Der neue Kommunikationsstandard 5G sorgt für durchgängige Vernetzung in Fabriken und ist längst ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Wer auf die Einführung des Standards für das Internet der Dinge noch lange warten will, wird abgehängt.
Maschinen reagieren in Echtzeit: Wischt beispielsweise ein Mitarbeiter in der Fabrik auf seinem Tablet nach links, reagiert der Roboter ein paar 100 Meter entfernt.
Bosch
Jörg Lange und Tatjana Lange haben sich oft gefragt, was wohl im Allgemeinen, insbesondere in der Politik unter "Digitalisierung" verstanden werde. Es könne doch wohl nicht die Quintessenz von Politik sein, dass etwa in den Schulen künftig besser mit Tablets hantiert werden könne. Hingegen müsse endlich begriffen werden, dass es nicht um die Einführung einzelner Werkzeuge gehe – Digitalisierung müsse als ein zunehmend alle Lebensbereiche durchdringender Prozess wahrgenommen werden, der geprägt sei durch solche Anwendungen wie GPS, CD, Mobilfunk, Robotik, DVD, Digitalkamera oder Digitalfernsehen bis hin zu selbstfahrenden Autos. "Das Kernstück dieses Prozesses ist die auf Internet und mobiler Kommunikation basierende Vernetzung aller beteiligter Komponenten (Menschen und Maschinen), die wir als eine Art "Nervensystem" der Digitalisierung interpretieren können." Mit dem Hinweis auf die Vernetzung begründen die Springer-Autoren in der Einleitung zu ihrem Essential "Mathematische Grundlagen der Digitalisierung" die in diesem Zusammenhang außerordentliche Bedeutung von Diskrete Fourier- Transformation (DFT) und Orthogonal Frequency Division Multiplexing (OFDM). Denn dieses OFDM-Verfahren werde heute in (fast) allen superschnellen digitalen Übertragungsverfahren genutzt, so im Mobilfunk der 4. und 5. Generation (4G/LTE und 5G), beim WLAN, und auch beim digitalen Fernsehen und Rundfunk.
Waren zu Beginn des Jahrtausends noch hauptsächlich Menschen vernetzt, so übersteigt die Zahl der vernetzten Objekte inzwischen die menschlichen Internetnutzer um ein Vielfaches, sodass für 2020 mit ca. 30 Mrd. vernetzten Dingen gerechnet wird, resümiert Springer Autor Felix Hüning in "Embedded Systems für IoT" (Seite 2): "All diese vernetzten Geräte generieren eine riesige Menge an Daten in der Größenordnung von einigen zehn Zetabytes, wobei ein Zetabyte gleich 1021 Bytes oder 1 Mrd. Terabyte entspricht. Diese Daten werden dezentral und jederzeit erzeugt und ausgetauscht und ermöglichen, Stichwort Big Data, völlig neue Anwendungen, Funktionen und Geschäftsmodelle – solange man diese Datenflut sinnvoll analysieren und auswerten kann, um relevante Informationen daraus zu extrahieren."
Wenn Big Data "das Öl des 21. Jahrhunderts" ist, dann ist das 5G-Netz das System der Pipelines, formuliert bildhaft Springer-Autor Jürgen Beetz in "Digital" (Seite 335). Und er präzisiert: "Der Mobilfunkstandard 5G wird in den kommenden Jahren 4G ablösen und die Basis für autonomes Fahren und das Internet der Dinge legen, denn er ist bis zu 100-mal schneller. Damit könnten Sie eine ganze DVD in nur 3,6 Sekunden mobil laden. 5G ist also nicht nur irgendein neuer Mobilfunkstandard, sondern eine technologische Revolution, denn 100 Mrd. Geräte können gleichzeitig funken."
Wettbewerbsfaktor für die vernetzte Industrie
Die Entwicklung ist rasant: Bis zu 70 Milliarden Geräte sollen 2025 weltweit vernetzt sein, schätzt das Unternehmen Bosch. Viele davon in der Industrie. 5G sei also ein Wettbewerbsfaktor. Auf Grundlage des neuen Kommunikationsstandards ließen sich Anwendungen, die eine hochleistungsfähige und äußerst zuverlässige Funkverbindung erforderten, sicher und effizient in die Produktionshallen integrieren. Dazu zählt Bosch zum Beispiel mobile Robotik, den Einsatz autonomer Transportfahrzeuge oder auch das Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine. 5G – das bedeute Datenfluss quasi in Echtzeit. "Die neue Form der Kommunikation stellt alles bisher Dagewesene in den Schatten. 5G wird der erste industriefähige Funkstandard", kommentiert Bosch-Geschäftsführer Rolf Najork, im Unternehmen zuständig für die Industrietechnik.
Schubkraft für die Industrie 4.0
Um Maschinen auf die moderne Kommunikation vorzubereiten, müssen sie 5G-fähig gemacht werden. Bosch stellt dafür jetzt auf der Fachmesse SPS in Nürnberg (noch bis zum 28. November) mit der neuen Steuerungstechnik "ctrlX Automation" von Bosch Rexroth eine Lösung vor, die von Anfang an auf 5G ausgerichtet und in der Lage ist, eine Vielzahl von Geräten in der Industrie mit dem neuen Kommunikationsstandard zu verbinden, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens. Die "Fabrik der Zukunft" buchstabiert Bosch so: "Industrie 4.0, kombiniert mit 5G". Schon auf der Hannover Messe im Frühjahr dieses Jahres hatte das Unternehmen mit dem Produkt Active Shuttle ein erstes 5G-fähiges autonomes Transportsystem vorgestellt. Für die Weiterentwicklung der Fabriken hat Bosch kürzlich 5G-Lizenzen bei der Bundesnetzagentur beantragt, die den Aufbau von lokalen Campus-Netzen ermöglichen. Darüber hinaus hat Bosch den Vorsitz in der globalen Initiative 5G-ACIA übernommen mit dem Ziel, den neuen Kommunikationsstandard von Beginn an industriefähig zu gestalten.