Vergleichsobjekte, die mindestens eine gemeinsame Eigenschaft besitzen, zu einander in Beziehung. Ihre Forschungsdesigns richten sich zunächst nach der Anzahl der zu untersuchenden Fälle und der Anzahl der zu erhebenden Variablen. Im Zentrum der vergleichenden Analysen stehen die Fallstudie, die statistische Methode und die „vergleichende Methode“, die sich des Most Similar Systems- oder der Most Different Systems-Forschungsdesigns bedient. Die Vergleichende Politikwissenschaft trifft dort auf Grenzen, wo Regeln der kontrollierten oder repräsentativen Fallauswahl verletzt, Variablen nicht berücksichtigt oder externe Einflüsse übersehen werden.

Susanne Pickel
Quantitative makroanalytische Verfahren in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Die Analyse von Makrodaten ist ein Kernbereich der Vergleichenden Politikwissenschaft. Mit ihr werden Strukturen und Beziehungen von übergeordneten Einheiten, sog. Makroeinheiten, empirisch untersucht. Sie unterscheidet sich aufgrund dieser Ausrichtung von der Analyse von Mikrodaten, welche ihren Schwerpunkt auf die Untersuchung von Individuen legt, sowie der qualitativen Makroanalyse (QCA; Fuzzy-Set-Analyse). Ihre quantitativ-statistische Kernanalyseform ist die Aggregatdatenanalyse. Dieses Verfahren greift sowohl auf prozessproduzierte Daten als auch auf aggregierte Individualdaten zurück und nutzt statistische Auswertungsverfahren, die zumeist auf eine kausale Erklärung zielen. Quantitative Makroanalysen unterliegen den Problemen des ökologischen Fehlschlusses, des selection bias und geringer Fallzahlen. Gleichzeitig eröffnen sie Möglichkeiten auf globale und weitreichende Aussagen über gesellschaftliche Entwicklung. Neuere Ansätze verbinden Aggregatdatenanalysen mit Analysen von Individualdaten oder auch der qualitativen Makroanalyse, erhöhen die Zahl der verwendeten Ereignisse und fokussieren immer stärker die Verbindung zwischen Theorie und empirischer Analyse.

Gert Pickel
Qualitative Comparative Analysis (QCA) in der Vergleichenden Politikwissenschaft

In diesem Beitrag wird die Qualitative Comparative Analysis (QCA) als vergleichende Methode vorgestellt. Grundprinzipien von QCA sind ihre Verankerung in der Mengentheorie und die daraus ableitbare Möglichkeit, hinreichende, notwendige, INUS- und SUIN-Bedingungen in einer vergleichenden Analyse herauszuarbeiten. So kann ein sehr elaboriertes Niveau kausaler Komplexität erreicht werden. Mit Fuzzy-Sets ist es zudem möglich, sozialwissenschaftliche Konzepte zu differenzieren, um nicht auf Dichotomien zurückgreifen zu müssen. Idealerweise wird QCA bei mittleren Fallzahlen angewandt.

Claudius Wagemann
Fallstudien und Process Tracing in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Process Tracing hat sich in den letzten Jahren als zentraler methodischer Ansatz zur Durchführung von Fallstudien herauskristallisiert. Im vorliegenden Beitrag wird zunächst auf Fallstudien allgemein und ihr Bezug zur vergleichende Methode eingegangen. Dann wird Process Tracing als methodischer Ansatz vorgestellt. Beispiele von Process Tracing in der Vergleichenden Politikwissenschaft und der Analyse Europäischer Integration illustrieren die Anwendungsmöglichkeiten.

Wolfgang Muno
Komparative Area-Forschung in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Die komparative Area-Forschung ist ein Bindeglied zwischen den klassischen, interdisziplinär angelegten Area Studies und der Vergleichenden Politikwissenschaft. Die Vergleichende Politikwissenschaft stand lange Zeit in der Gefahr, unbewusst eine starke – europäisch-nordamerikanische – Schlagseite zu perpetuieren, die ihrem Anspruch, universal gültige Gesetzmäßigkeiten zu ergründen, entgegensteht. Der weltpolitische Aufstieg der „emerging powers“ und Globalisierungsphänomene haben die Bedeutung bislang durch die Politikwissenschaft vernachlässigter Weltregionen (besonders in Afrika, Asien und Nahost) erhöht. In einer defensiven Sichtweise hat sich das Spektrum untersuchenswerter Fälle und Fragestellungen damit erweitert, in einer offensiveren Sichtweise ist die Erarbeitung einer deutlich breiteren empirischen Basis zwingend, um überhaupt die universelle Gültigkeit vieler Lehrsätze oder Modelle aufrecht erhalten zu können. Die komparative Area-Forschung stellt einen geeigneten Zugang dar, um die Reichweite von Generalisierungen, aber auch Grad der Spezifizität einzelner Fälle zu ermitteln. Es können cross-, intra- und interregionale Vergleichsformen unterschieden werden; sie sind unterschiedlich voraussetzungsvoll, folgen aber auch unterschiedlichen Erkenntnisinteressen.

Andreas Mehler

Theorien und Konzepte

Frontmatter
Systemwandel und -wechsel in der Vergleichenden Politikwissenschaft

System, Staat, Regime und Regierung sind die wichtigsten Begriffe, mit denen in der Politikwissenschaft politische Herrschaftsordnungen systematisch gefasst werden. Sie beziehen sich auf bestimmte Ordnungen des Politischen, bezeichnen aber deutlich unterschiedliche Teilmengen des Gesamten. Der abstrakteste der genannten Ordnungsbegriffe ist zweifellos der des politischen Systems. Vor dem besonderen theoretischen Hintergrund der Systemtheorie begreift er Regime, Regierung und Teile des Staates auf einer hohen Abstraktionsebene mit ein. Was ein politisches System ist, wie es sich von Staat und politischem System unterscheidet, soll im ersten Teil dieser Abhandlung geklärt werden. Der zweite Teil wird dem Wandel und Wechsel politischer Regime und Systeme gewidmet sein.

Wolfgang Merkel
Regime in der Vergleichenden Politikwissenschaft: Autokratie und Demokratie

Nach der Präzisierung der zentralen Begriffe Herrschaftsform und Regime werden mit autoritären, totalitären und demokratischen Regimen drei Grundformen politischer Herrschaftsformen erläutert. Anhand der methodischen Unterscheidung von regulären und verminderten Subtypen werden zentrale Subtypen von autokratischen und demokratischen Regimen vorgestellt. Abschließend werden bedeutsame Messanlagen der Regimemessung skizziert und diskutiert.

Hans-Joachim Lauth
Regierungssysteme in der Vergleichenden Politikwissenschaft: Konzepte und Modelle

Im Zentrum der konzeptuell orientierten Forschung zu Regierungssystemen im Rahmen der Vergleichenden Politikwissenschaft steht die Diskussion über unterschiedliche Regierungsformen. Der internationale Entwicklungstrend in diesem Bereich ist durch eine wachsende Ausdifferenzierung gekennzeichnet. Längst wird nicht mehr nur zwischen parlamentarischen und präsidentiellen Systemen unterschieden, sondern der Semi-Präsidentialismus als dritter Typus mit mehreren Ausformungen überwiegend anerkannt. Hinzu kommen Versuche, den unterschiedlichen Ausformungen vertikaler Gewaltenteilung politischer Systeme konzeptuell Rechnung zu tragen. Die spezifischen institutionellen Muster horizontaler und vertikaler Gewaltenteilung können in weiter dimensionierte Konzepte demokratischer Regierungssysteme und Demokratietypen integriert werden. Das außerordentlich einflussreiche Vetospieler-Theorem zielt streng genommen auf eine Überwindung der maßgeblichen Klassifikationen der klassischen Regierungs(formen)lehre, hat im Zuge eines Rezeptionsstranges, der auf die konstitutionellen Vetospieler konzentriert ist, jedoch gleichwohl konstruktives Potential auch innerhalb der vergleichenden Regierungssystemforschung entfaltet. Zu den jüngeren Entwicklungstrends der Teildisziplin gehört insbesondere die fortschreitende Expansion in den transnationalen Bereich.

Ludger Helms
Governance und Steuerungsformen in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Je nach theoretischem Kontext bezeichnet Governance Unterschiedliches. In dem vorliegenden Beitrag werden diejenigen Konzeptionalisierungen von Governance diskutiert, die gut für einen Vergleich fruchtbar gemacht werden können. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Governance-Analyse gelegt, mit der die Blockadeanfälligkeit von realen Struktur-Prozess-Konfigurationen untersucht werden kann.

Nicolai Dose
Partizipation in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Die enge Verbundenheit von gesellschaftlichen und politischen Wandeln und die Entwicklungen in der politischen Beteiligung, stellen die Partizipationsforschung immer wieder vor große Herausforderungen. Dabei zeigt die vergleichende Forschung immer wieder große Unterschiede in Ausmaß und Umfang politischer Partizipation zwischen verschiedenen Ländern. Länderspezifischen Charakteristika sind: durchaus geringe Beteiligung, ähnliche Strukturierung des Partizipationsrepertoires, wandelnde Popularität verschiedener Formen und ständig ungleiche Beteiligung. Im Zeitvergleich steht der ständigen Ausweitung des Repertoires die These eines Rückgangs des ohnehin niedrigen Niveaus politischer Beteiligung gegenüber. Die weitere Verbreitung von „individualised collective action“ und die Benutzung von neuen sozialen Medien wird die Partizipationsforschung in den nächsten Jahren kennzeichnen.

Jan W. van Deth
Formale und informelle Institutionen in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Nach einer begrifflichen Klärung des Institutionenverständnisses werden mögliche Interaktionsbeziehungen zwischen formalen und informellen Institutionen diskutiert. Danach werden zentrale Ansätze und Überlegungen der neo-institutionalistischen Debatte vorgestellt. Abschließend wird ein knapper Überblick auf empirische Forschungsfelder im Kontext formaler und informeller Institutionen gegeben.

Hans-Joachim Lauth
Entwicklungstheorien in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Entwicklungstheorien haben sich vornehmlich mit den Ursachen sozioökonomischer und politischer Entwicklung – Modernisierung – in den Regionen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas beschäftigt. Die jeweiligen Trends und Strömungen weisen dabei starke Parallelen zu übergeordneten sozialwissenschaftlichen Debatten wie auch zu den großen Trends im internationalen System auf. Mit der zunehmenden Heterogenität der Entwicklungsländer, der zunehmenden globalen Herausforderungen und der Verbreitung anspruchsvoller Methoden der empirischen Sozialforschung verliert die traditionelle politikwissenschaftliche Entwicklungsforschung jedoch immer stärker ihre Eigenständigkeit.

Jörg Faust
Gender in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Gender als Dimension vergleichender Untersuchungen zu berücksichtigen, bedeutet, vergleichend zu untersuchen, ob und inwieweit geschlechtsbezogene soziale, ökonomische, oder kulturelle Unterschiede bestehen bzw. konstruiert werden. Der Beitrag stellt verschiedene Ansätze, Fragen und Bereiche für die vergleichende Forschung zu Gender vor.

Claudia Wiesner
Policy-Theorien in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Der Beitrag stellt die wichtigsten theoretischen Ansätze der vergleichenden Politikfeldanalyse vor. Im ersten Teil werden solche Ansätze diskutiert, die auf eine einzige unabhängige Variable zur Erklärung von Politikergebnissen fokussieren, nämlich der Funktionalismus (sozio-ökonomische Schule), der Machtressourcen-Ansatz, die Parteiendifferenzhypothese, die Vetospieler-Theorie, die Lehre von der Pfadabhängigkeit, die Internationale Hypothese sowie die Varieties-of-Capitalism-Forschung. Im zweiten Teil werden komplexere Ansätze vorgestellt, die den Policy-Prozess insgesamt erklären wollen, nämlich der Akteurzentrierte Institutionalismus, der Advocacy-Coalition-Ansatz, das Multiple-Streams-Framework sowie die Punctuated Equilibrium-Theorie.

Reimut Zohlnhöfer
Pfadabhängigkeit in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Das Konzept der Pfadabhängigkeit ist in den Sozialwissenschaften weit verbreitet. Es betont die Historizität von Ereignissen und wurde vor allem im Historischen Institutionalismus aufgenommen, um langanhaltende Prozesse zu erklären. Durch die weite Verbreitung ist das ursprünglich aus der Ökonomie stammende Konzept jedoch ausgefasert. In diesem Beitrag wird versucht, drei unterschiedliche Konzeptionen analytisch voneinander zu trennen. Während ein weites Verständnis die Bedeutung einer adäquaten historischen Einbettung hervorhebt, betont ein Konzept mittlerer Reichweite stärker die Sequenz von Ereignissen. Das enge, institutionenökonomisch fundierte Konzept argumentiert hingegen mit steigenden Skalenerträgen, die man für eine sozialwissenschaftliche Erklärung in der empirischen Realität aufzeigen sollte. Die große Stärke des Ansatzes besteht in der Erklärungskraft für institutionelle Langlebigkeit, weist aber trotz jüngster Modifikationen Defizite in der Erklärung von Wandel auf.

Johannes Gerschewski
Konstruktivistische Ansätze in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Der Konstruktivismus hat in der Politikwissenschaft einen rasanten Aufstieg erlebt. Dennoch ist er in der Komparatistik bisher eher vernachlässigt worden. So fehlen in den einschlägigen Einführungen der Teildisziplin nach wie vor eigene Abhandlungen zum Konstruktivismus. Das bedeutet jedoch nicht, dass er in seiner Forschungspraxis keine Rolle spielen würde. Vielmehr zeichnen sich verstärkt Hinweise ab, die sich für die Eröffnung einer konstruktivistischen Vergleichsperspektive aufgreifen lassen. Im vorliegenden Beitrag soll nach diesen stillen, teilweise verstreuten Hinwendungen gefragt werden. Zunächst aber führt er in die methodologischen Kontroversen ein, die seinen Erfolg in den akademischen Disziplinen ermöglicht haben. Abschließend wird ein Ausblick auf ausgewählte Modelle gegeben, die es erlauben, die unterschiedlichen Hinweise stärker aufeinander zu beziehen und zu systematisieren. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich der Konstruktivismus aufgrund seiner heterogenen Anlage methodologisch nicht eindeutig fixieren lässt. Aber genau das eröffnet flexible Anwendungsmöglichkeiten für das theoretische und empirische Arbeiten in der Komparatistik.

Taylan Yildiz
Rational Choice in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Rational Choice Ansätze gehören zu den wichtigsten theoretischen Konzepten in der Vergleichenden Politikwissenschaft. Ihre Kernannahmen und zentralen Axiome werden in diesem Beitrag dargestellt. Innerhalb von Rational Choice lassen sich zwei große Strömungen unterscheiden, die im Hinblick auf ihre dominante Erklärungsstrategie differieren. Ihre jeweiligen Stärken und Schwächen im Hinblick auf die Formulierung sozialwissenschaftlicher Erklärungen werden skizziert und es wird auf typische Anwendungen in der Vergleichenden Politikwissenschaft verwiesen. Es wird argumentiert, dass die Entscheidung für eine dieser Strömungen Implikationen für die Menge möglicher Fragestellungen und für die Reichweite der Erklärung hat.

Johannes Marx
Social Capital in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Sozialkapital stellt ein bedeutendes Konzept innerhalb der Vergleichenden Politikwissenschaft dar. Basierend auf den Arbeiten von Bourdieu (1983), Coleman (1990) und Putnam (1993, 2000) beschreibt es den Wert sozialer Beziehungen. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über aktuelle konzeptionelle Debatten in diesem Forschungsfeld sowie über empirische Befunde zum Bestand, zu den Bedingungen und Wirkungen von Sozialkapital.

Kathrin Ackermann, Markus Freitag

Polities

Frontmatter
Autokratien und Demokratien in der Vergleichenden Politikwissenschaft: Empirische Forschung und Befunde

Die Forschungsarbeit zu Demokratien und Autokratien hat in der Vergleichenden Politikwissenschaft eine lange Tradition. Fragen nach der Durchsetzungskraft der Demokratie und ihrer Stabilität standen bereits früh in ihrem Fokus. Mit der zunehmenden Zahl an Demokratien etablierte sich eine stärkere Differenzierung dieser Betrachtungen, die zum einen die feinere Qualitätsbestimmung von Demokratie und zum anderen die Identifikation von potenziellen Zwischenformen (hybride Regime, defekte Demokratien) beinhaltete. Begleitet wurde dies von Fragen nach der Stabilität und der Leistungsfähigkeit entsprechender politischer Systeme. Dem Befund der Ausdifferenzierung von Herrschaftstypen in eine größere Vielfalt an Regimeformen steht die Beobachtung einer weiter voranschreitenden weltweiten Demokratisierung bei gleichzeitig identifizierbaren Umbrüchen auch zu autokratischen Regimeformen zur Seite. Dabei scheinen Prozesse der Demokratisierung nicht kontinuierlich, sondern in Wellenform zu verlaufen und sich in der Masse gegenüber den Veränderungen zur Autokratie durchsetzen zu können. Hierfür sind nicht zuletzt immer noch bestehende Vorteile in der Leistungsfähigkeit verantwortlich, die aber durch das Entstehen neuerer Typen hybrider Regime genauso hinterfragt werden kann, wie aufgrund ambivalenter Ergebnisse zur Auswirkung von Modernisierung und ökonomischer Leistungskraft.

Gert Pickel
Staat und Rechtsstaat in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Staat und Rechtsstaat bilden – folgt man Fukuyama (2011; 2014a) – zusammen mit Demokratie die drei Säulen moderner politischer Ordnungen und politischer Entwicklung und werden zumeist auch als zentrale Konzepte der (vergleichenden) Politikwissenschaft bezeichnet (Lauth et al. 2014; Berg-Schlosser und Müller-Rommel 2003). Beide Konzepte sind gleichwohl in mehrerlei Hinsicht heftig umstritten, was sich auch auf die empirische Forschung auswirkt. Dies liegt sowohl an inhärenten konzeptionellen Problemen als auch an grundlegenden Wissenschaftsstandpunkten und überdies auch an forschungsstrategischen und -praktischen („paradigmatischen“) Perspektiven. Im Vergleich scheint gegenwärtig das Feld des Rechtsstaats in nächster Zukunft noch aussichtsreichere Forschungsperspektiven zu bieten. Denn obwohl Rechtsstaat bzw. rule of law – beide werden im Folgenden weitgehend synonym behandelt – keine wirklich neuen Gegenstände der Politikwissenschaft darstellen, hat sich eine systematischere Rechtsstaatsforschung erst in den letzten 20 Jahren entwickelt.

Peter Thiery
Fragile Staaten in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Fragile Staatlichkeit (bzw. seine verschiedenen Synonyme wie Staatszerfall, Staatskollaps oder versagende Staatlichkeit) ist in seiner gegenwärtigen Form erst seit rund 20 Jahren ein Thema politikwissenschaftlicher Forschung. Aus Sicht der Vergleichenden Politikwissenschaft sind daran zwei Dinge bemerkenswert: Erstens handelt es sich dabei um ein Thema, das eigentlich Teil der klassischen Comparative Politics sein sollte, aber derzeit eher in den Internationalen Beziehungen, der Konflikt- und der Entwicklungsforschung angesiedelt ist. Die Vergleichende Politikwissenschaft schöpft demgegenüber das Potenzial des Konzepts bislang kaum aus. Zweitens gab es inhaltlich ähnliche Konzepte schon früher in der Komparatistik, z. B. die Arbeiten zu political development, deren Erkenntnisse von der aktuellen Forschung nur wenig bis gar nicht berücksichtigt werden. Positiv gewendet kann man daraus folgern, dass die Vergleichende Politikwissenschaft viel gewinnen könnte, wenn sie sich systematisch mit dem Thema fragiler Staatlichkeit beschäftigen und die Forschung an ihre eigenen Traditionen zurückbinden würde. Dies würde Erkenntnisgewinne für andere Forschungsstränge versprechen, aber auch der Forschung zu fragiler Staatlichkeit gut tun.

Daniel Lambach
Staatsstrukturen in der Vergleichenden Politikwissenschaft: Föderal- und Einheitsstaat

Die territoriale Dimension von Staatlichkeit ist den vergangenen Jahrzehnten wieder spürbarer geworden. Die supranationale Integrationsdynamik innerhalb der Europäischen Union, Prozesse der Devolution wie in Großbritannien oder Italien beziehungsweise der Föderalisierung wie in Belgien, und eine Vielzahl von Institutionenreformen in etablierten Föderalstaaten belegen dies. Oftmals liegt diesen institutionellen Dynamiken eine „Reaktualisierung“ territorial definierter Konfliktlinien zugrunde. Ungeachtet dieser aktuellen Entwicklungen zeigt dieser Beitrag indes, dass Territorialität seit jeher eine wichtige Rolle für die Binnenstruktur des Staates gespielt hat.

Jörg Broschek
Verwaltung in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Die international vergleichende VerwaltungswissenschaftVerwaltungswissenschaft– , vergleichende (Comparative Public Administration) ist in den vergangenen Jahrzehnten zu einem wichtigen Teilsegment der vergleichenden Politikwissenschaft geworden. Im vorliegenden Beitrag wird am Beispiel wesentlicher Typologien, Begriffe und Forschungserträge herausgearbeitet, welche Rolle das Vergleichen in der Verwaltungswissenschaft und die öffentliche Verwaltung als Gegenstandsbereich der vergleichenden Politikwissenschaft spielen. Es werden zentrale Befunde zur Wirkungsweise und zum Erklärungsbeitrag unterschiedlicher VerwaltungssystemeVerwaltungssystem in vergleichender Perspektive vorgestellt.

Sabine Kuhlmann
Verfassungsgerichte in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Die vergleichende Verfassungsgerichtsforschung ist ein vergleichsweise junges Feld der Vergleichenden Politikwissenschaft. Der vorliegende Beitrag untersucht normative Positionen der Debatte, theoretische und methodische Erklärungsansätze richterlichen Handelns sowie zentrale Fragen und Ergebnisse der empirisch-vergleichenden Gerichtsforschung. Theoretisch ist das Feld geprägt von behavioralistischen und neo-institutionalistischen Ansätzen, inhaltlich ist insbesondere die Frage von Bedeutung, welche Rolle Verfassungsgerichte in demokratischer Politik spielen, wie stark sie in sie hineinwirken und welche Folgen dies für demokratisches Regieren hat.

Sascha Kneip
Verfassungen in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Der Beitrag skizziert zunächst die Entwicklung des Verfassungsvergleiches. Er identifiziert eine inhaltliche und regionale Verbreiterung von einem theoretisch-normativen Interesse an der Ortung eines besten Regierungssystems und dem Fokus auf Westeuropa und Nordamerika hin zu empirischen Fragen der Verfassungsentwicklung und mehr areas. Danach erläutert er das politikwissenschaftliche Verständnis von Verfassungen, ihre Inhalte und Form und konfrontiert dabei die klassischen verfassungstheoretischen Überlegungen mit empirischen Beobachtungen. Deutlich wird, dass die empirische Varianz größer ist, als theoretisch vermutet. Der nachfolgende Überblick über wichtige Gegenstände und Befunde der aktuellen Forschung zeigt, dass auch die Erklärung dieser Varianz trotz großer Fortschritte noch vor Rätseln steht. Abschließend sondiert der Beitrag, wie die Erkenntnislücken geschlossen werden könnten und plädiert für mehr interdisziplinäre und interregionale Analysen.

Astrid Lorenz
Vergleichende Regionenforschung in der Politikwissenschaft

Untersuchungen subnational angesiedelter Gebietskörperschaften in Form einer vergleichenden Regionenforschung rücken zunehmend in den Mittelpunkt des analytischen politikwissenschaftlichen Interesses. Hierfür zeichnen sich neben dem allgemeinen Bedeutungsgewinn der Regionen auch die mit Blick auf das Forschungsdesign, die Messung und die Theoriebildung einhergehenden Potentiale verantwortlich. Der vorliegende Beitrag stellt einige ausgewählte Arbeiten der vergleichenden Regionenforschung in Deutschland vor und diskutiert die Vorteile, die mit einer vergleichenden Regionenforschung für die Politikwissenschaft verbunden sind.

Till Heinsohn, Markus Freitag
Kommunalforschung in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Kommunalforschung untersucht angesichts hoher Diversität der kommunalen Einheiten und ihrer Pfadabhängigkeiten und Beharrungsmechanismen, die sich in Zentralisierung und administrativer Kultur manifestieren, vor allem internationale Trends in Richtung Konvergenz und Isomorphismus. Globale Reformagenden werden lokal aufgegriffen und je nach nationalen Ausgangsbedingungen im Bereich der Verwaltungsreformen (Funktional- und Territorialreformen, Binnenreform der Kommunalverwaltungen), bei den politisch administrativen Reformen („vom lokalen Parlamentarismus zum lokalen Präsidentialismus“) und bei demokratischen Innovationen in Form von neuen Beteiligungsinstrumenten („partizipativer turn“) unterschiedlich aufgegriffen.

Norbert Kersting

Politics

Frontmatter
Wahlsysteme in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Dieser Beitrag betrachtet Wahlsysteme und fasst die wichtigsten Erkenntnisse aus der Literatur zu Wahlsystemen in etablierten und jungen Demokratien zusammen. Der Schwerpunkt liegt auf den Auswirkungen des Wahlrechts auf den Typus des Parteiensystems und dessen Rolle als Vermittler zwischen Gesellschaft und Staat in pluralen Gesellschaften.

Matthijs Bogaards
Wahlforschung in der Vergleichenden Politikwissenschaft

In den 1970er-Jahren hat sich die bis dahin US-amerikanisch geprägte Wahlforschung internationalisiert. Seit den 1990er-Jahren ist der Mainstream der Wahlforschung vergleichend ausgerichtet, da sich die Wirkung institutioneller und anderer kontextueller Variablen nur so kontrollieren lässt. Eine leistungsfähige Forschungsinfrastruktur hat diese Entwicklung ermöglicht und vorangetrieben.

Kai Arzheimer
Direkte Demokratie in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Direkte Demokratie als institutionelle Form themenzentrierter Bürgerbeteiligung nimmt in den letzten Jahrzehnten zu, ist aber noch nicht überall verbreitet. Die sehr unterschiedlichen Verfahrensvarianten (obligatorische Referenden und durch Staatsorgane oder Bürgergruppen initiierte Volksabstimmungen) verteilen sich ungleichmäßig über die Länder (nationale Ebene, Bundesstaaten). Verfahrensunterschiede, Länderverteilung und Anwendungshäufigkeit machen vergleichende Analysen interessant, führen jedoch wegen Heterogenität des Feldes zu Begrenzungen. Untersuchungen innerhalb von Weltregionen (besonders Europa) sind häufiger als übergreifende Studien. Prozessverläufe und Aspekte von Ergebniswirkungen und Demokratiequalität werden oft mit einer begrenzten Anzahl von Fällen und Entscheidungsthemen eher diskursiv erörtert. Eine wichtige vergleichende Fragestellung verortet die Wirkungsmechanismen direktdemokratischer Verfahren im Kontext politischer Systemstrukturen wie Parteien und verschiedener Regierungssysteme, nicht zuletzt auch verschiedenartiger Demokratiemodelle wie Mehrheitsdemokratie und Konsensdemokratie. Qualitative Aspekte direkter Demokratie wie politische Artikulation, Kontrolle, Partizipation und Legitimation sind in breiter angelegten Vergleichen nur partiell untersucht.Methodisch wurden einige quantitativ ausgerichtete empirisch-analytische Studien unternommen, doch qualitative Ansätze erweisen sich für kleinere Fallzahlen als empfehlenswert.

Theo Schiller
Parteien und Parteiensysteme in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Parteien und Parteiensystemen sind zentrale Bestandteile des demokratischen Prozesses. Der Beitrag stellt zentrale Definitionen und verschiedene Typologien vor, mit denen einerseits Parteien und andererseits Parteiensysteme, die hier getrennt behandelt werden, erfasst werden können. Einbezogen werden zudem Faktoren der Entstehung von Parteien und der Dynamik des Parteiensystems. Der Blick richtet sich dabei nicht nur auf die ‚klassischen‘ Fälle der Parteien- und Parteiensystemforschung, nämlich West- und Nordeuropa sowie USA. Vielmehr werden Forschungsfragen hinsichtlich anderer Regionen einbezogen, so dass spezifische Problemlagen von Parteien und Parteiensystemen in divergenten Kontexten zur Sprache kommen. Nicht behandelt werden Parteien in Autokratien.

Marianne Kneuer, Hans-Joachim Lauth
Parlamente in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Im internationalen Vergleich findet sich eine große Varianz in den Strukturen, Funktionen und der Macht von Parlamenten. Parlamentarische Körperschaften bieten deswegen ergiebige Untersuchungsobjekte für eine komparativ ausgerichtete Institutionenforschung sowie für den Vergleich von politischen Systemen. Die Etablierung von parlamentarischen Institutionen jenseits des Nationalstaates stellt die vergleichende Forschung wiederum vor konzeptionelle Herausforderungen, da sich hier eine substanzielle Transformation des Parlamentarismus in Theorie und Praxis abzeichnet.

Stefan Marschall
Präsidenten und Regierungen in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Der vorliegende Beitrag beschreibt zwei dominante Forschungsstränge in der empirisch-vergleichenden Analyse von Präsidenten und Premierministern: die institutionellen und die persönlichkeitsbezogenen Ansätze. Zunächst werden jene politisch-institutionellen Rahmenbedingungen dargestellt, welche die Regierungschefs mit formaler Machtkompetenz ausstatten (strukturorientierte Ansätze) bzw. deren Handlungskorridore definieren (prozessorientierte Ansätze). Zweitens werden Persönlichkeitsstrukturen von Regierungschefs mit deren politischen Entscheidungsprozessen in Verbindung gebracht. Dabei liegt ein besonderer Akzent auf der Darstellung der „Personalisierung“ von Politik sowie der unterschiedlichen politischen Führungsstile. Abschließend werden Perspektiven für die zukünftige Forschung aufgezeigt.

Florian Grotz, Ferdinand Müller-Rommel
Regierungszentralen in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Der Beitrag führt in ein wichtiges Teilgebiet der Regierungsforschung ein: in die Analyse des Zentrums der Regierung. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Regierungszentralen zur Unterstützung der exekutiven Spitze in unterschiedlichen demokratischen Regierungssystemtypen beitragen. Um ihre Funktion als Hilfsinstrument erfüllen zu können, sind sie als spezialisierte Funktionssysteme in charakteristischer Weise in die politische Institution Regierung mehrdimensional eingebettet. In einem ersten Schritt wird dargelegt, wie Regierungszentralen in die politische Institution Regierung eingeflochten sind. Der zweite Schritt führt in wichtige Fragestellungen der Forschung ein.

Stephan Bröchler
Eliten und Leadership in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Der vorliegende Beitrag behandelt relevante Ansätze und Zugänge der Eliten- wie auch der Leadership-Forschung und beleuchtet das Spannungsverhältnis beider Begriffe zum vorherrschenden Demokratieverständnis, welches auf der normativen Prämisse politischer Gleichheit und Freiheit beruht. Es werden außerdem relevante Forschungsstränge und ausgewählte Forschungsfragen aufgezeigt, die sich mit dem Konnex von Eliten und Leadership befassen.This article explains concepts of and research approaches to political elites as well as political leadership and discusses how both relate to liberal democracy. Moreover, relevant strands of empirical research are presented, focusing on elite recruitment, leadership roles and the public sphere.

Manuela Glaab
Zivilgesellschaft und soziale Bewegungen in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Zivilgesellschaft (ZG) und Neue Soziale Bewegungen (NSB) erhalten seit den 1990er-Jahren immer größere politische sowie wissenschaftliche Aufmerksamkeit. Denn zunehmend wurde erkannt, dass ZG und NSB in politischen Systemen - seien sie demokratisch, nichtdemokratisch oder in Transformation - zentrale Funktionen und Aufgaben übernehmen. Der Beitrag verortet die beiden Konzepte innerhalb der vergleichenden Politikwissenschaft, umreißt aktuelle Forschungsansätze und liefert eine Übersicht über vergleichende Datenquellen.

Brigitte Geißel, Matthias Freise
Politische Kultur in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Das Forschungsinteresse der politischen Kulturforschung gilt der Kongruenz von politischer Kultur und politischer Struktur sowie der Legitimität politischer Systeme. Ziel ist die Bestimmung und Erklärung der Vorbedingungen politischer Stabilität. Politische Kultur beschreibt die subjektive Seite von Politik und wird als ein Bündel an Einstellungen und Werten verstanden, das auf verschiedene politische Objekte ausgerichtet ist. Die politische Kulturforschung schließt an die Systemtheorie an, besitzt einen streng analytischen Charakter sowie eine empirische Ausrichtung, die eine Untersuchung sowohl von Demokratien als auch Autokratien zulässt. Sie ist in hohem Maße komparativ angelegt und gilt als ein zentraler konzeptioneller Ansatz der Vergleichenden Politikwissenschaft. Als Grundlage dienen komparative Bevölkerungsumfragen.

Susanne Pickel, Gert Pickel
Wertewandel in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Der Beitrag widmet sich dem Thema Wertewandel im Kontext der Vergleichenden Politikwissenschaft. Neben zentralen Begriffen (Werte, Wertorientierungen und Wertewandel) werden die theoretischen Ansätze von Ronald Inglehart (Materialismus-Postmaterialismus) und dessen Weiterentwicklungen u. a. in Zusammenarbeit mit Christian Welzel (Human Empowerment Approach, Selbstentfaltungswerte), sowie von Shalom H. Schwartz (Wertekreis-Konzept) vorgestellt. Abschließend wird die Bedeutung des Wertewandels für die komparative Forschung skizziert.

Christoph Mohamad-Klotzbach
Protestkulturen in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Politischer Protest ist heute aufgrund seiner Verbreitung und Akzeptanz in der Bevölkerung ein wesentliches Merkmal moderner Gesellschaften. Der Beitrag gibt einen Überblick darüber, wie die Vergleichende Politikwissenschaft dieser Entwicklung Rechnung getragen hat: Unterschiedliche Ansätze aus Forschung zu sozialen Bewegungen und politischer Partizipation geben Aufschluss darüber, wie Protest ermittelt werden kann, welche Kontextbedingungen seine Entstehung befördern und welche individuellen Bestimmungsfaktoren die Teilnahme an politischem Protest erklären können.

Franziska Deutsch
Extremismusforschung in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Der Beitrag erklärt, was Sozialwissenschaftler unter Extremismus verstehen und warum die Erforschung extremer Bewegungen und Parteien für die vergleichende Politikwissenschaft von einer großen, allzu häufig unterschätzten Bedeutung ist. Der Überblick beschränkt sich auf die empirische Forschung zur linken und rechten Variante des Extremismus. Es wird eine Karte entfaltet, auf der sich neben gut erschlossenen Bereichen (etwa Aufstieg des Faschismus in der Zwischenkriegszeit) noch ausgesprochen viele blinde Flecken zeigen (etwa zur Bedeutung extremistischer Parteien in Entwicklungsländern wie Indien). Den Forschungszweig kennzeichnet noch ein gewisser Parochialismus. Phänomene jenseits Europas finden zu wenig Beachtung. Besonders zahlreich sind zudem die Desiderate im Bereich der Forschung zum Linksextremismus.

Steffen Kailitz, Tom Mannewitz
Politische Kommunikation in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Kommunikation ist für die Politik systemnotwendig. Politische Kommunikation legitimiert Politik. Für die Bürger ist Politik primär medienvermittelt. Die Medien sind zum Format-, Takt-, Bild- und Modellgeber der Politik avanciert. Der Beitrag bietet eine Einführung zum Thema politische Kommunikation sowie eine Ausführung zur wechselseitigen Beziehung zwischen Medien und Politik. Zudem wird ein Überblick zum Beitrag der vergleichenden Politikwissenschaft in der Analyse politischer Kommunikation geboten. Lücken auf dem heutigen Forschungsstand werden aufgezeigt.

Karl-Rudolf Korte, Sophia Regge
Digitale Medien in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Das Internet und die sozialen Medien haben nicht nur die Kanäle politischer Kommunikation vervielfacht, sondern zugleich die Art der Kommunikation und damit auch die Interaktionsmöglichkeiten zwischen politischen Akteuren, gesellschaftlichen Gruppen und Bürgern erheblich verändert. Dieser Beitrag nimmt zunächst Begriffsklärungen vor in diesem überaus dynamischen und unübersichtlichen Feld, legt die zentralen normativen Zugänge und theoretischen Konzepte dar und greift einige empirische Befunde und Betätigungsfelder auf. Zudem wird auf die Rolle digitaler Medien in Autokratien eingegangen. Das letzte Kapitel schließlich zeigt die beträchtlichen Forschungsdesiderate und ebenso großen Forschungs perspektiven auf, die diesem jungen Thema innewohnen.

Marianne Kneuer
Korruptionsforschung in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Die Korruptionsforschung stellt in der vergleichenden Politikwissenschaft ein jüngeres Gebiet dar, das erhebliche transdisziplinäre Bezüge, insbesondere zur Ökonomie, aufweist. Der Aufschwung des Forschungszweigs in den vergangenen zwei Jahrzehnten hängt eng zusammen mit der Verfügbarkeit aggregierter Datensätze und Indizes, aber auch mit den insbesondere von der Weltbank initiierten Antikorruptionsmaßnahmen im Kontext des in den 1990er-Jahren dominanten Good Governance-Paradigmas. Die wissenschaftliche Analyse befasst sich dabei neben Entwicklungs- und Transformationsländern inzwischen auch eingehend mit etablierten, marktwirtschaftlich verfassten Demokratien. Zugleich zeigt sich im Feld der Korruptionsbekämpfung, dass die Übertragung institutioneller Blaupausen gerade in Ländern mit fragiler Staatlichkeit an enge Grenzen stößt.

Andrea Gawrich, Tobias Debiel
Klientelismus und Patronage in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Klientelismus beschreibt eine längerfristige, persönliche und asymmetrische Beziehung zwischen zwei Akteuren, Patron und Klient, in deren Zentrum ein reziproker Austausch von Ressourcen steht. Mit der Diskussion um informale Institutionen in der vergleichenden Politikwissenschaft ist auch Klientelismus wieder stärker ins Interesse gekommen. Im folgenden Beitrag werden zunächst Charakteristika des Konzepts „Klientelismus“ diskutiert, ebenso verwandte Begriffe wie Patrimonialismus, Neopatrimonialismus, Patronage und Korruption. In einem zweiten Teil werden dann Beispiele für empirische Analysen diskutiert, qualitative wie quantitative. Schließlich geht es um Erklärungsansätze, wobei Klientelismus als abhängige und unabhängige Variable gesehen wird, d. h. es geht einerseits um Determinanten, andererseits um Konsequenzen von Klientelismus.

Wolfgang Muno

Policies

Frontmatter
Sozialstaat in der Vergleichenden Politikwissenschaft

„Sozialstaat“ meint eine weit ausgebaute, tendenziell die gesamte Staatsbürgerschaft umfassende Sozialpolitik. Er ist – in unterschiedlichen Größenordnungen und Formen – mittlerweile ein Kennzeichen insbesondere von wirtschaftlich wohlhabenden Demokratien. Zugleich ist der Sozialstaat ein wichtiges Untersuchungsfeld der vergleichenden Politikforschung. Diese beschreibt, typologisiert, erklärt und bewertet die verschiedenen Sozialstaaten, die Determinanten der Sozialstaatsentwicklung in den Aufbau-, Ausbau-, Umbau- und Rückbauphasen und erörtert auch die Wirkungen des Sozialstaats auf Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Das vorliegende Kapitel informiert über die Grundzüge dieser Forschung und ihre wichtigsten Ergebnisse.

Manfred G. Schmidt
Umwelt in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Der Aufsatz führt in die vergleichende Umweltpolitik ein. Es wird gezeigt, wie Umweltprobleme mit der zunehmenden Industrialisierung moderner Gesellschaften akut wurden, und die Politik sowohl innenpolitisch als auch auf internationaler Ebene aktiv begann, diese einzudämmen. Die Politikwissenschaft reagierte darauf mit zum Teil neuen Ansätzen (Ökologische Modernisierung) oder nutzte Analysekonzepte aus bekannten Bereichen. Dabei wurden unter anderem innovative Ansätze entwickelt, die den politischen Prozess in vergleichender Perspektive betrachten. Stärker als in anderen Politikbereichen, sind im Umweltbereich Rahmenbedingungen zu beachten, auf die in diesem Aufsatz ebenfalls eingegangen wird. Insgesamt zeigt sich, dass die politikwissenschaftliche Analyse von Umweltpolitik und -performanz zu einem der innovativsten Gebiete der vergleichenden Politikwissenschaft gehört.

Detlef Jahn
Steuern in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Dieser Beitrag erörtert Grundlagen der Steuerpolitik. Er definiert die Zwecke der Besteuerung, unterscheidet die wichtigsten Steuertypen, diskutiert generelle steuerpolitische Entwicklungen der letzten 50 Jahre und vergleicht die nationalen Steuersysteme von Ländern innerhalb und außerhalb der OECD. Weitere Themen sind die Bestimmungsfaktoren nationaler Steuerpolitik und die Auswirkungen der Besteuerung auf Umverteilung und Wirtschaftswachstum.

Philipp Genschel, Hanna Lierse, Laura Seelkopf
Staatsfinanzen in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Ausgehend von den unterschiedlichen Theorien der vergleichenden Policy-Forschung werden in dem Beitrag die wichtigsten Bestimmungsgründe der Staatsfinanzen diskutiert. Der Beitrag beschäftigt sich dabei mit den Staatseinnahmen, den Staatsausgaben, der Staatsverschuldung sowie der Haushaltskonsolidierung. Als besonders erklärungskräftig für alle Bereiche der Staatsfinanzen erweisen sich sozioökonomische Faktoren. Aber auch politische Faktoren, wie die parteipolitische Zusammensetzung von Regierungen sowie institutionelle Besonderheiten leisten einen Beitrag zur Erklärung der unterschiedlichen Varianz.

Uwe Wagschal
Wirtschaftspolitik in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Wirtschaftspolitik wird in unterschiedlichen Ländern oft mit abweichenden Zielen und mit anderen Instrumenten sowie unter anderen politisch-ökonomischen Bedingungen betrieben. Die Vergleichende Politikfeldanalyse betrachtet dieses komplexe Feld v. a. aus der Sicht der Staatstätigkeit unter Berücksichtigung von Policy, Politics und Polity, während die klassische VWL und die Vergleichende Politische Ökonomie vom Markt und dem Unternehmen ausgehen. Im Unterschied zur VWL wird der Markt in der Vergleichenden Politischen Ökonomie aber nicht abstrakt betrachtet, sondern als eingebettet, wodurch sich unterschiedliche Varianten von Marktwirtschaften bzw. eine Variety of Capitalism ergeben.

Daniel Buhr, Josef Schmid
Bildung in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Die vergleichende Politikwissenschaft leistet einen bedeutenden Beitrag in der Bildungsforschung, denn sie kann die Determinanten der Veränderungsprozesse in Bildungssystemen analytisch erklären. In der Mehrheit der OECD-Staaten lässt sich mit dem Wandel von der Input- zur Output- und Wettbewerbssteuerung ein übergreifender Paradigmenwechsel in der Organisations- und Steuerungsphilosophie von Schulsystemen feststellen. Dabei bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Ländern in Ausprägung und Geschwindigkeit. Am Beispiel von Schulreformen in Deutschland, Schweden und den USA zeigt unser Beitrag die Potenziale vergleichender, politikwissenschaftlicher Forschung. Unseren Analysen zufolge sind Veränderungen in den Schulsystemen auf vielfältige politische wie institutionelle Faktoren zurückzuführen und erst durch eine Vergleichsperspektive können Determinanten identifiziert werden.

Rita Nikolai, Kerstin Rothe
Politik und Religion in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Das Wechselverhältnis von Politik und Religion ist eine Querschnittsaufgabe der Vergleichenden Politikwissenschaft. Die jüngst intensivierte Erforschung dieses fundamentalen Zusammenhangs hat auch in der Vergleichenden Politikwissenschaft zu erheblichen Erkenntnisfortschritten geführt. Die Befunde sprechen im internationalen, systemübergreifenden Vergleich für eine ambivalente Rolle von Religion und Religionen in gewalttätigen Konflikten, aber auch in Demokratisierungsprozessen und innenpolitischen Entscheidungsprozessen. Die Debatte um die angemessene Typologisierung der sehr unterschiedlichen Staat-Religionen-Arrangements und deren Wirkung auf bestimmte Politikfelder in liberalen Demokratien hat gezeigt, dass die gängige Vorstellung der strikten Trennung von Staat und Kirche in keinem politischen System einen empirischen Sachverhalt der polity-Ebene erfasst. Aussagen über den empirischen Zusammenhang von Religion und Politik im Sinne von politics und policy sind ebenfalls nur schwer oder gar nicht generalisierbar, vergleichende Fallstudien daher zum Verständnis dieser komplexen Wechselverhältnisse unverzichtbar. Die Frage nach der empirischen Datenbasis der Statistiken zur Religionszugehörigkeit in Europa macht exemplarisch sichtbar, dass die Vergleichende Politikwissenschaft auf Kenntnisse der religionsbezogenen Nachbarwissenschaften wie die Religionssoziologie und Religionswissenschaft angewiesen ist, wenn fundierte empirische Erkenntnisse zur politischen Rolle von Religionen und über Kausalbeziehungen zwischen Politik und Religion gewonnen werden sollen.

Antonius Liedhegener
Migrationspolitik in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Auch im Zeitalter der Migration halten Staaten am Anspruch fest, Wanderungsbewegungen zu steuern. In den verschiedenen Bereichen des Migrationsgeschehens (Flucht, Asyl, Arbeitsmigration, Familiennachzug) gelingt dies in unterschiedlicher Weise. Vergleichende Forschung zur Migrationspolitik kann zur Aufklärung über Möglichkeiten und Grenzen der Steuerung von Migration beitragen. Zu berücksichtigen ist dabei, wie verwoben Staaten durch transnationale sozial Räume sind. Insbesondere in Europa sind die Zuständigkeiten der Europäischen Union zum Teil weitreichend. Interessante vergleichende Forschungsperspektiven ergeben sich aus den Folgen von Migration für Parteiensysteme, politische Interessenvermittlung und politische Kultur.

Andreas Blätte
Zivil-militärische Beziehungen in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Die Analyse zivil-militärischer Beziehungen als Teilgebiet der Vergleichenden Politikwissenschaft beschäftigt sich mit einem zentralen Ordnungsproblem moderner Gesellschaften. Im Zentrum steht die doppelte Herausforderung der Institutionalisierung politischer Kontrolle über das Militär und der Gewährleistung effektiver Sicherheit für den Nationalstaat und seine Bürger. Forschungsschwerpunkte sind die vorwiegend mit qualitativen Methoden des Vergleichs betriebene Analyse des Verhältnisses von Militär und Politik in demokratischen Transformationsprozessen, die makro-quantitativ vergleichende Coup-Ursachen-Forschung sowie die Methoden und Theorien kombinierende Analyse der politisch-militärischen Beziehungen in Diktaturen. Ein noch neues, vielversprechendes Forschungsgebiet ist die Untersuchung der Auswirkungen zivil-militärischer Beziehungen auf die politische Performanz von Demokratien und Diktaturen.

Aurel Croissant
Innere Sicherheit in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Die Politik der Inneren Sicherheit ist aus politikwissenschaftlicher Sicht bisher nur wenig untersucht worden. Dabei zeigt sich eine durchaus beachtliche Varianz der Policies im Vergleich westlicher Industriestaaten. Der Beitrag nimmt diese zwischenstaatlichen Unterschiede zum Ausgangspunkt, und zeigt – nach einer konzeptionellen Einordnung zentraler Begriffe – mithilfe mehrerer Indikatoren auf, dass sich bei einem zwischenstaatlichen Vergleich der Policies der Inneren Sicherheit gewisse Länderfamilien abbilden. Diese ähneln bekannten Typisierungen der vergleichenden Policy-Forschung, wie etwa dem Families-of-Nations-Konzept. In einem zweiten Schritt diskutiert der Beitrag unter Rückgriff auf den Forschungsstand, wie sich die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Staaten erklären lassen. Er plädiert dabei für ein politikwissenschaftliches Erklärungsmodell, das sowohl sozio-ökonomische Kontextvariablen als auch die politischen Akteure und ihre Ideologie sowie das sie umgebende institutionelle Umfeld in die Analyse einbezieht.

Georg Wenzelburger
Entwicklungspolitik: in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Entwicklungspolitik als Gegenstand der vergleichenden Politikwissenschaft ist ein neues Forschungsfeld. Die andauernde Unklarheit über den Gegenstandsbereich der Entwicklungspolitik wie auch der Umstand, dass entwicklungspolitische Maßnahmen sich im Wesentlichen an Zielgruppen in weit entfernten Ländern richten, und ihre Implementierung und Zielerreichung daher nur schwer dokumentiert werden kann, erschweren die systematische und vergleichende Untersuchung. Das Aufkommen der sogenannten Neuen Geber macht eine vergleichende Betrachtung von Entwicklungspolitik zwar noch lohnenswerter als zuvor, stellt die Forschung aber vor große methodische Herausforderungen. Immerhin wird die starke Prägung der Entwicklungspolitik durch bürokratische Strukturen und politische Institutionen in Geber- wie auch Empfängerländern auch weiterhin Ausgangspunkt für vergleichende Fragestellungen sein.

Christof Hartmann
Medienpolitik in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Das Kapitel stellt Medienpolitik als Politikfeld vor, relevante Akteure, Institutionen und Organisationen sowie die zentralen Strukturen und Prozesse. Dargestellt werden, auch perspektivisch, Zugänge der vergleichenden Forschung im Feld. Dabei wird die handlungsprägende Heterogenität erörtert und in ihrer feldspezifischen Relevanz für die Politikwissenschaft besprochen. Die Analysen kennzeichnen sich dabei nach wie vor durch ihre nationalstaatliche Orientierung. Allerdings entwickelt sich in der Netzpolitik ein Forschungsfeld, in dem auch komparative inter- und transnationale Untersuchungsanlagen an Bedeutung gewinnen.

Klaus Kamps, Frank Marcinkowski
Technologiepolitik in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Der internationale Vergleich von Technologiepolitik zeigt signifikante Unterschiede in der Schwerpunktbildung sowie der Höhe und Struktur der Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Sie sind von hochgradiger Pfadabhängigkeit gekennzeichnet. Außerdem trägt nur eine Minderheit hoch entwickelter Industriestaaten zur Mehrzahl technologischer Innovationen bei. Im Vergleich dieser Länder erweisen sich historisch geronnene Strukturmerkmale der Wirtschaftsorganisation und der staatlichen Technologieadministration sowie die Relation von staatlichen Subventionen zu privatwirtschaftlichen Finanzierungsanteilen als maßgebliche Determinanten der Technologiepolitik und ihrer Erfolgsbilanz.

Roland Czada

Globalisierung und Regionalisierung

Frontmatter
Globalisierung und Vergleich

Globalisierung ist ein Prozess der Staaten näher aneinander rückt. Die Ursachen dieses Prozesses liegen in technologischen Innovationen und politischen Maßnahmen, die eine Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs zwischen den Ländern erlauben. Indem sich Länder durch Wettbewerb, Lernen, Nachahmung und zum Teil auch durch Zwang an anderen Ländern orientieren, kann es zu einer Angleichung von Politiken kommen oder auch zu politischen Prozessen, die die Politik in den einzelnen Länder durch internationales Regieren (global governance) bestimmen.

Detlef Jahn
Mehrebenanalyse in der Vergleichenden Politikwissenschaft

Dieser Beitrag macht deutlich, an welchen Stellen und wie eine vergleichende Perspektive bei der Analyse von zum Teil einmaligen Mehrebenensystemen besondere Erkenntnisgewinne verspricht. Er widmet sich (1) der vergleichenden Föderalismusforschung; (2) dem Vergleich regionaler Zusammenschlüsse; (3) dem europäischen Mehrebenensystem und dort insbesondere (4) dem Prozess der Europäisierung.

Michèle Knodt, Michael Stoiber, Jörg Broschek
EU und Europäisierung aus komparativer politikwissenschaftlicher Perspektive

Das Feld der Europäisierungsforschung beschäftigt sich mit Veränderungen unterschiedlicher Aspekte nationaler Politik, welche ursächlich auf die Europäische Union bzw. den europäischen Integrationsprozess zurückgehen. Konkret wird analysiert wie sich politische Inhalte, institutionelle Arrangements oder auch die politische Auseinandersetzung durch den Einfluss der EU verändern. Zusätzlich wird untersucht, durch welche Mechanismen dieser Einfluss transportiert wird und unter welchen Bedingungen dieser zu starken bzw. schwachen Veränderungen auf nationaler Ebene führt.

Christian Adam, Christoph Knill
Internationale Regime im politikwissenschaftlichen Vergleich

Die vergleichende Analyse internationaler Regime begann mit der Erforschung der Einflussfaktoren auf die Regimeentstehung. In diesem Kontext entstanden vergleichende Studien, die auf einer relativ kleinen Fallzahl beruhten. Mit der Hinwendung der Regimeanalyse zur Untersuchung der Regimeeffektivität wuchs gleichzeitig die Erkenntnis, dass die gewonnenen Befunde nur dann auch generalisierbar sind, wenn diese auf der Grundlage von „large-n-studies“ gewonnen werden. Mit dem Aufbau einer Datenbank über internationale Umweltregime wurde die quantitative Regimeanalyse forciert. Durch die in dieser Datenbank enthaltenen Befunde konnte der empirische Nachweis erbracht werden, dass internationale Regime tatsächlich einen kausalen Einfluss auf verschiedene Dimensionen der Regimeeffektivität (z. B. Zielerreichung, Problemlösung und Compliance) ausüben.

Helmut Breitmeier
Regionalisierung im politikwissenschaftlichen Vergleich

Wir befinden uns in einem Zeitalter der Regionalisierung der internationalen Beziehungen, wie aber werden Regionalismus und Regionalisierung in vergleichender Perspektive untersucht? In Anbetracht der Vielfalt an Konzepten und Zugängen zu diesem wiederbelebten Forschungsfeld definiert dieser Beitrag zunächst zentrale Konzepte (Regionalisierung, Regionalismus und regionale Integration) und grenzt sie voneinander ab. Er stellt dann zwei unterschiedliche Zugänge zu komparativem Regionalismus dar. Der stärker disziplinär politikwissenschaftliche Zugang ist durch die Internationalen Beziehungen geprägt und untersucht das Phänomen Regionalismus als den eines Aufbaus unabhängiger Entscheidungsstrukturen auf regionaler Ebene. Ihm wird ein stärker an den Area Studies ausgerichteter, qualitativer Zugang gegenüber gestellt und dessen Vergleichsmethodik erläutert.

Anja Jetschke
Vergleichende Außenpolitikforschung

Der Beitrag verortet die vergleichende Außenpolitikanalyse zunächst gegenüber den Internationalen Beziehungen und anderen Wissenschaftsdisziplinen. Hierbei wird die Entwicklung der wichtigsten Erklärungsansätze als Reaktion auf theoretische Veränderungen in den Nachbardisziplinen sowie der praktischen Politik interpretiert. Die Analyse wendet sich dann der Frage zu, inwiefern sich autokratische und demokratische Außenpolitiken unterscheiden und welche Bedeutung dabei internen Institutionen, Interessen sowie externen Strukturen (Machtrelationen, Organisationen und Wertordnungen) zukommt.

Sebastian Harnisch

Materialien

Frontmatter
Zentrale Datenquellen, Handbücher und Zeitschriften

Dieser Beitrag liefert einen Überblick über zentrale Datenquellen, Handbücher und Zeitschriften aus dem Bereich der Vergleichenden Politikwissenschaft. Ziel ist es, sowohl Studierenden als auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dieser Disziplin, Orientierungspunkte aufzuzeigen, die als Ausgangspunkt oder Vertiefung für weitere Recherchen dienen können.

Toralf Stark, Christoph Mohamad-Klotzbach
Metadaten
Titel
Handbuch Vergleichende Politikwissenschaft
herausgegeben von
Hans-Joachim Lauth
Marianne Kneuer
Gert Pickel
Copyright-Jahr
2016
Electronic ISBN
978-3-658-02338-6
Print ISBN
978-3-658-02337-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-02338-6