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24.03.2017 | Industrie 4.0 | Kolumne | Online-Artikel

So gewinnt die Digitalisierung an Fahrt

verfasst von: Christian Miele

4:30 Min. Lesedauer

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Digitalisieren – jetzt sofort und möglichst schnell: Kaum ein Unternehmen ist nicht von diesem Run betroffen. Dass die Transformation dennoch stockt, liegt unter anderem an analogen Chefs und falsch eingesetzten Budgets, kritisiert Gastkolumnist Christian Miele.

Digitale Transformation – zwei nüchterne und inflationär gebrauchte Worte bringen eine der größten Veränderungen unserer Wirtschaft überhaupt auf den Punkt: Der unaufhaltsame Siegeszug des Internets zwingt Verbraucher, Arbeitnehmer, Manager oder Unternehmer zum fundamentalen Wandel. Nur wer sich den radikalen persönlichen oder unternehmerischen Umwälzungen stellt, wird in der digitalen Revolution bestehen können. Das zeigt auch die bunte Vielfalt an Neugründungen.

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Grundlagen zur Venture Capital-Finanzierung

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In den Chefetagen vieler deutscher Unternehmen sieht das jedoch anders aus. Dort beschäftigen sich Chief Experience Officers (CXOs) nur schleichend mit Start-ups und versperren sich dadurch den Blick in die Zukunft. In meiner Funktion als Venture Capitalist (VC), erhasche ich einen Blick hinter die Kulissen. Fünf wesentliche Beobachtungen habe ich dabei gemacht.

1. Start-up-Praktikum für Führungskräfte: Konservative Unternehmenskulturen und das alte Denken der Führungskräfte werden zur Hürde für die digitale Transformation. Es gibt immer noch Vorstände, die sich E-Mails von ihren Sekretärinnen ausdrucken lassen und die Antwort diktieren. Wie sollten diese Führungskräfte glaubhaft vor ihren Mitarbeitern die digitale Revolution einläuten? Sie werden hintenrum ausgelacht, nicht ernst genommen. Mein Vorschlag daher: Führungskräfte sollten mindestens drei Monate bei einem VC oder in einem Start-up eine Art "Praktikum" machen und so an eigenem Leibe spüren, welche Fähigkeiten in der digitalen Welt zählen und wie kreative Menschen hierarchiefrei in einem Unternehmen arbeiten. Außerdem sollten Vorstände dazu gezwungen werden, sich mit neuen Medien und neuer Hardware zu beschäftigen.

2. Die Sinnlosigkeit des Chief Digital Officers (CDO): Digitale Fähigkeiten sind für Manager die Schlüsselqualifikation schlechthin. Der CDO wird als neuer Management-Star gefeiert. Er ist Stratege, Umsetzer und Change Manager in einem. Er setzt die digitale Transformation in den Unternehmen um, verzahnt die einzelnen Prozesse für Marketing, Kommunikation und Sales, formuliert eine Strategie für Social Media. Wirklich? Für mich ist sein rasanter Aufstieg ein Zeichen der Schwäche der anderen Vorstände, die offenbar zu wenig digitale Kenntnisse haben und hilflos sind. Soll der digitale Umbruch im Unternehmen wirklich gelingen, müssen alle Führungskräfte die DNA eines CDO haben.

3. Die Budgets der Unternehmensberatungen in Richtung Venture Capital: Hohe Beraterbudgets wandern zu den McKinseys oder den Leute der Boston Cosnulting Group (BCG) dieser Welt, die aufwändige Powerpoint-Präsentationspapiertürme erstellen, aber nur in der digitalen Theorie bleiben. Langsam aber sicher wachen die Vorstände auf und shiften diese Budgets in Richtung der wahren Digitalisierer, nämlich uns VCs. Die Vorteile liegen auf der Hand: Erstens wird über die Zusammenarbeit mit einem VC potentiell das eingesetzte Kapital vermehrt. Das liegt daran, dass wir erfolgreiche Start-ups verkaufen und damit eine hohe Rendite erwirtschaften, anstatt nur über Start-ups zu reden. Zweitens werden wichtige praktische Erfahrungen für die digitale Transformation gewonnen und an die Vorstände direkt weitergegeben. Da wir eng mit den Gründern zusammenarbeiten und mit ihnen in einer Symbiose leben, können wir den Konzernen echte und authentische Einblicke garantieren. Eine engere Kooperation zwischen Start-ups, VCs und klassischen Unternehmen gibt es nicht.

4. Den Marketingchef entlassen: Traurig aber wahr. Ein Großteil der deutschen Chefetagen wird von ewig gestrigen Marketingchefs blockiert. Ich kann das auch verstehen, bauten sich diese langen Karrieren doch in einer Zeit auf, in der das Anforderungsprofil an einen Marketingchef ein anderes war. Aber heute sieht das anders aus. Vorstände können in vielen Fällen SEA nicht von SEO und von SEM unterscheiden, wissen nicht was Collective Action Clause (CACs) sind und haben auch keine Antworten parat, wie sie den Customer Lifetime Value (CLV) ihrer Kunden verlängern. Ein echtes Problem in Zeiten absoluter Transparenz im Performance Marketing. Zeit zum Anlernen bleibt aber kaum, weshalb diese zentrale Funktion für einen jungen Nachfolger freigemacht werden sollte, die ihren Job von der Pike auf gelernt haben. Sollte das nicht passieren, müssen mittelfristig vielleicht viel mehr Mitarbeiter ihren Hut nehmen.

5. Sich gegenüber Start-ups öffnen: Vorstände müssen sich endlich die Zeit nehmen, mit Start-ups in Kontakt zu treten. Die jungen Start-ups zeigen wie es geht und was kommt. Zusammen mit den Venture-Capital-Firmen haben sie eine wichtige gesellschaftliche Rolle. Denn der Erfolg der Newcomer und ihre Anfangsfinanzierung durch VCs sind für die Volkswirtschaft und ihre Wettbewerbsfähigkeit essentiell. Startups leben die Umwälzungen der einzelnen Branchen quasi vor. Sie geben uns einen Blick in die Zukunft und sorgen mit ihren disruptiven, innovativen Geschäftsmodellen für eine Optimierung antiquierter Prozesse. Startups haben es bei der Transformation einfacher. Sie tragen meist keinen Ballast. Ihre Organisationen sind modern und flach, es gibt keine hemmenden Hierarchien. Die Gründer sind risikofreudig, sie verzeihen Fehler und sie stürzen sich mit einer enormen Geschwindigkeit und Aggressivität in die neuen Märkte.

Fazit: Venture-Capital-Netzwerke helfen nicht nur Start-ups mit Kapital, sondern bringen sie mit klassischen Konzernen in Kontakt. Diese erhalten Einblicke in die digitale Wirtschaft und profitieren vom Kontakt zu jungen Gründern und Innovatoren. So wird eine Brücke zwischen alter und neuer Welt gebaut, so das beide Lager von den Stärken des anderen profitieren. 

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