Anknüpfend an die Priorisierung der Herausforderungen sind im Rahmen des Expertenworkshops Lösungsansätze und Designempfehlungen für die relevantesten Herausforderungen erarbeitet worden. Um das
Vertrauen zu fördern, empfahlen die Experten die Etablierung eines gemeinsamen Code of Honor. Ein solches Regelwerk beinhaltet geltende Normen und Verhaltensweisen in einer Gruppe und zeigt sich beispielsweise in Form von Richtlinien für die Datennutzung und -teilung. Es empfiehlt sich, die Richtlinien so zu gestalten, dass das Vertrauen in den sicheren Umgang mit Daten zwischen den Ökosystempartnern gestärkt wird. Zudem sind Teambuildingmaßnahmen sowie eine transparente Offenlegung der Erwartungen aller Beteiligten zu Beginn der Zusammenarbeit wichtige Bestandteile, um die Wissensnutzung und -teilung zu verbessern. Um die Herausforderung des
Ausbalancierens von Interessen zu bewältigen, skizzierten die Experten eine klare Zieldefinition als notwendiges Kriterium für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Hierbei ist es zunächst wichtig zu klären, welche Art von Ökosystem entstehen soll. Bei einem offenen Ökosystem zum Aufbau eines Standards (einem sogenannten Konsortium) verfolgen die Akteure zumeist unterschiedliche Interessen, weshalb es einem regelmäßigen Abgleich der Interessen für ein gemeinsames Ziel bedarf. Bei einem Ökosystem, welches durch einen zentralen Orchestrator mit wirtschaftlichen Eigenzielen koordiniert wird, kommt diesem die Aufgabe zu, die Ökosystemakteure von dem gemeinsamen Mehrwert der Partnerschaft zu überzeugen. Als mögliche Designempfehlung zur Berücksichtigung von verschiedenen Interessen der Partner diskutierten die Experten eine zentrale Zieldefinition in Teilziele zu untergliedern. Geht der Mehrwert eines Ökosystems mit fokalem Akteur nicht eindeutig für die Partner hervor, dienen sogenannte Roadmaps als Lösungsmöglichkeit. Roadmaps sind grafische Kommunikationsinstrumente, die einen Überblick über die strategische Richtung der Produktplanung geben und darauf abzielen, alle Schlüsselperspektiven einzubeziehen (Suomalainen et al.
2011). Dabei können entstandene Unklarheiten minimiert werden, indem die Zieldefinition in Roadmaps um die jeweiligen Mehrwerte ergänzt wird. Zur erfolgreichen Gestaltung von
Informationsflüssen zogen die Experten in Erwägung, einen agilen Coach zur Orchestrierung der Informationsflüsse einzusetzen. Agile Coaches unterstützen die Einführung und Umsetzung von agilen Praktiken, Prozessen und Werten in der Entwicklung (Parizi et al.
2014). Hierdurch können asymmetrische Informationsstände in multilateralen Partnerschaften ausgeglichen werden, um Informationsverlusten entgegenzuwirken, das gegenseitige Vertrauen zu stärken und die Zusammenarbeit im Ökosystem zu verbessern. Der agile Coach kann ebenso für die Moderation von regelmäßigen Abstimmungsterminen eingesetzt werden. Darüber hinaus können Informationssilos durch die Unterstützung eines agilen Coachs reduziert werden. Zusätzlich haben die Ergebnisse des Expertenworkshops gezeigt, dass es zum Aufbrechen von Silodenken einer neuen Organisationsstruktur bedarf. Hierbei sollten Abteilungsstrukturen flexibel gestaltet werden, um das Bewusstsein für die neue Form der Zusammenarbeit in Ökosystemen zu entwickeln. Diese Bewusstheit spielt eine zentrale Rolle in der Herausforderung der
unklaren Zuständigkeiten. Es hat sich gezeigt, dass für den kollaborativen Aufbau von Schnittstellen die Übernahme von Verantwortung im Schnittstellenmanagement und das Einbringen von Ressourcen häufig nicht eindeutig geregelt ist. Dies wird durch die Multilateralität der Partnerschaften im Ökosystem verstärkt. Der Expertenrat verwies hierbei auf eine klare und spezifische Kommunikation für eine erfolgreiche multilaterale Zusammenarbeit. Gestaltungsmaßnahmen für die
Integration von externen Partnern sind die Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses zur Kollaboration im Ökosystem. Dabei ist es wichtig, die Partner nicht nur räumlich zusammenzubringen (bspw. in Form von Hubs oder Exzellenz-Fabriken), sondern auch die Beziehungspflege durch gemeinsame Partnerevents in einem informellen Rahmen zu ermöglichen. Die Beziehungspflege und räumliche Nähe ist zusätzlich vorteilhaft um die kognitive Distanz (Unterschied in der Denkweise und den Problemlösungsmustern) zwischen Partnerunternehmen abzubauen und somit eine Offenheit für kollaborative Partnerschaften zu entwickeln. Wie im Ergebnisteil erläutert, verlangen Kunden zunehmend nach Lösungsangeboten. Diese bedingen häufig eine Zusammenarbeit in Ökosystemstrukturen. Daher muss systematisch geprüft werden, ob an bereits bestehende
Geschäftsmodelle angeknüpft werden kann oder neue Geschäftsmodelle entwickelt werden müssen. Eine Lösungsmöglichkeit hierfür bieten partnerübergreifende Workshopformate, um zu prüfen, inwiefern bestehende Vertriebskanäle, Organisationsstrukturen und Preismodelle angepasst oder erneuert werden müssen. Diese Workshopformate können auch genutzt werden, um im Laufe der Ökosystementwicklung neue Komplementoren zu integrieren und dabei das Geschäftsmodell des Orchestrators mit dem des Komplementors abzugleichen.