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13.11.2024 | Hybridtechnik | Im Fokus | Online-Artikel

Der Hybridantrieb nimmt wieder Fahrt auf

verfasst von: Christiane Köllner

5:30 Min. Lesedauer

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Die Kundennachfrage nach Hybridfahrzeugen steigt in einigen Märkten wieder. Neben China und den USA auch in Deutschland. Welche Chancen hat der Hybridantrieb und welche Konzepte setzen sich durch? 

Hybride galten bereits als Auslaufmodelle. Doch tatsächlich interessieren sich viele Verbraucher wieder verstärkt für Fahrzeuge mit Hybridantrieb, die einen Verbrennungsmotor mit einem Elektromotor kombinieren. Die Grundidee der Hybridtechnik liegt auf der Hand: Die Vorteile des Elektro- und Verbrennungsmotors so zu verbinden, dass der Kraftstoffverbrauch sinkt, der Fahrkomfort gleichzeitig steigt und die Reichweite keine Sorgen bereitet. 

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01.10.2024 | Im Fokus

Neue Vielfalt bei Hybridantrieben

Die Transformation zu rein elektrischen Pkw hat sich verlangsamt. Das Interesse an Hybridantrieben wächst dagegen in Europa und in Nordamerika. Neuentwicklungen gibt es sowohl bei Parallelhybriden als auch bei seriell-parallelen Lösungen.

Hybride sind gefragt

Auch die amtlichen Zahlen bestätigen diesen Trend: So hat das Kraftfahrtbundesamt (KBA) im Jahresverlauf ein deutliches Plus bei den Pkw-Neuzulassungen mit Hybridantrieb (HEV) in Deutschland verzeichnet. Demnach seien zwischen Januar und September 2024 in Deutschland rund 614.200 mit Hybridantrieb zugelassen worden, darunter etwa 123.300 mit einem Plug-in-Hybridantrieb (PHEV). Damit haben die Neuzulassungen von Hybridfahrzeugen im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres um etwa 10,4 % zugenommen. Ebenso hat in der Europäischen Union (EU) der Verkauf von Hybridfahrzeugen (ohne PHEV) in den vergangenen Monaten angezogen.

Und auch gebrauchte Hybride werden hierzulande zunehmend beliebter, wie eine aktuelle Auswertung von AutoScout24 zeigt. So sei die Nachfrage nach Hybriden (Hybridantriebsformen kumuliert) innerhalb eines Jahres insgesamt um 44 % gestiegen. Beliebt seien vor allem Hybrid-Modelle deutscher Hersteller: Gleich vier hiesige Marken platzieren sich in der Top 5 der beliebtesten gebrauchten Hybridfahrzeuge. Während der Audi A3 auf Rang eins am begehrtesten ist, folgen der Mercedes-Benz E 300 und der Mercedes-Benz GLC 300 auf den Plätzen zwei und drei. Dahinter reihen sich der Toyota C-HR und der BMW 330 ein.

Ernüchterung nach Erfahrungen mit BEVs

Doch worauf lässt es sich zurückführen, dass die Zulassungszahlen bei Hybridantrieben derzeit wieder steigen – auch weltweit, etwa in den USA, wo Kunden laut Germany Trade & Invest (GTAI) verstärkt Hybridautos nachfragen oder in China, wo vor allem die Plug-in-Hybride, insbesondere Range Extended Electric Vehicles (REEVs), beliebt sind?

Glaubt man Matthias Zink, Vorstand Automotive Technologies bei Schaeffler und Präsident des europäischen Verbands der Kfz-Zulieferer CLEPA, dann hat das mit einer "gewisse[n] Ernüchterung nach den ersten Erfahrungen mit rein batterieelektrischen Fahrzeugen" zu tun. In Nordamerika liege "das zum Beispiel an Themen wie der elektrischen Reichweite von BEVs, den Lademöglichkeiten auf Langstrecken oder der Towing Capacity, also der Fähigkeit, Anhänger ziehen zu können", wie Zink im MTZ-Interview "Seriell-parallele Hybride müssen und werden kommen" erläutert. Zudem seien Early Adopter der rein batterieelektrischen Fahrzeuge (BEV) in den USA, aber auch in Europa, erst einmal versorgt. In Deutschland würden darüber hinaus die Streichung der Förderungen für BEVs und die hohen Kosten für den Ladestrom eine Rolle spielen.

Neue technische Ansätze

Politik und Autohersteller hatten sich das eigentlich anders vorgestellt. Denn viele europäische Hersteller sind den direkten Weg zum BEV gegangen, die Einstiegshürde für das reine E-Auto aber war höher als erwartet. Und die Hybridmodelle sind für den Kunden zwar oft ein guter Kompromiss, doch binden sie zusätzliche Entwicklungskapazitäten der Unternehmen, was wiederum viel Geld kostet und in eine Modellvielfalt mündet, die man sich auch leisten können muss. Kurzum: Ein eingleisiges Geschäft wäre den Unternehmen lieber als mehrgleisige Investitionen. In der Branche galt der Hybridantrieb auch deswegen lange als fauler Kompromiss. Doch mittlerweile erweitern die Hersteller ihr Angebot, neue Hybridprojekte werden aufgelegt und bestehende Projekte ausgebaut. Das liegt schließlich auch an der Weiterentwicklung der Technik dieser Antriebsart. 

Neue Parallelhybride

Neuentwicklungen gibt es sowohl bei Parallelhybriden als auch bei seriell-parallelen Lösungen, wie Gernot Goppelt in seinem Artikel Neue Vielfalt bei Hybridantrieben aus der ATZ 10-2024 erklärt. Bislang stelle sich die Situation folgendermaßen dar: "Etwas vereinfachend könnte man sagen, dass China und Japan auf serielle, seriell-parallele und leistungsverzweigte Hybride setzen, Europa bisher vor allem auf Parallelhybride. Dies hängt auch damit zusammen, dass hier 48-V-Hybride weit verbreitet sind und auch die Skalierung zu Hochvolthybriden oft mithilfe von Getrieben erfolgt, die von konventionellen Mehrganggetrieben abgeleitet sind". Dies gelte bislang sowohl für HEVs als auch für PHEVs.

Mittlerweile seien in Europa 48-V-Parallelhybride weit verbreitet, so Goppelt, in der Regel als P0 und bei höheren elektrischen Motorleistungen als P1 sowie häufiger als P2. Eine interessante neue Lösung habe Audi vorgestellt. So ersetze der 48-V-P3- Hybrid für den Längseinbau die bisherige P2-Lösung, ebenfalls in Verbindung mit einen Doppelkupplungsgetriebe. Und bei den P2-Hybriden für Front-Quer-Anwendungen baue derzeit Stellantis sein Angebot zügig aus, erklärt Goppelt.

Serielle und seriell-parallele Hybridantriebe

Serielle und seriell-parallele Hybride spielen laut Goppelt in Europa hingegen bisher eine untergeordnete Rolle. Jedoch sei Nissans rein serielles E-Power-Konzept bemerkenswert, so der Autor, das in den Modellen Qashqai und X-Trail in Serie ist. Hier dient nur der E-Motor dazu, die Räder anzutreiben. 

In China gibt es laut Goppelt seit einigen Jahren einen deutlichen Trend hin zu seriell-parallelen Multimode-Hybridantrieben. In Europa würden Honda, Mitsubishi, MG und Renault P1/P3-Antriebe anbieten. "Renaults Ecotech-Antrieb ist insofern ein Sonderfall, als er nur eine relativ geringe elektrische Traktionsleistung bietet", so Goppelt. Ein Newcomer in Europa sei der MG3 Hybrid+ des chinesischen Herstellers SAIC. "Der seriell- parallele P1/P3-Antrieb mit laut MG drei Gangstufen nutzt einen Fahrmotor mit 100 kW und einen Verbrennungsmotor mit 75 kW Leistung", erklärt Goppelt. Und Aurobay, die zu Horse Powertrain gehören, setze unter anderem auf seriell-parallele dezidierte Hybridgetriebe (Dedicated Hybrid Transmission, DHT) mit zwei E-Maschinen.

Schaue man auf die westlichen Märkte, so Goppelt, habe es in den letzten zehn Jahren ähnliche DHT-Entwicklungen gegeben, etwa von AVL, FEV und IAV, von Schaeffler und Vitesco. "Die Konzepte und Produkte sind vorhanden, im Markt aber bisher kaum präsent", erklärt der Autor. "Noch dominieren im Vollhybrid- beziehungsweise Hochvoltbereich Add-on-Hybride, meist als P2 und P2.5".

Was wird sich durchsetzen?

Zwar haben sich in China seriell-parallele Hybridantriebe schnell etabliert und in westlichen Märkten bisher nicht, doch das könnte sich ändern. Seriell-parallele Hybridgetriebe werden wohl noch an Bedeutung gewinnen. So sagt Schaeffler-Experte Zink: "Dedizierte Hybridantriebe mit hoher elektrischer Leistung und dedizierten Verbrennungsmotoren sind in China Mainstream. In Europa stehen sie erst am Anfang". Doch er sei "der tiefen Überzeugung, dass bei Front-Quer-Anwendungen eine seriell-parallele Hybridstruktur kommen muss und kommen wird". Aber auch Add-on-Hybridgetriebe würden weiterhin eine Rolle spielen.

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