Mit dem Holakratie-Ansatz von Robertson (2016) liegt eine umfassende Methode zur Gestaltung der Aufgabenteilung in Unternehmen, Institutionen oder auch Projekten vor. Sie ermöglicht sowohl den initialen Aufbau wie auch die kontinuierliche Weiterentwicklung von Organisationen. Der Anspruch geht dabei über das Finden von stimmigen Organisationslösungen hinaus, da ebenfalls „Herrschaft und Führung“ im Ansatz definiert sind. Durch die klaren Regeln für Meetings zur Problemlösung und Entscheidungsfindung sind konkrete Handlungsgrundlagen zur Umsetzung des Holakratie-Ansatzes gegeben.
Die Konzepte im Holakratie-Ansatz (z. B. Rolle, Kreis, Lead Link, …) gestatten Organisationsentwicklern die Bewertung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu bisher genutzten Organisationskonzepten (z. B. Funktion, Hierarchie, Führung, …). Dadurch wird eine Weiterentwicklung bestehender Organisationslösungen hin zu Holakratie-Lösungen erleichtert.
Mit Blick auf Mitarbeitermotivation und Mitarbeiterbindung ist der Holakratie-Ansatz sehr interessant, da er als Methodik zur Gestaltung „vollständiger Tätigkeiten“ (Hacker 1986) verstanden werden kann. Für vollständige Tätigkeiten kann eine dauerhaft hohe intrinsische Motivation und Weiterentwicklung der Beschäftigten angenommen werden. Ebenfalls interessant und nachvollziehbar im Holakratie-Ansatz ist der Abbau von „Spannungen“ in arbeitsteiligen Strukturen. Diese Spannungen werden in sogenannten Governance-Meetings transparent und dienen quasi als „Treibstoff“ für die Weiterentwicklung der Organisation.
Kritisch sehen wir den Formalisierungsbedarf im Holakratie-Ansatz, der hohe Anforderungen an die Bereitschaft der Organisationsmitglieder stellt, die eigenen Rollen immer wieder mit anderen Rollen abzugleichen. Große Unternehmen und Institutionen können dabei nach unserer Erfahrung schnell an ihre Grenzen kommen.
Insgesamt empfehlen wir den Holakratie-Ansatz als sinnvolle Methodezur Strukturierung von Projekten über die gesamte Projektlaufzeit,für Start-ups nach Wachstumsphasen,für kleine bis mittlere Unternehmen, die aus „unterstrukturierten“ Organisationsformen in eine höhere Verbindlichkeit und Systematik der Aufgabenteilung kommen wollen.
Sinnvoll erscheint uns aber auch in großen Unternehmen die Idee der evolutionären Organisationsentwicklung, für die der Holakratie-Ansatz in jedem Fall viele Anregungen bietet.
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Interessanterweise hat sich der deutsche Verleger entschieden, den Titel „Holacracy – Ein revolutionäres Management-System für eine volatile Welt“ zu wählen, womit die explizit evolutionäre Idee des Ansatzes ja etwas konterkariert wird. Nun, vielleicht hat man dabei auf die Originalität des Ansatzes abgezielt. Der Originaltitel von 2015 ist für uns etwas selbsterklärender: „Holacracy – The new way to achieve success by distributing authority.“