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23.08.2022 | Immobilienfinanzierung | Nachricht | Online-Artikel

Wohnimmobilienmarkt steht nicht vor Ausverkaufswelle

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

3 Min. Lesedauer

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Trotz der aktuellen Krise bleibt Wohneigentum teuer. Denn es werden weniger Immobilien gebaut als gesucht. Steigende Inflation und Zinsen werden die Nachfrage privater Haushalte zwar kurzfristig schwinden lassen, meinen BVR-Experten. Doch Zinsbindung und Eigennutzung stützen den Markt langfristig. 

"Die Kombination aus geopolitischen und wirtschaftlichen Risiken einerseits und Zinserhöhungen und Inflation andererseits stellt den Wohnimmobilienmarkt nach Corona erneut vor die Richtungsfrage. Kommt der nun ein Jahrzehnt andauernde Immobilienboom an sein Ende oder setzt er sich, vielleicht mit einer kurzen Pause, weiter fort?" Auf diese Frage suchen die Volkswirte des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) in ihrer aktuellen Wohnimmobilien-Analyse eine Antwort. Sie gehen davon aus, dass die Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) zusammen mit den hohen Preisen "eine Abkühlung des Marktes in der zweiten Jahreshälfte bewirken". 

"Die Kombination aus hoher Inflation, steigenden Zinsen und unsicheren wirtschaftlichen Aussichten durch den Ukraine-Krieg wirkt auf die Immobilienmärkte", kommentiert BVR-Vorstand Andreas Martin die Analyse. In der zweiten Jahreshälfte und auch im kommenden Jahr sei daher mit einer deutlichen Dämpfung der Preisentwicklung insbesondere in den teuren Ballungsräumen zu rechnen. "Grundsätzlich bleibt die Immobiliennachfrage durch Zuwanderung und dem Wunsch nach mehr Wohnraum aber intakt", betont Martin.

Massive Preisanstiege in den vergangenen Jahren

Laut der Experten von BVR Research sind die Preise für selbstgenutztes Wohneigentum im Zeitraum der vergangenen fünf Jahre auf Kreisebene um mehr als ein Drittel (38,2 Prozent) in die Höhe geschossen. Pro Jahr macht das ein Plus von 6,7 Prozent aus. Das stabile wirtschaftliche Umfeld in Deutschland sowie die Niedrigzinspolitik der EZB habe diese Entwicklung begünstigt. Private Darlehensnehmer konnten daher höhere Summe aufnehmen. Ihr Verschuldungsgrad kletterte von 2016 bis 2021 um 8,5 auf 99,4 Prozent des verfügbaren Einkommens. 

2021 beschleunigte sich der Immobilienpreisanstieg auf 10,4 Prozent und behielt seine steile Kurve mit zwölf Prozent auch im ersten Halbjahr 2022 bei. Für das Gesamtjahr rechnen die BVR-Experten im Durchschnitt zwar noch mit einem Anstieg von 8,3 Prozent, "der sich aber ab dem zweiten Halbjahr bis ins nächste Jahr in Richtung Stagnation entwickeln wird". Die mittelfristige Perspektive bleibe aber unsicher. "Einerseits ist das Gleichgewicht aus niedrigen Zinsen und stabilen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, das den Boom getragen hat, gegenwärtig nicht mehr gegeben".

Die geopolitischen Krisen und die Nachwirkungen der Corona- Verwerfungen führen zu einem realen Kaufkraft- und Einkommensverlust der privaten Haushalte. Das lasse zwar die Zahlungsbereitschaft am Immobilienmarkt merklich sinken. Dennoch bleibe der Preisdruck aufgrund der weiterhin großen Nachfrage bei gleichzeitig gedämpftem Neubau erhalten. Ein wichtiger Faktor sei der demographische Wandel. Schrumpft die deutsche Bevölkerung, lasse das den Immobilienbedarf langfristig sinken.

Keine massenhaften Zwangsverkäufe erwartet

Die aktuelle Zinswende während einer belasteten Konjunktur bedeute grundsätzlich eine Neubewertung aller Vermögensklassen. Hiervon werden mit gewisser Verzögerung auch Immobilien betroffen sein. "Sollte die Zinswende etwa aufgrund neuer Schocks schneller erfolgen, kann die Preisentwicklung am Immobilienmarkt bereits in diesem Jahr auf ein Plus von fünf Prozent fallen. Die langfristige Zinsbindung sowie die Eigennutzung stabilisieren jedoch den Markt", so die BVR-Volkswirte. Massenhaften Zwangsverkäufen wie in der US-Subprime-Krise werde so ein Riegel vorgeschoben.

Hintergrund: Die Prognose basiert auf einem Modell, in dem die Preisveränderungen von selbstgenutztem Wohneigentum in den 401 Kreisen Deutschlands durch makroökonomische Faktoren wie Inflations- und Zinsentwicklung sowie lokale Faktoren wie die Einkommens-, Bevölkerungs- und Neubauentwicklung im Kreis erklärt werden. Hierbei hat sich insbesondere die Zinsentwicklung als wichtiger Fundamentalfaktor erwiesen. 

"Die Prognose nimmt hierbei einen Anstieg der Kreditzinsen auf einen durchschnittlichen Effektivzinssatz von 3,5 Prozent an; ausgehend von einem weiteren Leitzinsanstieg der EZB um 0,5 Prozent in diesem Jahr. Andere Zinsverläufe, aber auch andere Inflationsentwicklungen oder eine Eskalation von Gaskrise oder des Ukrainekriegs könnten die Preisentwicklung auch bedeutend schwerer beeinflussen", betonen die Studienautoren.

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