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18.02.2021 | Industrie 4.0 | Interview | Online-Artikel

"In der Fertigungsindustrie gibt es absehbar keine Monopole"

verfasst von: Thomas Siebel

4:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Dmitry Kafidov

Dmitry Kafidov ist Geschäftsführer von Xometry Europe.

Im Interview erläutert Dmitry Kafidov, ob und wie Fertigungsbetriebe von digitalen Produktionsplattformen profitieren und welche Rolle die additive Fertigung für das Geschäftsmodell spielt.

Die meisten Maschinenbauer beauftragen Fertigungsbetriebe zumeist vertraulich und direkt. Was macht Sie optimistisch, dass sich das Cloud Manufacturing trotzdem durchsetzen wird?

Als wir 2018 Shift gründeten, das später von Xometry übernommen wurde, wussten wir, dass wir in eine traditionell denkende, analoge Branche kommen. Wir wählten deshalb als Motto: "Bringing Digital to Metal". Das Geschäftsmodell der dezentralen On-Demand-Fertigung war neu auf dem deutschen Markt. Damals fragte sich wohl jeder potenzielle Kunde, warum er bei uns Teile bestellen sollte – und nicht wie bislang direkt bei den Herstellern. Heute hören wir diese Frage nur noch selten. Die Stärken unseres Geschäftsmodells zeigen sich inzwischen ganz deutlich.

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Stand der Wissenschaft und Technik

Die Arbeit erweitert den gegenwärtigen Stand von Wissenschaft und Technik. Dieser untergliedert sich in eine Betrachtung additiver Fertigungsverfahren, Datenvorbereitung und digitale Prozesskette, Angebots- und Vorkalkulation, Bauteiloptimierung sowie Potentialbewertung.

Inwiefern?

Bei Xometry können Sie in nur fünf Minuten beliebige Bauteile aus einer riesigen Auswahl an Materialien bestellen. Sie kommen dazu auf unsere Website, holen sich ein Sofortangebot für CNC-gefräste Teile und bestellen diese mit ein paar Klicks. Auf die traditionelle Art würde man allein ein oder zwei Wochen brauchen, um den richtigen Hersteller zu finden und ein Angebot zu bekommen. Und dann braucht man noch einen Produzenten, der diese Teile in den nächsten Wochen auch tatsächlich herstellen kann. Bis dahin haben Sie die Teile über Xometry bereits per Post erhalten. Mit uns erhält man schließlich einen bequemen und schnellen Zugang zu den Produktionskapazitäten von über 2000 europäischen Herstellern.

Trotzdem bestehen in vielen Unternehmen Vorbehalte gegenüber digitalen Produktionsplattformen. Unterscheiden sich die Bedenken je nach Land?

Tatsächlich sind die Märkte unterschiedlich. Einige Länder sind da schon weiter als andere. Xometry ist bereits seit über sieben Jahren auf dem US-Markt aktiv. Derzeit nutzen dort die meisten der 500 größten Unternehmen unsere Plattform. Europa ist demgegenüber zwar noch im Rückstand, aber sämtliche Länder hier holen schnell auf. Die Covid-Krise hat gezeigt, dass Lieferketten flexibel sein sollten und die digitale Fertigung eine Möglichkeit dazu ist. Unser aktiver monatlicher Kundenstamm ist 2020 um das Zehnfache gewachsen!

Welchen Anteil machen Aufträge für die additive Fertigung in ihrer Vermittlung aus?

Die additive Fertigung boomt definitiv, deshalb haben wir 2020 den 3D-Druck in Europa eingeführt und dafür sechs Technologien in unser Angebot aufgenommen: FDM, SLS, MJF, SLA, DMLS und Carbon DLS. Derzeit macht die additive Fertigung etwa 40 Prozent aller Aufträge aus.

Bilden die additive Fertigung und digitale Produktionsplattformen eine Symbiose?

Ja, digitale und additive Fertigung Hand gehen in Hand. Anders als bei der CNC-Bearbeitung sind die Anwender deshalb nicht überrascht, wenn sie bei uns nach dem Hochladen eines CAD-Modells sofort ein Angebot für ihr 3D-Teil erhalten.

Die Kosten für komplizierte Frästeile lassen sich oft nur mit besonderer Fachkenntnis sicher abschätzen. Kann eine digitale Plattform, die Angebote automatisiert anhand einer Geometrie berechnet, das überhaupt leisten?

Unsere Software für Instant Quoting basiert auf maschinellem Lernen, sodass sich die Genauigkeit mit jedem Angebot und Auftrag verbessert. Stellen Sie sich einen Ingenieur vor, der bereits über eine Million CAD-Dateien berechnet hat! Diese Erfahrung hat niemand, unsere Maschine hat sie aber schon. Es gibt dennoch Konstruktionen, die noch nicht automatisch präzise berechnet werden können. Nach unserer Erfahrung handelt es sich dabei aber um einen Bruchteil aller 3D-Modelle, die auf unserer Plattform hochgeladen werden. Unsere Software erkennt solche Teile und leitet eine manuelle Berechnung ein. Diese erledigen unsere erfahrenen Ingenieure dann innerhalb von 24 Stunden.

Wenn Xometry Preise per Mausklick festlegt, setzen Sie dann nicht die Fertigungsbetriebe unter Druck? Schließlich können sie die Preise dann nicht mehr selbst bestimmen.

Dazu gibt es gleich mehrere Dinge zu sagen. Zunächst einmal ist Xometry nicht nur eine Plattform, auf der Teile bestellt werden können. Wir vermitteln ja auch Aufträge für Fertiger. Die Hersteller sind deshalb in unseren Netzwerken gleichberechtigte Partner. Wir wissen, dass wir nur dann hervorragende Teile liefern können, wenn die Produzenten mit unseren komplexen Bedingungen zufrieden sind. Zweitens berechnet unsere Software die Preise realistisch, indem sie die Kosten für Bearbeitung, Material, Arbeitszeit und so weiter berücksichtigt. Das hilft uns, angemessene Preise für unsere Partner zu berechnen. Drittens können unsere Netzwerkpartner durch den Einsatz von Xometry für ihre Auftragsannahme viel effizienter arbeiten. Sie verbringen ihre kostbare Zeit nicht mehr mit Verkaufsverhandlungen, Papierarbeit oder Logistik. Mit uns müssen sie nur noch das machen, was sie am besten können: Qualitativ hochwertige Teile zu produzieren. Außerdem können unsere Partner dank der großen Menge an Produktionsaufträgen bei uns ihre freien Kapazitäten flexibel ausfüllen und die Maschinen besser auslasten. Es gibt kleine Fertigungspartner, die durch die Zusammenarbeit mit uns bereits mehrere hunderttausend Euro umgesetzt haben.

Der Markt für Fertigungsplattformen ist umkämpft. Werden, wie in der Plattformökonomie üblich, auch im Maschinenbau Monopole entstehen?

Das gesamte Marktvolumen in der Fertigungsindustrie beträgt Hunderte von Milliarden Euro. Der Bereich ist enorm fragmentiert, da gibt es genügend Platz für unterschiedliche Geschäftsmodelle. Unser Weg des Produktionsnetzwerks schützt vor allem die kleinen Hersteller. Wir versorgen sie immer wieder mit Aufträgen und helfen ihnen so, die Maschinen besser auszulasten. Ich würde sogar sagen, dass es dank Unternehmen wie Xometry in absehbarer Zeit nicht zu einer Monopolisierung der Fertigungsindustrie kommen wird. Mit Hilfe der digitalen Auftragsvermittlung werden vielmehr weitere kleine Produktionsunternehmen entstehen und diese gestärkt.

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