Hedgefonds haben in der Vergangenheit vorwiegend die Gelder von hoch vermögenden Privatanlegern (High Net Worth Individuals und Family Offices1) verwaltet.2 Diese wenig regulierten Anlagevehikel können nicht nur traditionelle Long-Investments tätigen, sondern auch Leerverkäufe eingehen, Fremdkapital hinzufügen sowie derivative Instrumente einsetzen (Leverage).3
Banken segmentieren Privatkunden heutzutage hinsichtlich des liquiden Geldvermögens (Depotvolumen plus Einlagen ohne Immobilienvermögen) sowie teilweise nach dem Jahreseinkommen und dem Entwicklungspotential des Kunden. Grundsätzlich kann grob zwischen Retail Banking (Mengengeschäft) und Private Banking differenziert werden. Private Banking repräsentiert dabei ein Betreuungskonzept für vermögende Privatkunden.18 Der Begriff Private Banking wird heute teilweise noch mit Privatbanken bzw. Privatbankiers assoziiert, obgleich eine rechtsformunabhängige Organisationsform für das Private Banking kennzeichnend ist. Somit kann und wird Private Banking neben den klassischen Privatbanken auch von Universalbanken, genossenschaftlich sowie öffentlich-rechtlich organisierten Kreditinstituten angeboten. Neben der Anlageberatung und Vermögensverwaltung sind auch Beratungsleistungen wie beispielsweise Nachfolgeplanung, Immobilienmanagement oder strategische Vermögensplanung Bestandteile des Private Banking.19 Der Begriff Private Banking kann dabei folgendermaßen definiert werden:
„Private Banking sind sämtliche Finanzdienstleistungen für die Gruppe der wohlhabenden in- und ausländischen Privatkunden.20Im Vordergrund stehen der persönliche und langfristige Charakter der Beziehung zwischen Kunde und Bank auf der Basis von Diskretion und Vertrauen, die grosse Bedeutung der Servicequalität, die ganzheitliche kundenindividuelle Planung und Umsetzung der finanziellen Zukunftsvorstellungen über den gesamten Lebenszyklus bis hin zu Nachfolge- und Erbschaftsregelungen. (...)“21
Die Daten für die vorliegende empirische Untersuchung wurden mittels einer schriftlichen, postalischen Befragung erhoben. Neben dem standardisierten Fragebogen wurde auch ein Begleitschreiben versendet, in dem der Zweck der Befragung erläutert wird.43 Aufgrund der großen Anzahl der Befragten wurde die Erhebungstechnik der standardisierten schriftlichen Befragung gewählt. Diese Methode ermöglicht eine sinnvolle Datenerhebung bei vergleichsweise moderatem ökonomischem Aufwand.44
Für die vorliegende Befragung wurde im April 2006 ein standardisierter Fragebogen an 1.900 Kreditinstitute in Deutschland versandt. Grundlage hierfür war das von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) veröffentlichte „Verzeichnis der Kreditinstitute“ vom 17. März 2006. Dieses Verzeichnis enthält alle 2.144 im März 2006 in Deutschland zugelassenen Kreditinstitute aus dem Sparkassen-, genossenschaftlichen und privaten Bankensektor. Nicht angeschrieben wurden Institute, die kein Wertpapiergeschäft für Privatkunden betreiben (z.B. Hypothekenbanken, Bausparkassen). Bis zum 30. Juni 2006 gingen 229 Fragebögen ein, wie aus Abbildung 4-1 hervorgeht. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 12,05%.
Mit Inkrafttreten des Investmentmodernisierungsgesetzes83 am 1. Januar 2004 können Hedgefonds auch in Deutschland als sog. Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken aufgelegt werden.84 Das Investmentmodernisierungsgesetz löst das bis dato geltende Auslandinvestmentgesetz sowie das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften ab. Mit dieser gesetzlichen Neuregelung wurden die europäischen Änderungsrichtlinien zur OGAW (Organismen für die gemeinsame Anlage in Wertpapiere) aus dem Jahr 1985 in Deutschland umgesetzt. In diesem Zuge wurden das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften und das Auslandinvestmentgesetz überarbeitet und zum Investmentmodernisierungsgesetz zusammengefasst, das sich in Investmentgesetz und Investmentsteuergesetz untergliedert.85 Unter dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften konnten Hedgefonds nur sehr eingeschränkt aufgelegt werden. So durften keine Leerverkäufe eingegangen werden sowie nicht mehr als 10% des Anlagevolumens als Fremdkapital aufgenommen werden.86 Mit der gesetzlichen Neugestaltung können Hedgefonds in Deutschland in unbeschränkter Höhe Fremdkapital aufnehmen, Derivate einsetzen (Leverage) und Leerverkäufe tätigen.87 Als Anlageinstrumente kommen für Hedgefonds neben Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten, Derivaten und Bankguthaben auch stille Beteiligungen in Betracht, soweit deren Verkehrswert festgesetzt werden kann.88 Maximal 30% des Sondervermögens dürfen zudem in nicht-börsennotierten Unternehmensbeteiligungen (Private Equity) angelegt sein.89 Zulässig sind darüber hinaus auch Edelmetalle und Warenterminkontrakte, die an einem organisierten Markt gehandelt werden.
Ein Charakteristikum von Hedgefonds ist die eingeschränkte Rückgabemöglichkeit der Anteile im Gegensatz zu Investmentfonds, die in der Regel börsentäglich zum Nettoinventarwert bei der zugehörigen Fondsgesellschaft eingelöst werden können. (Dach)-Hedgefonds-Anlagen hingegen können von Investoren nur zu den in den Wertpapierverkaufsprospekten festgelegten Terminen zurückgeben werden, ein permanentes Einlösungsrecht ist nicht gegeben. 46% der im Rahmen einer Studie untersuchten Single-Hedgefonds sind laut einer empirischen Untersuchung mit einer monatlichen Rücknahmefrequenz ausgestattet. Die Anteile von 36% der Einzelfonds können vierteljährlich eingelöst werden. Bei Dach-Hedgefonds können ähnliche Liquiditätsmodalitäten festgestellt werden. 49% der untersuchten Dach-Hedgefonds haben eine monatliche Rücknahmefrequenz. Bei 36% der Dachfonds können Investoren vierteljährlich aussteigen. Ein wähhentlicher Ausstieg ist nur bei 1% der berücksichtigten Produkte möglich, während 5% der Dachfonds ihren Investoren gar nur eine jährliche Rücknahmemöglichkeit einräumen. Die übrigen Produkte (9%) weisen andere Liquiditätsfenster auf. Bei (Dach)-Hedgefonds existieren zudem in den meisten Fällen sog. Ankündigungsfristen (Notice Periods). So kann ein Investor beispielsweise bei einem Produkt mit einer monatlichen Rücknahmefrequenz und einer Notice Period von 20 Kalendertagen seine Anteile nur zurückgeben, wenn er der Hedgefondsgesellschaft spätestens 20 Kalendertage vor Monatsende den Rücknahmewunsch mitteilt.138 Da die Rücknahmeeigenschaften der Dachfonds mit denen der zugrunde liegenden Hedgefonds korrespondieren müssen, können Dach-Hedgefonds mit hoher Liquidität überwiegend nur in Zielfonds mit häufigen Rücknahmemöglichkeiten investieren.
Ein traditionelles Wertpapierportfolio bestehend aus Aktien und Anleihen kann durch die Beimischung eines breit diversifizierten Multi-Strategy Dach-Hedgefonds unter Rendite/Risiko-Aspekten optimiert werden. Da Hedgefonds niedrige Korrelationen zu den konventionellen Assetklassen aufweisen sowie höhere risikoadjustierte Renditen als Aktien bzw. Anleihen erwirtschaften, kann die Rendite des gesamten Portfolios bei gleichem Risiko erhöht werden bzw. bei gleicher Rendite die Volatilität des Portfolios vermindert werden. Dies führt zu einer Linksverschiebung der Effizienzkurve in einem Mittelwert/Varianz-Diagramm.148 Hierbei darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass Hedgefonds-Renditen zumeist nicht der Normalverteilung entsprechen.149 Die Verteilung der Renditen ist vielfach negativ schief150 und hat eine positive Excess Kurtosis151. Bei einer negativ schiefen Verteilung liegen die meisten Renditen unterhalb des Mittelwertes. Eine hohe Kurtosis hat zur Folge, dass extrem negative bzw. positive Renditen häufiger auftreten. Zurückzuführen sind diese Erscheinungen auf den Einsatz von Leverage und die Anwendung dynamischer Handelsstrategien bei Hedgefonds. Investoren präferieren indessen Renditeverteilungen mit positiver Schiefe und geringer Kurtosis. Diese Effekte bleiben bei der Standardabweichung unberücksichtigt. Daraus kann impliziert werden, dass die durch Beifügung von Hedgefonds-Investments auftretenden Diversifikationseffekte nur unter Berücksichtung der ersten beiden Momente einer Renditeverteilung (erwartete Renditen und Varianzen bzw. Volatilitäten) überschätzt werden.152 Die Renditezeitreihen von Hedgefonds weisen zudem oftmals eine hohe positive Autokorrelation erster Ordnung auf.
Auf Dach-Hedgefonds-Ebene fällt in der Regel der Ausgabeaufschlag, die Verwaltungsvergütung (Management Fee) und Gewinnbeteiligung (Performance Fee) an. Die Management Fee wird dabei für die Auswahl (Due Diligence-Prüfungen) und laufende Überwachung (Monitoring) der Single-Hedgefonds veranschlagt. Der Ausgabeaufschlag oder das Agio müssen bei Kauf bzw. Zeichnung der Anteile entrichtet werden und dienen in erster Linie der Vertriebsgesellschaft bzw. -abteilungen. Hinzu kommen hierbei noch die Management Fees und Performance Fees für die im Dachfonds enthaltenen Singlefonds, die zu einer Verminderung der erwirtschafteten Brutto-Renditen führen. Bei der Anlage in Hedgefonds werden Dachfonds keine Ausgabeaufschläge in Rechnung gestellt. Dachfonds verrechnen eine niedrigere Performance Fee als Singlefonds, wie die Daten von Tabelle 8-1 verdeutlichen. Die Gebühren von in Deutschland öffentlich vertriebenen Dach-Hedgefonds-(Zertifikaten) liegen indessen deutlich über den Sätzen von ausländischen Dach-Hedgefonds. Für Dach-Hedgefonds kann überdies statistisch nachgewiesen werden, dass höhere Verwaltungsvergütungen eine niedrigere risikobereinigte Rendite zur Folge haben. Die Höhe der Performance Fee hat hingegen eher einen positiven Einfluss auf das Sharpe Ratio der im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung berücksichtigten Dach-Hedgefonds, obgleich dieser Zusammenhang statistisch nicht signifikant ist. Einen statistisch nachweisbaren Einfluss hat jedoch die Höhe der Gewinnbeteiligung auf die risikoadjustierten Renditen von Single-Hedgefonds, d. h. höhere Performance Fees bedingen höhere risikobereinigte Renditen.193
In einer Frage des auf dieser Studie basierenden Fragebogens wurden die Teilnehmer zum zukünftigen Angebot von Hedgefonds-Produkten befragt. Diese Frage richtete sich an alle Banken und damit sowohl an Häuser, die bisher bereits Hedgefonds-Investments angeboten haben, als auch an Institute, die bisher in dieser Anlageklasse noch nicht tätig waren. 222 der 229 befragten Banken gaben hierzu ihr Urteil ab. Die vier Ausprägungen der Intervallskala sind in Abbildung 9-1 dargestellt. Der Mittelwert beträgt 2,79 bei einem Median von drei und einem Modus von zwei. Die Standardabweichung der Stichprobe liegt bei 0,869. 40% der Anbieter werden ihren vermögenden Privatkunden zukünftig wahrscheinlich keine Hedgefonds-Produkte anbieten. 57% (31% plus 26%) der befragten Häuser werden hingegen zukünftig derartige Investments offerieren. Der Mittelwert 2,79 dieser Stichprobe unterscheidet sich dabei in der Grundgesamtheit signifikant von dem vorgegebenen Wert 2,0 mit einem Signifikanzniveau von 0,000 und einem T-Wert von 13,509. Es kann für diese Stichprobe zudem eine normalverteilte Grundgesamtheit angenommen werden mit einem Stichprobenumfang von 222 Merkmalsträgern. Der Wert des Kolmogorov-Smirnov-Normalverteilungstests liefert hingegen nur ein Signifikanzniveau von 0,000.
Die an dieser Studie teilnehmenden Banken wurden auch zur Anzahl der bisher angebotenen Hedgefonds-Produkte befragt. Hierfür wurden die Institute gebeten, die entsprechende Anzahl der angebotenen Produkte in ein vorgesehenes Feld einzutragen. Diese Daten repräsentieren somit eine Absolutskala. 222 der insgesamt 229 an dieser Studie teilnehmenden Häuser beantworteten diese Frage. 67% der Studienteilnehmer bzw. 149 Banken haben ihren Kunden bisher Hedgefonds-Investments offeriert, wie Abbildung 10-1 illustriert. Nur bei 33% (73 Banken) konnten vermögende Privatkunden bisher kein Hedgefonds-Produkt erwerben. Die befragten Banken haben durchschnittlich 1,68 Produkte angeboten, wie Tabelle 10-1 verdeutlicht. Am häufigsten kommt allerdings der Wert null vor (Modalwert). Werden indessen nur die 149 Banken mit einem bisherigen Hedgefonds-Angebot berücksichtigt, ergibt sich ein Mittelwert von 2,50 und ein Modalwert von eins. Nun wird noch in zwei T-Tests für eine Stichprobe überprüft, ob die Mittelwerte in der Grundgesamtheit signifikant von den vorgegebenen Werten abweichen. Als Testwert wird jeweils der für die Stichprobe ermittelte Wert (1,68 bzw. 2,50) vorgegeben. Die Irrtumswahrscheinlichkeit für den Test mit dem vorgegebenen Wert 1,68 beträgt 97,6% und für den Mittelwert 2,50 liegt sie bei 98,5%. Demnach kann angenommen werden, dass die Mittelwerte der Grundgesamtheit nicht signifikant von den Testwerten abweichen.283 Es kann zudem unter Verweis auf den zentralen Grenzwertsatz von einer normalverteilten Grundgesamtheit ausgegangen werden, da sich die Stichproben aus 222 bzw. 149 Unternehmen zusammensetzen.
Der Beratungsaufwand von Hedgefonds-Produkten wurde mittels einer kardinalskalierten Frage mit vier Ausprägungen erfasst. Die vier Antwortmöglichkeiten können Abbildung 11-1 entnommen werden. 222 der insgesamt 229 an dieser Studie teilnehmenden Institute beantworteten diese Frage. Hierbei ergibt sich ein Mittelwert von 3,43 bei einem Median von drei und einem Modus von vier. Im Rahmen eines T-Tests für eine Stichprobe wird nun noch untersucht, ob der Mittelwert in der Grundgesamtheit signifikant von dem Mittelwert in der Stichprobe abweicht. Der Mittelwert der Stichprobe (3,43) wird in diesem Fall als Testwert verwendet. Für den T-Test ergibt sich ein Signifikanzniveau von 95,3% bei einem Testfunktionswert von 0,059. Daraus kann geschlossen werden, dass der Mittelwert in der Grundgesamtheit nicht signifikant von dem Testwert abweicht.397 Für den Kolmogorov-Smirnov-Normal-verteilungstest liegt ein Alpha von 0,000 und ein Z-Wert von 4,754 vor. Aufgrund des großen Stichprobenumfanges (222 Antworten zu dieser Frage) kann unter Verweis auf den zentralen Grenzwertsatz von einer Normalverteilung in der Grundgesamtheit ausgegangen werden. 49,5% der befragten Finanzinstitute halten den Beratungsaufwand von Hedgefonds-Produkten für sehr aufwendig. Bei 44,1% wird die Beratung mit ziemlich aufwendig eingestuft. Kein einziges Haus sieht die Beratung hingegen als nicht aufwendig an.
Die vorangegangene Untersuchung erfasst die aktuelle Verbreitung sowie zukünftige Entwicklung von Hedgefonds-Investments im deutschen Private Banking. Darüber hinaus werden im Rahmen der statistischen Analyse Abhängigkeiten bzw. Zusammenhänge in der zugrunde liegenden Datenbasis festgestellt, die zur Ableitung von Gestaltungsempfehlungen für eine wirkungsvolle Produkt- und Vertriebsgestaltung von Hedgefonds-Produkten bei vermögenden Privatanlegern herangezogen werden.