Mit Industrie 4.0 lässt sich nach Einschätzung der meisten Unternehmen der CO2-Ausstoß senken. Ihre Stärken spielen die Technologien in der effizienteren Nutzung von Energie und Material aus.
Nach der Energiewirtschaft ist die Industrie der zweitgrößte Verursacher von Treibhausgasen in Deutschland. Laut Bundesumweltministerium entfielen im Jahr 2017 22,1 Prozent der insgesamt 907 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente auf den Industriesektor. Die Emissionen in der Industrie entstehen dabei zu rund zwei Drittel in der Energiebereitstellung und zu einem Drittel in der Produktion. Zwar sind die Industrieemissionen in den letzten Jahrzehnten gesunken – um fast 30 Prozent im Jahr 2017 gegenüber dem Jahr 1990 –, dennoch bleiben die Ziele anspruchsvoll: Bis 2050 soll die Industrie ihren Treibhausgasausstoß gegenüber dem Jahr 1990 halbieren. So verlangt es der Klimaschutzplan der Bundesregierung.
Neben dem verstärkten Einsatz von erneuerbaren Energien wird es dabei auch auf einen effizienteren Umgang mit Energie, Material und Ressourcen ankommen – und damit auf einen verstärkten Einsatz von Industrie-4.0-Technologien. So sieht es eine Mehrheit der 552 Produktionsleiter, Vorstände und Geschäftsführer deutscher Industrieunternehmen, die der Digitalverband Bitkom im Rahmen einer repräsentativen Studie befragt hat. Fast drei Viertel der Befragten befinden, dass vernetzte Maschinen, vorausschauende Wartung oder Automatisierung den CO2-Ausstoß in der Produktion mindern und Ressourcen schonen. Auch Material- und Produktkreisläufe lassen sich durch den Einzug digitaler Technologien in der Produktion leichter schließen. Entsprechend sind 85 Prozent der Befragten der Meinung, dass Industrie 4.0 wichtig für die Kreislaufwirtschaft ist. Laut Bitkom hat sich bereits jedes zweite Unternehmen eine Selbstverpflichtung zur Senkung des CO2-Ausstoßes auferlegt, während 34 weitere Prozent diesen Schritt aktuell planen.
Wie die Digitalisierung, die Automatisierung und die Vernetzung zu einem effizienteren Umgang mit Ressourcen in der Produktion führen kann, schildern Florian Kellner, Bernhard Lienland und Maximilian Lukesch im Kapitel Einführung in das Konzept Industrie 4.0 des Buchs Produktionswirtschaft:
Höhere Energieeffizienz: Die Sensorik cyber-physischer Systeme erfasst Prozess-, Maschinen- und Umgebungsdaten, zum Beispiel Steuerungsdaten von Maschinen, Prozessgrößen oder Umgebungstemperaturen. Auf dieser Basis können sich Produktionsanlagen in Echtzeit an sich ändernde Rahmenbedingungen anpassen.
Höhere Materialeffizienz: Werkstücke können mit RFID-Chips, Sensoren oder Speichermedien ausgestattet werden. Damit erfassen und kommunizieren sie ihren Bearbeitungsstatus, eventuelle Verspätungen oder Qualitätsfehler. Bearbeitungsmaschinen passen ihre Prozessparameter in der Folge werkstückspezifisch an und vermeiden so Materialschäden oder zu hohe Prozesslasten.
Bessere Werkzeugausnutzung: Daten zur Art und Nutzung von Maschinenwerkzeugen und Betriebsmitteln sind transparent verfügbar. So können Werkzeuge exakt bis ans Ende ihrer Nutzungsdauer eingesetzt werden. Das Risiko eines Ausfalls während der Produktion wird minimiert.
Selbstregulierende Betriebsmittel: Mithilfe von Data-Mining-Methoden lässt sich der Zusammenhang zwischen bestimmten Werkstückspezifikationen und anlagenspezifischen Werten analysieren. Anlagen können sich auf dieser Basis selbstständig parametrisieren. Selbstregulierende Anlagen erleichtern unter anderem auch die qualitätssichere Herstellung von Bauteilen aus Faserverbundwerkstoffen oder die Verarbeitung von Rezyklatwerkstoffen mit unsteten Materialeigenschaften.
Predictive Maintenance: Sensoren überwachen über lange Zeiträume hinweg Maschinenzustände wie Vibrationen oder Wärme. Durch die Verknüpfung von Maschinenmerkmalen wie Hersteller, Modell oder Jahr der Inbetriebnahme und mithilfe von Data-Mining-Techniken können Maschinenausfälle vorhergesagt und Wartungen entsprechend früh eingeleitet werden. Die Anlagenverfügbarkeit wird damit maximiert.