Die deutsche Wirtschaft leidet bekanntlich unter einem Mangel an Fachkräften. Eine Untersuchung zeigt, in welchen Berufen es in den kommenden Jahren einen besonders großen Anstieg geben könnte. Vor allem im Verkauf wird es eng.
Wie entwickelt sich die Fachkräftelücke in den kommenden Jahren? Das haben Forscher des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) untersucht. Die größte Lücke wird es demnach bei Verkäuferinnen und Verkäufern geben: 2027 könnten etwa 37.000 Fachkräfte am Arbeitsmarkt fehlen, gerechnet ohne Produktspezialisierung, wie aus einer aktuellen Studie des Kölner Instituts hervorgeht. Für die Studie wurde nach IW-Angaben ein Modell erstellt, das die empirischen Trends der Jahre 2016 bis 2022 bis 2027 fortschreibt. Dafür werden in 1.300 Berufen tausende Zeitreihen, (beispielsweise zu Zuwanderung, Altersstruktur und Berufsverteilung) einzeln fortgeschrieben und zu einem Gesamtbild zusammengesetzt.
Engpässe vor allem im Verkauf
Schon heute gibt es vielerorts Engpässe bei Verkäufern. So lag die Zahl der Arbeitslosen 2022 in diesem Bereich mit 45.000 deutlich niedriger als die der offenen Stellen (65.000). Laut Studienautor und Ökonom Alexander Burstedde ist der Mangel auch darauf zurückzuführen, dass viele Beschäftigte sich während der Corona-Pandemie beruflich neu orientiert haben und nicht in den alten Beruf zurückgekehrt sind.
Verkaufs-Fachkräfte sind mit knapp 850.000 die viertgrößte Berufsgruppe in Deutschland. Dazu zählen zum Beispiel auch Einzelhandels-Kaufleute und Fachverkäufer, also Mitarbeiter, die mit Kundenkontakt in Geschäften arbeiten sowie Kassiererinnen oder sonstiges Verkaufspersonal.
Zum Vergleich: Von April bis Juni 2024 wurden laut dem Stellenmarktportal salesjob.de deutschlandweit 313.000 Stellen für Sales-Spezialisten in Printmedien, auf Online-Jobbörsen und Unternehmenswebsites ausgeschrieben. Auf Fachkraftebene hat sich der Personalbedarf der Unternehmen um 7,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal verringert. Das im zweiten Quartal am häufigsten gesuchte Vertriebsprofil war das des Handelsvertreters mit einem Nachfrageanstieg von 22 Prozent (von Q2 2023 zu Q2 2024), gefolgt von Vertriebsassistenten mit einem Plus von mehr als 15 Prozent. Account Manager, die im ersten Quartal noch am gefragtesten waren, verzeichneten einen Rückgang von knapp acht Prozent. Die größten Rückgänge betrafen Telesales Professionals (mehr als elf Prozent) und Kundenberater (13 Prozent).
Gap auch im Bankensektor
Auch insgesamt wird in den nächsten Jahren mit einer weiter zunehmenden Fachkräftelücke gerechnet, in Ostdeutschland fällt der Anstieg laut IW stärker aus. Hauptgrund dafür ist, dass in den nächsten Jahren viele Beschäftige in Rente gehen und zu wenig Nachwuchs nachkommt.
Den größten Beschäftigungsrückgang sieht das IW bis 2027 voraussichtlich bei an- und ungelernten Arbeitskräften in der Metallbearbeitung und bei ausgebildeten Bankkaufleuten. "Der alte Satz 'Mach etwas Sicheres und mach eine Bankausbildung' ist nicht mehr gültig. Die Banken wissen nicht, wohin mit den Leuten am Schalter, weil viele Filialen schließen und die Kunden Online-Banking machen", sagt Burstedde.
Der Wissenschaftler rät zu zwei Maßnahmen gegen die Fachkräftelücke: Arbeitgeber sollten versuchen, ältere Menschen länger in Beschäftigung zu halten. Auch Zugewanderte böten zudem ein großes Potenzial, um Engpässen entgegenzuwirken.
Teilqualifizierung als Lösung?
Um mehr Fachkräfte im Verkauf zu gewinnen, können auch Weiterbildungen oder Teilqualifikationen (TQs) eine sinnvolle Maßnahme sein, die zum Beispiel über die IHKn durchgeführt werden. Fast alle Industrie- und Handelskammern bieten Teilqualifikationen in ihrem Weiterbildungsportfolio an. Am Ende einer Teilqualifikation steht eine Kompetenzfeststellung durch die IHK, heißt es von den Kammern. Die meisten Teilqualifikationen werden demnach bundesweit für Berufe unterschiedlicher Branchen und Ausrichtungen, darunter auch für Verkäufer durchgeführt.