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2009 | Buch

Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht

herausgegeben von: Peter Derleder, Kai-Oliver Knops, Heinz Georg Bamberger

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Das Bankrecht bestimmt heute wesentliche Teile des modernen Wirtschaftslebens. Auf die Bedürfnisse der Praxis ausgerichtet, erläutert das Werk auf 2300 Seiten unter Aufarbeitung der neuesten Rechtsentwicklungen systematisch das gesamte Bankrecht in Deutschland, bis hin zum Risikobegrenzungsgesetz vom August 2008. Die Neuauflage wurde um elf weitere Beiträge ergänzt. Zudem werden auf 550 Seiten die europäische Rechtsentwicklung und das Bankrecht der Staaten Europas in 28 Länderberichten dargestellt. 110 renommierte Autoren aus der Wissenschaft, häufig als Richter, Schiedsrichter oder Berater tätig und wissenschaftlich ausgewiesene Praktiker aus Justiz und Anwaltschaft gewährleisten eine ausgewogene Rechtsinterpretation und garantieren eine zuverlässige und aktuelle Aufbereitung der jeweiligen Teilgebiete in komprimierter Form, um dem Leser eine praxisnahe und kompetente Einarbeitung in kurzer Zeit zu ermöglichen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Bankvertragliche Grundlagen

Frontmatter
1. Grundlagen (Begriff, Geschichte, Rechtsquellen)

Was ist Bankrecht?

I. Prüfstein Sonderprivatrecht

. Die Frage mag auf die Suche nach den Rechtsnormen gehen, die anwendbar sind, wenn ein Rechtsverhältnis mit Bezug zu einer Bank zu klären ist; der sich anschließenden Frage, was unter einer Bank zu verstehen ist, wird sogleich nachzugehen sein (Rn. 5). Was gefunden werden könnte, sind Normen als Teil des objektiven Rechts, die allein und besonders für das zu klärende Rechtsverhältnis gelten, sodass ein Sonderrecht festzustellen wäre, das als Bankrecht im institutionell-personalen Sinne bezeichnet werden könnte. Ein solches Sonderrecht kann in der Tat für das

öffentliche Bankrecht

ausgemacht werden, nämlich in Gestalt von Währungsrecht und Aufsichtsrecht (unten §§ 64 und 65), verbunden mit ihren europäischen primär- und sekundärrechtlichen Bezügen (unten §§ 72, 73, 76 sowie Rn. 30).

Peter Bülow
2. Geschäftsbeziehung und Bankvertrag

I. Dauernde Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde als Ausgangspunkt

. Der geschäftliche Kontakt zwischen einer Bank und ihren Kunden beschränkt sich meistens nicht auf den Abschluss eines bestimmten einzelnen Bankgeschäfts. Zu solchen

Einmalkontakten

kommt es vielmehr nur ausnahmsweise, beispielsweise wenn ein Schuldner bargeldlos zahlen will, aber kein Girokonto unterhält. Er schließt dann mit der Bank des Zahlungsempfängers einen Überweisungsvertrag (§ 676a Abs. 1 Satz 1 BGB; früher sog. „Einzelüberweisungsauftrag“) und stellt den Geldbetrag der Überweisung in bar (vgl. § 676a Abs. 1 Satz 3 BGB) oder als Erlös aus einem gleichzeitig, ebenfalls als Einmalkontakt erteilten Scheckinkasso zur Verfügung (als Beispiel BGH WM 1990, 6 = NJW-RR 1990, 366 = WuB I F 5.-2.90

(Ott)

; dazu MünchKommHGB-

Häuser

, ZahlungsV Rn. B 28). Regelmäßig ist die Aufnahme eines geschäftlichen Kontakts aus der Sicht von Bank und Kunde allerdings darauf gerichtet, eine auf Dauer angelegte Geschäftsverbindung (vgl. § 362 Abs. 1 HGB) einzugehen, in deren Rahmen künftig unterschiedliche Bankgeschäfte vereinbart und abgewickelt werden können. Eine solche auf Dauer gerichtete Geschäftsverbindung einzugehen, entspricht üblicherweise der Interessenlage sowohl des Kunden als auch der Bank (Baumbach/

Hopt

, HGB, BankGesch (7) Rn. A/6;

Claussen

, § 1 Rn. 193, 194;

Kümpel

, Rn. 2.805).

Franz Häuser
3. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB-Banken/AGB-Sparkassen)

Bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der privaten Banken bzw. der Genossenschaftsbanken (kurz AGB-Banken, Abdruck im Anh. zu § 3) handelt es sich um eine unverbindliche Empfehlung des Bundesverbandes Deutscher Banken bzw. des Bundesverbandes der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken an ihre Mitglieder, die fast vollständig textgleich sind. Diese werden von den einzelnen Kreditinstituten in aller Regel ohne Änderung verwandt. Ihre Geltung hängt von der Einbeziehung in den jeweiligen Vertrag mit dem einzelnen Kunden ab (Rn. 4). Die Ursprünge der AGB-Banken reichen bis in das Jahr 1937 zurück (vgl. zur Entwicklung näher Schimansky/Bunte/Lwowski-

Bunte

, § 4 Rn. 2 ff.). Mit Inkrafttreten des AGB-Gesetzes am 1.4.1977 wurden die AGB-Banken grundlegend umgestaltet. Die aus heutiger Sicht bedeutendste Reform erfolgte sodann im Jahre 1993. Ziel der damaligen Neuregelung war die transparentere und kundenfreundlichere Ausgestaltung der AGB-Banken. Der Klauselumfang wurde von 47 auf 20 reduziert. Spezialmaterien, wie das Wertpapiergeschäft, das nicht von allen Bankkunden in Anspruch genommen wird, wurden in Sonderbedingungen ausgelagert.

Matthias Casper
4. Aufklärungs- und Beratungspflichten

I. Dogmatische Einordnung

. Auskunfts- und Beratungspflichten können entweder Hauptpflichten der Bank gegenüber ihrem Kunden aus einem Beratungsvertrag sein, oder es kann sich um Pflichten handeln, die im Rahmen der Vertragsanbahnung eines spezifischen Bankvertrags, etwa eines Darlehensvertrags, eines Kontoeröffnungsvertrags oder eines Vertrags über den Erwerb eines Wertpapiers entstehen (vgl. zur Abgrenzung

Siol

, DRiZ 2006, 223 f.). Da im letzteren Fall die Pflichten zu einem Zeitpunkt relevant werden, zu dem der Vertrag noch nicht geschlossen ist, handelt es sich regelmäßig um vorvertragliche Pflichten gem. §§ 241 II, 280 I, 311 II BGB (culpa in contrahendo).

Martin Tonner
5. Datenschutz

I. Datenschutz als Grundrecht

. Datenschutz ist ein Grundrecht, das das BVerfG in seinem Volkszählungsurteil 1983 unmittelbar aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der Menschenwürde abgeleitet hat. Danach gewährleistet das Grundrecht die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (BVerfGE 65, 1).

Walter Rudolf, Katja Kötterheinrich
6. Bankgeheimnis

Im 21. Jahrhundert ist das Bestehen einer funktionierenden Geschäftsverbindung zu einem Kreditinstitut von nahezu existenzieller Bedeutung. Der bargeldlose Zahlungsverkehr gewinnt für die Abwicklung ganz alltäglicher Vorgänge in immer größerem Umfang an Gewicht. Der Verzicht auf eine Bankverbindung ist heutzutage größtenteils mit dem Ausschluss vom Wirtschaftsleben verbunden. Kaum ein Arbeitgeber erklärt sich noch zu einer Barauszahlung von Gehältern bereit und ein Vermieter wird sich im Regelfall nicht auf die Barzahlung der Miete einlassen. Aber auch die Überweisung zur Begleichung einer im Katalog oder Internet bestellten Ware oder die sich zunehmend durchsetzende Verwendung der EC-Karte zur Zahlung im Supermarkt machen eine Bankverbindung zwingend erforderlich. Da die Bank im Rahmen dieser Geschäftsverbindung unweigerlich an Informationen über den Kunden gelangt, deren Bekanntgabe an Dritte der Kunde im Zweifel nicht wünscht, ist jede bankgeschäftliche Beziehung zwischen Bank und Kunden durch ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis gekennzeichnet (Bruchner/Stützle-

Bruchner

, S. 1; Schimansky/Bunte/Lwowski-

Bruchner/Krepold

, § 39 Rn. 1; vgl. auch Nr. 1 I 1 AGB-Sparkassen), das sich aufseiten der Bank in der Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses konkretisiert (

Claussen

, § 6 Rn. 5; vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski-

Bunte

, § 7 Rn. 1;

Fischer/Klanten

, Rn. 4.1 f.).

Michael Beckhusen
7. Compliance

I. Grundsatz des „respondeat superior“.

Während in den meisten europäischen Rechtsordnungen die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Gesellschaften („Corporate Criminal Responsibility“ bzw. „Liability“) nicht anerkannt wird, haben US-amerikanische Gerichte bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts Kapitalgesellschaften („Corporations“) für die kriminellen Handlungen ihrer Angestellten strafrechtlich haftbar gemacht, vgl. U.S. Supreme Court,

New York Central & Hudson River Railroad Co. v. United States

, 212 U.S. 481, 495 f. (1909):

„We see no valid objection in law, and every reason in public policy, why the corporation, which profits by the transaction, and can only act through its agents and officers, shall be held punishable by fine because of the knowledge and intent of its agents to whom it has intrusted authority to act in the subject-matter of making and fixing rates of transportation, and whose knowledge and purposes may well be attributed to the corporation for which the agents act. While the law should have regard to the rights of all, and to those of corporations not less than to those of individuals, it cannot shut its eyes to the fact that the great majority of business transactions in modern times are conducted through theses bodies and particularly that interstate commerce is almost entirely in their hands, and to give them immunity from all punishment because of the old and exploded doctrine that a corporation cannot commit a crime would virtually take away the only means of effectually controlling the subject-matter and correcting the abuses aimed at.“

Stefan Frisch
8. Fernabsatz

Der klassische Vertrieb von Finanzdienstleistungen erfolgte bisher überwiegend durch persönliche Ansprache des Kunden bzw. durch den Kunden und mündete in Verträge, die typischerweise unter gleichzeitiger Anwesenheit beider Seiten entweder in der Zweigstelle oder unter bestimmten Konstellationen im Privatbereich abgeschlossen wurden. In den letzten Jahren hat sich hier ein nachhaltiger Wandel vollzogen; zum einen sind die Kunden heute in wesentlich größerem Maße als früher bereit, sich Informationen auf elektronischem Weg zu beschaffen und danach gegebenenfalls auch Verträge im Wege der Fernkommunikation abzuschließen (dazu

Birkelbach

, Bank 2002, 752). Umgekehrt nimmt die Zahl der im Bereich der Finanzdienstleistung tätigen Unternehmen zu, die einen gezielten Vertrieb mit Hilfe von Fernkommunikationsmitteln durchführen.

Wolfhard Kohte
9. Electronic Banking

I. Einführung.

Als „Electronic Banking“ wird das über elektronische Netze mittels Computern geführte Bankgeschäft bezeichnet. In der Bankpraxis wird meist zwischen „Online-Banking“ und „Homebanking“ unterschieden. Diese Bezeichnungen folgen den entsprechenden Interbanken-Abkommen und den daran anknüpfenden Regelwerken der Kreditinstitute (Online-Bedingungen, Homebanking-Bedingungen, dazu unten Rn. 15 ff.). Online-Banking (dazu

Koch/Maurer

, WM 2002, 2443 (2444 ff.)) und Homebanking unterscheiden sich vor allem durch die zugrundeliegenden Konzepte zur Sicherung der Kommunikation. Während das Online-Banking auf der Legitimation durch das PIN/TAN-Verfahren beruht, setzt das Homebanking (dazu Schimansky/Bunte/Lwowski-

Gößmann

, § 55 Rn. 27 ff.) auf die Nutzung des HBCI-Standards und die Legitimation durch elektronische Signatur (zur Unterscheidung

Bunte

, SB Home Rn. 1 ff.).

Georg Borges

Kredit und Kreditsicherheiten

Frontmatter
10. Darlehensvertrag

I. Der Begriff des Darlehens.

Das Darlehen i.S. des § 488 I BGB verpflichtet den Darlehensgeber, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe auf Zeit zur Verfügung zu stellen (Satz 1), und den Darlehensnehmer, den geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit die Darlehensvaluta zurückzuerstatten (Satz 2). Damit wird das Darlehen als gegenseitiger Vertrag konstruiert, der ein Prototyp der Kreditgewährung in Form des Geldkredits ist. Er ist ebenso wie die Gebrauchsüberlassungsverträge Miete, Pacht und Leihe ein

Dauerschuldverhältnis

, unterscheidet sich von diesen aber dadurch, dass kein bestimmter Gegenstand, sondern Geld zurückzugewähren ist. Der Vergleich mit den Geschäften, bei denen Ware gegen Geld gegeben wird (Kauf, Tausch), macht beim Darlehen das ökonomische Element des Tauschs einer gegenwärtigen gegen eine künftige Summe deutlich. Die Abgrenzung zum Gesellschaftsvertrag, bei dem gem. § 705 BGB Geld für einen gemeinsamen Zweck auf gemeinsame Rechnung geleistet wird, ist theoretisch scharf, wenn jede Teilhabe am Verlust oder Gewinn des Darlehensunternehmers ausgeschlossen ist, ist aber schwieriger durchzuführen, wenn der Zins sich auch nach dessen wirtschaftlichem Erfolg bestimmt. Beim partiarischen Darlehen (Beteiligungsdarlehen) erhält der Darlehensgeber einen Anteil am Gewinn eines Unternehmers aus einem mit der Darlehensvaluta finanzierten Geschäft.

Peter Derleder
11. Zinsrechtliche Grundlagen

Das Gesetz hat den Begriff der Zinsen nicht bestimmt (RGZ 168, 285); er wird vielmehr vom Gesetzgeber vorausgesetzt (MK-von Maydell, 3. Aufl., § 246 Rn. 1) und lässt sich aus dem lateinischen Verb „censere“ (zählen) oder von „census“ (Vermögensschätzung) ableiten. Nach der h. M. sind Zinsen die

laufzeitabhängige, gewinn- und umsatzunabhängige, in Geld oder anderen vertretbaren Sachen zu entrichtende Vergütung für den Gebrauch eines auf Zeit überlassenen Kapitals

(BGH NJW-RR 1992, 592; NJW 1979, 806, 541; Palandt-

Heinrichs

, § 246 Rn. 2;

Canaris

, NJW 1978, 1891 (1892)). Zinsen müssen damit weder fortlaufend entrichtet noch vorher betragsmäßig bestimmbar sein (so noch RGZ 168, 285). Ihre Höhe soll etwa auch von dem Ausgang eines ungewissen Ereignisses abhängig gemacht werden können (s. unter Rn. 9). Nicht einmal die Gleichartigkeit von Zins und Hauptschuld ist erforderlich (Staudinger-

Blaschczok

, § 246 Rn. 12 m. w. N.). Wesentliches Merkmal bleibt ihre akzessorische Natur zu einer Hauptforderung, die zu allermeist – etwa abgesehen vom Sachdarlehen nach den §§ 607 ff. BGB – als Kapitalschuld besteht. Ohne deren Bestand können Zinsen nicht selbstständig entstehen. Das Darlehen muss zudem ausgezahlt worden sein (BGH NJW-RR 2007, 138 (141) = WM 2006, 429 (431)). Zins ist i. d. R. Nebenschuld, die sich ständig erneuert (a.A. Jauernig-

Mansel

, § 488 Rn. 18). Wenn der Hauptanspruch erlischt, endet die Zinspflicht sogleich (RGZ 86, 219), wovon § 803 BGB nur scheinbar eine Ausnahme macht. Sind Zinsen aber einmal entstanden, werden sie von der Hauptschuld unabhängig.

Kai-Oliver Knops
12. Zinsberechnung

I. Nominalzinssatz versus Effektivzinssatz.

Im § 6 PAngV und detailliert im § 11 PAngV, Übergangsregelungen Anhang zu § 6 PAngV, ist die mathematische Formel zur Effektivzinsrechnung hinterlegt, die aus der Richtlinie 98/7/EG übernommen wurde. Damit ist die Effektivzinsformel AIBD/ISMA Bestandteil der nationalen und europäischen Effektivzinsberechnungen bei Krediten. Mit der Bekanntmachung vom 18.3.2002 hat sich der deutsche Gesetzgeber endlich in der Finanzmathematik den internationalen Gepflogenheiten angepasst, die auch voll die unterjährige Zinseszinsrechnung berücksichtigt.

Heinrich Bockholt
13. Vergütungen und Entgeltklauseln

I. Preisfreiheit und Kontrolle.

Die Preise sind frei. Das ist ein Kernelement der über Art. 2 I GG grundrechtlich verbürgten Privatautonomie. Sie findet ihre Grenzen im Kartellrecht und in den §§ 134, 138 BGB, wie sie schon im Zivilrechtsmodell der Kodifikation von 1900 abgesteckt sind, wobei sich Verbotsgesetze auf der Basis des Grundgesetzes ihrerseits im Lichte des Grundrechts aus Art. 2 I GG legitimieren müssen.

Alexander Pallas, Kai-Oliver Knops
14. Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung

Bei der sog. Nichtabnahmeentschädigung geht es um den Schaden, den das Kreditinstitut dadurch erleidet, dass die Darlehensvaluta durch den Kreditnehmer nicht abgenommen wird. Die Gründe hierfür sind vielfältig (

Derleder

, JZ 1989, 165 f.), beruhen aber in erster Linie auf einem Widerruf oder einer Kündigung der Bank vor Auszahlung und daneben auf einer echten Nichtabnahme oder Kündigung vor Darlehensvalutierung durch den Kunden (dazu unten Rn. 2 f.). Die Nichtabnahmeentschädigung dient dem Ausgleich des Zinsschadens, der dem Kreditgeber hinsichtlich der entgangenen Marge und dem Refinanzierungsschaden nach Ansicht der Rechtsprechung entstehen soll (dazu insbesondere Rn. 23 f.).

Kai-Oliver Knops
15. Verbraucherdarlehensvertrag

I. Verbraucherdarlehen und Verbraucherkredit – Begriff und Bedeutung in EURichtlinie und BGB.

Das Verbraucherdarlehensrecht verdankt trotz seiner Vorläufer im Abzahlungsgesetz von 1894 seine Begrifflichkeit, Umfang und Aufbau der EU-Richtlinie 87/102/EWG mit ihren Änderungen. Die Richtlinie wurde zunächst mit dem Verbraucherkreditgesetz (1991-2001) als „Kreditgesetz“ umgesetzt, dann jedoch mit der Schuldrechtsreform in den §§ 491 ff. BGB wieder durch die alte Aufteilung in Darlehen, Stundung und mietähnliche Verträge („sonstige Finanzierungshilfen“) den traditionellen zivilrechtlichen Formen unterworfen. (dazu krit.

Bülow

, NJW 2002, 1145,

Reifner

, ZBB 2001, 193;

Köndgen

, WM 2001, 1637) Da die Vorgaben der Richtlinie auch nach der in Zukunft geltenden vollständig erneuerten Fassung (Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl. 2008 L 133/66) mit ihrer neuen Maximalharmonierungsklausel (Art. 21 Nr. 1; dazu

Bülow

/Artz, Einf. Rn. 25 ff.;

dies

., WM 2005, 1153 ff.;

Reifner

, FS Gottfried Mayer, S. 159 ff.) auch für die Interpretation des deutschen Verbraucherdarlehensrechtes zwingend sein wird, sind erhebliche Übersetzungsleistungen von einer „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ in eine juristisch dogmatische Begrifflichkeit und zurück notwendig. Dieser Prozess gibt dem ökonomischen Vorverständnis für Kredit und Verschuldung ein erhebliches Gewicht in der Rechtsauslegung und ist nicht ohne Gefahren für Rechtssicherheit und Verbraucherschutz.

Udo Reifner
16. Immobiliarkredit und kreditfinanzierte Fondsbeteiligungen

I. Der Begriff des Immobiliarkredits.

Die Begriffsbildung folgt den gewährten Sicherheiten, ist aber nicht frei von Überschneidungen. Die Begriffe

Immobiliarkredit (auch Immobilienkredit), Realkredit, Hypothekarkredit, Grundpfandkredit und Bodenkredit

werden uneinheitlich verwendet. Gemeinsam ist ihnen, dass die Besicherung primär nicht an die Kreditwürdigkeit der Person des Kreditnehmers anknüpft wie beim Personalkredit, sondern in erster Linie an die Immobiliarsicherheit. Zum Realkredit werden teilweise auch Kredite gerechnet, bei denen bewegliche Sachen als Sicherheit dienen. Der Begriff Hypothekarkredit täuscht darüber hinweg, dass die Bankwirtschaft heute praktisch nur Grundschuldkredite vergibt, weil sie aus der fehlenden Akzessorietät der Grundschuld Vorteile zieht. Der Begriff des Immobiliar- und Bodenkredits umfasst auch moderne Sicherungsformen, bei denen der Kreditnehmer als Sicherheit nur Anteile an einer Gesellschaft zu bieten hat, die ihrerseits als Fonds ein Immobiliarvermögen verwaltet, an dem Grundpfandrechte bestellt werden. Darüber hinaus gehören zum Bodenkredit auch verbriefte Immobiliarkreditpakete, deren unübersichtliche Risiken den Finanzsektor seit der Lockerung der Immobiliarkreditvergabe belasten.

Peter Derleder
17. Bauspardarlehen

I. Rechtliche Grundlage.

Die Tätigkeit der privaten und öffentlichen Bausparkassen wird im Wesentlichen durch das

Bausparkassengesetz

von 1972 (neugefasst 1991 und zuletzt geändert 2007) und die Verordnung zum Schutz der Gläubiger von Bausparkassen von 1990 (zuletzt geändert 2000) geregelt (vgl. zur historischen Entwicklung

Schäfer/ Cirpka/Zehnder

, Einl. I u. III). Ergänzend haben die Verbände der öffentlichen und der privaten Bausparkassen 1997 Musterbedingungen für Bausparverträge ausgearbeitet.

Rolf Kronenburg
18. Sanierungskredit und Überbrückungsdarlehen

I. Einleitung.

In Zeiten der Krise hilft dem Unternehmen vor allem anderen eines – „fresh 1 money“. Neben den weiteren Elementen der Sanierungsfinanzierung (siehe Knops/Bamberger/ Maier-Reimer, §§ 8-15) kommt dem Sanierungskredit die

bedeutendste Rolle

zu (vgl.

Wittig

, NZI 1998, 49 (52)). Echte Sanierungskredite sind Darlehen, die erst in der Krise gewährt werden (vgl.

Kiethe

, KTS 2005, 179 (185)), unechte Sanierungsdarlehen sind solche, die trotz Kündigungsmöglichkeit oder zeitlichen Auslaufens ausdrücklich oder stillschweigend stehengelassen oder prolongiert werden (

Kiethe

, a.a.O.). Abzugrenzen sind hiervon Darlehen ohne Sanierungsbezug (

Wallner/Neuenhahn

, NZI 2006, 553 (554) unter Hinweis auf BGH WM 1961, 1126) und Darlehen an Unternehmen, die lediglich unrentabel oder mit Verlust arbeiten (

Obermüller

, Rn. 5.104;

Wenzel

, NZI 1999, 294). Sanierungskredite werden sowohl außerhalb, als auch innerhalb des Insolvenzverfahrens gewährt (

Kiethe

, KTS 2005, 179 (185)). Eine Sanierungsfinanzierung, die ihren Namen auch verdient, überbrückt nicht nur eine drohende oder aufgetretene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldungssituation, sondern führt das mit einem soliden und aussichtsreichen Sanierungsplan ausgestattete Unternehmen aus der Krise. Sie behebt eine finanzielle Unterdeckung langfristig – ohne die Rückzahlbarkeit und Verzinsung von vorneherein durch ihre Konditionen (zu kurze Zahlungsziele, unangemessene Zinsen und Entgelte etc.) zu gefährden. Nicht zu missachten ist aber, dass die Kreditgewährung zu einer Erhöhung der Verschuldung insgesamt führt (vgl.

Gawaz

, S. 16 ff.), die durch eine Kapitalerhöhung der Unternehmenseigner oder durch andere in den nachfolgenden Kapiteln behandelte Maßnahmen zu kompensieren ist.

Kai-Oliver Knops
19. Dispositionskredit

I. Abgrenzung.

In der Bestimmung der Begriffe des

Dispositionskredits

und des – zuweilen synonym – bezeichneten

Überziehungskredits

herrscht keine Übereinstimmung. Sie haben keinen rechtlich fest umrissenen Inhalt. Insbesondere gilt das für den Begriff des Überziehungskredits. Er wird in der Praxis einmal für die bloße

Duldung

einer Überziehung des vereinbarten Kreditlimits verwendet, die einen ohne Kündigung jederzeit fälligen Anspruch auf Rückzahlung begründet. Die Überziehung kann jedoch auch

vertraglich

vereinbart werden, sodass ein fälliger Anspruch erst nach Kündigung der Abrede entsteht (BGHZ 138, 40 (47); BGH, WM 1985, 1437). Als

„Überziehungsfazilität“

bezeichnet der geänderte Kommissionsvorschlag einer

Verbraucherkreditrichtlinie

die vereinbarte Möglichkeit, ein Konto im Soll zu führen (Komm. 2002/0222 (COD) v. 07.10.2005, Art. 3 lit. d). Die Unterscheidung zwischen faktischer Duldung und vertraglicher Vereinbarung ist insbesondere insolvenzrechtlich von erheblicher Bedeutung. Sie ist jedoch auch für die Bewertung des Kreditrisikos nach der den Baseler Akkord

(Basel II)

umsetzenden

Richtlinie 2006/48/EG

über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute vom 14. Juni 2006 (ABl. L 177/1 vom 30.06.2006) nach deren Art. 86 Abs. 1 lit. d und Anhang VII (Teil 1 Nr. 10 ff.) unter dem Stichwort „revolvierende Retailforderungen“ von Belang.

Thomas von Plehwe
20. Teilzahlungsgeschäfte

I. Stellung innerhalb des Verbraucherkreditrechts.

Nach der Integration des seit 1991 separat im VerbrKrG geregelten Verbraucherkreditrechts ins BGB durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (

Schuldrechtsmodernisierungsgesetz

, BGBl. I 2001 3138) befindet sich die Regelung der Teilzahlungsgeschäfte im Abschnitt über

Finanzierungshilfen

, §§ 499 ff. BGB. Wie bislang bereits § 1 II VerbrKrG gliedern sich die Finanzierungshilfen in einem ersten Schritt in den

entgeltlichen Zahlungsaufschub

und die sonstigen entgeltlichen Finanzierungshilfen. Die Teilzahlungsgeschäfte sind neben der

Stundung

die Haupterscheinungsform des entgeltlichen Zahlungsaufschubs, während die

Finanzierungsleasingverträge

wiederum die Haupterscheinungsform der sonstigen Finanzierungshilfen sind. § 499 II BGB bestimmt, dass für Finanzierungsleasingverträge und Teilzahlungsgeschäfte die in §§ 500 bis 504 BGB geregelten Besonderheiten gelten. Teilzahlungsgeschäfte werden in § 499 II BGB wie zuvor in § 4 I 5 Nr. 2 VerbrKrG legal definiert (siehe dazu Rn. 4). Die vom Gesetzgeber beabsichtigte bessere Unterscheidbarkeit und Übersichtlichkeit der darlehensrechtlichen Bestimmungen (BT-Drucks. 14/ 6040, 256) ist durch die

systematische Ausgliederung

der Finanzierungshilfen und das damit notwendig gewordene Geflecht von Vor- und Rückverweisungen nicht erreicht worden (kritisch auch: Staudinger-

Kessal-Wulf

, § 501 Rn. 1; I.

Saenger

, S. 289).

Heiner Beckmann, Ilka Beckmann
21. Finanzierungsleasing

In Deutschland hat das Leasing seit Anfang der 1970er Jahre erhebliche wirtschaftliche Bedeutung (aktuelle Marktdaten bei

Weber

, NJW 2007, 2525). Leasinggesellschaften gibt es seit 1962 (

Städtler

, AcP 190 (1990), 204; zur Marktentwicklung eingehend Münch- KommBGB-

Habersack

, Finanzierungsleasing Rn. 3; Staudinger-

Stoffels

, Leasing Rn. 2-7). Das Grundkonzept des Leasing besteht darin, dass der Leasinggeber auf Veranlassung eines Interessenten ein Investitionsgut kauft und es dem Leasingnehmer für eine bestimmte Zeit überlässt (

Lüem

, in: Kramer, S. 52; Staudinger-

Mayer-Maly

, Einl. zu §§ 433 ff. Rn. 22 (20. Leasing); MünchKommBGB-

Habersack

, Finanzierungsleasing Rn. 1). Kurz gefasst besagt das leasingtypische Vertragsgeflecht: Der Leasinggeber ist gleichzeitig einerseits (im Verhältnis zum Leasingnehmer) Vermieter und Finanzier und andererseits (im Verhältnis zum Lieferanten bzw. Hersteller) Käufer (plastisch

Zahn

, DB 2002, 985 (987 f.)).

Peter Mankowski, Oliver L. Knöfel
22. Mezzanine und andere Finanzierungsformen

Der rechtliche Grundtatbestand des Kreditgeschäfts der Banken ist der Darlehensvertrag (dazu ausführlich § 10). In der Praxis haben sich allerdings eine Vielzahl von Kreditformen herausgebildet, die besondere rechtliche Probleme aufwerfen. Ferner gibt es Kreditgeschäfte, denen keine Darlehensverträge, sondern andersartige Vertragsverhältnisse zugrunde liegen. Hieran zeigt sich, dass der

Kreditbegriff

weiter ist als der Darlehensbegriff. Unter einem Kredit ist daher jedes Vertragsverhältnis zu verstehen, das der direkten oder indirekten Verschaffung von Finanzierungsmitteln dient.

Jochen Hoffmann
23. Sicherungsvertrag

I. Vertragstyp.

Der Sicherungsvertrag ist gesetzlich nicht geregelt. Er stellt einen

Vertrag sui generis

(§ 311 I BGB) dar, der bei nahezu allen Kreditsicherungsgeschäften abgeschlossen wird. Konstituierende Bedeutung kommt dem Sicherungsvertrag lediglich bei den sog. nichtakzessorischen Kreditsicherheiten (Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung, Sicherungsgrundschuld) zu. Ohne schuldrechtliche Vereinbarung des Sicherungszwecks und des Sicherungsumfangs stünde die gesicherte Forderung regelmäßig in keiner rechtlichen Verbindung zu der durchgeführten Vollrechtsübertragung.

Maike Otten
24. Sicherungsgrundschuld

Die Sicherungsgrundschuld ist eine Fremdgrundschuld, die den Inhaber wegen einer Forderung gegen den Eigentümer oder Dritten dadurch sichert, dass der Inhaber sich bei Nichterfüllung der gesicherten Forderung aus der Grundschuld befriedigen darf. Die Sicherungsgrundschuld hat sich im Rechtsverkehr als typisches Mittel zur Sicherung von Realkrediten durchgesetzt. Vorteil der Sicherungsgrundschuld im Gegensatz zur akzessorischen Hypothek ist, dass sie als

fiduziarisches Sicherungsmittel

von der zu sichernden Forderung unabhängig (Rn. 37) ist. Wie alle fiduziarischen Treuhandhandverhältnisse ist das Institut der Sicherungsgrundschuld nicht gesetzlich geregelt. Die Sicherungsgrundschuld zeichnet sich durch zwei Elemente aus. Der Sicherungsnehmer wird Inhaber einer Grundschuld (§§ 1191 ff. BGB). Seine dinglichen Befugnisse aus der Grundschuld (Rn. 48 ff.) werden aber durch einen schuldrechtlichen Sicherungsvertrag, auch als Sicherungsabrede bezeichnet, begrenzt. Im Sicherungsvertrag verpflichtet sich der Sicherungsnehmer, seine Befugnisse aus der Grundschuld lediglich zu dem vereinbarten Sicherungszweck auszuüben. Diese Zweiteilung offenbart den Charakter der Sicherungsgrundschuld als

Treuhandverhältnis

(vgl. BGHZ 133, 25 (30)): Der Sicherungsnehmer (Treuhänder) besitzt die volle Rechtsmacht über die Grundschuld (Treugut), darf diese Rechtsmacht aber auf Grund der Sicherungsvereinbarung (Treuhandabrede) mit dem Sicherungsgeber (Treugeber) nur in begrenztem Umfang ausüben. Da die Sicherungsgrundschuld den Interessen des Sicherungsnehmers und Treuhänders dient, liegt eine eigennützige Sicherungstreuhand vor.

Florian Jacoby
25. Bürgschaft

I. Bedeutung.

Die Bürgschaft ist die bedeutendste Personalsicherheit, nach den Grundpfandrechten in der Kreditpraxis das

zweitwichtigste Sicherungsmittel

überhaupt. Bankseitig wird sie vor allem von Kaufleuten, Gesellschaftern von Personengesellschaften und Privatpersonen ohne Immobiliarvermögen verlangt. Für den Bürgen besteht die besondere Gefahr, dass er sich seiner Haftung bei der Eingehung nicht oder nur unzureichend bewusst wird, weil eine Zahlungsverpflichtung ungewiss ist und er in der Regel darauf vertraut, eben nicht zur Leistung herangezogen zu werden. Der Bürge steht damit in dem Dilemma, einerseits wie der Gläubiger in die Rückzahlungsfähigkeit des Hauptschuldners zu vertrauen, andererseits im Sicherungsfall für sein eigenes enttäuschtes Vertrauen dem Gläubiger persönlich zu haften.

Kai-Oliver Knops
26. Bürgschaft auf erstes Anfordern und Baubürgschaft

I. Allgemeines. 1. Bedeutung.

Diese Bürgschaftsform, die wegen der weitgehenden Ablösung der Zahlungsverpflichtung des Bürgen von der gesicherten Hauptforderung einer Garantie ähnelt, wurde – wie diese – zunächst von Banken im Auslandsgeschäft gestellt. Zunehmend wird sie heute auch im Interbankenverkehr, der Konzernfinanzierung und bei der Absicherung von Bauvorhaben verwendet und tritt dort an die Stelle des Bardepots oder von Sicherungseinbehalten (dazu unten Rn. 64, 70 ff.) (

Reinicke/Tiedtke

, Bürgschaftsrecht, Rn. 309; zur problematischen Einsetzbarkeit als Kautionsersatz bei der Gewerberaummiete

Leo/Schmitz

, NZM 2007, 387 (388)).

Richard Lindner
27. Pfandrechte an beweglichen Sachen und an Rechten

Von der Struktur her wie Grundpfandrechte dienen das Pfandrecht an einer beweglichen Sache und das Pfandrecht an einem Recht dem Zweck dinglicher Sicherung des Gläubigers durch Belastung der Sache bzw. des Rechts mit einem Verwertungsrecht, das die Befriedigung des sicherzustellenden Gläubigers gewährleistet; es handelt sich um ein beschränkt dingliches akzessorisches Verwertungsrecht (

Baur/Stürner

, § 55 Rn. 1, § 36 Rn. 62 ff.;

Bülow

, S. 154 ; Staudinger-

Wiegand

, Vorbem zu §§ 1204 ff. Rn. 1, 10; zur dinglichen Wirkung des Pfandrechts an Rechten Staudinger-

Wiegand

, Vorbem zu §§ 1273 ff. Rn. 5 f. m. w. N.;

Schwab/Prütting

, § 69 III). Der durch das Pfandrecht gesicherte Gläubiger hat gegenüber ungesicherten Gläubigern ein Vorzugsrecht (vgl. § 805 ZPO; § 50 InsO). Nach dem

Entstehungsgrund

werden unterschieden

rechtsgeschäftlich bestellte Pfandrechte

an beweglichen Sachen (§§ 1204 – 1258 BGB) oder Rechten (§§ 1273 – 1296 BGB, s. Rn. 3 ff.),

gesetzliche Pfandrechte

(vgl. § 1257 BGB, Rn. 33 ff.) und

Pfändungspfandrechte

(vgl. §§ 803 ff. ZPO, Rn. 36 ff.).

Annemarie Matusche-Beckmann
28. Sicherungszession

I. Begriff, Gegenstand, Zulässigkeit.

Sicherungszession meint eine Zession (Abtretung, § 398 BGB), die durch einen Sicherungszweck geprägt ist. Zweck der Zession ist die Sicherung einer Kreditforderung. Die Prägung durch den Sicherungszweck kann (a) unmittelbar sein oder (b) mittelbar. Eine Sicherungszession ist durch den Sicherungszweck unmittelbar geprägt (a), wenn sie durch die Entstehung der Kreditforderung aufschiebend oder durch ihr Erlöschen auflösend bedingt ist (§ 398 i. V. m. § 158 I, II BGB, s. dazu Rn. 10). Eine Sicherungszession ist durch den Sicherungszweck mittelbar geprägt (b), wenn sie nur durch den Sicherungsvertrag (Rn. 2 ff.) auf den Sicherungszweck festgelegt ist. Die zweite Form (b) wird in der Praxis bevorzugt.

Gegenstand

der Sicherungszession sind Forderungen und sonstige Rechte (wie etwa Gesellschaftsanteile, s. dazu

Pottschmidt/ Rohr

, Rn. 654a ff.;

Bülow

, Recht der Kreditsicherheiten Rn. 1367, 1439ff.); in der Praxis geht es überwiegend um Forderungen. Die

Zulässigkeit

der Sicherungszession steht im deutschen Recht außer Frage (vgl. § 216 II 1 BGB oder § 51 Nr. 1 InsO). Auch in vielen anderen Rechten ist die Sicherungszession zulässig; doch sind die Anforderungen unterschiedlich. Nicht zulässig ist die Sicherungszession in den Niederlanden; nicht gebräuchlich ist sie in Spanien (

Stadler

, IPRax 2000, 104 (107)).

Dietmar Schanbacher
29. Factoring

I. Bürgerliches Gesetzbuch.

Factoring ist

Forderungskauf

gemäß § 433 BGB i. V. m. § 453 BGB. Der Forderungskauf ist danach geregelt wie der Kauf einer beweglichen Sache. Die besonderen Regelungen für den Forderungskauf in den §§ 437, 438 a.F. BGB sind entfallen. Beide Bestimmungen sind ersatzlos gestrichen worden. Die grundsätzliche Gleichbehandlung des Kaufs von Forderungen und von beweglichen Sachen im neuen Schuldrecht beseitigt Missverständnisse, die, gerade in Bezug auf das Factoring, Jahrzehnte lang bestanden und zu Missdeutungen geführt hatten. Diese folgten aus der Tatsache, dass Bestand und Wert einer Forderung, anders als bei der beweglichen Sache, nicht allein von dieser selbst bestimmt werden, sondern von einer dritten Person, dem Forderungsschuldner

(Debitor)

, abhängig sind. Der

Finanzierungseffekt

des Factoring, der durch die vorzeitige Zahlung des Kaufpreises für die Forderung anstelle der Zahlung durch den Debitor für den Factorkunden entsteht, führte zu der Auffassung, dass es sich bei dem Factoring um ein Finanzierungsgeschäft oder um eine Art Kreditgeschäft handele (so insbesondere

Canaris

, NJW 1981, 249 (250)). Die Tatsache, dass der Factor den Kaufpreis für die Forderung auch dann zahlt, wenn der Debitor nicht zahlen kann, legte den Gedanken nahe, dass es sich bei dem Factoring um eine Art Versicherungsgeschäft handele. Die Gleichstellung des Forderungskaufs mit dem Kauf beweglicher Sachen macht deutlich, dass die Abhängigkeit von Bestand und Wert des Kaufgegenstandes (Forderung) von dem Debitor die Charakterisierung des Geschäfts als Kauf nicht beeinflussen kann (vgl.

Brink

, WM 2003, 1355).

Klaus Bette
30. Sicherungsübereignung

I. Die Kodifikation.

Der Gesetzgeber des BGB hat das Vertragspfandrecht in den §§ 1204 ff. BGB als Faustpfand in sehr differenzierter Weise geregelt und auch den Eigentumsvorbehalt ausdrücklich normiert, während die Sicherungsübereignung im Text nicht einmal angedeutet wurde. Die Ausgestaltung der Sicherungsübereignung wurde vielmehr der Interpretation der §§ 929 ff. BGB überlassen, wobei allerdings die weitgehende Gleichstellung von mittelbarem und unmittelbarem Besitz schon die Richtung für eine Reduktion des Publizitätsprinzips vorgab. Bei den Beratungen der Ersten Kommission war jedoch die Sicherungsübereignung durchaus ein Thema. So heißt es in den Motiven, dass es den Verkehr erschweren würde, wenn die Übereignung mittels Besitzkonstituts – etwa als Scheingeschäft – für unwirksam erklärt werde (Motive Bd. III, S. 335). Außerdem befürchtete man, dass eine rigide Norm mit dem Erfordernis der Übergabe durch Verschaffung des unmittelbaren Besitzes mittels Hingabe und Rückempfang der Sache umgangen würde. Auch bei der Beratung der Zweiten Kommission war die Mehrheit durchaus für eine Sicherungsübereignung durch Besitzkonstitut, da es sich insoweit nicht um ein illegitimes Geschäft handele. Vielmehr diene diese Rechtsform sehr häufig der Finanzierung der kleinen Leute, die nur ihre bewegliche Habe als Sicherheit hätten, aber deren Besitz und Gebrauch nicht entbehren könnten (Protokolle Bd. 3, S. 201). Diese historische Entwicklung ist insbesondere von Hromadka (Die Entwicklung des Faustpfandprinzips im 18. und 19. Jahrhundert, 1971, S. 172 ff.) ausgearbeitet worden. Es lag daher nahe, anstelle einer Pfandrechtsbestellung auf die Vollrechtsübertragung nach § 930 BGB auszuweichen, um damit faktisch eine besitzlose Mobiliarsicherheit zu erreichen (

Reich

, in: AK-BGB, vor § 929 ff. Rn. 8). Die Rechtsprechung erkannte die Sicherungsübereignung dann alsbald an (RGZ 49, 170). Sie sei nicht etwa als Scheingeschäft unwirksam. Daraus wird heute eine gewohnheitsrechtliche Anerkennung abgeleitet.

Peter Derleder
31. Sonstige Kreditsicherheiten

Unter den im Folgenden erörterten sonstigen Kreditsicherheiten sind in erster Linie solche Sicherheiten zu verstehen, die nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt sind. Gebräuchlich ist es, in diesem Zusammenhang auch von atypischen Kreditsicherheiten zu sprechen, da diese Sicherheiten keinem im Schuldrecht geregelten Schuldvertragstyp entsprechen (vgl.

Gerth

, 1ff.). Die folgenden Ausführungen behandeln Schuldbeitritt, Garantie und Patronatserklärung und im Rahmen der Abgrenzung dieser Institute von einander auch andere, mögliche Erscheinungsformen von Kreditsicherheiten.

Ulrich Kulke
32. Nichtigkeit

Rechtstatsächlich ist die Sittenwidrigkeit von Kreditverträgen vor allem im Verhältnis zwischen gewerblich tätigem Kreditgeber und privatem Kunden, dem Verbraucher, anzutreffen. Man spricht vom sittenwidrigen Konsumentenkredit. Sitz der Materie ist § 134 I BGB (zum sittenwidrigen Gewerbekredit siehe nachf. Rn. 24, zum Gelegenheitskredit nachf. Rn. 26).

Markus Artz
33. Umschuldung und Ersatzkreditnehmerstellung

Umschuldung versteht § 655c S. 2 BGB, allerdings in einem speziellen Zusammenhang (s. unten Rn. 49), als die vorzeitige Ablösung eines Darlehens durch ein anderes Darlehen

(Umschuldung im engeren Sinne)

. Gemeinhin wird darüber hinaus unter den Begriff der Umschuldung auch die Verlängerung oder Aufstockung von Krediten subsumiert (Umschuldung im weiteren Sinne). Hier wird grundsätzlich von diesem weiteren Verständnis ausgegangen.

Bernd Eckardt
34. Beendigung

Wie alle Dauerschuldverhältnisse kann der Darlehensvertrag grundsätzlich durch einseitige Bestimmung einer Vertragspartei (vor allem Widerruf und Kündigung), einvernehmlich durch eine Aufhebungsvereinbarung und ohne Zutun der Vertragspartner durch Zeitablauf beendet werden. Die Beendigungsgründe sind voneinander unabhängig, unterscheiden sich aber naturgemäß wesentlich hinsichtlich ihrer Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen.

Gerhart R. Baum, Julius F. Reiter, Olaf Methner
35. Kredit und Insolvenz

Von dem berühmten Insolvenzrechtler Ernst Jäger stammen die viel zitierten Sätze:

„Der Konkurs ist ein Wertevernichter schlimmster Art und obendrein das teuerste Schuldentilgungsverfahren. Je größer das ihm verfallende Unternehmen ist, je weitere Wirtschaftskreise der Zusammenbruch in Mitleidenschaft zieht, desto erwünschter muss es sein, wenn Schuldner und Gläubiger durch Vereinbarung eines Ausgleichs dem Konkurse vorbeugen“

(Lehrbuch des Deutschen Konkursrechts, 8. Aufl. 1932, zitiert von

Uhlenbruck

, in: „Einhundert Jahre Konkursordnung“, S. 20) .

Heinz Vallender
36. Kreditrating

In diesem Beitrag wird die Umsetzung des internen Ratingansatzes von Basel-II im Geschäftsfeld der Konsumentenkredite dargestellt. Dazu wird zunächst die Grundkonzeption von Basel-II im Hinblick auf diesen speziellen Anwendungsfall analysiert. Anschließend werden geeignete Vorgehensweisen für die Schätzung der zentralen Risikoparameter innerhalb von Basel-II, die Ausfallwahrscheinlichkeit (PD), der zu erwartende Ausfallsaldo (EAD) und die Verlustquote bei Ausfall (LGD) beschrieben. Abschließend wird aufgezeigt, wie aus diesen Parametern eine im Hinblick auf die Bankenstabilität adäquate Eigenkapitalunterlegung abgeleitet werden kann. Dabei kann die konkrete Ausgestaltung von Bank zu Bank mitunter erheblich abweichen; die in diesem Beitrag beschriebenen Grundmuster werden sich aber in jeder Umsetzung von Basel-II in die Praxis des Retailbanking wiederfinden.

Roland Bäumler

Konto und Zahlungsverkehr

Frontmatter
37. Girogeschäft allgemein und Kontoeröffnung

I. Definition.

Das

Girogeschäft

gehört zu den aufsichtspflichtigen Bankgeschäften (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 KWG) und beinhaltet nach der gesetzlichen Definition die „Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und des Abrechnungsverkehrs“. Rechtliche Grundlage ist der Abschluss eines formularmäßigen Girovertrages, dessen Mindestinhalt § 676f BGB bestimmt (Rn. 15). Der Begriff „Giro“ stammt aus dem Italienischen und kennzeichnet den beim bargeldlosen Zahlungsverkehr entstandenen „Kreislauf“ des Geldes (

Kümpel

4.3.; zu den lateinisch-griechischen Wurzeln des Begriffs und der Geschichte des Girogeschäfts vgl.

Schwintowski/Schäfer

, § 7 Rn. 1).

Reinhard Singer
38. Kontokorrent

I. Geschichtliche Entwicklung. 1. Grundlagen.

Die geschichtlichen Grundlagen für die dogmatische Konstruktion des Kontokorrents finden sich wahrscheinlich in verschiedenen Vergleichstechniken. Im ausgebildeten römischen Recht wird bei der (mit der Novation eng verwandten) stipulatio Aquiliana die Verrechnung zur vergleichsweisen Bereinigung (wechselseitiger) Ansprüche genutzt. Aus den gegenseitigen Forderungen wird ein Saldo gebildet, der entweder umgehend ausgeglichen oder (weiter) kreditiert wird. Gleichzeitig werden die vorherigen Einzelforderungen mit der acceptilatio sofort zum Erlöschen gebracht (s. Flor. D. 46, 4, 18, 1; Inst. III, 29, 2;

Kaser

, § 54 II 5, S. 246;

Zimmermann

, 24 II 4, S. 757). Der Zweck dieses Institutes lag aber wohl eher in der Zusammenfassung und Bereinigung der Einzelforderungen als der (erleichterten) Abwicklung von Geschäftsbeziehungen (s.

Kaser

, § 54 II 5, S. 246), dennoch enthält die stipulatio Aquiliana bereits erhebliche Elemente des künftigen Kontokorrents.

Ronald Kandelhard
39. Sparkonto und Sparkassenbrief

Die für den Sparverkehr relevanten Rechtsquellen lassen sich im Wesentlichen unterteilen in solche bankaufsichtsrechtlicher und solche zivilrechtlicher Natur. Die aufsichtsrechtlichen Regelungen haben in der Vergangenheit eine deutliche Deregulierung erfahren. Diese wurde eingeleitet mit der Aufhebung der sogenannten Zinsverordnung im Jahre 1967; die Zinssätze wurden für die geregelten Einlagearten – Sichteinlagen, befristete Einlagen, Spareinlagen – den Marktkräften überlassen. Im Rahmen der 4. KWG-Novelle erfolgte 1993 die Aufhebung der Vorschriften zum Sparverkehr in den §§ 21 bis 22a KWG. Der Gesetzgeber hielt es für nicht mehr erforderlich, dass durch gesetzlichen Eingriff in die Vertragsfreiheit ein standardisiertes Produkt „Spareinlage“ geschaffen wird (Amtl. Begr., BT-Drucks. 12/3377). Der Gesetzgeber begnügt sich seitdem mit einer Regelung des Sparverkehrs im Rahmen der Bilanzierung und definiert den Begriff der Spareinlage in § 21 IV RechKredV. Diese Definition beschreibt die Mindestanforderungen für die Anerkennung als Spareinlage.

Christof Harbeke
40. Termingeldkonto (Fest- und Kündigungsgeld)

Das Interesse sowohl der Kunden an der Anlage liquider Mittel auf Termingeldkonten 1 (Festgeld- und Kündigungsgeldkonten) als auch der Banken an der Hereinnahme solcher Mittel steigt regelmäßig in Zeiten schwacher Konjunktur und unruhiger Kapitalmärkte. Dies hat verschiedene Gründe: Zum einen sinkt dann bei den Kunden das Interesse an Aktien- und Rentenanlagen, während der Wunsch nach einer krisensicheren Kapitalanlage steigt. Zum anderen brechen bei den Banken die Erträge aus Wertpapierprovisionen ein. Gleichzeitig bietet die Anlage von Geldern auf Termingeldkonten für den Kunden die Möglichkeit, nicht sofort als Barreserve benötigte Mittel, die aber mittelfristig zur Verfügung stehen sollen, höherverzinslich als auf dem Girokonto zu „parken“, während die Bank fortwährend an der längeren Hereinnahme von Mitteln zur Refinanzierung ihres Aktivgeschäftes interessiert ist. Dies hat zur Folge, dass selbst bei der heutigen großen Vielfalt von Anlageprodukten die „konservative“ Anlage von Mitteln auf Festgeldund Kündigungsgeldkonten für beide Seiten nichts von ihrem Reiz verloren hat. Ende 2006 betrugen allein die bei Volks- und Raiffeisenbanken unterhaltenen Termineinlagen rd. 85 Mrd. Euro (vgl. BVR Jahresbericht 2006, 62).

Lutz Batereau
41. Treuhand- und Anderkonto

I. Begriff.

Der Begriff des Treuhandkontos wird nicht einheitlich verwandt. Die Schwierigkeit der Begriffsfindung rührt daher, dass es einen allgemein anerkannten Begriff der Treuhand nicht gibt (vgl. MünchKommBGB-

Schramm

, Vor § 164 Rn. 28;

Gernhuber

, JuS 1988, 355). Die Rechtsprechung verwendet den Begriff des Treuhandkontos zur Bezeichnung der Fälle der fiduziarischen Treuhand, also der Fälle, in denen der Treuhänder Vollrechtsinhaber und Kontoinhaber ist (vgl. BGHZ 127, 229 (232):

„… ist bei jedem offenen oder verdeckten Treuhandkonto der Fall, ohne dass die Kontoinhaberschaft des Treuhänders in Frage gestellt wird …“

; s. ferner die Differenzierung von OLG Hamburg WM 1970, 1307 (1308)), wobei zusätzlich ein Treuhandkonto nur dann vorliegen soll, wenn es ausschließlich für Vermögenswerte des Treugebers bestimmt ist (vgl. BGHZ 61, 72 (78); WM 1996, 249 (251); WM 1987, 922 (923); WM 2003, 1641 (1641); OLG Brandenburg WM 1999, 267 (269)). Angesichts der Vielschichtigkeit der Verwendung des Begriffes „Treuhand“ sollte jedoch auch der Begriff des Treuhandkontos eher umschreibend zur Kennzeichnung der Fallgruppen verwendet werden, in denen ein Konto Gegenstand eines Treuhandverhältnisses in Form der fiduziarischen oder der Ermächtigungstreuhand ist, wobei keine Rolle spielt, ob das Treuhandverhältnis offengelegt wird (im Ergebnis ebenso Canaris, Rn. 263, 267; BuB-

Gößmann

, Rn. 2/240; Staudinger-

Hopt/Mülbert

, Vorbem. zu §§ 607 ff. Rn. 190; Schimansky/ Bunte/Lwowski-

Hadding/Häuser

, § 37 Rn. 2, 4). Die von der Rechtsprechung gemachte Einschränkung auf Konten, in denen der Treuhänder Vollrechtsinhaber ist, also Fälle der fiduziarischen Treuhand, sollte allerdings insoweit aufgegriffen werden, als von Treuhandkonten im engeren Sinn gesprochen wird.

Dirk Harders
42. Gemeinschafts- und Sperrkonto

Zu den zentralen Bankgeschäften gehört das Einlagengeschäft gem. § 1 I 2 Nr. 1 KWG. Es definiert sich als Annahme fremder Gelder oder anderer rückzahlbarer Gelder des Publikums, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden. Es wird über Konten abgewickelt (siehe § 40, Rn. 3 ff.). Bezüglich der Kontoinhaberschaft ist durch Auslegung festzustellen, wer Inhaber des Kontos und damit Träger von Rechten und Pflichten des Rechtsverhältnisses sein soll (§§ 133, 157 BGB), wobei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls darauf abzustellen ist, wer nach dem erkennbaren Willen des die Kontoeröffnung Beantragenden der Gläubiger des Kreditinstituts werden soll (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHZ 21, 148 (150); BGH WM 1963, 455 (456); WM 1966, 1246 (1248); WM 1973, 894 (895); WM 1986, 33 (35); WM 1990, 537 (538); WM 1994, 2270; WM 1996, 249 (250)). Verfügungsberechtigter über das Konto ist derjenige, der Vertragspartner des Kreditinstituts ist. Dabei können auf Seiten der Kunden dem Kreditinstitut mehrere selbständige Rechtssubjekte gegenüber treten. In der Praxis wird dem dadurch entstehenden

Gemeinschaftskonto

mit zwei typisierten Vertragsgestaltungen begegnet. Die Begründung eines Gemeinschaftskontos erfolgt als Oder-Konto, wahlweise als Und- Konto. Wer also behauptet, bei der Kontoeröffnung sei ein Gemeinschaftskonto gewollt gewesen, trägt dafür die Beweislast. Ein Gemeinschaftskonto liegt allerdings nicht vor, wenn vertretungsberechtigte Personen für eine Gesellschaft ein Konto eröffnen; die Gesellschaft ist dann Inhaberin eines Einzelkontos (

Einsele

, § 3, Rn. 37).

Anja Hucke
43. Überweisungsverkehr

Das Überweisungsverfahren stellt neben dem Lastschriftverfahren und dem Scheckeinzug die dritte zentrale Säule des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in der Bundesrepublik Deutschland dar: Im Jahre 2006 wurden in Deutschland 6.713,14 Millionen Überweisungen von Nichtbanken vorgenommen, davon 5.658, 59 Millionen beleglos und davon wiederum 1.053,94 Millionen online (Deutsche Bundesbank, Statistik über den Zahlungsverkehr in Deutschland, 2006). Das Ziel der Überweisung liegt in der Bewegung von Buchgeld vom Konto des Überweisenden auf das Konto des Begünstigten, wobei der Überweisende zumindest ein Kreditinstitut als sog. überweisendes Kreditinstitut einschaltet (zur Terminologie: § 676 a I 1 BGB). Im Rahmen von Überweisungen, die den Betrieb dieses Kreditinstituts überschreiten, ist zudem die Mitwirkung mehrerer zwischengeschalteter Kreditinstitute zur Durchführung des Zahlungsvorgangs erforderlich. Dabei unterhalten die Banken entweder gegenseitige Verrechnungskonten oder sind einem überregionalen System wie TARGET (Trans-European Automated Real-Time Gross Settlement Express Transfer) angeschlossen (zu diesem

Stenström

, in: Langenbucher/ Gößmann/Werner, § 8).

Jürgen Oechsler
44. Gutschrift

I. Gutschrift im neuen Recht der Banküberweisung.

Das Überweisungsgesetz hat für den Anspruch auf Gutschrift einen selbständigen Normenkomplex geschaffen. Im Rahmen der Vorschriften über den Girovertrag wird die Bank des Empfängers einer Überweisung (Empfängerbank) verpflichtet, für den Empfänger (Begünstigten) eingehende Zahlungen auf dessen Konto gutzuschreiben (§§ 676f-g BGB). Nach der Systematik des Gesetzes bildet der Girovertrag das letzte Glied einer Reihe von drei, zum Teil differenziert ausgestalteten Vertragstypen. Vorgeschaltet sind der Zahlungsvertrag (§§ 676d-e BGB) und der Überweisungsvertrag (§§ 676a-c BGB), den der Überweisende (Auftraggeber) mit seinem Kreditinstitut (Erstbank) abschließt (§ 43 Rn. 31, 2). Diese Konstruktion und Abfolge selbständiger Vertragstypen „zerreißt“, so die im Vorfeld der Neuregelung geäußerte Kritik, „was zusammengehört“ (

Häuser

, WM 1999, 1037 (1041)). Tatsächlich lassen sich die einzelnen Vertragstypen nicht klar abgrenzen – sie überlagern sich und sind letztlich viel enger verbunden als es nach der Systematik des Gesetzes erscheinen mag. Der Girovertrag ist vor allem ein rahmenartig, zumeist auf unbestimmte Zeit vereinbartes Dauerschuldverhältnis, das dem Vorgang einer bargeldlosen Zahlung durch Überweisung

vorausgeht

(Rn. 39, 41).

Stephan Meder
45. Lastschriftverkehr

I. Bargeldlose Zahlungsverfahren. 1. Verfahren ohne Zahlungsgarantie.

Bei dem Lastschriftverfahren handelt es sich um eine Form bargeldloser Zahlungsabwicklung, die zwar auf eine jahrzehntelange Geschichte zurückblickt, sich jedoch erst in Folge des Lastschriftabkommens der Kreditwirtschaft von 1964 und mit der zunehmenden elektronischen Abwicklung von Bankdienstleistungen auf breiter Front durchgesetzt hat (Überblick in Schimansky/Bunte/

Lwowski-van Gelder

, § 56, I). Dynamisch haben sich im Handel in den vergangenen Jahren kartengestützte Lastschriftverfahren entwickelt.

Hartmut Strube
46. Scheckgeschäft

I. Funktionen.

Der Scheck ist eine unbedingte Anweisung des Ausstellers an das bezogene Kreditinstitut, zu Lasten seines Guthabens einen bestimmten Geldbetrag gegen Vorlage des Schecks zu zahlen. Der Scheck ist somit Wertpapier, d.h. eine Urkunde, die ein privates Recht in der Form verbrieft, dass zur Ausübung des Rechts der Besitz des Papiers erforderlich ist (grundlegend

Brunner

, S. 47 ff.; differenzierend zu den verschiedenen Wertpapiertheorien,

Zöllner

, S. 14 ff.; instruktiv noch immer

Jacobi

, S. 34 ff.). Im Gegensatz zum Wechsel ist der Scheck kein Kreditmittel, sondern reines Zahlungsmittel (Art. 4 SchG). Der Scheck ersetzt sowohl die Barzahlung (Zahlung mit Scheck ist kongruent i.S.v. § 131 InsO, auch wenn andere übliche Zahlungsart vereinbart war: BGHZ 166, 125 = WM 2006, 621 = ZIP 2006, 578) als auch die mögliche Banküberweisung. Verknüpft der Zahlungspflichtige mit einer Scheck(teil-)zahlung zugleich ein umfassendes Erlassangebot für die – erheblich höhere – Restschuld, so spricht allein die Einlösung des Schecks noch nicht für die stillschweigende Annahme des Erlassangebotes (BGH WM 2001, 1526 m.w.N.; OLG Koblenz NJW 2003, 758).

Hans-Peter Schwintowski
47. Wechselgeschäft

I. Grundlagen des Wechselrechts. 1. Allgemeine Grundlagen.

Der Wechsel nimmt im Wertpapierrecht eine zentrale Stellung ein. Er erfüllt im Wirtschaftsleben wichtige Funktionen als Zahlungs-, Sicherungs- und Kreditmittel. Wechsel sind schuldrechtliche Wertpapiere, die auf die unbedingte Zahlung einer bestimmten Geldsumme lauten. Die strengen Formvorschriften des Wechselgesetzes müssen eingehalten, insbesondere die Urkunde im Text ausdrücklich als Wechsel bezeichnet sein (zur Definition des Wechsels vgl.

Müller-Christmann/Schnauder

, Rn. 94 ;

Richardi

§ 12 I;

Hueck/Canaris

, § 12 I 1).

Rudolf Fischer
48. EC-Karte/Bankkarte

I. Einführung der Scheckkarte.

Ende der sechziger Jahre begann mit der Einführung der Scheckkarte bescheiden eine Entwicklung im Zahlungsverkehr deren heutige Dimension damals niemand vorausgesehen hat. Die Scheckkarte sollte zunächst die Scheckzahlung bei Einkäufen und auf Reisen fördern. Das bezogene Kreditinstitut garantierte darin jedem Schecknehmer die Einlösung eines auf ihrem Vordruck ausgestellten Schecks, zunächst bis zur Höhe von 200 DM. Die juristische Debatte war zunächst weitgehend auf die

Garantiefunktion

konzentriert. Frühzeitig wurden jedoch auch bereits Zweifel an den Haftungsregelungen laut, denn der Kontoinhaber trug nach den Bedingungen alle Folgen eines Missbrauchs.

Rainer Metz
49. Kreditkartengeschäft

Die ursprünglich aus den USA stammende Kreditkarte ist heute im inländischen Zahlungsverkehr als Instrument der bargeldlosen Zahlung weit verbreitet. Nach zunächst starkem Wachstum des Kreditkartengeschäfts besonders in den 80er Jahren (vgl.

Eckert

, WM 1987, 161 m. w. N.) verlangsamte sich das Wachstum seit Mitte der 90er Jahre deutlich (vgl. die Angaben bei

Oechsler

, WM 2000, 1613). Insbesondere bei den Inlandsumsätzen prognostizierte die Branche baldige Sättigung (FAZ v. 08.07.1999, S. 23 und v. 03.02.2000, S. 21). Diese Entwicklung (vgl.

Oechsler

, WM 2000, 1613, der sogar von „Wende“ spricht) im Kreditkartengeschäft hat ihren Grund vor allem in dem Konkurrenzverhältnis der Kreditkarte zu anderen Instrumenten der bargeldlosen Zahlung wie bspw. der Debit- und Geldkarte (vgl. dazu näher Rn. 7). Um diesem Trend gegenzusteuern und die Attraktivität von Kreditkarten zu erhöhen, versuchen Kartenemittenten ihre Karten durch sog.

Assistance-Leistungen

wie Reiseplanung, Hotelreservierung, Mietwagenservice, Meilensammlerprogramm (vgl. OLG Köln NJW-RR 2002, 120 f.) etc. oder bereits mit der Jahresgebühr abgegoltenen Versicherungsschutz (vgl. OLG Frankfurt am Main, ZfS 2004, 374 mit Anm.

Rixecker

) aufzuwerten (BuB-

Haun/Neuberger

, Rn. 6/ 1865, vgl. dazu Rn. 15).

Uwe Blaurock

Kapitalmarkt und Auslandsgeschäfte

Frontmatter
50. Anlageberatung

Anlageberatung bezweckt in erster Linie den Schutz des Anlegers, Kunden, Verbrauchers, der weniger weiß und eine geringere Erfahrung in der Anlage von Kapital, besonders in Wertpapiere hat als die Bank oder das Wertpapierdienstleistungsunternehmen (Anlageberater, Anlagevermittler, Anlageverkäufer). Gewährleistet wird der Schutz durch die Verpflichtung zu Aufklärung, Beratung, Empfehlung und gegebenenfalls Warnung. Anlageberatung verhindert, dass sich die Bank oder der andere Wertpapierdienstleister aufgrund ihres Wissens- und Erfahrungsvorsprungs unangemessene Vorteile zu Lasten des Kunden und Anlegers verschafft. Sie soll informelle Parität im Anlagegeschäft herstellen. Sie begründet Vertrauen und hilft damit, insbesondere die Wertpapiermärkte auch nicht fachkundigen und weniger erfahrenen Privatkunden zu erschließen. Ohne das

Vertrauen

der Anleger kann kein

Kapitalmarkt

ordnungsgemäß

funktionieren

. Erst seriöse Anlageberatung begründet zudem die Rationalität der Anlageentscheidung. Der Anleger kann nur dann eine wirtschaftlich vernünftige, seinen Interessen entsprechende Anlageentscheidung selbstständig und verantwortlich treffen, wenn er zuvor fachgerecht umfassend informiert worden ist. Im folgenden Abschnitt geht es nicht allein um Anlageberatung im engeren Sinne, sondern auch um die Beratung im Zusammenhang mit anderen Verträgen, insbesondere der Anlagevermittlung. Beides ist abzugrenzen zur Vermögensverwaltung, die in § 45 Gegenstand der besonderen Darstellung ist.

Heinz Georg Bamberger
51. Vermögensverwaltung

I. Begriffsbestimmung und Abgrenzung zu verwandten Dienstleistungen. 1. Begriff.

Der Begriff der Vermögensverwaltung bezeichnet die Betreuung von Vermögenswerten, bei der der Verwalter Entscheidungen über Vermögensumschichtungen ohne Rücksprache mit dem Vermögensinhaber trifft und zur Disposition über das Kundenvermögen ermächtigt ist (

Sethe

, S. 24; Schwintowski/

Schäfer

, § 19 Rn. 28; Schimansky/Bunte/ Lwowski-

Kienle

, § 111 Rn. 1;

Horn

, S. 265 (266);

Balzer

, S. 13 f.). Der Verwalter trifft die Anlageentscheidungen im Interesse des Kunden, jedoch nach eigenem

Ermessen

, wobei ggf. vereinbarte

Anlagerichtlinien

zu berücksichtigen sind (

Roll

, S. 24; Schäfer/

Müller

, Rn. 198; Welter/Lang/

Balzer

, Rn. 9.1;

Lang

, § 21 Rn. 2).

Gegenstand

der Vermögensverwaltung können grundsätzlich Vermögenswerte aller Art sein. Der Schwerpunkt der Verwaltungstätigkeit, die insbesondere von Banken und freien (externen) Vermögensverwaltern angeboten wird (vgl. Schäfer/

Müller

, Rn. 201), liegt bei der

Verwaltung von Wertpapiervermögen

. Anzutreffen ist daneben aber auch die Verwaltung von Immobilien, Gesellschaftsbeteiligungen (Anteilen an Investment- und geschlossenen Immobilienfonds), Edelmetallen, Kunstgegenständen und Antiquitäten (Lang, § 21 Rn. 3; Schäfer/

Müller

, Rn. 203; Welter/Lang/

Balzer

, Rn. 9.1; Vortmann-

Schade

, § 7 Rn. 18).

Peter Balzer
52. Wertpapierhandelsgesetz

I. Entstehung und Bedeutung.

Das Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz – WpHG) wurde am 30.6.1994 als Art. 1 und Herzstück des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes (BGBl. 1994 I, 1749; Neubekanntmachung v. 9.9.1998 (BGBl. 1998 I, 2708 zu der ab 1.8.1998 geltenden Fassung) verkündet. Es trat im Umfang seiner §§ 1 bis 3, 9 III, IV, 11 bis 14, 20, 38 und 41 am 1.8.1994, mit den sonstigen Neuregelungen am 1.1.1995 in Kraft (

Lang

, § 4 Rn. 1). Mit ihm brach eine neue Ära in der rechtlichen Ordnung des Kapitalmarkts an (Assmann/Schneider-

Assmann

, Einl. Rn. 1). Die Bedeutung des WpHG ist groß (

Lenenbach

, § 10 Rn. 10.1).

Stefan Frisch
53. Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz

I. Rechtliche Grundlagen.

Das WpÜG von 2002 (BGBl. 2001 I 3822) wurde 2006 an die

Übernahmerichtlinie

(ABl. 2004 L 142/ 12) angepasst (BGBl. 2006 I 1426), 2007 geringfügig im Rahmen der Umsetzung der Transparenzrichtlinie geändert (BGBl. 2007 I 10) und 2008 durch das RisikobegrenzungsG modifiziert (BGBl. 2008 I 1666). Das WpÜG enthält nicht alle Normen, die bei einem öffentlichen Angebot zum Erwerb von Wertpapieren oder bei einem Pflichtangebot zu berücksichtigen sind. Detailregelungen sind in sechs Rechtsverordnungen ausgegliedert worden: AngebotsVO (BGBl. 2001 I 4263), BeiratsVO (BGBl. 2001 I 4259), WiderspruchsausschussVO (BGBl. I 2001 I 4261), GebührenVO (BGBl. 2001 I 4267), AnwendbarkeitsVO (BGBl. 2006 I 1698) und die BeaufsichtigungsmitteilungsVO (BGBl. 2006 I 2266). Das deutsche Recht beruht nicht nur insoweit auf der Übernahmerichtlinie, als das WpÜG von 2002 zur Umsetzung der Richtlinie geändert wurde. Da das WpÜG schon in weitem Umfang den europarechtlichen Vorgaben entsprach, genügten einige Änderungen (insb. § 2) und Ergänzungen (§ 11a, §§ 33a bis 33d, §§ 39a bis 39 c) des bestehenden Gesetzes, um die Übernahmerichtlinie umzusetzen. Das WpÜG von 2006 stellt aber in seiner Gesamtheit ein Umsetzungsgesetz dar, weshalb das WpÜG insgesamt der Übernahmerichtlinie entsprechen muss und europarechtskonform auszulegen ist.

Markus Lenenbach
54. Finanztermingeschäfte

Termingeschäfte haben seit dem 19. Jahrhundert eine stetig anwachsende wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Sie dienten ursprünglich der Sicherung gegen Risiken durch schwankende Preise und Wechselkurse („Hedging“). Termingeschäfte eignen sich aber auch in besonderer Weise zur

Spekulation

.

Hans-Friedrich Müller
55. Außerbörsliche Finanztermingeschäfte (OTC-Derivate)

Der Handel der Kreditinstitute mit außerbörslichen Finanztermingeschäften, auch als

OTC (over the counter)-Derivate

oder

Finanzinnovationen

bezeichnet, hat seit jetzt mehr als 20 Jahren eine stete Entwicklung in der Finanzwelt genommen. Die Gestaltung immer neuer Produktarten lässt sich häufig nur noch von Finanzmathematikern nachvollziehen, obwohl sich die komplexen Strukturen meist in die bekannten Spielarten von Finanzinnovationen der ersten Generation zerlegen lassen.

Ulrike Klingner-Schmidt
56. Hedgefonds und ähnliche Beteiligungen

Während Hedgefonds vor etwa zehn Jahren nur Fachleuten und einem eng begrenzten Anlegerkreis geläufig waren, sind sie inzwischen in der öffentlichen Diskussion und im Fokus breiter Anlegerkreise präsent. Dazu haben bereits verschiedene Krisen, etwa die der Long Term Capital Management (LTCM) im Jahr 1998, der Amaranth Advisors 2006 oder zuletzt zweier Bear Stearns-Hedgefonds (im Zusammenhang mit der Subprime Loan-Krise in den USA) beigetragen. Eine wesentliche Rolle spielt auch die Diskussion um die Gefahr eines Zusammenbruchs der internationalen Finanzmärkte und die daraus folgenden Überlegungen einer Regulierung im Rahmen der G7/G8. Schließlich ist die Befürchtung zu nennen, dass Unternehmen von Finanzinvestoren im Interesse kurzfristiger Gewinnmaximierung geschwächt werden („Heuschrecken-Debatte“).

Leif Zänker
57. Effektengeschäft

I. Das Effektengeschäft als Bankgeschäft.

Nach § 1 I 2 Ziff. 4 KWG a. F. gehörte das Effektengeschäft expressis verbis zum Katalog erlaubnispflichtiger Bankgeschäfte im Sinne des Kreditaufsichtsrechts und bezeichnete „die Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren für andere“. Die 6. KWG-Novelle (Gesetz zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften, BGBl.1997 I, S. 2518) führte statt dessen den weiter gefassten Begriff des Finanzkommissionsgeschäftes ein, der „die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen und für fremde Rechnung“ meint. Die Qualifikation als Finanzkommissionsgeschäft setzt hiernach voraus, dass Umsatzgeschäfte über Finanzinstrumente für andere getätigt werden. Der 6. Senat des BVerwG hat jüngst klargestellt, dass ein Finanzkommissionsgeschäft im Sinne des § 1 I 2 Ziff. 4 VwG nur im Fall des Handels mit Finanzinstrumenten vorliegt, bei dem auch die ein Kommissionsgeschäft (§§ 383 ff. HGB) prägenden Merkmale gewahrt sind (BVerwG, Urt. v. 27. Februar 2008, EWiR § 1 KWG 1/2008, 445 mit Anmerkung v.

Livonius/Bernau

). Der Begriff des Finanzinstruments in § 1 XI KWG umfasst außer den Wertpapieren auch Geldmarktinstrumente, Devisen oder Rechnungseinheiten sowie Derivate (näher unter Rn. 7). Das Finanzkommissionsgeschäft erfüllt somit zugleich die Merkmale einer Wertpapierdienstleistung im Sinne des Kapitalmarktrechts (§ 2 III Ziff. 1 WpHG). In der bankwirtschaftlichen Terminologie bezeichnet das Effektengeschäft neben der Abwicklung von Kauf- und Verkaufsaufträgen die depotgeschäftliche Verwahrung, auch unter dem Sammelbegriff Effektenkundengeschäft geläufig, sowie das Emissionsgeschäft der Banken.

Jens Ekkenga, Timo Bernau
58. Emmisionsgeschäft

I. Begriffe; Rechtsnatur des Emissionsgeschäfts.

Das

Emissionsgeschäft

ist ein wirtschaftlicher Vorgang im Rahmen des Kapitalmarkts. Es steht in engem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Unternehmensfinanzierung.

Wirtschaftlicher Zweck

des Geschäfts ist die Aufnahme mittel- oder langfristigen Kapitals (vgl. Kümpel, Rn.9.3).

Emission

ist die

erste Ausgabe

und

Platzierung

von Wertpapieren (dazu unter C.) im Sinne des Kapitalmarktrechts durch einen Aussteller, den

Emittenten

. Die Ausgabe von Wertpapieren setzt die Entstehung des verbrieften Rechts voraus. Das geschieht durch den Begebungsvertrag zwischen Emittent und erstem Erwerber (Hueck/Canaris, S. 31, 217). Der erste Erwerber ist entweder der Anleger – bei der Selbstemission – oder ein mitwirkendes Kreditinstitut – bei der Fremdemission – (dazu unter B.). Die

Emissionsphase

vollzieht sich auf dem Primärmarkt. Primärmarkt ist die erste Unterbringung von Wertpapieren bei den Anlegern; Sekundärmarkt ist der Handel mit emittierten Wertpapieren (

Ekkenga/ Maas

, Rn. 2;

Kümpel

, Rn. 8.61, 8.69)

Ralf Bartz
59. Investmentgeschäft

I. Systematik und zentrale Begriffe

. Das Investmentgeschäft nach deutschem Recht umfasst in einem weiten Sinn das Halten und Verwalten eines Sondervermögens für Anleger von Geldkapital. Ein solches

Sondervermögen

kann erstens als

Gesamthandvermögen einer Personengesellschaft

sowie auf der Grundlage eines rechtsgeschäftlichen Treuhandverhältnisses entstehen, oder zweitens als

Vermögen einer (Investment-) Kapitalgesellschaft

oder einer anderen juristischen Person, oder drittens als offener

Investmentfonds

auf der spezialgesetzlichen Grundlage des Investmentgesetzes (InvG).

Stefan J. Geibel
60. Verwahrungsgeschäfte

I. Gegenstände, Rechtsnatur, Vertragstypen und Abgrenzungen.

Im Bankenbereich werden unter dem Begriff

„Verwahrung“

eine Vielzahl ganz verschiedener Lebenssachverhalte mit ganz unterschiedlichen rechtlichen Regelungen verstanden, wobei der Sprachgebrauch in den verschiedenen Gesetzen (u. a. KWG, DepG, BGB) nicht einheitlich ist. Einer „Verwahrung“ kann ein regelmäßiger Verwahrungsvertrag (dazu unten B. Rn. 9 ff.), ein Geschäftsbesorgungsvertrag (Depotvertrag – dazu unten C. Rn. 16 ff.), ein Mietvertrag (Schrankfachvertrag u. a. – dazu unten D. Rn. 60 ff.) oder ein gemischttypischer Vertrag (Safevertrag – dazu unten E. Rn. 69 ff.) zugrunde liegen. „Verwahrt“ werden kann aber – außerhalb des Bankenbereichs – auch durch Hinterlegung, öffentlich-rechtliche Verwahrung und in besonderer amtlicher Verwahrung (grundlegend

Pikart

, WM 1962, 862 ff., s. auch Palandt-

Sprau

, § 688 Rn. 12-14).

Peter Itzel
61. Fremdwährungs- und Devisengeschäfte

Nach nahezu einhelliger Auffassung des allgemeinen Staats- und Völkerrechts haben Staaten das Recht, ihre Wirtschaftssysteme zu bestimmen und damit auch Umfang und Inhalt von Investitionen privater inländischer und ausländischer Rechtssubjekte. Dies impliziert die Möglichkeit der staatlichen Regulierung und Kontrolle von grenzüberschreitenden Kapitalbewegungen und von Devisengeschäften. Insofern gilt formal der Grundsatz der nationalen Souveränität. Diese abstrakte Aussage, deren generelle Richtigkeit nicht ernsthaft anzuzweifeln sein dürfte, spiegelt jedoch kaum noch die Realität der Weltwirtschaft wider. Diese ist gekennzeichnet durch Interdependenz, Integration und Globalisierung. Staaten, die sich unter Berufung auf ihr formales Recht dieser Tendenz widersetzen, riskieren jedenfalls wirtschaftliche Isolation, da substantielle Autarkie in einer Welt interdependenter Märkte selbst von wirtschaftsstarken Staaten kaum noch realisierbar ist. Staaten, die sich der Weltwirtschaft öffnen, geben mehr oder weniger prägnante Teile ihrer Souveränität auf, auch wenn sie sich nicht zu Gemeinschaften zusammenschließen. Eine derartige weltwirtschaftliche Verflechtung hat institutionelle und juristische Konsequenzen auch und gerade für den Bereich des grenzüberschreitenden Kapitalverkehrs. Die wirtschaftliche Öffnung von Staaten zum Weltmarkt ist notwendig begleitet von einer wenigstens teilweisen Integration der entsprechenden Regelwerke. Dies wiederum bleibt nicht ohne Rückwirkungen auf nationales Recht.

Marcus Willamowski
62. Einzelne Auslandsgeschäfte

I. Allgemeines.

Bankgeschäfte mit grenzüberschreitendem Bezug finden sich in allen Bereichen geschäftlicher Tätigkeit der Kreditinstitute. Sie lassen sich unterteilen in solche Bankgeschäfte, die in gleicher oder ähnlicher Form auch im Geschäft mit inländischen Kunden vorgenommen werden und in

„klassische Auslandsgeschäfte“

, die ausschließlich im internationalen Verkehr vorkommen und keine echte Entsprechung im Inlandsgeschäft haben. Zum „klassischen Auslandsgeschäft“ der Banken zählen insbesondere die Instrumente der Außenhandelsfinanzierung und der Zahlungssicherung, d. h. das Akkreditivgeschäft und das Dokumenteninkasso sowie das Garantiegeschäft, daneben aber auch die Forfaitierung und die Bestellerfinanzierung. Das übrige Auslandsgeschäft entzieht sich weitgehend einer kohärenten rechtlichen Typologisierung, da sich vom Kreditgeschäft über Kapitalmarktprodukte und den nicht-dokumentären Auslandszahlungsverkehr praktisch alle Bereiche des Bankgeschäfts auch mit internationalem Bezug denken lassen. Insgesamt verlieren die klassischen Instrumente der Außenhandelsfinanzierung und Zahlungssicherung mit zunehmender Angleichung der Rechts- und Wirtschaftsbedingungen in der Welt an Bedeutung, während das sonstige Bankgeschäft aufgrund der wachsenden Verflechtung der Volkwirtschaften stark internationalisiert wird und an Volumen zunimmt. Die nachstehende Darstellung beschränkt sich auf die Erläuterung allgemeiner öffentlich-rechtlicher, internationalprivat- und -prozessrechtlicher Grundfragen grenzüberschreitender Bankgeschäfte sowie des klassischen Auslandsgeschäfts der Banken im genannten Sinne, einschließlich einiger Anmerkungen zum Auslandskreditgeschäft im Allgemeinen sowie zu Besteller- und Rembourskrediten.

Robert Freitag
63. Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz

I. Rechtslage.

Massenschäden sind ein Phänomen unserer modernen Gesellschaft (vgl. v.

Bar

, Gutachten A für den 62. DJT, A 9;

Coester-Waltjen

, FS Fikentscher, S. 249; Gabriel/ Pirker-Hörmann-

Klauser

S. 14; Umbach/Dettling-

Reuschle

, S. 49). Massenproduktion, Massentransport sowie Verfahren der modernen Informationstechnologie führen im Falle von Störungen und Unfällen häufig zu einer Vielzahl von Geschädigten. Verfahrensrechtlich stellt sich oft die Frage, wie die Ansprüche der vielen Geschädigten so abgewickelt werden können, dass allzu zahlreiche, lange und kostenintensive Beweisaufnahmen vermieden werden. Möglichkeiten und Grenzen der Bündelung gleichgerichteter Interessen wurden bereits an anderer Stelle unter Berücksichtigung ökonomischer und rechtsvergleichender Erkenntnisse ausführlich dargestellt und sollen hier nur kurz für das Verständnis der Beteiligung im Musterverfahren vorgestellt werden.

Fabian Reuschle

Öffentliches Bankrecht

Frontmatter
64. Zentralbanksystem

I. Verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Grundlagen.

Nach Art. 88 GG a. F. hatte der Bund eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank zu errichten. Mit dem Gesetz über die Deutsche Bundesbank vom 26.7.1957 (BGBl. 1957 I 745) kam der Bundesgesetzgeber dieser verfassungsrechtlichen Verpflichtung nach. Mit dem Erlass des Bundesbankgesetzes wandelte sich daher dieser Auftrag zur

institutionellen Gewährleistung

im Sinne einer Bestandsgarantie für die Deutsche Bundesbank (BVerw- GE 41, 334, 349; v. Mangoldt/Klein/Starck-

Blanke

, Art. 88 Rn. 4; Maunz/Dürig-

Herdegen

, Art. 88 Rn. 2, 27; Dreier-

Pernice

, Art. 88 Rn. 12, 16; Sachs-

Tettinger

, Art. 88 Rn. 2).

Paul J. Glauben
65. Bankenaufsicht

I. Begriffsbestimmung.

Das System der Bankenaufsicht zielt darauf, die

Stabilität des Finanzsystems

sicherzustellen (

Reiter/Gerlings

, DÖV 2002, 566). Die Bankenaufsicht selbst ist ein bereichsspezifischer Teil der allgemeinen Wirtschaftsaufsicht – genauer: eine besondere Form der

Gewerbeaufsicht

– und damit ordnungspolitischer Natur (

Stober

, S. 29;

Reiter/Gerlings

, DÖV 2002, 563 f.; Boos/Fischer/Schulte-Mattler-

Fischer

, § 6 Rn. 2;

Faber

, S. 184) und wird definiert als die durch staatliche Stellen ausgeübte

spezielle Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten

(Schimansky/ Bunte/Lwowski-

Fischer

, § 125 Rn. 1 f.; vgl. zur historischen Entwicklung Boos/ Fischer/Schulte-Mattler-

Fischer

, Einf. Rn. 1 ff.). Sie ist geprägt von der Möglichkeit zu staatlichem Eingriff und Zwang (BGHZ 74, 144, 152 f.) und gehört damit zur klassischen Eingriffsverwaltung (BAG, NVwZ 1999, 917, 918). Umfasst sind dabei alle Arten von Kreditinstituten. Die spezielle Beaufsichtigung erfolgt durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (s.u. Rn. 5 f.), die sie gemeinsam mit der Deutschen Bundesbank (s.u. Rn. 7) ausübt. Daneben gibt es weitere, i.d.R. bereichsspezifische Zuständigkeiten etwa für das Börsen- und das Versicherungswesen, die neben der allgemeinen Bankenaufsicht bestehen (vgl. dazu im Überblick Boos/Fischer/Schulte-Mattler-

Fischer

, Einf. Rn. 93 ff.). Auch andere staatliche Sonderaufsichten wie etwa die Anstaltsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Sparkassen und die Landesbanken treten neben die allgemeine Bankenaufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 52 KWG).

Lars Brocker
66. Institutionelle Schlichtungsverfahren (Ombudsmannverfahren)

I. Übersicht, Funktion und Ziel: Der Ombudsmann als alternative Streitbeilegungsform.

Schlichtungsverfahren unter Einbindung eines Ombudsmanns sind ein modernes Mittel zur Lösung von Streitigkeiten zwischen Banken und ihren Kunden. Dies gilt vor allem für Kunden, die Verbraucher sind, kann aber auch für Kaufleute und Unternehmen von Interesse sein.

Viele deutsche Banken

sind über einen Banken- oder einen Sparkassen- und Giroverband einer Einrichtung zur Durchführung eines Ombudsmannverfahrens angeschlossen. Soweit dies nicht der Fall ist, kann in bestimmten Fällen (die den Überweisungsverkehr, Kartenmissbrauch und den Fernabsatz

(Internet-Banking)

betreffen) gegen

jede in Deutschland niedergelassene Bank

ein Schlichtungsverfahren bei der deutschen Bundesbank eingeleitet werden (dazu Rn. 16 f.). Ein solches Verfahren bietet Bankkunden die Möglichkeit, Streitigkeiten mit der Bank verhältnismäßig

zügig und kostengünstig

zu lösen. Voraussetzung aller deutschen Verfahrensordnungen ist es im Kern, dass (i) die Auseinandersetzung keine offene rechtliche Grundsatzfrage betrifft, (ii) der Anspruch nicht bereits verjährt ist, und (iii) die Streitigkeit nicht bereits Gegenstand eines anhängigen oder abgeschlossenen Gerichtsverfahrens ist (Ausnahme: Auseinandersetzungen über die Modalitäten und das Ausmaß der Durchsetzung von ausgeurteilten Bankenforderungen); s. im Einzelnen unten Rn. 20 ff., 25 ff.

Eckart Brödermann
67. Bankgeschäfte und Steuern

Bis zum Beginn der 1990er Jahre waren bei der Ausführung von Bankgeschäften zahlrei- 1 che Detailregelungen zu beachten, die sich aus den Rechtsverkehrsteuern ergaben. Diese Steuern sind jedoch ausgelaufen, und zwar

– Ende 1964: die

Wertpapiersteuer

; sie erfasste den Ersterwerb von verzinslichen Wertpapieren;

– Ende 1990: die

Börsenumsatzsteuer

; sie erfasste den Kauf und Verkauf von bereits umlaufenden Wertpapieren;

– Ende 1991: die

Gesellschaftsteuer

; sie erfasste z.B. den Ersterwerb von Aktien;

– Ende 1991: die

Wechselsteuer

; sie erfasste u.a. die Aushändigung eines Wechsels durch den Aussteller.

Rüdiger Philipowski

Bankarbeitsrecht

Frontmatter
68. Bankarbeitsrecht

I. Einleitung.

Das deutsche Arbeitsrecht erfasst grundsätzlich alle Arbeitnehmer, die in der Bundesrepublik tätig sind. Mitarbeiter in Kreditinstituten und Sparkassen unterliegen ihm daher in gleicher Weise wie Arbeiter eines Metallbetriebs, Verkäuferinnen im Supermarkt oder Zugbegleiter der Bahn AG. Mit Rücksicht auf die

spezifischen Verhältnisse einzelner Branchen

existieren allerdings

Sonderregeln

, die die allgemeinen Normen ergänzen, zum Teil auch modifizieren. Bisweilen finden sie sich in Spezialgesetzen wie etwa im Bergbau oder in der Seeschifffahrt. Häufiger und von größerer praktischer Bedeutung sind unterschiedliche Tarifverträge; als Beispiele mögen der Bausektor mit seinen Gemeinsamen Einrichtungen oder der öffentliche Dienst mit seinen Annäherungen an den Beamtenstatus stehen. Weniger sichtbar sind Differenzierungen, die sich aus der Natur der Arbeitgebertätigkeit ergeben; wer in verantwortlicher Stelle in einem Tendenzbetrieb oder bei Kirchen beschäftigt ist, hat weitergehende Pflichten als andere zu erfüllen. In den vergangenen 20 Jahren sind bei zahlreichen Tätigkeiten intensive staatliche Reglementierungen hinzugekommen. Kernkraftwerke oder gefährliche chemische Anlagen, die unter die Störfallverordnung fallen, sind hierfür nur die prominentesten Beispiele.

Wolfgang Däubler

Haftung und strafrechtliche Sanktionen

Frontmatter
69. Organhaftung

I. Praktische Relevanz.

Die Rechtsprechung hat in den letzten Jahren die Missstände am Neuen Markt aufgearbeitet, also die Zeit vor Einführung der §§ 37b, 37c WpHG durch das 4. FFG im Juli 2002. Im Vordergrund standen dabei Ansprüche gegen Organe gem. § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 AktG. Wegen der hohen Kosten, aber auch der Erforderlichkeit, die Revision zum BGH zuzulassen, sind bisher nur drei Verfahren bis zum BGH gekommen. Zu nennen sind Verfahren wegen fehlerhafter Ad-hoc-Mitteilungen durch Infomatec, ComROAD und EM.TV. Die Infomatec AG hatte in Ad-hoc- Mitteilungen vom 20.5.1999 und 13.9.1999 behauptet, von der Mobilcom AG einen Auftrag in Höhe von 55 Mio. DM erhalten zu haben, was nicht den Tatsachen entsprach. Später wurden die fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen korrigiert (hierzu ausführlich

Möllers/ Leisch

, WM 2001, 1648). Der Vorstandsvorsitzende der ComROAD AG hatte nahezu alle Umsatz- und Gewinnzahlen frei erfunden. In mehreren Ad-hoc-Mitteilungen hatte die EM.TV AG den Erwerb von Unternehmen in ein zu optimistisches Licht gerückt, so etwa den Erwerb der Jim Henson Company durch Ad-hoc-Mitteilung vom 21.2.2000 sowie die Übernahme der SLEC Formel 1-Gruppe durch Ad-hoc-Mitteilung vom 22.3.2000. Zudem wurden durch Ad-hoc-Mitteilungen vom 22.8.2000 Halbjahreszahlen des Unternehmens bekannt gegeben, die in dieser Form unzutreffend waren (zu den Sachverhalten s. Möllers/Rotter/

Möllers

, § 1 Rn. 2 ff.).

Thomas M. J. Möllers
70. Geldwäschegesetz

Das Volumen der Gelder, die aus kriminellen Aktivitäten weltweit erwirtschaftet und „gewaschen“ werden, nimmt in erheblichem Umfang zu. Geldwäsche ist ein Wachstumsmarkt. Studien des Internationalen Währungsfonds (IWF) schätzten das Volumen der Geldwäsche bereits Mitte der neunziger Jahre weltweit auf jährlich 1,5 Billionen USDollar (

Tanzi

, S. 35). Dies sind etwa zwei bis fünf Prozent der weltweiten Wertschöpfung. Die damaligen Schätzungen, denen allerdings keine umfassende Dunkelfeldforschung zugrunde lag, haben sich noch stark an Geldwäscheaktivitäten orientiert, deren Vortaten vorwiegend aus dem Bereich der sog. organisierten Kriminalität, insbesondere aus dem Drogenhandel, stammen. Inzwischen konzentriert sich die internationale Geldwäschebekämpfung auch auf Gelder, die primär der Wirtschafts- und Finanzkriminalität (Kapitalanlagebetrug, Bilanzbetrug, Insolvenzdelikte, Korruption, Steuer- und Zolldelikte etc.) zuzuordnen sind. Diese blieben bei den Schätzungen des IWF noch unberücksichtigt und dürften deshalb zu einer drastischen Zunahme des damals geschützten Volumens bei der internationalen Geldwäsche führen.

Michael Findeisen
71. Kapitalanlagebetrug

Die Vorschrift des § 264a StGB wurde erstmalig im Rahmen des

2. Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (2. WiKG)

aus dem Jahr

1986

in das Strafgesetzbuch aufgenommen. Hintergrund war die Fortführung von Reformanliegen, die bereits mit dem Ersten Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (1. WiKG) aus dem Jahre 1976 angestoßen worden waren (BGBl. I, S. 2034). Der Schwerpunkt der dort getroffenen Regelungen lag auf der

Bekämpfung der so genannten „white-collarcrimes“

, Delikten, die zumeist von Angehörigen der oberen Mittelschicht oder Oberschicht, etwa Akademikern und Managern im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit im Wirtschaftsleben begangen werden. Diesem Kriminalitätsbereich galt seit den Siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts verstärkt kriminalpolitische Aufmerksamkeit, weil zum einen der enorme materielle gesellschaftliche Schaden thematisiert und zum anderen auf die massiven Legitimationsschäden für die Strafgerechtigkeit („Die Kleinen hängt man, …“) verwiesen wurde, wenn hier Reaktionen ausblieben. Dem Begriff des „whitecollar- crime“ unterfallen beispielsweise typische Delikte der Wirtschaftskriminalität wie der Subventionsbetrug (§ 264 StGB), der Kreditbetrug (§ 265b StGB), die Insolvenzdelikte (§§ 283–283d StGB) und der Wucher (§ 302a StGB), aber auch Delikte aus dem Bereich des Umweltstrafrechts und der Korruption.

Felix Herzog

Europäisches Bankrecht mit Länderabschnitten

Frontmatter
72. Europäisches Bankvertragsrecht – Grundlagen

I. Die Rechtsetzung der EU im Bankvertragsrecht.

1. Motor der europäischen Integra- 1 tion ist die Erweiterung des gemeinsamen Marktes. Diese baute seit dem Gründungsvertrag auf dem „freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital“ (Art. 26 Abs. 2 EU-Vertrag 2009) auf. Da die durch die kulturellen und personengebundenen Unterschiede bedingten Einschränkungen bei Waren, Personen und Dienstleistungen relativ hoch sind, hat sich der freie Kapitalverkehr als die eigentlich treibende Kraft des Binnenmarktes etabliert. Ihm wurde wiederum ein selbständiges Kapitel 4 im EUVertrag 2009 zugeordnet, der in Artikel 63 ohne soziale Einschränkungen, wie sie z.B. das Grundgesetz in Art. 2 und 14 vornimmt, die Kapitalverkehrsfreiheit und die Freiheit des Zahlungsverkehrs festlegt. Der Grund liegt darin, dass das Kapital die geringsten kulturellen Besonderheiten aufweist und in der Euro-Zone sogar einen identischen Verkehrsgegenstand, den Euro, aufweist. Außerdem gibt es bereits einen einheitlichen europäischen Bankenmarkt, in dem einige Großbanken grenzüberschreitend präsent sind und einige Länder im Südosten wie die Slowakei oder Rumänien über praktisch keine eigenen nationalen Banken mehr verfügen. Insofern scheint es keine stichhaltigen Gründe für nationale Besonderheiten zu geben, die den Grundsatz in Artikel 3 (3) S. 4, wonach die Europäische Union „den Reichtum ihrer kulturellen und sprachlichen Vielfalt (wahrt) und für den Schutz und die Entwicklung des kulturellen Erbes Europas (sorgt)“ als Grenze der Harmonisierung im Bankrecht wirksam werden lassen könnte.

Udo Reifner
73. Bankrechtskoordinierung und -integration

Die Entwicklungen auf dem Gebiet des Europäischen Bankrechts seit Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhundert haben zu einer weitreichenden Harmonisierung der Regelungsmaterie und einer Koordinierung der Aufsichtstätigkeit europäischer Bankaufsichtsbehörden geführt. Der nachfolgende Abschnitt zeichnet die Entwicklungslinien dieses Prozesses für den Bereich des Europäischen Bankaufsichtsrechts nach. Der Begriff des Bankaufsichtsrechts meint hier das „öffentliche“ Bankrecht in Gestalt der materiellen Aufsichtsregeln über den Marktzugang der Kreditinstitute, deren Kapitalausstattung und die Risikobewertung ihrer Anlagen.

Heribert Hirte, Tobias Heinrich
74. Länderübergreifende Bankgeschäfte

Länderübergreifende Bankgeschäfte stellen keinen eigenständigen Geschäfts- oder Vertragstyp dar. Sie lassen sich vielmehr als die insbesondere in § 1 I KWG aufgeführten Geschäfte (z.B. Einlagengeschäft, Kreditgeschäft, Investmentgeschäft, Garantiegeschäft, Girogeschäft, Emissionsgeschäft), aber auch als Finanzdienstleistungsgeschäfte im Sinne des § 1 I a KWG (z. B. Finanzportfolioverwaltung, Eigenhandel, Finanztransfergeschäft) verstehen, die einen

Auslandsbezug

aufweisen (

Kümpel

, Rn. 7.4; BuB-

Nielsen

, Rn. 5/1a).

Peter-Christian Müller-Graff
75. Europäisches Kreditsicherungsrecht

Die Verkehrsfreiheiten des EGV stellen inhaltliche Anforderungen an die Rechtsetzung der EG-Mitgliedstaaten, und zwar auch und gerade in den Bereichen, in denen die Regelungszuständigkeit weiterhin bei den Mitgliedstaaten liegt. Soweit mitgliedstaatliche Regelungen den Warenverkehr, den Dienstleistungsverkehr, den Kapitalverkehr, die Niederlassung von Unternehmen oder die Tätigkeit von Arbeitnehmern zwischen den Staaten einschränken, unterliegen sie einem Rechtfertigungszwang: Sie müssen geeignet und erforderlich sein, Belange des Allgemeinwohls zu fördern, die einen höheren EG-verfassungsrechtlichen Stellenwert haben als der freie Wirtschaftsverkehr; außerdem ist das Übermaßverbot einzuhalten. Die möglichen Rechtfertigungsgründe verteilen sich auf zwei Gruppen. Spezielle Schutzklauseln wie z. B. Art. 30, 39 III, 46, 55 und 58 EGV bezeichnen ausdrücklich die Rechtsgüter, zu deren Schutz die EG-Verkehrsfreiheiten eingeschränkt werden dürfen. Daneben hat der EuGH ungeschriebene Gründe anerkannt, die Einschränkungen des grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehrs zu rechtfertigen vermögen. Im Zivilrecht zählen zu diesen „zwingenden Erfordernissen“ z. B. der Schutz der schwächeren Vertragspartei (z. B. des Verbrauchers, des Mieters oder des Arbeitnehmers) und die Funktionsfähigkeit im Gemeinwohl liegender Institutionen (wie des Vertrags, des Eigentums oder von Insolvenzverfahren). Staatliche Regelungen, die diese Hürde nicht nehmen, d. h. keinen legitimen Regelungsinteressen dienen, bleiben zwar gültig, dürfen aber auf Transaktionen, die unter dem Schutz einer oder mehrerer EG-Verkehrsfreiheiten stehen, nicht angewendet werden.

Peter von Wilmowsky
76. Europäisches Bankenaufsichtsrecht

I. Koordinierung im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht.

Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht ist das wichtigste internationale Gremium zur Koordinierung der Aufsichtsstandards im Banksektor. Er ist seit seiner Gründung im Jahr 1974 bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel angesiedelt und besteht aus Vertretern von Zentralbanken und Aufsichtsbehörden der wichtigsten westlichen Industriestaaten (G 10). Heute gehören ihm formell 13 Staaten an. Die Europäische Kommission ist beratend beteiligt. Ziel seiner Tätigkeit ist die Erarbeitung von wirksamen Aufsichtsstandards (core principles), die es den Staaten erlauben sollen, international tätige Banken vollständig und angemessen zu überwachen. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen aber Standards für die Festlegung von

Eigenkapitalanforderungen

der Banken. Der Ausschuss verfügt dabei nicht über formale Regelungsbefugnisse, sondern erarbeitet nur rechtlich unverbindliche Empfehlungen, selbst wenn er seine Papiere als „Vereinbarungen“ bezeichnet. Tatsächlich binden sich die am Ausschuss beteiligten Staaten jedoch freiwillig an die Empfehlungen, so dass eine faktische internationale Rechtsannäherung die Folge ist. Die Gründe für diese Bindungskraft liegen in der Reputation des Ausschusses, der fachlichen Qualität der Beschlüsse und der weitgehenden Akzeptanz der Standards auf Seiten der Staaten und der Banken. Daher reicht die Wirkung der vom Ausschuss geleisteten Arbeit auch über den Kreis der unmittelbar beteiligten Staaten hinaus.

Christoph Ohler
77. Europarechtlicher Ausblick

Das Ziel der Kommission ist und bleibt ein gemeinsamer Markt für Bank-, Börsen- und Kapitalmarktleistungen, also die Vollendung des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen. Will man die aktuelle sowie die vorauszusehende Entwicklung der nächsten Jahre beschreiben, muss man zunächst auf den Aktionsplan für Finanzdienstleistungen (Financial Service Action Plan, FSAP, KOM (1999) 232 vom 11.05.1999) zugreifen, dessen Schlüsselbegriffe grenzüberschreitender Wettbewerb, verstärkte Transparenz, Marktintegrität und Effizienz waren (Pressemitteilung IP/05/1529 vom 05.12.2005). Diese Grundprinzipien gelten auch heute noch. Dem folgte das Grünbuch der Kommission zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 bis 2010 (KOM (2005) 177; s.a. Pressemitteilung IP/05/527 vom 03.05.2005). Als allgemeine Zielsetzungen der Finanzdienstleistungspolitik für diesen Zeitraum werden drei Punkte genannt: Zunächst die „Konsolidierung der Fortschritte auf dem Weg zu einem integrierten, offenen, wettbewerbsfähigen und wirtschaftlich effizienten europäischen Finanzmarkt und zur Beseitigung der verbleibenden wirtschaftlich bedeutenden Hindernisse“. Gegenstand ist daneben die „Förderung eines Marktes, auf dem Finanzdienstleistungen und Kapital zu den niedrigsten möglichen Kosten frei in der EU zirkulieren können“. Ferner ist Ziel die „Umsetzung, rechtliche Durchsetzung und kontinuierliche Bewertung des bestehenden Rechtsrahmens, rigorose Anwendung der Agenda zur „besseren Regulierung“ bei künftigen Initiativen zwecks Verbesserung der aufsichtlichen Konvergenz und Stärkung des europäischen Einflusses auf die internationalen Finanzmärkte“ (Grünbuch S. 3). Hier wurde sogar eine Durchführbarkeitsstudie angeregt, um zu eruieren, ob langfristig alle Vorschriften in einem einzigen „Finanzdienstleistungsregelungswerk“ zusammengefasst werden können (Grünbuch S. 10; Anhang I Abschnitt II/S. 7).

Hans-W. Micklitz, Anja Böhnlein
78. Länderteil

I. Banksystem.

Die allgemeine Struktur des Bankensystems ist gesetzlich durch das Bankrechtsgesetz (Nationales Gesetzesregister, 26.07.2006, N 113, 2/1243, nachfolgend: BG) geregelt. Gemäß Art. 6 BG besteht das Bankensystem aus der

Nationalbank der Republik Belarus

(www.nbrb.by) sowie Geschäftsbanken und Nichtbankkredit- und Finanzorganisationen. Als Zentralbank ist die Nationalbank eine staatliche Institution mit der Aufgabe, das Kreditsystem und den Geldumlauf zu steuern sowie den Zahlungsablauf zu regeln. Sie hat das Exklusivrecht der Geldemission (Art. 7 BG) und den Auftrag die Richtlinien der Finanzpolitik zu bestimmen (Art. 26 BG). Darüber hinaus ist sie Kontrollinstitution für sämtliche Bankgeschäfte (Art. 34 BG).

Theis Klauberg, Anna Kozlova, Götz-Sebastian Hök, Klaus Schrameyer, Sören Friis Hansen, Evelin Pärn-Lee, Mika Hemmo, Jochen Bauerreis, Sybille Neumann, Nikolaos Lyberis, Thorsten Schlüter, Eva O’Kelly, Halldór Eiríkur S. Jónhildarson, Luca Di Nella, Hans-Joachim Schramm, Zangar Nogaibay, Norbert Seeger, Lars Heidbrink, Frank Heemann, Hans-W. Micklitz, Anja Böhnlein, Ewoud H. Hondius, Wilco Oostwouder, Peter Bydlinski, Tina de Vries, Florin Ciutacu, Evgenij Suchanov, Rolf H. Weber, Matjaž Tratnik, Pedro-José Bueso-Guillén, Antonín Kerner, Brigitta Henkel, Ünal Tekinalp, Christian Rumpf
Backmatter
Metadaten
Titel
Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht
herausgegeben von
Peter Derleder
Kai-Oliver Knops
Heinz Georg Bamberger
Copyright-Jahr
2009
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-540-76645-2
Print ISBN
978-3-540-76644-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-540-76645-2